Die 3 Trends: New Work, Future Skills, Jobsicherheit

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3 Trends – 3 Fragen an Peter Hübner, Präsident der BAUINDUSTRIE

New Work ist nicht nur Schlagwort. Hochschulabsolventinnen und -absolventen haben Ansprüche an ihre Arbeitgeber. Sind die Unternehmen der Baubranche aus Ihrer Sicht darauf vorbereitet und was können sie bieten? Für uns als traditionsreiche, aber progressive Branche ist „New Work“ eine Herausforderung. Viele Unternehmen haben erkannt, dass sie sich anpassen müssen, um für Hochschulabsolventinnen und -absolventen attraktiv zu sein. Flexibilität, innovative Arbeitsmodelle und eine sinnstiftende Arbeit sind wichtige Erwartungen. Einige Unternehmen bieten bereits flexible Arbeitszeiten, Weiterbildungsprogramme und moderne Technologien an, um die Arbeit zu erleichtern und die Effizienz zu steigern. Es gibt jedoch noch Luft nach oben. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen digitale Lösungen, prozessorientiertes Handeln und die Förderung der Talente der Beschäftigten im Fokus stehen. Wem Verantwortung übertragen wird, wird auch verantwortlich für sein Unternehmen agieren und sich dabei selbst in seiner Tätigkeit finden.

Digitalisierung und Nachhaltigkeit verändern die Arbeit auch in der Baubranche. Was sind die neuen Future Skills, die Absolventinnen und Absolventen mitbringen sollten? Mehr Digitalisierung und unsere Selbstverpflichtung zur Nachhaltigkeit: All das erfordert einen Wandel unserer Arbeitsprozesse und der zugrundeliegenden Fähigkeiten. Nennen Sie es Change-Kompetenz – man muss offen sein für Neues. Digitale Kompetenzen sind essenziell: Absolventen sollten sich mit Building Information Modeling (BIM), digitalen Planungs- und Managementtools sowie Datenanalyse auskennen. Die Kombination aus technologischem Know-how und nachhaltigem Denken wird in der Zukunft der Baubranche entscheidend sein: Ein Verständnis für ökologische Bauweisen und die Fähigkeit, Nachhaltigkeitsstrategien in Projekte zu integrieren sowie die Kenntnis über den Einsatz nachhaltiger Baumaterialien und -methoden sind gefragte Skills. Darüber hinaus sollten Absolventinnen und Absolventen über Projektmanagementfähigkeiten, interdisziplinäre Zusammenarbeit und eine starke Problemlösungskompetenz verfügen.

Man liest immer wieder von Investitionsstau, Insolvenzen, Firmenpleiten. Warum sollten junge Bauingenieurinnen und Bauingenieure trotzdem in der Baubranche ihre Zukunft planen? Gerade die Bauwirtschaft als Transformationssektor bietet unglaubliche Möglichkeiten, eigene Ideen zu verwirklichen oder an großen Lösungen mitzuwirken – etwa an der Entwicklung nachhaltiger Städte und Infrastrukturen. Damit prägt sie unsere zukünftige Gesellschaft. Zudem bieten der Fachkräftemangel und die Digitalisierung jungen Talenten hervorragende Möglichkeiten, schnell Verantwortung zu übernehmen und sich weiterzuentwickeln. Die Jobsicherheit ist ausgesprochen hoch, die Nachfrage nach Ingenieurinnen und Ingenieuren langfristig ungebrochen. Wer bereit ist, sich den neuen Herausforderungen zu stellen, hat in der Baubranche immer die Chance, eine sinnstiftende und zukunftssichere Karriere aufzubauen.

Infos zu allen Themen, die die Branche bewegen:

www.bauindustrie.de

Ab zum Bau – gegen alle Widerstände

In der Baubranche gibt es viel zu tun – beispielsweise auch beim Zukunftsthema Digitalisierung. Was da für eine Karriere auf dem Bau spricht? Eine ganze Menge. Wo sich viel tun muss, gibt es für Talente viele Möglichkeiten, etwas zu bewegen. Und klar ist auch: Die Bauindustrie wird zurückkommen, muss aber auch selbst an ihrer Attraktivität arbeiten. Und auch dafür werden Zukunftspioniere gesucht. Ein Essay von André Boße

Eine kurze Presseschau über die Lage der Bauindustrie – und die Laune ist direkt im Keller. „Schwach“ sei die Branche, heißt es in der Thüringer Allgemeinen. Von „Bürokratie und Krisen“ gehemmt, charakterisiert die Märkische Oderzeitung. Kämpfe mit dem Abbau von Förderungen, rechtlichen Vorgaben und einem Entsorgungsnotstand aus Mangel an Deponien. Zwischendrin keine guten Meldungen aus dem Personalbereich: Dem Bau fehle es an Frauen, Fachkräften, Nachwuchs, Azubis. Na, kein Wunder, denkt man. Wer steigt denn jetzt in eine Branche ein, die mit so vielen Herausforderungen zu kämpfen hat?

Wir sollten bedenken, dass aktuell zwar wenig gebaut wird, aber grundsätzlich ein großer Bedarf besteht. Die Zahl der Bauaufträge wird somit früher oder später kräftig zunehmen.

Blick auf Neues statt Downsizing

Zeit für die Gegenstimme. Marvin Ronn ist Co-Geschäftsführer von Topeople, einer auf die Baubranche spezialisierten Personalberatung mit Sitz in Offenbach. In einem Meinungsbeitrag nennt er interessante Argumente, warum ein Einstieg auf dem Bau zu empfehlen ist. Nicht trotzdem, sondern gerade jetzt. Zunächst einmal hält er fest, dass der Begriff von einer Baukrise keine Übertreibung darstellt. Und dass auch nicht zu übersehen sei, dass viele Bauunternehmen darauf reagieren, indem sie ihre Kapazitäten verkleinerten und sich dabei auch von Mitarbeitenden trennten.

Foto: AdobeStock/sarushen
Foto: AdobeStock/sarushen

BIM-Pflicht für Bundes-Aufträge

Um für maximale Transparenz sowie Sicherheit in der Planung und bei den Kosten zu sorgen, ist bei öffentlichen Infrastrukturaufträgen seit 2020 BIM verpflichtend. Seit Anfang 2023 gilt das auch für vom Bund beauftragte Hochbauten. Durch diese Verpflichtung, so erhoffte sich die Politik, würden viele Bauunternehmen die Zeichen der Zeit verstehen und sich BIM auch bei privaten sowie vom Land oder den Kommunen vergebenen Hochbauaufträgen durchsetzen. Doch zeigen aktuelle Studien wie die von PwC, dass hier noch viel Potenzial ist.

Marvin Ronn hält das für eine verständliche, aber strategisch fragwürdige Maßnahme: „Entlassungen werden die Kosten natürlich senken, doch die Erfahrung zeigt uns, dass sich einmal abgebaute Kapazitäten nicht kurzfristig wieder aufbauen lassen. Die Fachkräfte kommen schließlich nicht einfach zurück, wenn sie die Firma ruft.“ Wobei der Experte davon ausgeht, dass genau dieser Moment kommen wird: „Wir sollten bedenken, dass aktuell zwar wenig gebaut wird, aber grundsätzlich ein großer Bedarf besteht. Die Zahl der Bauaufträge wird somit früher oder später kräftig zunehmen.“ Sein Rat an die Branche: „Anstatt auf Downsizing zu setzen, sollten die Bauunternehmen die Krise besser als Chance verstehen und sich auf neue Bautechnologien konzentrieren, die sie durch die schwere Zeit bringen und zugleich zukunftssicher machen.“

Für die Baubranche stehen damit jetzt die wichtigen Weichenstellungen an. Die Richtung ist klar: Der Bau muss erstens bei der Digitalisierung und konkret beim Thema BIM zulegen. Und er muss zweitens weiterhin die Nachhaltigkeit ins Zentrum seiner Arbeit stellen. Digital und nachhaltig – so muss der Bau in Zukunft aufgestellt sein. Wer an etwas anderes glaubt, verkennt die Entwicklungen der Branche und der Gesellschaft.

Es geht voran – zumindest bei der Nachhaltigkeit

Ob das bereits in Ansätzen der Realität entspricht, hat die aktuelle Studie „Die Bauindustrie in Krisenzeiten“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC untersucht. Das Fazit nehmen die Autorinnen und Autoren des Reports bereits im Untertitel vorweg: „Fortschritte bei ESG, Stillstand bei der Digitalisierung“ – wobei ESG für Environment, Social, Governance steht, sprich für den Stellenwert von nachhaltigen und ethischen Aspekten. Beginnen wir bei der halbwegs guten Nachricht: „Fortschritte – wenn auch in kleinen Schritten – macht die Bauindustrie im Bereich ESG“, stellt die Studie fest. Vorangetrieben werde diese Entwicklung durch gesetzliche Vorgaben und Anforderungen seitens der Auftraggeber, Kunden und Investoren. „Inzwischen haben 70 Prozent der Unternehmen allgemeine oder projektspezifische Nachhaltigkeitsstandards etabliert“, heißt es in der Zusammenfassung. Diese Entwicklung zeige laut den Autorinnen und Autoren deutlich: „Die Bauindustrie ist durchaus bereit, Veränderungen anzunehmen, wenn klare Anforderungen definiert sind.“

Digitale Bremse

Und damit zum Problemkind, der Digitalisierung. Tools wie BIM und andere IT-Systeme stehen dafür, Effizienz und Produktion zu erhöhen. Indem sie zum Beispiel die Kommunikation unter allen Akteuren vereinfachen, Daten verfügbar machen oder bestimmte Routinearbeiten automatisieren. Zugleich besitzen sie den Vorteil, die Bauindustrie attraktiv für Fachkräfte zu machen: Gerade der Nachwuchs bringt beim Einstieg den Anspruch mit, in einer Branche starten zu wollen, die digitalen Techniken zumindest offen gegenübersteht.

Foto: AdobeStock/stockgood
Foto: AdobeStock/stockgood

Klima schützen, Infrastruktur sanieren

Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hat in einem Gutachten dargelegt, wie groß das Potenzial der Bauindustrie bei den Themen Klimaschutz und öffentliche Infrastruktur ist. Das Ergebnis kommuniziert das IW auf seiner Homepage: „Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müssten in Wohn- und Nicht-Wohnbauten pro Jahr mindestens 33, besser 66 Milliarden Euro investiert werden“, heißt es in der Zusammenfassung der Studienergebnisse. „Im öffentlichen Bau – insbesondere zur dringend benötigten Sanierung und Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur und der kommunalen Infrastruktur – müssten bis 2030 die Investitionen jährlich um   rund 75 Milliarden Euro gesteigert werden.“

Doch zeigt die PwC-Studie, dass der Bau in diesem Bereich weiter Nachholbedarf hat: So mache sich beim Thema Digitalisierung im Vergleich zur Vorjahresstudie von 2023 eine „gewisse Ernüchterung breit“, heißt es in der Zusammenfassung: „Trotz der weitreichenden globalen Veränderungen zeigen unsere Studienergebnisse ein nahezu unverändertes Bild zum Vorjahr. Der Digitalisierungsboom scheint vorbei, bevor er richtig Fahrt aufnehmen konnte. Die mit dem digitalen Wandel einhergehenden Chancen werden bisher nicht genutzt.“ Zwar, so die Studienautorinnen und -autoren, würden die Unternehmen weiterhin das Potenzial digitaler Lösungen erkennen. „Doch ihre Fähigkeiten im Umgang mit innovativen Technologien scheinen von Jahr zu Jahr geringer auszufallen.“ Der Hype um die Digitalisierung ebbe ab. „Stattdessen setzt ein gewisser Realismus ein“, heißt es im Report.

Dies ist wenig verständlich, vor allem, wenn man bedenkt, dass in der Baubranche die Digitalisierung – konkret: die Nutzung von BIM – in vielen Bereichen sogar rechtlich vorgeschrieben ist (siehe Kasten S. 12). Dennoch geben laut Studie nur 63 Prozent der befragten Bauunternehmen BIM eine „große Relevanz“, das sind 16 Prozentpunkte weniger als bei der Umfrage im Vorjahr. Woran es liegt? Die Studienautorinnen und -autoren von PwC glauben, dass das Umsetzungsproblem innerhalb der Unternehmen eine große Rolle spielt: Es fehle an Know-how, bedingt durch den Fachkräftemangel – 85 Prozent der befragten Unternehmen benennen dies als Hauptgrund für die BIM- und Digitalbremse. Bauen die Unternehmen nun im Zuge der Krise weiter Personal ab, um Kosten zu reduzieren, verliert die Branche noch weiter an Know-how, nimmt die Attraktivität weiter ab – und droht die Abwärtsspirale weiter an Dynamik aufzunehmen.

Impulse von außen sind gefragt

Wie sich dieser Prozess aufhalten lässt? Denken wir an die vergleichsweise gute Entwicklung im Bereich ESG: Dort waren es laut Studienergebnis bestimmte Akteure, die für eine größere Bereitschaft zum Wandel gesorgt haben, konkret: Auftraggeber, Kunden und Investoren. Sehr wahrscheinlich könnte man in dieser Aufzählung auch die Mitarbeitenden ergänzen: Untersuchungen wie die von der Bertelsmann-Stiftung vorgelegte Studie „Nachhaltigkeit aus Sicht der Arbeitnehmer:innen“ zeigen, dass das Thema Nachhaltigkeit an Bedeutung gewinnt. Ein ähnlicher Hebel muss nun auch beim Thema Digitalisierung bedient werden. Wenn es vielen Bauunternehmen aktuell nicht gelingt, von sich aus den Wandel einzuleiten, helfen Impulse von außen.

In Frage kommen dabei zum Beispiel Pionier-Unternehmen aus der Branche, die bei den Themen Digitalisierung und BIM bereits sehr gut aufgestellt sind. Diese sollten sich nun der Aufgabe stellen, weitere Baufirmen dazu zu motivieren, es ihnen gleichzutun, indem sie bei der Umsetzung der Digitalisierung eine positive Dynamik entwickeln. Und zwar auch aus Eigeninteresse der Zukunftspioniere heraus, schließlich profitieren von einer komplett digitalisierten Wertschöpfung am Bau alle Akteure. Auch die digitalen Vorreiter. Diese können auf diese Art auch die Aufgabe übernehmen, ein wenig Positivität ins Bauwesen zu bringen: Wer heute digitale Erfolgsgeschichten erzählt, ob im Netz, in Fachzeitschriften und Karrierenetzwerken oder auf Kongressen, hilft dabei, die Branche aus dem Stimmungsloch zu holen. Die Bauindustrie braucht Best-Practice-Beispiele für gelungenen Wandel!

Wer heute digitale Erfolgsgeschichten erzählt, ob im Netz, in Fachzeitschriften und Karrierenetzwerken oder auf Kongressen, hilft dabei, die Branche  aus dem Stimmungsloch zu holen.

Auch hier ist der Nachwuchs gefragt, der im Change- Management erste gute Erfahrungen gesammelt hat. Wer also Lust hat, wirklich schnell etwas zu bewegen, dem bietet die Bauindustrie aktuell beste Chancen. Der Bedarf an digitalem Know-how ist groß. Wem es als Youngster gelingt, mit guten Argumenten die Vorzüge des Wandels darzustellen, wird erkennen, wie attraktiv es sein kann, in eine Branche einzusteigen, in der das eigene Können und Wissen rar ist.

Der Bau wird wiederkommen

Das alles wäre nichts wert, wenn die Krise des Bauwesens eine wäre, die bliebe. Zum Beispiel, weil die Branche selbst keine Zukunftsaussichten hat. Wer jedoch die Nachrichten bei Themen wie Straßen- und Wohnungsbau verfolgt oder auf den Brücken oder in den kleinen und großen Städten des Landes unterwegs ist, der weiß: Das ist hier nicht der Fall. Es muss gebaut werden, im großen Stil, im Tief- und Hochbau. Und es wird auch gebaut werden, dazu gibt es schlicht keine Alternative. Jedoch – auch das zeigt die Krise: Es wird nicht mehr so gebaut wie immer. Sondern nachhaltiger und digitaler. Beides sind zwar notwendige, aber keine schlechten Veränderungen. Deshalb: Der Bau ist für den Nachwuchs deutlich attraktiver, als es das aktuelle Nachrichtenbild vermittelt. Was die Branche braucht, sind Menschen und Unternehmen mit Gestaltungskraft. Dann klappt’s auch mit dem Weg, raus aus der Krise.

Foto: AdobeStock/spiral media
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Frauen fördern

Der Bauindustrie fehlt es an Azubis und Fachkräften – besonders aber fehlt es ihr an Frauen. Eine statistische Analyse des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie zeigte, dass lediglich 14 Prozent der Beschäftigten im Wirtschaftszweig Baugewerbe weiblich sind. Bei keiner anderen Branche ist der Anteil so niedrig. Bei den Studierenden des Fachs Bauingenieurwesen liegt der Frauenanteil laut Studie bei 30 Prozent, bei den Absolventinnen und Absolventen, die schließlich in den Unternehmen arbeiten, bei 28 Prozent. Ein Ungleichgewicht herrscht laut Befragung bei der Bezahlung: Der Hauptverband informiert, dass das Gehaltsniveau von hochqualifizierten Frauen nur bei 83 Prozent (Expertin) bzw. 86 Prozent (Spezialistin) im Vergleich zum Niveau der männlichen Kollegen liegt.

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Katharina Klemt-Albert im Interview

Digitalisierung als Motor für Effizienz und Nachhaltigkeit. Der Bau einer 450 km langen Hochgeschwindigkeitsstrecke durch die Wüste Saudi-Arabiens oder die Beratung des Verkehrsministers von Brasilien zum Open Access des brasilianischen Schienenverkehrsnetzes sind zwei Megaprojekte, die Dr. Katharina Klemt-Albert als Führungskraft bei der Deutschen Bahn AG verantwortet hat. 2016 wechselte sie in die Wissenschaft. Als Universitätsprofessorin setzt sie sich für die nachhaltige Digitalisierung in Bau und Infrastruktur, für Automatisierung und Robotik im Bauwesen sowie die digitale Transformation ein. Warum das wichtig ist und wie das gelingen kann, verrät sie im Interview. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Katharina Klemt-Albert studierte Bauingenieurwesen an der Ruhr- Universität Bochum und promovierte an der TU Darmstadt. Ab 2001 verantwortete sie bei der Deutschen Bahn AG zahlreiche Groß- und Megaprojekte. 2016 folgte Dr. Klemt-Albert einem Ruf der Leibniz Universität Hannover. Im gleichen Jahr gründete sie die albert.ing GmbH, einen spezialisierten Anbieter für Digitale Transformation und BIM. 2021 wurde sie an die RWTH Aachen University als Direktorin des Instituts für Baumanagement, Digitales Bauen und Robotik im Bauwesen berufen. Ihre Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen in der nachhaltigen Digitalisierung und Automatisierung der Baubranche mit einem integralen und interdisziplinären Ansatz. Sie ist Sprecherin des Präsidiums von buildingSMART Deutschland.

Sie haben in den 2000er- und 2010er-Jahren diverse internationale Megaprojekte im Bereich der Bahn verantwortet. Verfolgen Sie noch, wie diese Projekte heute laufen?
Natürlich, das ist ja das Spannende an unserem Beruf, dass wir etwas bauen und gestalten können, das viele Jahrzehnte oder vielleicht noch länger hält. Es ist erfüllend zu sehen, wie sich diese Projekte entwickeln und welchen Einfluss sie auf die Infrastruktur und Mobilität in den jeweiligen Regionen haben.

Warum haben Sie sich 2016 für einen Wechsel in die Forschung und Wissenschaft entschieden?
Durch meine Erfahrungen in der Praxis habe ich die Chancen der Digitalisierung erkannt, die mich schon damals fasziniert haben. Ich habe mich für einen Wechsel entschieden, weil ich dadurch die Chance hatte und habe, etwas Neues aufzubauen und aktiv mitzugestalten. Durch unsere Arbeit in der Wissenschaft können wir einen Beitrag dazu leisten, die Digitalisierung der Baubranche in Deutschland voranzubringen. Die Kombination aus Forschung und Lehre hat mich besonders gereizt, denn so kann ich gleichzeitig neue Erkenntnisse gewinnen und mein Wissen weitergeben. Es ist faszinierend, nicht nur selbst Neues zu lernen, sondern auch junge Ingenieurinnen und Ingenieure auszubilden und zu begeistern.

Geht man an einer Baustelle entlang, ist dort noch immer wenig von Digitalisierung zu sehen. Täuscht das?
Das stimmt, im Vergleich zu anderen Sektoren ist die Bauindustrie noch wenig digitalisiert. Das hat aber seine Gründe: Anders als in der Produktionsindustrie sind Bauwerke in der Infrastruktur oder im Hochbau fast immer Unikate. Die Arbeit auf der Baustelle ist daher noch sehr individuell und manuell geprägt. Dennoch hat es in den letzten Jahren wichtige Entwicklungen in der Branche gegeben. In der Planung werden heute vermehrt digitale Prozesse eingesetzt, was viele Arbeitsabläufe beschleunigt und vereinfacht hat.

In der Ausführung hingegen besteht noch Bedarf an Digitalisierung und Automatisierung, aber auch hier sind interessante Fortschritte zu erkennen: Im Stahl- und Holzbau ist die computergesteuerte Herstellung von Bauteilen durch Vorfertigung im Werk bereits weit verbreitet. Dank digitaler Planung auch in der Ausführungsphase können innovative Technologien wie 3D-Druck und Robotik bereits auf der Baustelle eingesetzt werden. Diese Impulse aus der digitalen Planung und die Vorteile der industriellen Einzelfertigung werden nun zunehmend auf die Baustelle übertragen, um durch digitalisierte und automatisierte Fertigungsprozesse hochindividualisierte Bauwerke produktiver, effizienter und nachhaltiger herstellen zu können.

Alle wünschen sich, dass gebaut wird – aber bitte nicht vor der eigenen Haustür! Wie können digitale Plattformen wie BIM dabei helfen, mehr Akzeptanz für Bauprojekte zu gewinnen?
Im Zuge des Strukturwandels sind Bauprojekte und Veränderungsprozesse notwendig, die derzeit vermehrt auf Widerstand stoßen, teils weil die Öffentlichkeit sich nicht eingebunden fühlt. Um die Akzeptanz der Bevölkerung für diese Bauvorhaben zu gewinnen, sind Kommunikationsprozesse notwendig, die einerseits das Projekt erklären und andererseits eine partizipative Gestaltung durch die Bevölkerung ermöglichen. In diesem Bereich führen wir zum Beispiel ein Forschungsprojekt durch, das die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Gestaltung einer nachhaltigen und öffentlichen Mobilität im Zuge des Strukturwandels fördert.

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Katharina Klemt-Albert, Foto: Anna Wawra
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Katharina Klemt-Albert, Foto: Anna Wawra

Dazu können digitale Bauwerksmodelle genutzt werden: Beispielsweise kann die Öffentlichkeit über eine Beteiligungsplattform frühzeitig erste Einblicke in Planungsoptionen erhalten und sich aktiv in die Planung einbringen. Darüber hinaus bieten digitale Methoden unter anderem die Möglichkeit, die verschiedenen Bauphasen und deren Auswirkungen auf die Bevölkerung, wie zum Beispiel Verkehrssperrungen oder Nachtarbeiten, bereits in der Planungsphase zu simulieren und damit genauer zu planen. Auch Bauzeiten und Kosten von Maßnahmen können bereits in den früheren Planungsphasen viel genauer bestimmt werden, was für die Akzeptanz solcher Maßnahmen in der Bevölkerung einen enormen Faktor darstellt.

Welche aktuellen Innnovationen im Bereich des digitalen Bauens und der Robotik im Bauwesen faszinieren Sie derzeit besonders?
Aktuell befinden wir uns in einer wirklich spannenden Phase. Die Baubranche, die traditionell durch manuelle Arbeitsschritte und Entscheidungen vor Ort geprägt war, bewegt sich zunehmend in Richtung interdisziplinärer digitaler Planung. Um das volle Potenzial der Digitalisierung auszuschöpfen, müssen digitale Modelle für die Steuerung von Maschinen nutzbar gemacht werden. Dies gilt sowohl für die Vorfertigung als auch für die (Teil-)Automatisierung auf der Baustelle. Zum Beispiel können Roboter eingesetzt werden, wo Arbeiten für den Menschen gefährlich, körperlich anstrengend oder einfach schwierig sind. Da gibt es noch viel Potenzial.

Wir merken jetzt schon, dass die Digitalisierung sich positiv auf die Attraktivität der Baubranche auswirkt. Jüngere Ingenieurgenerationen sind offener für Veränderungen und wollen an innovativen Lösungen für die Gesellschaft mitwirken.

Inwieweit öffnet die Digitalisierung des Baus die Disziplin für eine junge Generation an Bauingenieurinnen und -ingenieuren auf der Suche nach Jobs mit Purpose?
Wir merken jetzt schon, dass die Digitalisierung sich positiv auf die Attraktivität der Baubranche auswirkt. Jüngere Ingenieurgenerationen sind offener für Veränderungen und wollen an innovativen Lösungen für die Gesellschaft mitwirken. Nachhaltigkeit ist für sie ein sehr wichtiges Thema. Die Digitalisierung wird dazu beitragen, die negativen Auswirkungen des Bauens auf die Umwelt zu reduzieren. Durch intelligente Planung können Bauprozesse über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks – von der Errichtung über die Sanierung bis hin zum Abriss – optimiert werden. Die digitale Dokumentation aller verwendeten Materialien ermöglicht zudem die Wiederverwendung und das Recycling von Baustoffen am Ende der Lebensdauer eines Gebäudes. So kann effizienter und ressourcenschonender gearbeitet werden, was unseren Beruf für junge Menschen attraktiver macht.

In der Baubranche haben junge Ingenieurinnen und Ingenieure die Möglichkeit, direkt an Projekten mitzuarbeiten, die das Leben der Menschen und ihre Umwelt verbessern. Die Digitalisierung eröffnet ihnen neue Wege, um durch innovatives und effizientes Planen positive Veränderungen herbeizuführen, z. B. bessere Wohnungen, gute und nachhaltige Mobilität und schönere Schulen. Dadurch ergeben sich neue Chancen für junge Mitarbeitende, die sich für einen Beruf mit gesellschaftlichem Nutzen interessieren, denn Bauen ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Lebensweise.

Bei welchem Bau eines Bauwerks aus der Geschichte der Menschheit wären Sie sehr, sehr gerne beteiligt gewesen – und warum?
Der Aachener Dom wäre ein Bauwerk, an dem ich sehr gerne mitgewirkt hätte. Ich hätte gerne die Herausforderungen und die innovativen Techniken kennengelernt, die im 9. Jahrhundert erforderlich waren, um ein solch beeindruckendes und symbolträchtiges Bauwerk zu errichten. Außerdem wäre es eine einzigartige Gelegenheit gewesen, an einem Bauwerk mitzuwirken, das so viele Jahrhunderte überdauert hat und ein Zeugnis der europäischen Geschichte und kulturellen Entwicklung darstellt.

Kuratiert

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Digitalisierung der Bauindustrie

Die Deutsche Bauindustrie hat ein Leitbild zur Digitalisierung entwickelt. Anlass ist es, Lösungen für die großen gesellschaftlichen Aufgaben zu finden: Nachhaltigkeit, Klimagerechtigkeit, Wohnungsbau, Kreislaufwirtschaft, Energie- und Verkehrswende, Fachkräftemangel und demografischer Wandel. Eine konsequente Digitalisierung aller Prozesse bei allen Akteuren soll helfen, den erforderlichen Anstieg der Produktivität und Nachhaltigkeit zu erreichen.

Cashewschalen als Maltene

Mit Biobitumen CO₂-reduzierten Niedrigtemperaturasphalt herstellen – das ist das Ziel, das Strabag gemeinsam mit dem GreenTech-Start-up „B2Square“ verfolgt. Statt erdölbasiertem Bitumen werden die Komponenten Asphaltene und Maltene im Instant-Verfahren als mindestens gleichwertiger Bindemittelersatz verwendet. Die Asphaltene gewinnt B2Square aus einem Kohlenwasserstoff-Harz, als Maltene kommt ein Extrakt aus gepressten Cashewschalen zum Einsatz. Die positiven Effekte: Die Produktionswärme kann deutlich verringert werden, es entsteht – ohne weitere Verfahrensänderungen – ein temperaturabgesenkter Asphalt, der CO₂- Fußabdruck des Asphalts wird insgesamt reduziert. Durch die niedrige Einbautemperatur wird zudem die Arbeitssicherheit erhöht, da die Bauteams vor Ort weniger Aerosolen ausgesetzt sind.

Die Bauwirtschaft in Zahlen

Ende 2023 gab es in den mehr als 70 verschiedenen Bauberufen rund 116.000 offene Stellen für Personen mit entsprechender Ausbildung – fast doppelt so viele wie Ende 2010. Besonders viele Fachkräfte werden in der Bauelektrik und dem Tiefbau gesucht. Beide Jobs zählen zu den fünf größten Engpassberufen in Deutschland.

Skills für die Zukunft

Die Bauwirtschaft befindet sich in einer Phase des Umbruchs. Es herrscht Fachkräftemangel. Daher müssen die Ressourcen effizienter genutzt und der Nachwuchs gezielter in digitalen Fähigkeiten gefördert werden. Denn: Mit digitalen Methoden, Tools und Prozessen lassen sich Teile der zu bewältigenden Aufgaben leichter, effizienter und effektiver erledigen. So beschreibt Dr. Cornelius Preidel, Vorstandsvorsitzender von buildingSMART Deutschland und Professor an der Hochschule München, die aktuelle Situation in Folge 15 des Podcasts bSD Talk mit dem Titel „Frischer Wind für die Ausbildungslandschaft“. Worauf es in Zukunft ankommt: ingenieurtechnisches Wissen, Kompetenzen in Richtung Software, die Fähigkeit zur kollaborativen und kommunikativen Zusammenarbeit, Offenheit für neue Themen. Welche weiteren Skills in Zukunft gebraucht werden, verraten die weiteren Interviewpartner in dem Podcast.

von Dr. Marion Steinbach

„Schwimmoper“ Hamburg Sanierung mit Fingerspitzengefühl

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Die Alsterschwimmhalle ist einer der größten Schalenbauten Europas. Da das 1973 eingeweihte Gebäude an die Oper in Sydney erinnert, wird sie von den Hamburgern liebevoll „Schwimmoper“ genannt. Mit Spannweiten von bis zu 96 Metern zählt das spektakuläre Schalendach bis heute zu den weltweit größten seiner Art. Das mittlerweile unter Denkmalschutz stehende Gebäude dürfte in der bestehenden Form nicht mehr gebaut werden. Jedoch genießt es Bestandsschutz, solange es nicht verändert wird. Da wundert es wenig, dass die Sanierung die Konstrukteure vor einige Herausforderungen stellte. Von Dr. Marion Steinbach

Die Alsterschwimmhalle im Überblick

Grundfläche: 4.500 qm

Schalendach: 96 Meter Spannweite

Höhe: bis zu 24 Meter

Dicke: teilweise 8 cm

Drei Stützfundamente

Beteiligte Unternehmen (Auswahl)

Bauherrschaft Bäderland Hamburg GmbH

Architekten gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Hamburg

Tragwerksplanung schlaich bergermann partner (sbp)

Haustechnik/ TGA Eneratio GbR

Bauphysik von Rekowski und Partner mbB (vRP)

Fassadenberatung DS-Plan GmbH

Brandschutz Ing. T. Wackermann GbR

Landschaftsplanung Lichtenstein;Landschaftsarchitekten & Stadtplanung PartGmbB

 

Vollständige Liste der beteiligten Firmen: https://www.gmp.de/ash

Die Schalenkonstruktion des Hallendaches, das aus zwei hyperbolischen Paraboloiden besteht, schwingt sich auf einer Grundfläche von 4.500 Quadratmetern an den Spitzen 24 Meter weit in die Höhe. Gehalten wird sie von drei Diagonalstützen. Zwei der drei Stützenfundamente sind durch ein Zugband unterhalb des Schwimmbads verbunden.

Alarm bei Erschütterung

Die große Herausforderung hinsichtlich der Statik bestand darin, Teile des Schwimmbades abzureißen und neu zu bauen, ohne dabei das bestehende Dach zu verändern oder durch die Bauarbeiten zu sehr zu erschüttern. Schließlich ist die Dachschale teilweise nur acht Zentimeter dünn. Schale und Zugband durften während der Baumaßnahmen nicht erschüttert werden. Das Zugband zwischen den Fundamenten durfte nicht berührt werden und musste während der gesamten Bauarbeiten ständig überwacht werden. Bei zu großen Erschütterungen des Bandes wurde Alarm ausgelöst und die Baustelle war sofort zu evakuieren. Dies geschah während der Abrissarbeiten manchmal mehrfach am Tag.

In enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz

Die Sanierung erfolgte in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz, beispielsweise auch bei der Festlegung der neuen Abdichtung für das Dach. Es wurde ein Kathodisches-Korrosionsschutz-System (KKS) installiert. Es schützt das Dach mit Schwachstrom gegen Korrosionsschäden durch das aufsteigende Chlor, die hohe Luftfeuchtigkeit und die warmen Temperaturen im Schwimmbad. Um die originalen Aluminium-Fachwerkstützen der Glasfassade erhalten zu können, wurde ein neues, belastungskonformes Teleskop-Kolben-Auflager als beweglicher Anschlusspunkt zwischen Fassade und Dach entwickelt. So können temperatur- und windbedingte Verformungen der Dachschale ausgeglichen werden.

Einsatz von BIM

Bei der Sanierung der Alsterschwimmhalle setzten das Team und die Fachplanenden Building Information Modeling (BIM) ein, um die komplexen Anforderungen effizient zu bewältigen. Die Planung begann mit der Modellierung gemäß der Bestandsunterlagen. Diese wurde präzisiert durch wiederholten Abgleich mit Punktwolken Aufmaßen. Dabei werden mithilfe von 3D-Scannern Punktwolken erzeugt, die eine sehr genaue Konstruktionsgrundlage für ein Gebäude simulieren.. Tragwerksplaner, Haustechniker, Fassadenplaner und Planer der Unterdecke arbeiteten gemeinsam im BIM-Modell. Das ermöglichte eine nahtlose Integration aller Gewerke. Kollisionsprüfungen anhand des Koordinationsmodells halfen, potenzielle Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu beheben. So erfolgte zum Beispiel die Schalplanerstellung basierend auf dem Architekturmodell.

Auch die Bauablaufplanung wurde modellbasiert abgestimmt. Informationen zu Abbruch- und Erstellungsterminen wurden direkt an den Modellelementen verknüpft, und Visualisierungen der Bestandseingriffe und Zwischenzustände dienten der Abstimmung mit allen Beteiligten. Unter Wahrung der Balance zwischen Erhalt, funktioneller Umgestaltung und Nutzungsanpassung der Schwimmhalle wurde ihre bauliche Identität erhalten. Im November 2023 wurde sie nach dreijähriger Sanierung wiedereröffnet.

Weltweit erste Netzwerkbogenbrücke mit Carbonhängern im Eisenbahnverkehr

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2024 wurde das größte brandenburgische Brückenvorhaben abgeschlossen. 130 Meter spannt sich die Netzwerkbogenbrücke stützenfrei über die Oder bei Küstrin. An die Strombrücke schließen sich drei Vorlandbrücken an. Insgesamt erreicht die Brücke so eine Länge von 260 Metern. Das Netzwerk aus sich kreuzenden Zugstäben im großen Brückenbogen besteht aus kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen (Carbon). Damit ist das neue Bauwerk die weltweit erste Netzwerkbogenbrücke mit Carbonhängern im Eisenbahnverkehr. Von Dr. Marion Steinbach

Die Oderbrücke an der deutsch-polnischen Grenze zwischen Küstrin-Kietz und Kostrzyn wurde bereits 1867 errichtet. Die Eisenbahnüberführung als Teil der sogenannten Ostbahn ist ein Symbol für das Zusammenwachsen Europas und ein Ort, an dem sich Deutschland und Polen in der Mitte eines Flusses begegnen. Die neue Oderbrücke ist – wie die alte Brücke – zweigleisig und zudem auf die nachträgliche Elektrifizierung der Strecke ausgelegt. Sie besteht aus einem 130 Meter langen Stromfeld. Damit ist der überspannte Bereich des Flusses gemeint. Daran schließen sich drei Vorlandbrücken an. Dabei handelt es sich um Brücken über den Bereich, der zum Flussbett gehört und nur zeitweise mit Wasser gefüllt ist. Diese Vorlandbrücken reichen bis zur alten Küstriner Festungsmauer am Ostufer.

Insgesamt verfügt das Bauwerk über 88 Hänger. Jeder Hänger wiegt 96 kg, kann aber eine Last von bis zu 300 Tonnen tragen. Durch den elastischen Stoff und die innovative Bautechnik besteht das Bauwerk aus einer materialsparenden und umweltfreundlichen Konstruktion. Sowohl bei der Planung als auch dem Bau benötigte die neuartige Konstruktion viel Fingerspitzengefühl. Eine große Rolle spielten vor allem die Umwelteinflüsse, genauer gesagt die nicht vorhersehbaren Pegelstände der Oder. Bereits beim Abbau der alten Brücke, beim sogenannten Ausschwimmen, hat sich gezeigt, dass die Wasserstände der Oder eine größere Herausforderung darstellten als ursprünglich durch die Expertinnen und Experten angenommen. Um mögliche Risiken für den Aufbau der neuen Brücke zu minimieren, wurde die Bautechnologie so angepasst, dass das Einschwimmen und der Einbau unabhängig vom Wasserstand der Oder ablaufen konnten.

Ziel des Infrastrukturprojekts ist es, die Streckenkapazitäten zu erhöhen und deutlich
verkürzte Fahrtzeiten zu ermöglichen.

Nach knapp zweijähriger Bauphase erfolgte im Herbst 2023 der Einschub der 130 Meter langen Stahlkonstruktion der neuen Brücke über die Oder. Beim Einschub glitt die neue Brücke über Wippen in ihre endgültige Position. Nach weiteren Arbeiten in den Folgemonaten wurde die Brücke im Juli 2024 samt der Odervorflutbrücke als leistungsfähige Grenzverbindung in Betrieb genommen.

Ziel des Infrastrukturprojekts ist es, die Streckenkapazitäten zu erhöhen und deutlich verkürzte Fahrtzeiten zu ermöglichen. So können Züge statt mit bisher 30 km/h das Bauwerk mit einer Geschwindigkeit von bis zu 120 km/h passieren.

Ausschreibung Brückenwettbewerb: 2015
Baubeginn Hauptbauarbeiten: 16. November 2021
Inbetriebnahme:td> 2024
Gesamtlänge (drei Vorlandbrücken, Stromfeld): 260 m
Länge Netzwerkbogenbrücke (Stromfeld): 130 m
Gewicht der alten Brücke: 200 t
Gewicht der neuen Brücke: 1.000 t
Gleise 2
Elektrifizierung berücksichtigt
Zulässige Geschwindigkeit: 120 km/h
Materialverbrauch: Beton 10.400 m3, Stahl 2.350 t
88 Carbon-Hänger: 1.150 m
Verschubtechnologie: Self-Propelled Moving Transport
Zuglinien: 2024 RB 26
Gesamtwertumfang: rund 50 Mio. Euro
Architekten: Schüßler-Plan und Knight
Architects
Ausführungsplanung: Schüßler-Plan und schlaich
bergermann partner (sbp)
Bauausführung: Sächsische Bau GmbH
Mammoet Deutschland GmbH
Mostostal Wechta Sp.z.o.o
Buchwald GmbH
Gerüstbau Otto GmbH
Peri Vertrieb Deutschland GmbH

FOUR: Vertical City mit DGNB-Zertifikat

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FOUR Frankfurt ist ein herausragendes Hochhausquartier mitten in der Frankfurter Innenstadt mit einem europaweit einzigartigen Nutzungskonzept: Wohnungen, Hotels sowie vielfältige Gastronomie-, Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten sollen in den vier Türmen untergebracht werden. 2024 sind die ersten Mieter eingezogen, 2025 soll der Gebäudekomplex fertig sein. Von Dr. Marion Steinbach

Zahlen und Fakten

2018 Die ehemaligen Gebäude der Deutschen Bank werden abgerissen.
2019 Beginn der Tiefbauarbeiten. Aushebung der Baugrube sowie Erstellung der unterirdischen Stockwerke und Tiefgarage.
2022 Beginn Hochbau
2024 Einzug der ersten Mieter
2025 Fertigstellung

 

233 Meter misst der Turm 1 und ist eines der höchsten Gebäude Deutschlands.
53 Stockwerke über der Stadt liegt die Dachterrasse in Turm 1
213.000 Quadratmeter Geschossfläche
97.000 Quadratmeter Büroflächen
Ca. 300 Firmen waren am Bau beteiligt.

Die vier Wolkenkratzer fußen auf einem mehrstöckigen Podium, das den Kern des neuen Viertels bildet. Auf den ca. 213.000 Quadratmetern werden bis zu 1.000 Menschen wohnen und ca. 4.000 Beschäftigte arbeiten.

Vier Türme zum Wohnen, Arbeiten und Leben

Turm 1 ist mit 233 Metern eines der höchsten Gebäude Deutschlands. Auch der zweite Turm stellt einen Rekord auf: Er zählt mit seinen 173 Metern zu den höchsten Wohnhochhäusern in Deutschland. Etwa die Hälfte der entstehenden Flächen ist für neuen Büroraum vorgesehen. Daneben werden ca. 600 Wohnungen sowie Hotels, Gastronomie, Einzelhandel und öffentlich zugängliche Erholungsflächen entstehen. Darüber hinaus entstehen zwei neue Stadtplätze, eine Kita, eine Foodhall und ein Dachgarten.

Letzte Herausforderungen

Mit dem Einzug der ersten Mieter2024 ist das Projekt in eine entscheidende Phase getreten. Fast alle Gewerke arbeiten parallel auf der Baustelle – vom Rohbau über die Fassade bis hin zum Ausbau und der Fertigstellung der Außenanlage. Täglich sind nahezu 1.500 Beschäftigte aus über 300 beauftragten Firmen auf der Baustelle am Werk. Bis zu 90 LKWs fahren täglich auf die Baustelle, um entladen zu werden.

Zentrales Thema Nachhaltigkeit

Auch in Bezug auf Nachhaltigkeit handelt es sich bei FOUR um ein innovatives Projekt: Zum ersten Mal seit dem Bestehen vergab die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) 2020 ein Rückbau-Zertifikat an das Hochhausquartett. Denn das Thema Nachhaltigkeit wird beim Projekt FOUR auch nach dem Rückbau großgeschrieben. Während des Bauprozesses werden DGNB-konforme Materialien verwendet, wo möglich wird das Cradle- to-Cradle-Prinzip angewendet. In Sachen Materialien setzen das Team von Groß & Partner und der GP Con zum Beispiel auf Alu-Glas-Fassaden und möglichst nachhaltigen Stahlbeton – für diesen wird ausschließlich Zement genutzt, der CO₂-arm hergestellt und vom CSC zertifiziert wurde. Der verwendete Stahlbeton wird im Anschluss in der sogenannten Stahlbeton-Skelett- Bauweise verarbeitet.

Fakten zur Nachhaltigkeit

FOUR hat als erstes Projekt für den kompletten Rückbauprozess die DGNBPlatin-Zertifizierung für einen nachhaltigen Rückbau erhalten.

Das FOUR erhält als erste Quartiersentwicklung das DGNB-Zertifikat „Vertical City“, das alle relevanten Themen des nachhaltigen Bauens erfasst.

Bei der Erstellung der FOUR wird für den Stahlbeton ausschließlich Zement verwendet der CO₂-arm hergestellt und vom (CSC) zertifiziert wurde.

FOUR ist von der Allergy Friendly Buildings Alliance GmbH (AFBA) mit dem ECARF-Qualitätssiegel für allergikerfreundliches Bauen zertifiziert worden. Das Qualitätssiegel wird vergeben von der European Centre for Allergy Research Foundation (ECARF).

www.4frankfurt.de
baustelle.4frankfurt.de

The Cradle – der Name ist Programm

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Über 50 Prozent der weltweiten Abfallproduktion und fast 40 Prozent der globalen CO₂-Emissionen entfallen auf die Immobilien- und Baubranche. Diese harten Zahlen zeigen den Handlungsbedarf und auch die Verantwortung, die die Branchen mit sich tragen. Von Sascha König, Arrow Global Germany GmbH

Das Projekt The Cradle im Düsseldorfer Medienhafen steht als Leuchtturmprojekt für nachhaltige Baukultur. Der Name verdeutlicht die hochgesteckten Ziele einer engagierten Umsetzung des Cradle- to-Cradle-Konzepts. Das Gebäude ist Ausdruck einer ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltigen Zukunft. Die Einhaltung des Cradle-to-Cradle-Prinzips hat bei The Cradle höchste Priorität: Demnach dürfen die Materialien und Verbindungen keine giftigen Stoffe enthalten, wofür eine sogenannte „banned list“ die Grundlage ist. Dieses konsequente Vorgehen kommt der Umwelt und der Gesundheit der Nutzerinnen und Nutzer im Gebäude zugute. Die banned list führt jene Chemikalien und Substanzen auf, die für die Verwendung in Cradle to Cradle Certified™-Produkten verboten sind. Darüber hinaus wurden mehrere Substanzen aufgrund von gefährlichen Eigenschaften ausgeschlossen, die mit ihrer Herstellung, Verwendung und Entsorgung verbunden sind. Somit soll sichergestellt werden, dass keiner dieser Inhaltsstoffe in Produkten verbaut und das Gebäude bzw. die Nutzerinnen und Nutzer gesundheitlich belastet werden. Darüber hinaus können so Materialien wieder im Sinne der Kreislaufwirtschaft zurückgeführt werden.

Das wohl markanteste Merkmal von The Cradle ist der Rohstoff Holz, der in den Geschossdecken und mit der imposanten Holzfassade zum Ausdruck gebracht wird. Holz steht als Sinnbild für Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft, da Holz ein nachwachsender Rohstoff ist, der endliche Rohstoffe wie Beton oder Kunststoff ersetzt. Zum anderen bindet Holz CO₂ und wirkt sich positiv auf das Raumklima sowie das Herz-Kreislauf-System aus. In Verbindung mit feinstaubabsorbierenden Teppichböden, Lehmwänden und grünen Wänden wird so eine deutlich bessere Luftqualität erreicht.

Mehr erfahren

 

Foto: Ralph Richter, Düsseldorf
Foto: Ralph Richter, Düsseldorf

www.the-cradle.de

Wenn man die gesamte Bau- und Nutzungsphase einbezieht, wird die CO₂- Reduktion des Gebäudes auf über ein Drittel im Vergleich zu herkömmlichen Gebäuden berechnet. Darüber hinaus wurde auch das Thema Mobilität im Sinne der Shared Economy neu gedacht. Ein Mobilitätshub steht nicht nur den Nutzerinnen und Nutzern von The Cradle, sondern auch der Nachbarschaft zur Verfügung.

The Cradle wurde mit einem interdisziplinären Team aus Architekten, Fachplanern und Beratern als zukünftiges werthaltiges Rohstofflager konzipiert. Die verwendeten Materialien sind kreislauffähig, werden entsprechend verortet und sind rückholbar. Voraussetzung ist, dass durch intelligente Verbindungstechniken eine sortenreine Trennbarkeit gegeben ist und die Stoffe keine Schadstoffe enthalten. Das Gebäude fungiert sozusagen als Materiallager. Der Material Passport dient als digitalisierter Bauteilkatalog, in dem die Materialien in Hinblick auf Recyclingfähigkeit, Gesundheitsklasse, Schadstoffgehalt, Trennbarkeit und CO₂- Verbrauch erfasst werden. Dadurch kann nachverfolgt werden, welches Bauteil an welcher Stelle und zu welcher Zeit eingesetzt wurde und wann dieses gegebenenfalls erneuert werden muss. Die Materialien sind klar nach ihrer Identität für den biologischen oder technischen Kreislauf gekennzeichnet und sind nach Nutzung reintegrierbar. Wesentlich ist hierbei die Trennbarkeit der Baustoffe, ihre Rezyklierbarkeit und ihre eindeutige, schadstofffreie Materialität.

Foto: Olaf Wiechers
Foto: Olaf Wiechers

Nachhaltigkeit ist Trumpf

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Wo in Deutschland und Europa gibt es aktuell die spannendsten und nachhaltigsten Baustellen? Wir stellen einige von ihnen vor. Von Sabine Olschner

Wavehouse in Heidelberg

54 Meter lang, 11 Meter breit und 9 Meter hoch: In Heidelberg entstand im vergangenen Jahr das größte 3D-gedruckte Gebäude Europas. Rund 170 Druckstunden brauchte es, bis das Rechenzentrum im 3D-Druckverfahren errichtet war, anschließend folgte der Innenausbau. Mit einem speziellen 3D-Baudrucker wurden die vertikalen Elemente des Servergebäudes gefertigt. Die Fassade wirkt wie ein welliger Vorhang und gab dem markanten Bau seinen Namen: Wavehouse. Das mineralische Material für das Projekt beinhaltet ein Bindemittel, das 55 Prozent weniger CO₂ erzeugt als reiner Portlandzement und zu 100 Prozent recycelbar ist. Rund 450 Tonnen des eigens für den 3D-Betondruck entwickelten Hightech- Baustoffs wurden verarbeitet.

Adidas Arena in Paris

Adidas Arena in Paris, © David Chavez-Monroy
Adidas Arena in Paris, © David Chavez-Monroy

Anlässlich der Olympischen Spiele 2024 wurde in der Nähe der Porte de la Chapelle in Paris die Adidas Arena gebaut. Das sechsgeschossige Gebäude mit einer Gesamtfläche von 12.000 Quadratmetern umfasst eine Sport- und Veranstaltungshalle mit 8.000 Plätzen sowie zwei Turnhallen, die von den ansässigen Bewohnern genutzt werden können. Für das Projekt wurde eigens vor Ort ein Betonwerk eingerichtet. Dadurch konnte die Zusammensetzung des Betons je nach Wetterlage täglich angepasst werden. 30 Prozent des für den Bau verwendeten Betons stammt aus kohlenstoffarmen Sektoren. Während der Bautätigkeiten wurden von den 944 Tonnen Baustellenabfall, die angefallen sind, mit Hilfe eines hochmodernen Sortiersystems vor Ort über 900 Tonnen recycelt. Die Wände der Empfangshalle bestehen aus Roherdeziegeln, die bei Ausgrabungen im Großraum Paris gewonnen wurden. Die Sitze in der Arena wurden aus sechs Millionen gebrauchten Plastikverschlüssen produziert. 80 Prozent der Flächen im Gebäude sind begrünt.

Gas-Tank wird zum Think-Tank

Gasometer Schöneberg, © Marco Döpke
Gasometer Schöneberg, © Marco Döpke

78 Meter ragt der Gasometer Schöneberg in die Höhe. Das zylinderförmige Bauwerk mit 15 Etagen und insgesamt 34.000 qm Fläche wird als transparentes Bürogebäude dienen. Das historische Stahlgerüst von 1910 wurde unter Einsatz von Sandstrahltechnik denkmalgerecht saniert. So hat die filigrane Stahlstruktur ihr ursprüngliches Erscheinungsbild zurückerhalten und dient als Gerüst für den runden Neubau. Aus Respekt vor dem Industriedenkmal hat dieser gläserne Neubau, dessen Architektur dem einst auf- und abfahrenden Gasbehälter nachempfunden ist, einen Abstand von einem Meter zur Stahlkonstruktion. Es beherbergt den Think-Tank der Deutschen Bahn, um unter anderem mit dem Programm „Digitale Schiene“ die Mobilität der Zukunft zu entwickeln. Zudem ist der Gasometer auch eine hochmoderne Eventlocation mit multifunktionalen Eventflächen, mit Amphitheater und Skylounge. Anfang 2024 erfolgte die Fertigstellung. Seit dem Erwerb des Geländes im Jahr 2008 entwickelt die EUREF AG das Stadtquartier rund um den Gasometer zu einem Reallabor der Energiewende. Übrigens: Das Gebäude ist CO₂-neutral und erfüllt höchste energetische und technische Standards. Der EUREF-Campus erfüllt bereits seit 2014 die CO₂-Klimaziele der Bundesregierung für das Jahr 2045.

Fährhafen in Puttgarden

Die Fahrt zwischen Puttgarden und Rødby in Dänemark wird künftig mit einer Elektrofähre durchgeführt. Diese ergänzt die vier bereits vorhandenen Hybridfähren auf der Route. Die neue Güterfähre kann 66 Frachteinheiten mit rund 1200 Lademetern transportieren, die herkömmlichen Hybridfähren nur knapp 30 Einheiten. Damit auch das obere Deck der Elektro-Doppelendfähre mit 33 Lkw beladen werden kann, wird derzeit ein Fährbett im Hafen Puttgarden umgebaut. Eine Stahlrampe soll die Lkw auf das Oberdeck führen. Außerdem wird die Vorstellfläche für Lkw an Land um mehrere Hundert Meter verlängert. Zudem ist eine automatisierte Fahrzeugerkennung geplant, um die Abfertigung zu beschleunigen. Für den Stromladevorgang der Elektrofähre muss die Infrastruktur im Hafen verändert werden: Um die notwendige Kapazität des Stromanschlusses zu gewährleisten, soll eine elf Kilometer lange Kabeltrasse vom Umspannwerk Burg zum Fährhafen verlegt werden.

Logistik-Campus in Schwäbisch Gmünd

Logistik-Campus in Schwäbisch Gmünd, © Rendering: Michelgroup
Logistik-Campus in Schwäbisch Gmünd, © Rendering: Michelgroup

Der Logistikneubau des Naturkosmetikherstellers Weleda ist besonders nachhaltig geplant. Mehrere kleinere Gebäude fügen sich natürlich in die Umgebung ein und können klimaneutral betrieben werden. Nur rund 20 Prozent des etwa 72.000 Quadratmeter großen Areals werden bebaut. Werkstoffe sind unter anderem Glas, Holz und Stampflehm. Auf dem Parkplatzdach, den Gebäudedächern und an der Fassade des Funktionsgebäudes sind Photovoltaikanlagen verbaut. Die Solarpaneele an den Hauswänden gewinnen Energie und beschatten gleichzeitig die Glasfronten. Das Lager besteht aus einer unterirdisch liegenden Stahlbetonwanne, auf der eine acht Meter hohe, massive Stampflehmfassade steht. Diese stammt aus Erdaushub der Baustelle und kann Schwankungen von Feuchtigkeit und Temperatur auf natürliche Weise ausgleichen, sodass keine mechanische Be- und Entfeuchtung des Lagers nötig ist. Das Gebäude hat das Zertifikat GNB-Platin erhalten, die höchste Bewertungsstufe der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen.

Estrel Tower in Berlin

Der Estrel Tower soll mit 176 Metern Höhe Berlins höchster Wolkenkratzer werden und gleichzeitig Deutschlands höchstes Hotel mit 525 Zimmern. Neben dem Hotel wird der Turm Apartments und Büros beherbergen. Das begrünte öffentliche Atrium ist für eine Bäckerei, eine Galerie und einen Inkubator für Start-ups vorgesehen. Über einen Tunnel gelangen Besucher in das nebenstehende Estrel Congress Center. Das Hochhaus wird 45 Etagen haben, im 43. und 44. Stock sind ein Restaurant und eine Skybar mit Außenterrasse geplant. Die oberen vier Etagen sind als flexible Eventfläche vorgesehen. Für die Nachhaltigkeit sorgen begrünte Dächer, Photovoltaikanlagen und ein CO₂-sparendes Energiekonzept. Für den Innenausbau werden regionale Hölzer und recycelte Materialien verwendet.

+++ Bei Stuttgart 21 wird Ende 2025 eine einjährige Testphase beginnen. Eröffnung soll im Dezember 2026 sein. +++ Das neue Zwischengeschoss im U-Bahnhof Sendlinger Tor in München ist offiziell eröffnet. Bis Mitte 2024 erfolgten noch Restarbeiten. +++ Im Sommer 2024 wurde die Sanierung der Mehrzweckhalle Hyparschale in Magdeburg abgeschlossen. Ab 2025 sollen dort Tagungen und Kongresse stattfinden. +++

Als Trainee ins Ausland

Das Traineeprogramm bei ZÜBLIN bereitet auf eine spätere Position im Konzern vor und gewährt buchstäblich grenzübergreifende Einblicke in den gesamten Konzernverbund. Denn es sieht unter anderem einen dreimonatigen Auslandseinsatz vor. Niklas und Iris haben ihre Auslandsstation schon absolviert und geben Einblicke in ihre Erfahrungen. Die Fragen stellte Dr. Marion Steinbach.

Zum Tunnelbau nach Chile Niklas hat das technische Traineeprogramm bei ZÜBLIN Timber absolviert. Es führte ihn zu einem herausragenden Tunnelbauprojekt in Chile.

Wie hast du dich auf den Aufenthalt vorbereitet?
Mit der Einheit vor Ort und der Website des Auswärtigen Amts habe ich Fragen bezüglich Einreisebestimmungen, Impfungen, Medical Check und Arbeitserlaubnis geklärt. Gleichzeitig habe ich meine Spanischkenntnisse anhand einer Sprach-App etwas aufgefrischt und damit begonnen, eine Packliste für Outfits und sämtliche Eventualitäten zusammenzustellen – von der Weihnachtsfeier über den Arbeitstag bis hin zur Wochenendwanderung in der Atacama- Wüste. Eine persönliche Schutzausrüstung und andere Arbeitsmittel wurden mir vor Ort gestellt.

Was waren die größten Herausforderungen vor Ort?
Nach einem umfangreichen Medical Check am ersten Tag folgten einige Sicherheitslehrgänge, Führungen, viel fachlicher Input und Kennenlerngespräche. Das gesprochene Spanisch weicht stark von meinem deutschen Schulspanisch ab. Da es bei den Lehrgängen insbesondere um sicherheitsrelevante Fragestellungen ging, wurde ich anfangs von einem Spanisch-Englisch-Übersetzer begleitet. Danach war Eigeninitiative gefragt. Das hieß: ein zweites Mal nachfragen, abendliches Vokabellernen und die ein oder andere Überstunde.

Was sind die Hauptunterschiede zwischen der Arbeit in Chile und in Deutschland?
Grundsätzlich muss man differenzieren zwischen der Arbeit im STRABAG Konzern und dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Arbeit im Konzern in Chile ist meinem Eindruck nach sehr vergleichbar mit jener in Deutschland.

Was war das Highlight während deines Aufenthaltes?
Mich hat die offene, freundliche, hilfsbereite und professionelle Art der Kollegen und Kolleginnen sehr beeindruckt. Ich wurde ab dem ersten Tag als ein Teil des Teams wahrgenommen. In Erinnerung bleiben aber natürlich auch die Wochenendausflüge in die Atacama- Wüste, nach Pichilemu, in die Wüstenstadt Iquique oder die Einladungen der Kollegen und Kolleginnen zum Familienbarbecue.

Welche Erfahrungen für die weitere Arbeit hast du mitgenommen?
Mir hat der Auslandsaufenthalt gezeigt, dass grundsätzlich jede Aufgabe und Lebenssituation zu bewältigen ist. Selbst wenn ganze Themengebiete wie die Minerie oder die Verwaltung eines Maschinenparks neu sind – nach einer intensiven Auseinandersetzung findet man stets eine Lösung, auch wenn man vielleicht einen Gedankengang noch einmal verwerfen muss.

Hast du drei Tipps zur Vorbereitung auf einen Auslandsaufenthalt?
1. Sprachkenntnisse. Je besser man die Sprache beherrscht, desto einfacher ist es.
2. Aufgeschlossenheit. Auf fremde Menschen in einem fremden Land mit einer fremden Sprache zugehen zu können ist essenziell. Man sollte sich aber auch öffnen, denn schließlich stößt man als „der Neue“ auch auf viel Interesse.
3. Gelassenheit. Viele Dinge im Alltag können sich anders gestalten als man es gewohnt ist. Abläufe bei Behörden, Fahrdienstanbietern etc. sind gegebenenfalls etwas weniger transparent, langsamer oder nicht ganz nachvollziehbar. Bleibt man bestimmt, freundlich und fragt einen Ortskundigen um Rat, so kommt man stets ans Ziel.

Foto: HS2
Foto: HS2

Zu einem der größten Infrastrukturprojekte Europas nach London

Iris bewarb sich bereits ein Jahr vor Beendigung ihres Bauingenieur-Studiums in Biberach auf ihre Traumstelle: das technische Traineeprogramm bei ZÜBLIN Timber. Ihr Auslandspraktikum führte sie während ihrer Traineezeit nach London zu einem der größten Infrastrukturprojekte Europas: zum spektakulären HS2-Projekt. HS2 ist eine Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke, die den Norden Großbritanniens besser an die Hauptstadt London anbinden soll. Iris tauchte also sprichwörtlich tief ein und übernahm Bauleitertätigkeiten im Tiefbau.

Wie hast du dich vorbereitet?
Da das Projekt so bekannt ist, konnte ich mir über Artikel und Videos einen sehr guten Überblick über das Bauvorhaben verschaffen. Bei den organisatorischen Fragen, beispielswiese der Einholung eines Arbeitsvisums, den Flügen, der Wohnung oder der Versicherung haben mich meine Ansprechpartner in England tatkräftig unterstützt.

Was waren die größten Herausforderungen?
Das war definitiv die Sprache. Das Englisch auf der Baustelle ist nochmal eine andere Herausforderung. Nicht nur die Fachbegriffe haben mich in den ersten Wochen sehr gefordert, sondern auch die unterschiedlichen Dialekte und die Akzente der Menschen aus den verschiedenen Nationen, die bei so einem Großprojekt zusammentreffen. Doch durch das Wiederholen oder erneutes Nachfragen konnte ich sprachliche Probleme immer wieder schnell lösen.

Foto: Iris Feuchtmüller
Foto: Iris Feuchtmüller

Was sind die Hauptunterschiede der Arbeit in London und Deutschland?
Das ist vor allem die unterschiedliche Herangehensweise. So brauchten wir in Großbritannien deutlich mehr Genehmigungen, um Tätigkeiten auf der Baustelle auszuführen und mussten sehr viel mehr Dokumentationen erstellen.

Was war das Highlight des Aufenthalts?
Das waren definitiv der Start der Tunnelbohrmaschinen und die Betonage der Bodenplatte, die insgesamt 24 Stunden gedauert hat.

Welche Erfahrungen für die weitere Arbeit hast du mitgenommen?
Es war sehr spannend, in einem internationalen Team zu arbeiten. Gut ist natürlich auch, dass ich mein Fachenglisch verbessern konnte.

Hast du drei Tipps zur Vorbereitung auf einen Auslandsaufenthalt?
1. Du solltest Interesse an der Baustelle, dem Land und der Kultur des Zieleinsatzes mitbringen.
2. Sei offen für Neues.
3. Sei bereit, Dinge zu organisieren und dich immer wieder in Themengebiete einzuarbeiten. Das erfordert viel Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und persönliche Offenheit.

Generationentandems für Innovation

Offenheit und Chancengerechtigkeit gehören zum Selbstverständnis der Strabag. Denn Vielfalt, so der Konzern, ist ein Schlüssel zum Erfolg. Bestandteil seiner EDI-Strategie (Equality, Diversity und Inclusion) ist auch Generationenvielfalt. Das bedeutet: Die Mitarbeitenden werden unabhängig von ihrem Alter gefördert und wertgeschätzt. Auch im Hinblick auf das Alter setzt die Strabag auf diverse Teams als eine wichtige Voraussetzung, um Innovationen zu fördern. Wir haben mit Katrin gesprochen. Sie hat Bauingenieurwesen studiert, hat dann auf der Baustelle gearbeitet und ist seit fünf Jahren bei der Strabag. Zusammen mit Walter, der seit 37 Jahren bei der Strabag ist, bildet sie ein Generationentandem.

Was sind die Vorteile von altersgemischten Teams?
Vielfalt in jeglicher Hinsicht bringt zahlreiche Vorteile mit sich. Unterschiedliche Sichtweisen und Erfahrungen ermöglichen allen Mitwirkenden, ihr Potenzial voll auszunutzen und führen so zum besten Ergebnis in einem Projekt bzw. Team.

Was braucht man, damit die Zusammenarbeit klappt?
Empathie, Verständnis, Respekt, die Fähigkeit zu reflektieren und sich in andere hineinversetzen zu können. Ich denke, diese Eigenschaften braucht man in jeder zwischenmenschlichen Beziehung.

Die Altersstruktur der Belegschaft in der Strabag im Jahr 2023

Unter 30 Jahre: 18%
30-50 Jahre: 52%
Über 50 Jahre: 30%

Wo kann es Konflikte geben?Und wie kann es gelingen, diese zu lösen?
Konflikte kann es geben, wenn nicht von allen Teammitgliedern zumindest versucht wird, das Gegenüber zu verstehen oder wenn jemand stur auf seiner Meinung beharrt. Im Speziellen kann es bei einem großen Altersunterschied zwischen Kolleginnen und Kollegen auch dazu kommen, dass die Älteren gerne die Rolle der Lehrmeister einnehmen oder die Jüngeren durch das Annehmen der Rolle der Schülerinnen und Schüler in ihrer Kreativität oder Meinungsbildung eingeschränkt werden. Ich denke, wenn alle Beteiligten offen für Neues sind, dann gibt es auch wenig Konfliktpotenzial.

Was macht es für einen Unterschied, wenn man als junge Frau in einem älteren Team arbeitet?
Ehrlich gesagt: keinen! Es kommt nur darauf an, wie die innere Einstellung zum Arbeitsumfeld ist – unabhängig davon, ob dieses Arbeitsumfeld aus älteren oder jüngeren Kolleginnen und Kollegen besteht. Oft wird angenommen, dass man die Assistenz oder eine Mitarbeiterin der älteren Kollegen ist. In so einem Fall muss man einfach die Rollen klarstellen. Eine gute Mischung aus eigener Durchsetzungskraft und Anerkennung des Erfahrungsschatzes der älteren Generation führt zu harmonischer Zusammenarbeit im Team.

Was für Tipps können Sie anderen jungen Bauingenieurinnen aus Ihrer Erfahrung mit auf den Weg geben?
Am wichtigsten finde ich folgende Punkte:

  • Such dir Mentorinnen und Mentoren! Ein Mentor oder eine Mentorin kann wertvolle Einblicke und Unterstützung bieten.
  • Übernimm Verantwortung! Zeige Initiative und trau dir zu, Verantwortung für Projekte oder Aufgaben zu übernehmen.
  • Bau dir ein Netzwerk auf! Knüpfe Kontakte innerhalb und außerhalb deines Unternehmens! Das kann neue Perspektiven eröffnen!
  • Bleib am Ball! Die Baubranche entwickelt sich ständig weiter. Bleib neugierig und offen für neue Technologien und Methoden! Regelmäßige Fort- und Weiterbildung ist ein Muss!
Katrin schätzt die Vorteile des Generationentandems – für die eigene Entwicklung und für die Arbeit, Foto: STRABAG SE
Katrin schätzt die Vorteile des Generationentandems – für die eigene Entwicklung und für die Arbeit, Foto: STRABAG SE

Nachhaltig bauen mit Digitalisierung

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Wir stehen vor enormen Veränderungen. Diesmal steht Bauen im Mittelpunkt. Der Wuppertaler Vordenker Jörg Heynkes sagt, wir retten die Welt entweder digital oder gar nicht. Damit sind zum einen Klimaschutz und Nachhaltigkeit als gesellschaftlicher Auftrag für eine lebenswerte Existenz aller im Einklang mit der Natur gemeint und zum anderen die dafür notwendige Digitalisierung als wichtigstes Mittel zum Zweck. In seiner Kolumne entwickelt Dr. Bernhard Hauke, Chefredakteur von „nbau.Nachhaltig Bauen“, praxisnahe Vorschläge, wie das gelingen kann.

Zur Person

Der Ingenieur, Journalist und Nachhaltigkeitsexperte Dr. Bernhard Hauke ist gelernter Baufacharbeiter, hat an der TU Darmstadt Bauingenieurwesen studiert und mit einem Monbusho- Stipendium an der Univ. Tokyo promoviert. Anschließend war er je eine Dekade Leiter Tragwerksplanung bei Hochtief Engineering in Frankfurt und danach Geschäftsführer von bauforumstahl in Düsseldorf. Seit 2018 ist er Editorial Director des Bauingenieur- Fachverlages Ernst & Sohn und hat 2022 die Zeitschrift „nbau. Nachhaltig Bauen“ gegründet. www.nbau.org

Der Bau- und Immobiliensektor trägt den Löwenanteil zu umweltschädlichen Emissionen wie Treibhausgasen bei, verbraucht auch die meisten Ressourcen und verursacht nach wie vor riesige Mengen an Abfällen. Wir haben also den größten Hebel und damit die maximale Verantwortung. Auch ist bekannt, dass sich die Bauwirtschaft in den zurückliegenden Dekaden technologisch und produktiv langsamer als nahezu alle anderen Sektoren entwickelt hat. Daraus ergeben sich drückende Notwendigkeiten zur Innovation und gleichzeitig enorme Chancen, gerade für eine junge Generation an Bauingenieurinnen. Bei genauerem Hinsehen tut sich inzwischen tatsächlich etwas in der kleinteiligen Branche. Unter die zahlreichen Traditionsunternehmen mischen sich zunehmend quietschfidele Start-ups mit neuen technischen oder geschäftlichen Ideen in Sachen Klimaschutz, Digitalisierung und Bauwende.

Vieles muss und wird sich also weiterentwickeln beim Bauen. Was nicht mehr geht, ist ein bisschen Informatik und Nachhaltigkeit als Nebenfächer oder nur für Spezialisten. In nahezu allen Bereichen des praktischen Berufslebens wie des Studiums werden sich die Schwerpunkte und Ziele verändern oder haben dies bereits. Natürlich bleiben Sicherheit, Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit essenziell für unser Tun und Handeln als Bauingenieure. Aber das gilt nun in gleichem Maße auch für Klimaschutz, Ressourcenschonung oder Biodiversität. Aber ohne Digitalisierung auf allen Ebenen wird vieles nicht effizient machbar sein.

Das heißt nicht, dass klassische Baustoffe wie Beton, Stahl oder Ziegel nicht mehr gebraucht werden und wir zukünftig bspw. nur noch mit Holz bauen. Aber alle müssen die Herausforderungen konsequent annehmen, klimafreundliche Herstellverfahren und kreislaufgerechte Konstruktionen voranbringen. Auch wird es mehr bio- und geobasierte Baustoffe geben, mehr Zirkularität, mehr Ressourceneffizienz. Und wir müssen weg vom Neubau auf der grünen Wiese und ungehemmtem Flächenverbrauch hin zu mehr Umbau, Sanierung, Anbau und Aufstockung des Bestandes. So können wir die grauen Emissionen des bereits Gebauten erhalten und unsere Baukultur als goldene Energie begreifen.

Die Möglichkeiten und Entwicklungen künstlicher Intelligenz werden hier rasanter sein, als wir uns das heute vorstellen können.

Keines dieser Themenfelder bietet für sich alleine eine universelle Lösung. Eines der wichtigsten Kriterien zur Ermittlung des jeweils besten Wegs ist hingegen die angewandte Ökobilanzierung, deren Methoden Grundwissen sein sollten. Aber auch die unerlässlichen Tools und Konzepte jenseits der Spielwiesen von IT-Freaks gehen mit einer konsequenten Digitalisierung und insbesondere der Nutzung künstlicher Intelligenzen einher. Die Möglichkeiten und Entwicklungen werden hier rasanter sein, als wir uns das heute vorstellen können. Die großen Veränderungen beim Bauen gingen oft mit neuen Werkzeugen einher, so Festigkeitslehre und TM im 19. oder FEM und CAD im 20. Jahrhundert.

Nicht jede*r Bauingenieur*in muss Expertin oder Experte für Nachhaltigkeit und Digitalisierung sein. Unser Beruf bietet eine Vielzahl spannender Tätigkeitsfelder. Aber Klimaschutz und Bewahrung der Umwelt sind essenzielle Aufgaben, zu denen wir alle beitragen müssen. Und ohne KI-basierte digitale Methoden wird es nicht gehen. Immer sind wir verantwortlich für unser Handeln.