Als Leiterin der Aus- und Fortbildung des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) kennt Brigitte Rothkegel-Hoffmeister die Branche und die Anforderungen an Einsteiger. Ihr Rat: Je weiter der Horizont, desto besser die Karrierechancen. Die Fragen stellte André Boße.
Zur Person
Brigitte Rothkegel-Hoffmeister war nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre mehrere Jahre bei einer internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig. Seit 1992 ist sie Leiterin Aus- und Fortbildung beim Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW). Der Verein ist eine freiwillige Vereinigung der deutschen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Zu seinen Aufgaben zählen Aus- und Weiterbildungsprogramme, die fachliche Unterstützung der Mitglieder sowie die Entwicklung fachlicher Regeln für den Arbeitsalltag. Zudem unterstützt der IDW über sein Infocenter auch angehende Wirtschaftsprüfer.
www.idw.de
Frau Rothkegel-Hoffmeister, wie hat sich der Beruf des Wirtschaftsprüfers in den vergangenen Jahren gewandelt?
Einem Irrtum unterliegt, wer glaubt, Wirtschaftsprüfer prüfen nur Jahres- und Konzernabschlüsse. Ihre Tätigkeiten sind viel breiter gefächert: Zunehmende Bedeutung kommt den sonstigen Prüfungen – ob auf gesetzlicher Grundlage oder freiwillig – sowie der Beratungstätigkeit zu.
Was genau wird geprüft?
Zum Beispiel die Wirtschaftlichkeit, die Kontroll- und IT-Systeme oder auch die Risikomanagementsysteme von Unternehmen. Beim Kauf oder Verkauf von Unternehmen oder Unternehmensanteilen nehmen Wirtschaftsprüfer Bewertungen vor. Außerdem beraten sie Unternehmen in vielen Fragen: im Steuerrecht, bei der Unternehmensführung und Organisation, bei der Finanzierung oder auch bei der Unternehmensnachfolge.
Werden Wirtschaftsprüfer somit zu echten Kennern der Unternehmen, für die sie arbeiten?
Das müssen sie, denn nur so können sie prüfen, ob das Unternehmen in seinem Jahresabschluss richtige Angaben gemacht hat. Die Jahresabschlussprüfung von Unternehmen ist per Gesetz ausschließlich den Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern vorbehalten. Die dabei erlangten Einblicke – vereint mit einem breiten Wissen über Zusammenhänge und Entwicklungen der Wirtschaft – machen Wirtschaftsprüfer zu einem unverzichtbaren Gesprächspartner für die Entscheidungsträger im Unternehmen.
Warum ist Wirtschaftsprüfung ein gutes Feld für Berufseinsteiger?
Wirtschaftsprüfung ist ein Job mit Zukunft. Der Beruf bietet ein breites Einsatzgebiet. Prüfer sind vom mittelständischen Familienunternehmen ebenso gefragt wie von der öffentlichen Hand oder den börsennotierten Unternehmen aus jeder Branche. Zudem sind die Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten in der Wirtschaftsprüfung für leistungsorientierte Menschen hervorragend, zumal sich Wirtschaftsprüfern auch Karriereoptionen in Unternehmen bieten.
Wo sind sie dort besonders gefragt?
Sie können Spitzenpositionen in der Industrie, in Banken oder Versicherungen bekleiden, zum Beispiel als Leiter des Finanz- und Rechnungswesens, des Beteiligungscontrollings oder der internen Revision. Den Titel Wirtschaftsprüfer dürfen sie dann allerdings nicht mehr führen, da eine weisungsgebundene Tätigkeit in einem Unternehmen mit der den Beruf prägenden Unabhängigkeit unvereinbar ist.
Was ist in Ihren Augen der Königsweg zu einer erfolgreichen Karriere als Wirtschaftsprüfer?
Um Wirtschaftsprüfer zu werden, ist keine bestimmte Studienrichtung vorgeschrieben. Es empfiehlt sich aber ein BWL-Studium, weil der Beruf ein umfassendes betriebswirtschaftliches Wissen erfordert. Ebenfalls gut geeignet sind Studiengänge wie Volkswirtschaftslehre, Jura oder IT. Gefragt sind sowohl Bachelor- als auch Masterabsolventen. Die nächste Etappe sind praktische Erfahrungen bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, wobei der Tätigkeitsschwerpunkt auf der Teilnahme an Jahresabschluss- und Konzernabschlussprüfungen liegt. Am Ende des Weges folgt das Examen als Wirtschaftsprüfer, das aufgrund der hohen Verantwortung des Wirtschaftsprüfers anspruchsvoll ist. Die Prüfungsgebiete sind aus dem Berufsbild des Wirtschaftsprüfers abgeleitet: wirtschaftliches Prüfungswesen, angewandte BWL und VWL, Steuer- und Wirtschaftsrecht.
Ihr Tipp für Absolventen für den Karrierestart?
Nutzen Sie alle Möglichkeiten, Ihren Horizont zu erweitern. Am besten durch branchen- und themenübergreifende Einsätze, auch im Ausland. Und entwickeln Sie sich auch außerhalb Ihrer beruflichen Tätigkeit weiter, zum Beispiel durch Schulungen oder berufsbegleitende Masterprogramme.