Der Anteil der Juraabsolventinnen ist hoch, sie sind meist sehr gut qualifiziert und dennoch steigt der Anteil der Anwältinnen in den Großkanzleien seit Jahren nur geringfügig. Woran liegt das und wieso sollten sie das ändern? Antworten weiß Dr. Anna Schwander.
Zur Person
Dr. Anna Schwander ist Partnerin der Corporate/Capital Markets-Praxisgruppe im Münchner Büro von Kirkland & Ellis. Sie berät Mandant*innen in allen Bereichen des Kapitalmarkt- sowie des Außenwirtschaftsrechts. Das JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien listet sie 2022/2023 als häufig empfohlene Anwältin für Gesellschaftsrecht. Handelsblatt Best Lawyers zeichnet sie als Lawyer of the Year für Kapitalmarktrecht in Bayern (2023) aus.
Herausforderung Großkanzlei
Viele junge Frauen trauen sich nicht, als Anwältin in einer Großkanzlei anzufangen, gleichwohl sie bestens ausgebildet sind und aufgrund ihrer Fähigkeiten und Interessen sehr gut in eine Großkanzlei passen würden. Oft hält sie die Sorge vor der nicht möglichen Vereinbarkeit von Familie und Beruf von diesem Schritt ab. Auch die hohe Arbeitsbelastung, fehlende Role Models oder das fehlende Vertrauen in die eigenen Qualifikationen kann ein Grund sein.
Warum sollten sie dennoch den Schritt wagen? Die Arbeit in einer Großkanzlei ist herausfordernd, dynamisch und mit einer steilen Lernkurve verbunden. Es bringt einfach Spaß, in einem tollen Team an spannenden Mandaten zu arbeiten. Ich kann daher jeder Juristin und jedem Juristen nur raten, etwaige Chancen zu nutzen und den eigenen Fähigkeiten und Interessen nachzugehen.
Hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gibt es in den Großkanzleien inzwischen eine Vielzahl flexibler Modelle, um Frauen – aber auch Männer – dabei zu unterstützen, beides zu vereinen. Oder aber man geht durch eine der vielen anderen Türen, die einem nach einem Berufseinstieg in der Großkanzlei in anderen Bereichen offenstehen.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Familie und Karriere schließen sich keinesfalls aus. Es ist wichtig, der Familienplanung einen entsprechenden Stellenwert einzuräumen. Gleichwohl darf die Familienplanung die Karriereplanung nicht bereits im Keim ersticken. Man sollte nicht auf den Berufsweg verzichten, der einem Spaß macht, der einen herausfordert und die eigenen Fähigkeiten fördert. Es bedarf oft eines Spagats, um Familie und Beruf zu vereinen, es bedarf des richtigen Partners, der einen unterstützt, und einer guten Kinderbetreuung. Aber es ist auch enorm bereichernd, beides erleben und leben zu dürfen.
Tipps für Berufseinsteigerinnen
Es gibt drei Dinge, die meines Erachtens wichtig sind: Suche dir Role Models. Weltweit gibt es sehr viele tolle Frauen in Großkanzleien, die exzellente Juristinnen und Partnerinnen sind, Kinder und Familie haben – und zudem Frau geblieben sind. Diese Vorbilder fördern automatisch das gleichberechtigte Denken innerhalb und außerhalb der Kanzlei und können jungen Juristinnen die Entscheidung und das Vorankommen erleichtern.
Dazu kann auch ein*e Mentor*in inner-/ außerhalb der Kanzlei beitragen. Für mich ist Role Model beispielsweise eine Partnerin unseres Büros in Chicago, die ich zu Beginn meiner Tätigkeit bei Kirkland kennenlernen durfte. Eine hervorragende Juristin, Mutter dreier Kinder, authentisch, sehr vielseitig interessiert und enorm dynamisch. Mein Mentor hingegen ist ein Mann. Er hat mich gefördert und gefordert und in den entscheidenden Gremien, die über mein Vorankommen entschieden haben, die Stimme für mich erhoben.
Zudem ist es wichtig zu netzwerken. Das machen viele Frauen oft noch zu wenig. Geht raus und tauscht euch aus. Dazu kann die Teilnahme an Veranstaltungen für Frauen beitragen, die auch dazu dienen, dass junge Juristinnen sich vernetzen.
Der wichtigste Tipp allerdings: Go for it – verwirkliche deine Interessen und mache das, was dir am meisten Spaß bereitet. Es ist nichts in Stein gemeißelt! Man muss sich nicht bereits in jungen Jahren einer Tätigkeit verschreiben, „nur“, weil man in fünf bis zehn Jahren Kinder bekommen möchte. Fange an, „bloom where you are planted“, und dann wirst du sehen, wie sich Karriere und Privates vereinen lassen.




In ihrem




„Arbeit auf Augenhöhe“ (Kremayr & Scheriau 2022)
Ein sprachmächtiger Roman über die Frage nach Gut und Böse
In einer vernetzten Welt müssen wir vernetzt denken. Nur so können wir Zusammenhänge, grundlegende Gemeinsamkeiten, universelle Muster und Regeln erkennen. Und auf diese Weise vielschichtigen Phänomenen wie Pandemien, Klimakatastrophen, Artensterben, Verschwörungserzählungen begegnen. Der Komplexitätsforscher Dirk Brockmann nimmt die Welt als Ganzes in den Blick. Er sucht nach Ähnlichkeiten zwischen natürlichen und gesellschaftlichen Prozessen, macht Verbindungen sichtbar und liefert damit so ungewöhnliche wie aufschlussreiche Perspektiven. Eine Denkanleitung, die Komplexität einfach verständlich macht. Dirk Brockmann. Im Wald vor lauter Bäumen. Unsere komplexe Welt besser verstehen. dtv 2023, 14 Euro
Das Strafrecht polarisiert , fasziniert und empört wie kaum ein anderes Thema. Immer wieder gibt es Straftaten, die uns verunsichern, da sie unsere grundlegenden Regeln und Werte infrage stellen. Diese Verunsicherung wächst, wenn es zum Prozess kommt: Die Urteile der Gerichte sind für viele Bürger und Bürgerinnen häufig nicht nachvollziehbar. Elisa Hoven und Thomas Weigend greifen in ihrem Buch spektakuläre und prominente Fälle auf, die verwundert, besorgt oder empört haben. Anhand des „Ku’ Damm-Raser-Falls“ diskutieren sie, ob Raser Mörder sind. Der Fall der Gruppenvergewaltigung von Mülheim wiederum stellt die Gerichte sowie Leser und Leserinnen vor die Frage, ob und wie ein zwölfjähriger Vergewaltiger bestraft werden sollte. Und im Kapitel über den „Fall Kristina Hänel“ beleuchten die Autoren kritisch das Gesetz, das Informationen über Schwangerschaftsabbrüche verbot . Stets analysieren sie, warum die Gerichte so und nicht anders geurteilt haben, und fragen, ob das juristisch wie ethisch vertretbar ist. Dabei zeigen sie die Grenzen und Bedingungen unseres Rechtssystems auf. Elisa Hoven und Thomas Weigend. Strafsachen. Ist unser Recht wirklich gerecht? DuMont 2023, 23 Euro
Die Digitalisierung hinterlässt ihre Spuren im Recht, etwa in der Vertragsgestaltung, bei Fragen der Strafzumessung oder im Verwaltungshandeln und ist damit Gegenstand der juristischen Ausbildung. Ausgehend von einer begrifflichen Klärung erörtert das Lehrbuch anhand der drei großen Hauptrechtsgebiete (Öffentliches Recht, Zivilrecht und Strafrecht) die Schnittstellen, an denen Recht und Digitalisierung sich treffen, etwa Grundrechte mit Digitalisierungsbezug, Fragen des Datenschutzes, Digitalisierung des Verwaltungshandelns, Automatisierter Vertragsschluss, digitale Inhalte und (Rechts-)Dienstleistungen, Eigentum an Daten und digitalen Token, strafrechtlicher Schuldbegriff und Straftatenahndung. Zahlreiche Beispiele sowie Wiederholungs- und Vertiefungsfragen am Ende eines jeden Kapitels erleichtern das Verständnis. Mario Martini, Florian Möslein, Frauke Rostalski: Recht der Digitalisierung: Legal Tech (Nomoslehrbuch). Nomos 2023, 28,90 Euro
Die IT-basierte Optimierung rechtlicher Handlungsfelder ist Gegenwar t und Zukunft der (juristischen) Berufe. Was bedeutet das konkret für die eigene Beratungs- und Entscheidungssituation, wann kann oder muss ich welche Technik einsetzen? Antwor ten liefert der neue Stichwort-Kommentar Legal Tech. Auf knapp 1.400 Seiten und in 96 Stichworten erklär t er die rechtlichen, technischen und ökonomischen Aspekte von Legal Tech. Er geht auf die entscheidenden rechtlichen Aspekte des Einsatzes von Legal Tech-Anwendungen unter Einbeziehung aller betroffenen Rechtsgebiete ein, erläutert die Legal Tech-Tools in technischer Hinsicht – verständlich und fallbezogen – und stellt die verschiedenen Geschäftsmodelle in ökonomischer Hinsicht dar. Das Werk ist das ideale Arbeitsmittel für alle, die sich mit den praktischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Aspekten von Legal Tech ver traut machen oder ihre Kenntnis vertiefen möchten. Martin Ebers: StichwortKommentar Legal Tech. Recht | Geschäftsmodelle | Technik. Alphabetische Gesamtdarstellung. Nomos 2023, 149 Euro
Wie begeistere ich Kritikerinnen und Kritiker für meine Ideen? Wie hole ich Menschen ins Boot, die stur auf ihren Überzeugungen beharren? Und warum eskalieren viele Diskussionen offline und online so schnell? Marie-Theres Braun zeigt anhand von realen Geschichten aus Beruf und Alltag, wie viel Macht hinter kooperativen Strategien steckt. Sie erklärt den Hintergrund von Gesprächs-Sackgassen und verrät rhetorische Methoden, mit denen wir unser Gegenüber überzeugen und uns in Diskussionen behaupten können. Die Schritt-für-Schritt-Techniken verhelfen selbst konfliktscheuen Menschen zu mehr Durchsetzungsvermögen und Überzeugungskraft. Die Kommunikationsexpertin erläutert mitreißend, wie wir auch schwierige Menschen „knacken“ und zu einer positiven Gesprächskultur finden. Marie-Theres Braun. Menschen überzeugen, die Recht haben wollen. 24 kooperative Techniken. Campus Verlag 2023, 24 Euro
Dieses Buch soll Lust darauf machen, sich der Herausforderung einer juristischen Dissertation zu stellen und beantwortet die Fragen, die im Laufe eines Promotionsprozesses aufkommen, zum Beispiel: „Wann ist der passende Zeitpunkt für eine Promotion – nach dem ersten oder nach dem zweiten Examen?“ „Soll ich in meiner Dissertation gendern?“ „Wie läuft das Promotionsverfahren ab?“ Oder: „Wie finde ich einen Verlag?“ Die Antworten kommen aus der Praxis. Denn die Autorin und der Autor des Buches haben mit 300 Promovierenden aus 15 juristischen Fakultäten gesprochen und ihre Antworten zusammengefasst. Herausgekommen ist ein Buch, das kein dogmatischer Ratgeber sein soll. Auch die wertvollen Hinweise von Betreuungspersonen und anderen Doktorandinnen und Doktoranden soll das Buch nicht ersetzen, sondern ergänzen um den Erfahrungsschatz anderer Doktorandinnen und Doktoranden. Daria Bayer/Jan-Robert Schmidt. Die juristische Dissertation. C.H. Beck 2023, 12,90 Euro

Aus kurzer Distanz. Econ 2023, 24,99 Euro