Es ist ein allzu bekanntes Phänomen: Einige wenige hängen sich rein und geben volle Leistung, während andere den Hintern nicht hochkriegen und sich einen lauen Lenz machen. Doch muss man sich das gefallen lassen?
Zur Person
Prof. Dr.-Ing. Evi Hartmann lehrt Betriebswirtschaftslehre an der Universität Erlangen-Nürnberg. Fortwährend stellt sie fest: Wir stehen vor riesigen wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen. Doch immer mehr Menschen lehnen sich zurück statt anzupacken – das beobachtet sie auch unter Studierenden. Mit ihrem neuen Buch wagt sie eine provokative These: Posen statt Performen ist der neue Zeitgeist! In ihrem Gastbeitrag plädiert sie für mehr Leistungsbereitschaft einer ganzen Generation – immerhin ist diese intelligent und hat Potential.
Gruppenarbeit im Proseminar: Jeweils fünf Studierende sollen zusammen eine Seminararbeit schreiben, doch zwei kommen nicht zum ersten Abstim-mungstermin, und der dritte liefert zwei Tage vor der Deadline einen halbgaren Beitrag ab, so dass die verbleibenden beiden Leistungsträger den Karren aus dem Dreck ziehen müssen. Alle fünf bekommen für die Arbeit eine Zwei – aber verdient haben die Note nur die beiden Leistungsträger. Im Idealfall. Unter Umständen fallen aber auch alle fünf durch, weil drei den Hintern nicht hochbekamen. Ärgerlich genug. Genug? Es kommt dicker.
Zum Schaden kommt der Spott
Bei der Abschlusspräsentation mosern die drei Leistungsvermeider: „Wenn die Folien nicht so lahm gewesen wären, hätten wir eine glatte Eins bekommen!“ Den Hintern nicht hochkriegen und dann noch lästern? Das ist der Zeitgeist. Wer glaubt, dass das in der Arbeitswelt anders ist, täuscht sich. Wenn fünf Absolventen in einem Unternehmen ihre Arbeit aufnehmen, ändert sich nicht wirklich was: Einige hängen sich rein, andere hängen ab, reden aber jene schlecht, die sich reinhängen und annektieren ihre Erfolge für sich. Das treibt den friedliebendsten Menschen auf die Palme. Verständlich, hilft aber nicht. Weitaus hilfreicher sind konkrete Gegenmaßnahmen.
Was hilft:
- Wer Leistung erbringt, muss selbst dafür sorgen, dass ihm auch die Aner-kennung zufällt: Anerkennung ist Hol-, nicht Bringschuld. Also gleich klarstel-len: „Wenn ich diese Aufgabe überneh-me, dann berichte ich auch direkt an den Chef.“
- Wer Arbeitsvermeider im Team hat, sollte den Frust nicht runterschlucken, sondern aussprechen. Kontraproduktiv ist auch, eine Minderleistung mit erhöhter Eigenleistung zu kompensie-ren. Besser: Ein offenes Gespräch unter vier Augen. Auch dadurch wird der Ver-meider nicht zum Leistungsträger, aber wenn er seinen Hintern nur zehn Zenti-meter höher kriegt, hilft das bereits.
- Aus dem eigenen Herzen keine Mör-dergrube machen: Lassen die Kollegen einen hängen, dann bringt es nichts, sie beim Chef anzuschwärzen. Genau-so verkehrt wäre es, zu schweigen. Besser: Über das, was man gestemmt hat, zu berichten. Vorgesetzte können sich dann selber zusammenreimen, wie viel (oder besser: wie wenig) die Leistungsvermeider im Team zustande gebracht haben.
Leistungsvermeider sind ärgerlich. Doch gegen jedes Ärgernis ist auch ein Kraut gewachsen.
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Redaktionstipp
In ihrem Blog „Weltbewegend“ schreibt Evi Hartmann über Themen, die sie und die Welt bewegen – von Big Data über Resilienz bis Wettbewerb. www.blogs.fau.de/weltbewegend