Der Baumeister Tim-Oliver Müller im Interview

Die Lage ist verzwickt und paradox. Einerseits ist es offensichtlich, dass Deutschland bauen muss: Wohnungen, Straßen, Trassen, Brücken. Hinzu kommen umfangreiche Sanierungen, nicht zuletzt im Sinne des Klimaschutzes. Andererseits klagen vor allem die Wohnungsbauunternehmen über leere Auftragsbücher. Woran liegt’s? Was lässt sich dagegen tun? Und welche Rolle bei der Lösung spielen talentierte Bauingenieurinnen und Bauingenieure? Tim-Oliver Müller, 37, seit Juli 2021 Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB), nimmt sich Zeit für Antworten. Ein Gespräch, das vom modularen und seriellen Bauen über Automatik und Robotik bis hin zum Mindset einiger Akteurinnen und Akteure in der Bauindustrie führt, das sich – glaubt Müller – dringend ändern müsse. Um innovativ zu bleiben und nicht den Anschluss zu verpassen. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Tim-Oliver Müller ist seit Juli 2021 Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB). Davor war er von April 2020 bis Juli 2021 Leiter Business Development bei Vinci Deutschland. Bereits von 2011 bis 2020 hat Tim-Oliver Müller Tätigkeiten in verschiedenen Positionen beim HDB übernommen, zunächst als Referent im Geschäftsbereich Wirtschaft und Recht, ab 2012 als Leiter Infrastruktur und Partnerschaftsmodelle. 2016 übernahm er die Position als stellvertretender Geschäftsbereichsleiter, ab 2018 war er als Geschäftsbereichsleiter für Wirtschaft, Recht und Digitalisierung verantwortlich. Tim-Oliver Müller studierte in Berlin strategisches Management mit der Spezialisierung auf Vertrags-, Risiko- und Netzwerkmanagement. Mit 37 Jahren ist er der jüngste Hauptgeschäftsführer in der Geschichte des HDB.

Herr Müller, ein Bau-Gipfel beim Kanzler, Thema in vielen Talkshows: Der Bau steht im Fokus, produziert Schlagzeilen. Bewerten Sie das als Krisensymptom oder als gutes Zeichen, weil Sie als Branche gehört werden?
Ich gebe Ihnen leider Recht, vor allem der Wohnungsbau bereitet uns derzeit Sorgen. Das haben mittlerweile auch viele Menschen außerhalb der Branche registriert, denn die Wohnungsnot ist allgegenwärtig und kann jede oder jeden treffen. Um Ihre Frage aber zu beantworten: Schlagzeilen zu verursachen ist kein Selbstzweck. Wir wollen auf negative Entwicklungen aufmerksam machen, warnen davor, dass es im kommenden Jahr zu einer Krise kommen kann, wenn die Auftragsbücher der Bau-Unternehmen leer sind. Sie können mir glauben: Wir würden lieber mit positiven Meldungen auffallen, etwa, was die Branche an Innovation und Ingenieurskunst leistet und welche Chancen wir jungen Menschen bieten können.

An welche positiven Nachrichten denken Sie konkret?
Es gibt in Deutschland einen riesigen Bedarf an Bauleistungen. Im Sommer dieses Jahres hatte die Tagesschau unsere neuste Studie im Programm, die zeigt, wie kaputt die Verkehrsinfrastrukturen in diesem Land sind. Allein für die Sanierung des Verkehrsnetzes sind 372 Milliarden Euro notwendig. Das zeigt, wie gigantisch die Perspektive für den Straßenbau ist. Doch damit nicht genug: Das Institut für Demoskopie Allensbach hat die Bürgerinnen und Bürger gefragt, welche Branchen für sie die besten Zukunftsaussichten bieten. Da stand die Bauindustrie ganz weit oben. Übrigens auch, wenn es um die Erreichung der Klimaschutzziele geht.

Vor sieben Jahren, bei der Vorgängerstudie, war das Ergebnis noch ein anderes, damals lagen wir deutlich hinter den digitalen Branchen zurück, das hat sich geändert: Wir haben uns deutlich verbessert.

Der Bedarf an neuen Bauten und an Sanierungen ist offensichtlich groß, im Hoch- und im Tiefbau. Trotzdem fehlt es den Bauunternehmen an Aufträgen. Wo liegt der Fehler?
Die einfache Antwort haben Sie bereits selbst gegeben: Es gibt keinen Auftrag. Und wenn es keinen Auftrag gibt, dann können wir nicht bauen.

Was bremst die Aufträge?
Hier kommen vier Gründe zusammen, die zusammen eine historische Gemengelage ergeben. Die Zinsen sind zuletzt deutlich gestiegen und liegen auf einem hohen Niveau. Dort standen sie früher schon mal, aber mit einem Unterschied: Damals waren die Baukosten niedriger, heute sind auch diese sehr hoch. Hinzu kommt, dass sehr kurzfristig und für alle überraschend die Förderkulisse weggebrochen ist – bei steigenden Ansprüchen an die Qualität und immer höheren Standards, die wir erfüllen müssen, wodurch erneut zusätzliche Kosten entstehen.

Nimmt man diese vier Entwicklungen zusammen, also hohe Zinsen, hohe Kosten, hohe Standards, weniger Förderungen, dann geht für viele, die bauen wollen, die betriebs- oder hauswirtschaftliche Rechnung nicht mehr auf. So kommt es zu dem paradoxen Zustand: Unser Produkt ist heiß begehrt, der Bedarf ist riesig. Aber die Rechnung, dieses Produkt wirtschaftlich an den Markt zu bringen, geht für Bauherren, Investoren oder Kommunen unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nicht auf.

Was kann die Baubranche dazu beitragen, dass diese Rechnung wieder aufgeht?
Wir stehen vor der Herausforderung, unsere Produktivität zu erhöhen, müssen hier aber neue Wege gehen. Im Wohnungsbau hat zum Beispiel das modulare und serielle Bauen ein großes Potenzial. Wir sind an dem Thema seit einigen Jahren dran, wurden zu Beginn regelrecht angefeindet: „Was ihr da macht, sind Plattenbauten, da fehlt die architektonische Qualität, ihr wollt ein Wohnen zweiter Klasse.“ Das waren die Reaktionen.

Die oberen Management-Ebenen unserer Unternehmen müssen sich dafür einsetzen, dass kreative Menschen aller Disziplinen die Gelegenheit bekommen, innovativ zu arbeiten.

Ihre Reaktion darauf?
Alles Quatsch! Das Gegenteil ist der Fall. Von Beginn an stand die Bundesarchitektenkammer an unserer Seite, was das Argument fehlender architektonischer Qualität aushebelt. Vor allem aber schaffen wir durch modulares und serielles Bauen eine Kostenreduktion von 20 bis 30 Prozent. Eine Ersparnis in dieser Größenordnung gibt es auch bei der Bauzeit, was noch einmal Kosten spart. Hinzu kommt, dass wir unseren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ganz neue Arbeitsplätze bieten: witterungsunabhängig, mit planbaren Zeiten an einem planbaren Ort.

Klar, die Montageteams sind dann auf der Baustelle, aber das ist weitaus weniger Einsatz vor Ort, als wir es heute sehen. Ganz wichtig ist: Das modulare und serielle Bauen wird das konventionelle und klassische Bauen nicht ersetzen, es ist einfach eine neue Möglichkeit, günstiger und schneller zu bauen.

Welches Potenzial sehen Sie in der Automatisierung von Prozessen?
Die Robotik ist ein wichtiger Aspekt zur Produktivitätssteigerung. In der Vergangenheit hat die Branche versucht, ihre Produktivität zu steigern, indem sie mehr Menschen angeworben hat. Diese Methode stößt an ihre Grenzen. Schon allein deshalb, weil es einen Mangel an Fachkräften gibt. Deshalb ist es wichtig, die Produktivität in Zukunft vor allem dadurch zu erhöhen, indem wir die Prozesse verbessern, digitaler werden und auch dem Thema Robotik und Automatisierung mehr Raum geben.

Welche konkreten Einsatzfelder sehen Sie denn im Bereich Robotik?
Zunächst einmal in einzelnen Gewerken. Beispielsweise bei Maurern, Malern und Lackierern sowie im Innenausbau, wenn es zum Beispiel darum geht, sehr präzise bestimmte Bohrungen für Beleuchtung oder Lüftung in einer häufigen Wiederholung in die Wand zu bringen. Hier kommt dann auch die Methode des Building Information Modeling (BIM) ins Spiel: Die Weichen für die digitale Kooperation auf einer BIM-Plattform sind gestellt. Wir können das, wir haben die Fähigkeiten und die Tools.

Wir müssen in Zukunft mit weniger Menschen mehr bauen. Und das funktioniert nur mit neuer Technik. Was wiederum dazu führt, dass die Arbeit interessanter wird, gerade auch für die junge Generation.

Was fehlt noch?
Das Mindset ist an einigen Stellen in der Branche noch nicht so weit, dass die Akteurinnen und Akteure Themen wie BIM oder die Robotik als große Chance begreifen. Viele denken weiterhin: „Mein Arbeitsplatz geht dadurch verloren.“ Ich sage: Nein, er wird nicht verloren gehen, im Gegenteil, er wird sich weiterentwickeln, wird zukunftsfähig werden, mit zusätzlichen Qualifikationen. Zumal eines sowieso klar ist: Wir müssen in Zukunft mit weniger Menschen mehr bauen. Und das funktioniert nur mit neuer Technik. Was wiederum dazu führt, dass die Arbeit interessanter wird, gerade auch für die junge Generation.

Wenn wir künftig im Straßenbau die Maschine nicht mehr im Führerhäuschen, sondern per Joystick steuern, oder wenn wir mit Drohnen Vermessungen machen und den Baufortschritt dokumentieren, dann ergeben sich daraus sehr attraktive Jobprofile. Das Gleiche gilt für den Hochbau, wenn wir mit Hilfe digitaler Modelle eine Prozessanalyse von der Herstellung des Baustoffes über den digitalen Lieferschein bis hin zum Endprodukt machen.

Sie sprachen vom Mindset, das sich ändern müsse. Wie kann das gelingen?
Darüber, dass sich das Verhalten verändert. Nehmen Sie ein Smartphone. Das Gerät hat ja nicht das Telefonieren revolutioniert, sondern hat für eine radikale Verhaltensänderung gesorgt: Wie ich einkaufe und meine Bankgeschäfte erledige, wie ich meine Freizeitgestaltung organisiere oder Musik höre – all das wird vom Smartphone geprägt. Solche Verhaltensänderungen müssen wir auch im Bau erzielen. Die Art, wie Arbeit organisiert wird, wie Automation eingesetzt wird, wie Bauunternehmen auf den Wandel reagieren, nämlich nicht mit Angst, sondern mit dem positiven Gefühl, dass sich hier Potenziale ergeben.

Wie sehen Sie die Chance, durch die Digitalisierung neue Geschäftsmodelle zu entwickeln?
Die Digitalisierung bringt einen enormen Vorteil mit: Wir können mit Hilfe von Daten planen, kommunizieren und die Bauausführung steuern. Aber diese Daten stellen uns auch vor eine Herausforderung: Sie wecken das Interesse anderer Akteurinnen und Akteure. Je mehr Daten verfügbar sind, desto größer ist das Ansinnen anderer, diese Daten zu nutzen. Und wir reden hier von Unternehmen, die sich mit Daten weitaus besser auskennen als die allermeisten Bauunternehmen. Diese Datenspezialisten werden versuchen, in unserer Branche Fuß zu fassen. Und sie werden dabei neue Geschäftsmodelle an den Markt bringen, die unsere Unternehmen noch gar nicht kennen.

Bauen wie heute wird es in fünfzig Jahren nicht mehr geben. Es wird komplett anders sein.

Wie das laufen kann, zeigt der FinTech-Bereich: Die Bankenwelt hat durch die Digitalisierung eine enorme Disruption erlebt. Neue Player sind aufgetaucht, mit neuen Geschäftsmodellen, die dazu geführt haben, dass bestimmte alte Geschäftsmodelle Stück für Stück verschwanden. Und zwar auf Kosten der Finanzunternehmen, die zu spät geschaltet haben. Als Bau müssen wir begreifen, dass es wichtig ist, unsere Portfolios jetzt proaktiv zu erweitern …

… bevor es jemand von außen tut.
Genau. Bauen wie heute wird es in fünfzig Jahren nicht mehr geben. Es wird komplett anders sein, und der Wandel wird so schnell vonstattengehen, dass uns Bereiche wie Prozesssteuerung, Logistiksteuerung oder digitale Überwachung der Bauausführung von Playern wie den Amazons und Googles dieser Welt aus der Hand genommen werden könnten, wenn wir nicht jetzt beginnen, selbst daran zu arbeiten. Denn machen wir uns nichts vor: Interessant ist unsere Branche schon deshalb, weil wir gigantische Investitionsvolumina bewegen. Das sind Milliardenbeträge – vollkommen logisch, dass da von Seiten der großen digitalen Unternehmen ein großes Abschöpfungsinteresse besteht.  Zumal diese Player erkennen, wie groß das Optimierungspotenzial ist.

Haben Sie ein Beispiel für einen dieser neuen Bereiche, dem sich die Bauunternehmen widmen müssen?
Es gab im Spätsommer ein schönes Zitat im Handelsblatt: „Wenn die Auto-industrie künftig nur noch Autos verkauft, macht sie sich selbst überflüssig.“ Und das gilt auch für den Bau: Wenn wir als Bau künftig nur noch Bauleistungen verkaufen, machen wir uns überflüssig. Wir müssen in das Design rein, also in die Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette. Dann haben wir die Möglichkeit, durch Massenoptimierungen, den Einsatz alternativer Baustoffe, Verfahrensoptimierungen oder unser ingenieurtechnisches Know-how sehr viel zu bewegen, gerade auch bei zentralen Themen wie Klimaschutz und Ressourceneffizienz.

Wir werden von reinen Ausführenden zu den Co-Designern eines Projekts.

Nehmen Sie die Sanierung einer Straße: Wenn es nötig ist, diese für eine gewisse Zeit von drei auf eine Spur zu verengen, dann müssen wir als Bauunternehmen an der gestalterischen Planung des Vorhabens beteiligt sein, mit dem Ziel, dass die Sanierung möglichst wenig Staus verursacht – was dann CO2 einspart. Wir werden dann von reinen Ausführenden zu den Co-Designern eines Projekts, und das ist kein Thema nur für Großunternehmen, das ist ein Thema für alle Unternehmen unserer Branche.

Für die Innovationskraft ist es gut, eine starke junge Generation an Bord zu haben. Was muss die Branche tun, um den Nachwuchs zu begeistern und einzubeziehen?
Man denkt häufig, Veränderungen passieren an der Graswurzel, kommen also von unten nach oben. Das reicht aber nicht. Die oberen Management-Ebenen unserer Unternehmen müssen sich dafür einsetzen, dass kreative Menschen aller Disziplinen die Gelegenheit bekommen, innovativ zu arbeiten. Dafür muss das Management begreifen, dass die Ressource Personal nicht nur immer wichtiger wird, sondern eine besondere Art von Förderung braucht. Warum wechseln denn Menschen ihren Job?

80 Prozent tun dies aufgrund von Unzufriedenheit mit den Vorgesetzten. Weil es ihnen zum Beispiel nicht ermöglicht wird, sich zu entfalten, vernetzen, auszutauschen und auszuprobieren. Genau solche Leute brauchen wir aber. Wir benötigen dringend mehr Intrapreneurship in der Branche, also eine Form des unternehmerischen Denkens innerhalb des Betriebs. Es ist die Aufgabe des Managements, dies nicht nur zu ermöglichen, sondern konkret zu fördern. Gelingt dies, steigt unweigerlich die Attraktivität unserer Branche bei der jungen Generation.

Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB)

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) ist als Zusammenschluss der bauindustriellen Landesverbände die Spitzenorganisation der Bauindustrie in Deutschland. Der HDB sieht sich als Stimme des Bauens gegenüber Politik, Verwaltung und Gesellschaft, setzt sich dabei für die Gesamtinteressen der Branche ein. Ein Ziel sind bestmögliche Rahmenbedingungen auf Bundesebene, in Europa und auch international. Mit seinen zehn Landesverbänden repräsentiert der HDB große und mittelständische, häufig familiengeführte Unternehmen der Bauindustrie. Acht Fachverbände kommen als außerordentliche Mitglieder hinzu.

www.bauindustrie.de

So bauen wir 2050

0

Wie die Menschen doch vor 25 Jahren telefoniert und digital kommuniziert haben! Mit Handys groß wie Milchtüten sowie mit grauen Kisten und Monitoren in der Gewichtsklasse mehrerer Backsteine. Und wie die Leute eingekauft haben! In Läden, die um 18 Uhr schlossen, Bestelllisten für das Fax-Gerät oder bei Telefonhotlines. Wer das damals erlebt hat, der ist: ein Boomer. Aber: Wir werden alle alt. Und rund ums Jahr 2050 wird es die dann junge Generation sein, die sich wundert: Wie die Menschen doch vor 25 Jahren gebaut und gewohnt haben! Mit Heizungen, die man auf- und abdrehen musste, elektrischen Geräten, die ohne Vorwarnung kaputtgingen, und Dächern, die keine Energie erzeugten. Wir haben Expert*innen und angehende Bauingenieur*innen gefragt, wie sie sich ein Smart House in 25 Jahren vorstellen. Von André Boße

Künstliche Intelligenz

AdobeStock 207016864Die KI wird zum Housekeeper. Das System kennt die Routinen der Bewohner. Der Morgenkaffee steht parat, das Bad ist dann perfekt temperiert, wenn die morgendliche Dusche ansteht. Zudem bereitet die KI eigenständig alles vor, wenn ein Fußballspiel bevorsteht oder die neue Staffel einer Serie weggebinged werden kann. Bier oder Cola stehen kalt, Chips sind ausreichend vorhanden, der Raum ist passend klimatisiert, das Licht ist günstig, der Sender eingestellt. Am nächsten Morgen kommen die Eltern zu Besuch? Das System checkt den Kalender und schickt den Saug-Roboter durch die Wohnung, damit alles sauber ist.

Roboter

AdobeStock 621872927 KopieUnd wer backt den Kuchen, den Mama und Papa so gerne mögen? Der Roboter. Hausarbeit ist eine Routinetätigkeit, die automatisiert erledigt werden kann.

Wäsche sortieren, waschen und falten, Betten beziehen, Hemden bügeln, Fenster putzen, Geschirrspüler ausräumen und eben standardisierte Kuchen backen – der Roboter übernimmt. Und für einen Smalltalk über das Staffelfinale der Serie von gestern ist er auch zu haben.

Kraftwerk

AdobeStock 25153248Seit Wochen knallt die Sonne vom Himmel – ein Szenario, das sehr wahrscheinlich die Sommer im Jahr 2050 bestimmen wird. Die Energie, die in der Hitze steckt, ist offensichtlich, das Haus nutzt sie auf allen seinen Außenflächen. Photovoltaik-Module auf dem Dach sind selbstverständlich. Transparente Folien sorgen dafür, dass auch die Glasflächen der Fenster oder des Wintergartens Strom generieren. Die Fassade ist mit einer speziellen Farbe gestrichen, die aus Partikeln mit den Eigenschaften von Halbleitern besteht und somit ebenfalls Strom erzeugt. An Sonnentagen ist das Smart Home energieautark.

Sicherheit

AdobeStock 621184568 KopieWer darf wann ins Haus? Ein Schlüsselmanagement ist nicht mehr nötig, auch keine Zahlencodes oder Smart-

phone-Apps. Das System erkennt, wer vor der Tür steht. Dabei ist es so programmierbar, dass bestimmte Personen immer Zugang haben, einige nur zu bestimmten Anlässen. Zum Blumengießen in der Ferienzeit. Oder wenn ein Handwerker schnell eine Reparatur durchführen muss. Wobei das Security-System dafür sorgt, dass diese Person nur die Räume betreten kann, in denen sie etwas zu tun hat.

Big Data

Damit das Smart Home die Daten erhält, die es braucht, muss es gefüttert werden. Dies funktioniert über Sensoren, Funkmodule und Kameras, die in einer Big-Data-Zentrale zusammenlaufen und verarbeitet werden.

Home-Office

AdobeStock 110470948Das Büro ist eine New-Work-Erlebniswelt. Meetings finden mit Hologrammen statt, es fühlt sich an, als befände sich das Team im Raum. In allen Zimmern bilden digitale Boards ein Netzwerk für Notizen, Videos oder Mindmaps. Ein Videocall lässt sich auch dann seamless gestalten, wenn man parallel im Haus herumläuft, das Display schaltet sich immer dort ein, wo man sich gerade aufhält.

Garten

Das Grün rund ums Haus passt sich den Gegebenheiten an, erfüllt einen Nutzen und bereitet gleichzeitig Freude. Statt großer Rasenflächen mit hohem Wasserbedarf gibt es ein System, das Regenwasser sammelt und speichert, sowie ein vielfältiges Wechselspiel aus Wildwiesen, Beeten und Chill-out-Plätzen. Der Garten ist dann das, was er sein soll – ein Stück Natur.

Nachbarschaft

Aus benachbarten Häusern werden Communities: Die Häuser sprechen untereinander gemeinsame Einkäufe oder notwendige Anschaffungen ab. Und das Straßenfest? Die Orga regeln die Smart Homes unter sich.

Und die Bauingenieur*innen?

AdobeStock 431475508Stellen in Teams zusammen mit Architekt*innen und IT-Expert*innen die Infrastruktur zur Verfügung. Übrigens nicht nur für Smart Homes, sondern auch für Smart Offices, Smart Shops, Smart Factories und Smart Hotels. Und das nie von der Stange, sondern immer nach den individuellen Wünschen der Auftraggeber – als Gestalter*innen der Zukunft.

Ganzheitliche Modernisierung Bauen im Bestand: Das Behrens-Ufer in Berlin

0

Aus einem Industrieareal wird ein Gewerbestadtquartier der Zukunft: Mit dem BE-U | Behrens-Ufer schafft die DIE Deutsche Immobilien Entwicklungs AG (DIEAG) als Bauherr im Südosten von Berlin einen weitestgehend energieautarken Lebens- und Arbeitsraum. Für die nachhaltige Quartiersentwicklung verantwortet ZÜBLIN die Planung, Sanierung und Umbau des zehn Hektar großen Geländes. Das städtebauliche Gesamtkonzept sieht eine Mischung aus denkmalgeschütztem Bestand und modernem Neubau, neuen Durchwegungen und öffentlichen Plätzen sowie eine Uferpromenade entlang der Spree vor. Von Kerstin Neurohr

Wo? Am Behrens-Ufer

Das Behrens-Ufer (BE-U) liegt in Berlin-Schöneweide, zwischen Ostendstraße und der Spree. Der ehemalige Industriebezirk ist in den letzten Jahren zu einem attraktiven Standort für Forschung, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur geworden.

Was? So autark wie möglich

Unter Verwendung neuester Technologien und in enger Partnerschaft mit GASAG Solution Plus entstehen am Behrens-Ufer innovative Lösungen für die Energieversorgung der Zukunft. In konsequent nachhaltiger Produktion wird Energie direkt auf dem Gelände erzeugt. Das BE-U wird so in Zukunft weitestgehend Energieautarkie und Versorgungssicherheit für Produktion, Forschung und Entwicklung bieten. Möglich wird diese zukunftsfähige Energieversorgung auch durch die hocheffiziente Bauweise der Gebäude des BE-U.

EPD

EPD, abgeleitet von der englischen Bezeichnung Environmental Product Declaration, lässt sich grob übersetzen mit Umwelt-Produktdeklaration.

Die Dokumente sind sozusagen „Steckbrief“ der deklarierten Produkte – darin werden die umweltrelevanten Eigenschaften abgebildet. Sie beinhalten technische Informationen, Angaben zu gewählten Lebenszyklusmodulen, entsprechende Umweltkennwerte sowie ggfs. Prüfergebnisse für eine Detailbewertung. Die neutralen und objektiven Daten sollen möglichst alle Auswirkungen abdecken, die das Produkt auf seine Umwelt haben kann, wobei der gesamte Lebensweg des Produktes berücksichtigt werden sollte.

Wer? STRABAG

Bei dem Quartiersprojekt arbeiten unterschiedlichste Expert*innen der STRABAG- Gruppe eng zusammen. Neben der Zentralen Technik, der Torkret GmbH und ZÜBLIN Timber ist dabei u. a. das Wasserbau-Team von ZÜBLIN Spezialtiefbau gefragt. Die Methoden von LEAN.Construction vermeiden Verschwendungen in den Arbeitsabläufen und sorgen für eine effiziente und nachhaltige Abstimmung auf der Baustelle.

Wie? Vielfältig nachhaltig

Die Revitalisierung folgt dem Ansatz der Donut-Ökonomie (siehe Kasten), wobei im Hinblick auf Wachstum die ökologischen Grenzen der Erde und sozialen Bedürfnisse der Stadtbevölkerung gleichermaßen berücksichtigt werden und so ein zukunftsfähiges, nachhaltiges Wirtschaften möglich wird.

Bei der Errichtung und beim Ausbau der Gebäude kommen nachhaltige Baustoffe, Cradle-to-Cradle-Produkte und innovative, klimaschonende Energietechnik-Lösungen zum Einsatz. Zwei Beispiele:

Nachwachsender Rohstoff Holz

In zwei Neubauten wird der Einbau von insgesamt rund 22.000 Quadratmeter Geschossdecken in Holz-Hybrid-Bauweise geplant. Rund 650 Kubikmeter Holz kommen im Tragwerk der Gebäude zum Einsatz. Auf einer Fläche von rund 2.900 Quadratmeter sind außerdem Holzfassaden in Planung.

Holz überzeugt als nachhaltigster Baustoff durch eine Vielzahl positiver Eigenschaften:

  • CO2 -Bindung: Ein Kubikmeter Holz speichert eine Tonne CO2
  • nachwachsender Rohstoff
  • effizientes und kostengünstiges Arbeiten durch hohen Vorfertigungsgrad
  • schafft gesundes Raumklima

Innovative Heiz- und Kühltechnik: Wasserführende Lehmdecken

In den Neubauten werden EPD-verifizierte (siehe Beschreibung r.) Lehmdecken mit wasserführenden Leitungen verbaut – das bringt viele Vorteile:

  • nahezu CO2-neutrale Produktion der Lehmmodule
  • Rückführung in den Wertstoffkreislauf möglich
  • natürliche Luftentfeuchtung durch hohen Tonanteil (hohe Sorptionswerte)
  • natürliche Kühlung dank Verdunstungskälte
  • Decken werden zum Energiespeicher
  • Vorlauftemperatur beim Heizen 35° (im Vergleich: 55° bei statischen Heizkörpern)
  • gesundheitsfördernde Strahlungswärme
  • in der Regel keine mechanische Lüftung nötig
  • schafft gesundes Raumklima

Donut-Ökonomie

Beschreibt eine wirtschaftswissenschaftliche Theorie nach Kate Raworth: Im inneren Kreis des sog. Donuts liegen die gesellschaftlichen und sozialen Bedürfnisse des Menschen (u. a. soziale Gerechtigkeit, Einkommen, Gesundheit), im äußeren Kreis die planetaren Grenzen (Klimawandel, Ozonloch, Verlust biologischer Vielfalt). Der Donut selbst steht für eine regenerative Wirtschaft (Kreislaufwirtschaft), die die Bedürfnisse des Menschen und die planetaren Grenzen in Einklang bringt.

Operation an der Lebensader: Rheinbrücke Leverkusen

Der Ersatzneubau der Leverkusener Brücke ist ein Mega-Projekt. Nicht nur wegen der ungefähr 70.000 Quadratmeter Brückenfläche nach Fertigstellung, sondern auch weil der Bau sowie der Rückbau der alten Brücke unter laufendem Verkehr stattfinden – direkt an einem der meistbefahrenen Autobahnkreuze Deutschlands. Von Franziska Immel-Andrä

Am 5. September 2023 war es so weit: Der erste Teil des rund einen Kilometer langen Neubaus der Leverkusener A1-Brücke feierte Brückenhochzeit. Ein Kran setzte die letzten beiden 90 Tonnen schweren Hauptträger von einem Schiff aus direkt über dem Rhein in die fast 18 Meter breite Lücke, die noch zwischen den von den beiden Pylonen an den gegenüberliegenden Rheinufern aus frei vorgebauten Brückenträgern klaffte.

Bei Schrägseilbrücken kann nämlich ein besonders schlanker Überbau ohne Lehrgerüst von gegenüberliegenden Pylonen aus abschnittsweise vorgebaut und Zug um Zug an Seilen aufgehängt werden, die am Pylon verankert sind. Am Folgetag wurden die fehlenden Teile der Fahrbahntafel zwischen den Brückenträgern ebenfalls von einem Schiff aus eingehoben und verschweißt.

Das derzeit wichtigste Brückenbauprojekt Deutschlands, der Ersatzneubau der Rheinbrücke Leverkusen, besteht aus zwei einzelnen, parallelen Brückenüberbauten. Baubeginn für den bereits errichteten ersten Teil war Ende 2017. Im September und Oktober 2022 wurden die beiden Pylone aufgebaut, an denen die Brückenseile verankert sind. Jeder Pylon wiegt knapp über 1.000 Tonnen. Der höchste Punkt des Seilträgers befindet sich in rund 57 Metern Höhe über der Fahrbahn. Ein gesamter Tag der Brückenbautage am 14. und 15. November 2023 in Köln widmete sich gerade dem Projekt – inklusive Besichtigung.

Foto: Die Autobahn GmbH des Bundes
Foto: Die Autobahn GmbH des Bundes

Ab Ende Januar 2024 soll der gesamte Pkw- und Lkw-Verkehr in beide Richtungen über den Neubau fließen. Dann wird die alte Rheinbrücke zurückgebaut – in einem europaweit einmaligen Verfahren wird sie quasi rückwärts abgebaut wie sie einst aufgebaut wurde. Dann wird an gleicher Stelle das zweite neue Brückenbauwerk errichtet.

Doch weshalb muss die alte Schrägseilbrücke überhaupt ersetzt werden? Bei ihrer Errichtung 1965 war sie mit zwei Fahrspuren und einem zusätzlichen Standstreifen in jeder Fahrtrichtung zukunftsweisend. Allerdings war sie für 40.000 Kraftfahrzeuge täglich und nicht für das heutige Verkehrsaufkommen konzipiert – im Laufe der Jahre überquerten sie jeden Tag dreimal so viele Fahrzeuge.

Und nicht nur das: Unter den 120.000 Fahrzeugen waren immer mehr Schwerlastfahrzeuge, die zum Zeitpunkt der Errichtung der Brücke noch gar nicht für den Straßenverkehr zugelassen waren. Durch größeres Gewicht und immer engeren Fahrzeugabstand entstehen zyklische Beanspruchungsspitzen in der Stahlkonstruktion, die zu Rissen in den Schweißnähten in und an den Hohlkästen führten. Diese Schweißnahtverbindungen können an einem bestehenden Bauwerk nur mit sehr hohem Aufwand saniert werden.

Die neue Rheinbrücke Leverkusen besteht aus zwei parallelen Geschwisterbrücken, die sich durch die Symmetrie im Endzustand zu einem Gesamtbauwerk zusammenfügen. Der zweite Teil soll 2027 fertig gestellt werden, sodass im Anschluss für jede Richtungsfahrbahn ein eigenes Brückenbauwerk zur Verfügung steht. Beide Brücken zusammen haben acht durchgängige Fahrstreifen und sind für 150.000 Fahrzeuge täglich ausgelegt. Weiterhin werden die Ein- und Ausfahrten auf beiden Rheinseiten, also sowohl im Kreuz Leverkusen-West als auch in Köln-Niehl, zweispurig auf die Brücke herauf- bzw. von der Brücke heruntergeführt. Durch diese Verflechtungsstrecken ergibt sich eine maximale Anzahl von 12 Spuren. Hinzu kommt ein je 3,25 Meter breiter Rad- und Fußweg auf beiden Seiten.

Die neue Rheinbrücke in Zahlen

Schrägseilbrücken mit Pylonen in A-Form
Gesamtlänge (zwischen den Endauflagern): 1.068 Meter
Größte Spannweite: 280 Meter
Größte Nutzbreite der Brücke: 2 x 33 Meter
Brückenfläche (beide Fahrtrichtungen): Ca. 70.000 Quadratmeter
Pylonhöhe über der Fahrbahn: Rund 55 Meter
Baustart: Dezember 2017
Fertigstellung des ersten Brückenbauwerks: 2023 Nach Vollendung der ersten Brücke wird die alte Rheinbrücke zurückgebaut.
Fertigstellung des Gesamtbauwerks: 2027
Fahrstreifen nach Fertigstellung: 8 durchgängige sowie zum Teil zweistreifige Verflechtungsstrecken

Mehr Informationen:
www.a-bei-lev.de
www.autobahn.de

The Sphere

0

„The Sphere“ beeindruckt schon aus der Ferne als riesige Leinwand mit gigantischen Projektionen. In dem Gebäude, das unweit des berühmten „Strips“ zwischen Hotels und Casinos liegt, werden hochkarätige Konzerte gezeigt.

Der Bau, ein Gemeinschaftsprojekt der Madison Square Garden Company und der Las Vegas Sands Corporation, ist 112 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 157 Metern. Mit rund 54.000 Quadratmetern Außenfläche ist es die weltweit größte LED-Leinwand. Um die beeindruckenden Visualisierungen, beispielsweise von Planeten oder einem riesigen Basketball als Werbung für die NBA-Spiele, auf die dreidimensionale Fläche zu übertragen, bedurfte es wahrer Ingenieurskunst.

Über MSG

Die Madison Square Entertainment Corp., kurz MSG, ist ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich der Live-Unterhaltung und betreibt zahlreiche Veranstaltungsorte. Das Unternehmen plant bereits den Bau einer zweiten Sphere – in London. www.msgentertainment.com
www.thespherevegas.com
www.sphereentertainmentco.com

Als Basis für die Kugelform wurde zunächst ein Stahlrahmengerüst errichtet, darauf formdefinierende Metalltafeln inklusive Isolierung. Als regenführende Schicht kamen Aluminiumprofiltafeln von Kalzip zum Einsatz. Wir lieferten dazu fast 170 Tonnen Material sowie eine mobile Rollformanlage nach Las Vegas. Mit Rafael Fernandez kam zudem ein erfahrener Rollform Operator aus Deutschland auf die Baustelle, der die Produktion und Qualitätssicherung der Profiltafeln auf der Rollformanlage direkt vor Ort betreute.

Für die Montage wurden an der Fassade horizontal Aluminiumrundrohre angebracht. Insgesamt rund 4.500 Profiltafeln, die passend für ihren Einsatzort gerundet und konisch geformt wurden, sind anschließend auf den Rundrohren in vertikaler Ausrichtung von Fachhandwerkern montiert worden. Aufgrund der immensen Dimensionen des runden Baukörpers, mussten die etwa fast 19 Meter langen Profiltafeln mit speziellen Kränen zum Einsatzort befördert und in die richtige Position gekippt werden. Nach etwa einem halben Jahr konnte der Bau der metallenen Fassadenhülle abgeschlossen werden.

Neben der regenführenden Funktion dienten die Stehfalze der Aluminiumprofiltafeln auch als Basis für das Exoskelett. Auf dieser Konstruktion wurden 1,2 Millionen LED-Pucks verbaut, wobei jeder Puck 48 einzelne LED-Dioden hat. Um eine Reflektion der LEDs zu verhindern, sind die Profiltafeln werkseitig in einem matten Dunkelgrau beschichtet.

Über Kalzip

Kalzip produziert Dächer, Fassaden und Gebäudehüllen aus Aluminium und Metall. Die Profiltafeln des Koblenzer Unternehmen kommen weltweit in Gebäuden zum Einsatz, so beispielsweise auch beim Bau der Schutzhülle des Sarkophags des verunglückten Kernkraftwerks Tschernobyl.

So komplex die Montage auch erscheint, die eigentliche Herausforderung lag in der Planung: Dan Vinet, der als Sales Director Kalzip Inc. in den USA das Projekt betreute, erklärt das Vorgehen: „Um die Kugel-Geometrie in diesen Größenverhältnissen sauber und mit perfekten Rundungen abbilden zu können, haben wir gemeinsam mit den Kollegen in Deutschland zunächst eine Analyse und Machbarkeitsuntersuchung anhand eines 3D-Modells erstellt.“

Neben der geometrischen Betrachtung des Gebäudes wurden zusätzlich auch statische Berechnungen angefertigt. So konnten die Ingenieure sicherstellen, dass die Anforderungen an die Profiltafeln, wie Länge und Form, sowie die Lage der Stöße korrekt sind und eine effektive, wirtschaftliche Montage ermöglichen.

Skywalk Königsstuhl

0

Rügen ist um eine Sehenswürdigkeit reicher: Auf den berühmten Kreidefelsen wurde eine freischwebende Aussichtsplattform gebaut. Von Franziska Immel-Andrä

Auf der Insel Rügen, nahe der Hafenstadt Sassnitz, befindet sich der Königsstuhl. Das Plateau der Kreidefelsformation liegt auf 118 Metern über Normalhöhennull; die Felsen fallen fast senkrecht zum Strand ab. Ungefähr 300.000 Besucher*innen kommen jährlich, um den einzigartigen Blick auf die weite Ostsee, die Kreideküste und die seltenen Kliffhangwälder zu genießen. Allerdings sind der Aussichtspunkt und die gesamte Steilküste des umliegenden Nationalparks durch ihre geologische Beschaffenheit, das Grund- und Oberflächenwasser sowie den Wellenschlag einer starken Küstendynamik unterworfen. Jährlich schwinden durchschnittlich 30 Zentimeter an Küste, und es kommt immer wieder zu Abbrüchen am gesamten Kliff.

Um die Zugänglichkeit zu dem beliebten Aussichtspunkt auch weiterhin zu erhalten, wurde ein Rundweg geplant, der auf dem standsicheren Hochplateau beginnt und den Königsstuhl mit einer seilverspannten Brückenkonstruktion überspannt. Dabei galt es einiges zu beachten: Das Bauwerk sollte barrierefrei sein, möglichst zurückhaltend in den Landschaftsraum eingreifen, allen Natur- und Artenschutzanforderungen des zum UNESCO-Welterbe zählenden Buchenwaldbestands gerecht werden und natürlich trotz möglicher Steiluferabbrüche und Hangrutschungen geologisch und geotechnisch standsicher sein.

Nach rund zwei Jahren Bauzeit konnte der Skywalk im April 2023 endlich eröffnet werden. Der 185 Meter lange ellipsenförmigen Rundweg ist als einhüftige Hängebrücke konstruiert. Sie wird einseitig zu einem 42 Meter hohen Mast am Widerlager abgespannt. Bis zu 48 Meter tief sind die Fundamente für den Mast und die Abspannseile in der Kreide gegründet worden. Insgesamt leiten sechs Bohrpfähle von jeweils anderthalb Metern Durchmesser die Bauwerkskräfte in den Baugrund. Das Brückendeck besteht aus einem verschweißten Stahlhohlkasten. Es wird über Hängeseile mit den Haupttragseilen verbunden, die die Vertikalkräfte des Überbaus zur Mastspitze hin abtragen. Die 13 stählernen Brückensegmente der Konstruktion wurden vor Ort zusammengefügt und verschweißt. Dafür wurde eigens eine Stahlunterkonstruktion angefertigt.

Anschließend musste die 400 Tonnen schwere Brückenkonstruktion Zentimeter für Zentimeter Richtung Horizont geschoben werden. Verantwortlich für die insgesamt 70 Meter Vorschub war der 24-jährige Schweizer Hydraulikspezialist Sascha Leutwyler. Er arbeitete mit einem System aus Hydraulikpressen und dicken Tauen aus Stahlseil. Mit einem ähnlichen System senkte er das Brückendeck dann noch um 3,50 Meter ab, bevor es an das erste Baumodul, das bereits am Fundament befestigt war, angeschweißt wurde.

Der Bau hat wegen der komplizierten Abläufe deutlich länger gedauert als ursprünglich geplant. Er wurde auch teurer als anfangs veranschlagt. Die Stadt Sassnitz als Bauherrin des Projektes ging von 7,6 Millionen Euro aus. Im Endeffekt beliefen sich die Kosten aber auf insgesamt 11,37 Millionen Euro.

Der Skywalk im Überblick:

Länge der gesamten Konstruktion

90 Meter

Länge des begehbaren Rundwegs

185 Meter

Breite der Ellipse

19 Meter

Breite des Rundweges auf der Konstruktion

2,50 Meter

(3,50 Meter vordere Spitze)

Höhe des Abspannmastes
42 Meter

Gründungstiefe (Bohrpfähle)

48 Meter

Investition des Lands M-V. rund 11,37 Millionen Euro (reine Baukosten 8,8 Mio. Euro)

Quelle: Nationalpark-Zentrum Königsstuhl

 

Vom Königsweg zum Skywalk Königsstuhl:

Das Bau-Logbuch

https://koenigsweg.koenigsstuhl.com/ bau-logbuch

Sonderausstellung „Vom Königsweg zum Skywalk – eine Baugeschichte“

www.koenigsstuhl.com

Spektakuläre Megabauten

0

Aktuell werden in Deutschland und in Europa zahlreiche Megaprojekte realisiert. Wir stellen die spannendsten Baustellen vor. Von Sabine Olschner

Brenner Basistunnel

H41 Tunnelbohrmaschine „Ida“, Foto: BBT-SE / Jan Hetfleisch
Am 15. April 2023 wird der Bohrkopf der zweiten Tunnelbohrmaschine (TBM), die auf den Namen „Ida“ getauft wurde aufgerichtet und montiert. (Foto: BBT-SE / Jan Hetfleisch)

Der Brenner Basistunnel ist ein 55 Kilometer langer, flach verlaufender Eisenbahntunnel, der Österreich und Italien miteinander verbindet. Zusammen mit dem schon bestehenden Inntaltunnel, der an den neuen Basistunnel angeschlossen wird, ensteht die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt. Der Brenner Basistunnel besteht aus zwei rund acht Meter breiten Tunnelröhren mit einem Abstand von 40 bis 70 Metern. Alle 333 Meter verbindet ein Stollen als Fluchtweg die zwei Röhren. Eine Besonderheit ist der Erkundungsstollen zwischen den zwei Haupttunnelröhren. Die hier stattfindenden Vortriebsarbeiten sollen Aufschluss über die Beschaffenheit des Gebirges geben und dadurch Baukosten und -zeiten minimieren. Wenn der Basistunnel in Betrieb ist, wird der Erkundungsstollen zur Entwässerung dienen. In erster Linie soll der Tunnel von Güterzügen genutzt werden, aber auch von Personenzügen.

Lichtkelche am Stuttgarter Tiefbahnhof

Foto: Achim Birnbaum
Foto: Achim Birnbaum

Im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 entsteht am Hauptbahnhof Stuttgart ein unterirdischer Durchgangsbahnhof. Dessen rund 450 Meter langes und 80 Meter breites Dach wird von 28 Kelchstützen getragen, die jeweils rund 1000 Tonnen schwer und 8,5 bis 13 Meter hoch sind. Sie variieren in ihrer Form, Neigung und Länge. Für den Zugang zur Bahnhofshalle wurde ein Sonderkelch um 180 Grad gedreht, durch den künftig ein Aufzug sowie Treppen direkt zu den Gleisen führen. Die einzigartig geformten Betonkunstwerke sind eine bauingenieurtechnische Meisterleistung: Für den betonierten oberen Teil der Kelchstütze wurden rund 60 Schalelemente und jeweils zwischen 510 und 800 Kubikmeter Beton verbaut. Im letzten Stahlbetonkranz wird eine Lichtaugenkonstruktion aus Stahl und Glas eingefasst. In jedem Kelch befinden sich 350 Tonnen Bewehrungsstahl, die sich auf 22.000 Stahlstreben verteilen.

Cross-Rail London

Mit der Cross-Rail London wurde Ende 2022 eine 118 Kilometer lange, durchgängige Eisenbahnverbindung durch die Megastadt London eröffnet. Sie reicht von Maidenhead und Heathrow im Westen bis Shenfield und Abbey Wood im Osten der Stadt. Durch die Inbebriebnahme der neuen Elizabeth Line entfällt vielfach das Umsteigen auf andere Bahnstrecken oder auf Linien der London Underground. Die Herausforderung für die Tunnelbohrmaschinen: Sie mussten an Abwasserkanälen, GasPipelines, Fundamentpfeilern, U-Bahn-Trassen und -Schächten vorbeigeführt werden. An einigen Stellen beträgt der Abstand zu den Crossrail-Röhren weniger als einen halben Meter.

„Roots“

Foto: Garbe Immobilien Projekte:Störmer Murphy and Partners
Foto: Garbe Immobilien Projekte:Störmer Murphy and Partners

Das höchste Holzhochhaus Deutschlands In der Hamburger Hafencity wird derzeit das höchste Holzhochhaus Deutschlands gebaut: Das 65 Meter hohe „Roots“ besteht aus 128 Eigentumswohnungen sowie Ausstellungsräumen, Verwaltung und Büros der Deutschen Wildtier Stiftung. Die Eigentumswohnungen haben Blick auf das Hafenbecken, die Elbe und die Elbphilharmonie. Hinzu kommt ein Nebengebäude mit 53 öffentlich geförderten Mietwohnungen. Die Obergeschosse beider Gebäude werden mit tragenden Außenwänden als Massivholzskeletten sowie Massivholzdecken und -innenwänden errichtet, nur Unter- und Erdgeschoss sowie die Erschließungskerne und Brandwände sind Stahlbetonkonstruktionen. Durch die Nutzung von 5.500 Kubikmetern Nadelholz konnten im Vergleich zu konventionellen Bauweisen rund 3.500 Tonnen CO2 eingespart werden. Die Holzelemente fertigt eine Südtiroler Holzbaufirma in ihrem Werk vor, sodass sie auf der Baustelle nur noch zusammengefügt werden müssen.

Schiffswerft Kiel

In der Kieler Förde wird derzeit eine neue Schiffbauhalle errichtet. Auf 15.000 Quadratmetern entsteht ein U-Boot-Produktionsgebäude und ein siebengeschossiges Verwaltungsgebäude. Das Industrie-Bauwerk ist 32 Meter hoch, rund 170 Meter lang und bis zu 70 Meter breit. Sieben Beton- und Brandwände trennen die sieben Hallen zur Fertigung von U-Boot-Sektionen vom Verwaltungstrakt. Verbaut werden 17.000 Kubikmeter Beton, 3.900 Tonnen Bewehrungsstahl und 2.500 Tonnen Stahl für Tragkonstruktionen im Inneren der Hallen. Herausfordernd sind vor allem die schweren Stahlbauarbeiten und die umfangreichen Mess-, Steuerungs- und Regelungssysteme für die Gebäudeautomation. Für zwei Portalkrane in jeder Halle mussten zudem schwere Stahlträger verankert werden.

Berliner Rechenzentren

Foto: maincubes
Foto: maincubes

Im Brandenburg Park, einem 24.000 Quadratmeter großen Campus südlich von Berlin, entstehen zwei hochmoderne Rechenzentren. Zusammen werden sie 32 Megawatt an kritischer IT-Last für Cloud und KI bieten. Der Virtus-Wustermark-Campus soll zu einem der größten grünen Rechenzentren in Deutschland und Europa werden: Die Serverfarm wird durch eine hocheffiziente Kälteanlage aktiv gekühlt. Die entstehende Abwärme soll als Fernwärme für die Gemeinde Wustermark genutzt werden. Eine Photovoltaikanlage wird zudem für nicht kritische Versorgungsbereiche im Einsatz sein. Der Campus wird mit einigen der größten zusammenhängenden Onshore- Windparks des Landes elektrisch gekoppelt.

Intelligentes Gebäude „The Terrace“

Foto: Christian Richters
Foto: Christian Richters

Am Spreeufer in Berlin-Charlottenburg wurde mit „The Terrace“ ein hochmodernes Neubauquartier fertiggestellt. Das Bürogebäude ist hoch digitalisiert: Sensoren erfassen Daten über Nutzung und Präsenz, mit denen die Gebäudesteuerung optimiert werden soll. Eine KI erfasst die Informationen, analysiert und bewertet sie. Zum Beispiel sucht sich das System eigenständig nicht genutzte Räume und setzt dort die Heizung in den Energiesparmodus. Ein intelligentes Beleuchtungssystem erkennt über Sensoren die Lichtverhältnisse und die Präsenz von Menschen im Gebäude und kann die Beleuchtung helligkeitsabhängig und bedarfsgerecht steuern. Über eine App können die Nutzer Räume buchen oder die Klimaanlage und die Beleuchtung steuern. Auch die Zugangskontrolle erfolgt über eine App: Mit dem Smartphone lässt sich die Eingangstür öffnen und schließen, der Fahrstuhl wird automatisch gerufen und wählt die Zieletage aus. Mit all diesen Features zählt „The Terrace“ zu den intelligentesten Gebäuden weltweit.

„Wir wollen lernen, wie weibliche Identität in der Bauwirtschaft beschaffen ist.“

Interview mit Jutta Beeke Vizepräsidentin des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Jutta Beeke ist geschäftsführende Gesellschafterin der Echterhoff Bau- Gruppe mit Sitz in Westerkappeln. Im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie ist sie Vizepräsidentin Sozialpolitik und an dieser Stelle Mit-Initiatorin des FrauenNetzwerks Bau. Die Diplom-Kauffrau studierte BWL in Passau, Parma sowie in München, bevor sie in fünfter Generation in das Bauunternehmen

ihrer Familie einstieg.

 

Als Vizepräsidentin im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie

verantwortet Jutta Beeke den Bereich Sozialpolitik. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Frage, wie sich junge Menschen und insbesondere Frauen für eine Karriere im Bauwesen begeistern lassen. Durch die Verbandsarbeit und ihre Tätigkeit als geschäftsführende Gesellschafterin des Bauunternehmens Echterhoff hat Jutta Beeke erfahren, dass es darum geht, junge Frauen sichtbar zu machen – mit ihren Skills, Zielen und Wünschen. Das neu gegründete FrauenNetzwerk- Bau wird dafür Plattformen bieten.

Frau Beeke, welches Ziel verfolgen Sie mit dem FrauenNetzwerk-Bau?
Wir wollen die Frauen in unserer Branche sichtbar machen und ihnen gebündelt eine Stimme geben. Wer heute noch glaubt, die Baubranche sei eine reine Männerdomäne, der liegt falsch. Seit Jahrzehnten bestimmen Frauen vor allem in den Ingenieurberufen die Geschicke der Branche mit und steuern wichtige Innovationen bei. Diese Tatsache wollen wir nun sichtbarer machen. Mit dem Ziel, dass sich noch mehr Frauen für eine Karriere in der Baubranche interessieren, wenn sie sehen, was in unseren Unternehmen möglich ist.

Was braucht es für diese Sichtbarkeit?
Zum Beispiel Role-Models, also Frauen mit Vorbildfunktion, die von ihren Tätigkeiten und ihrem Werdegang berichten. Dafür braucht es ein Netzwerk, mit dessen Hilfe die Frauen, die in der gesamten Wertschöpfungskette Bau tätig sind, Ansprechpartnerinnen finden, die sie beim Einstieg sowie Aufstieg in der Branche unterstützen. Im besten Fall verhindern wir dadurch auch, dass Frauen irgendwann aus der Branche aussteigen. Das Netzwerk ist damit ein Weg, um gegen den Fachkräftemangel zu kämpfen, der uns als Branche vor große Herausforderungen stellt.

Wie werden Sie den Austausch der Frauen untereinander organisieren?
Es wird Plattformen und Veranstaltungen geben, die den Austausch zwischen den Frauen fördern. Das hat mit dem Kick-off im September in Berlin begonnen, nun sind verschiedene regionale Veranstaltungen angedacht. Geplant sind zudem Workshops und spezielle Fortbildungen sowie Webinare für Frauen. Ein Mentoring-Programm richtet sich gezielt an weibliche Nachwuchskräfte, die wir mit Frauen in Führungspositionen zusammenbringen. Wichtig ist uns, dass die konkreten Inhalte von den Frauen selbst mitbestimmt werden. Das ist ein zentraler Punkt des Netzwerks: Wir wollen zusammen mit den Frauen aus der Branche herausfinden: Was sind eure Themen, was wünscht ihr euch, wo erhofft ihr euch mehr Unterstützung?

Haben Sie eine Vermutung, welche Themen dabei eine große Rolle spielen werden?
Ein Thema, das ich persönlich sehe, ist die Frage der Führung. Klar, damit beschäftigen sich auch die Männer. Aber ich glaube, dass viele Frauen verstärkt darüber nachdenken, wie sie ihre Stärken „weiblich“ nutzen können und somit ihren eigenen Führungsstil entwickeln.

Der Frauenanteil im Bauingenieurswesen liegt bei 30 Prozent, im Maschinenbau sind es nur 18 Prozent. Warum ist der Bau bei Ingenieurinnen vergleichsweise beliebt?
Ein Vorteil ist, dass es im Bau zusätzlich zu Arbeitgebern in der freien Wirtschaft eine Reihe von Karriereoptionen im öffentlichen Sektor gibt. Und dieser öffentliche Sektor mit seinen planbareren Karrierewegen ist, gerade im Hinblick auf Familienplanung und Jobsicherheit, für Frauen attraktiv. Ein zweiter zentraler Aspekt ist das

Denn dort, wo viele Frauen sichtbar sind, entsteht eine Sogwirkung. Das ist an den Hochschulen so, später dann in den Unternehmen sowie in Führungspositionen.

„Gesetz der kritischen Masse“: Ich sprach eben schon von der Vorbildfunktion, die Frauen in der Branche auf andere ausüben. Dieser Effekt setzt schon an den Hochschulen ein. Wenn Sie dort einen höheren Frauenanteil im Bauingenieurwesen haben, dann erscheint diese Richtung für Studentinnen attraktiver. Denn dort, wo viele Frauen sichtbar sind, entsteht eine Sogwirkung. Das ist an den Hochschulen so, später dann in den Unternehmen sowie in Führungspositionen.

Studien zeigen, dass für Frauen auch Berufe attraktiv sind, bei denen man die Umwelt nachhaltig mitgestalten kann. Beim Bau ist dies der Fall. Wie können Sie das Potenzial nutzen, um für Frauen noch attraktiver zu sein?
Unsere Branche besitzt beim Kampf gegen den Klimawandel und für eine nachhaltig gebaute Umwelt eine große Innovationskraft. Wir plädieren daher für Gesetzesänderungen, die wirksamen Klima- und Ressourcenschutz vom Beginn an noch mehr in der Bauplanung berücksichtigen. Jedoch müssen wir immer wieder Rückschläge hinnehmen, zum Beispiel, wenn uns politische und gesetzliche Vorgaben ausbremsen. Ein Beispiel ist das Kreislaufwirtschaftsgesetz, das für uns als Bauverband nicht konsequent genug formuliert ist. Es ist unsere Aufgabe, klarzustellen, dass bestimmte langsame Entwicklungen nicht an uns liegen, sondern dass unsere Innovationen für mehr Klimaschutz durch politische und gesetzliche Vorgaben blockiert werden. Hier ist die Politik gefragt – aber auch wir müssen noch besser kommunizieren, wie groß unser Beitrag beim Klimaschutz ist. Viele junge Menschen wünschen sich heute Jobs, die einen sinnvollen Beitrag für die Zukunft in unserer gebauten Umwelt leisten. Hier haben wir für die junge Generation viel zu bieten.

Info und Anmeldung

FrauenNetzwerk Bau

Welche Erkenntnisse erhoffen Sie sich für den Hauptverband der Deutschen Bauindustrie von der Netzwerkarbeit und vom Austausch mit den Frauen?
Der Erfolg unserer Branche beruht auf der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen. Diese ist abhängig von den Entscheidungen, die in den Unternehmen getroffen und umgesetzt werden – und zwar von Menschen. Wir benötigen daher hochqualifizierte und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in ihrer Tätigkeit nicht nur einen Broterwerb sehen, sondern die durch ihre Arbeit eine Identität finden. Im Frauennetzwerk wollen wir lernen, wie weibliche Identität in der Bauwirtschaft beschaffen ist. Sprich, welche Wege und Ziele Frauen in unserer Branche verfolgen, welche Hürden sie dabei überwinden müssen. Ausgehend von diesen Erzählungen und Erfahrungen wollen wir lernen, wie wir als Branche noch mehr Frauen dafür motivieren können, ihren beruflichen Weg bei uns zu finden und sich mit dem Bau zu identifizieren. Dieses Wissen ist wichtig für uns als Verband, wir geben es aber auch an unsere Unternehmen weiter.

Jobsharing in der Bauleitung

Eine Stelle, zwei Personen – so einfach ist die Formel fürs Jobsharing. Der Bedarf nach flexiblen Arbeitszeitmodellen wie diesem ist groß, auch auf den Baustellen. Es gibt viele Gründe, warum Mitarbeiter*innen zeitlich reduziert arbeiten und trotzdem nicht auf ihre bisherige Tätigkeit verzichten wollen. Attraktiv ist das Jobsharing beispielsweise für junge Eltern. Zwei Bauleiterinnen berichten, wie sie auch nach der Elternzeit in ihrem anspruchsvollen Job weiterarbeiten. Mit doppelter Kompetenz. Von Franziska Immel-Andrä

Nataša Banjac
Studienort: Stuttgart
Expertise: 7 Jahre Berufserfahrung im Spezialtiefbau
Freizeit: Folklore tanzen
Ein Kind, 1 Jahr alt, zweites Kind auf dem Weg

 

Ramona Becker
Studienort: Karlsruhe
Expertise: 6 Jahre Berufserfahrung im Spezialtiefbau
Freizeit: Skitouren, Wandern, Freunde treffen
Ein Kind, 1,5 Jahre alt

Die Bauleitung ist eine vielschichtige, abwechslungsreiche und verantwortungsvolle Tätigkeit. Von der Planung des Baustellenaufbaus bis zur Abnahme des finalen Projekts begleiten Bauleiter*innen sämtliche Prozesse. Sie erstellen Baupläne, führen Bauabrechnungen durch, verhandeln mit dem Träger, Zulieferern oder Behörden und gehen regelmäßig auf die Baustelle, um die einzelnen Gewerke zu koordinieren und die Bauarbeiten zu überwachen.

Schwer vorstellbar, dass sich diese Führungsposition, die jeden Tag andere Aufgaben mit sich bringt und gleichzeitig einen guten Überblick erfordert, im Jobsharing teilen lässt. Dass das durchaus gut geht, beweisen Ramona Becker und Nataša Banjac bei der ZÜBLIN Spezialtiefbau GmbH. Die erfahrenen Bauleiterinnen sind im Herbst 2022 mit jeweils 30 Stunden aus der Elternzeit zurückgekehrt und haben gemeinsam die Baustelle für den Spezialtiefbau beim Neubau des Landratsamts in Esslingen geführt.

ZUM ANSCHAUEN: Der Neubau des Landratsamts in Esslingen ist ein Pilotprojekt für kreislaufgerechtes Planen und Bauen. Auch hinsichtlich der Arbeitszeitmodelle beschreitet ZÜBLIN neue Wege: Die beiden Bauleiterinnen Ramona Becker und Nataša Banjac erzählen, wie sie die Baustelle für den Spezialtiefbau im Jobsharing führen.

Ramona Becker arbeitete vormittags, Nataša Banjac am Nachmittag. Über Mittag haben sich die Arbeitszeiten für eine Stunde überschnitten. Diese Zeit nutzten die beiden, um sich abzustimmen und wichtige Themen zu besprechen. Mit digitalen Tools und einer gewissenhaften Ablage stellten sie sicher, dass keine Informationen verlorengehen. „Meine größte Sorge war, dass Informationen untergehen und das jemand ausnutzen könnte. Dass zum Beispiel ein Nachunternehmer behauptet: aber mit ihrer Kollegin habe ich das gestern anders ausgemacht“, sagt Nataša Banjac. „Diese Sorge war aber unbegründet, das kam nie vor.“

Auch wenn wir vorher noch nicht zusammengearbeitet hatten, konnten wir uns voll aufeinander verlassen.

Auch eine weitere Befürchtung bestätigte sich nicht: „Ich war nicht so sicher, ob ich, wenn ich in Teilzeit in der Bauleitung arbeite, nicht letztlich doch 100 Prozent mache. So war es tatsächlich aber nicht und darüber bin ich sehr glücklich“, schildert Ramona Becker. Neben den richtigen Rahmenbedingungen – Unterstützung innerhalb des Unternehmens, aber auch bei Auftraggeber, Lieferanten und Nachunternehmern – komme es, so die beiden Bauleiterinnen, vor allem auf drei Komponenten an: Erfahrung, Vertrauen ineinander und gute Abstimmung.

„Auch wenn wir vorher noch nicht zusammengearbeitet hatten, konnten wir uns voll aufeinander verlassen“, berichten Nataša Banjac und Ramona Becker. Die persönliche Wellenlänge stimmte und auch was die Arbeitsauffassung angeht, waren sie sich einig:

„Jede hat in ihrer Schicht selbstständig Entscheidungen getroffen, ohne es mit der anderen abstimmen zu müssen. Im Notfall oder wenn etwas unklar war, waren wir auch nach der jeweiligen regulären Arbeitszeit für die andere erreichbar beziehungsweise haben zurückgerufen. Das war aber die Ausnahme.“

Als sie die Baustelle übernahmen, hatte Nataša Banjac sieben Jahre Erfahrung in der Bauleitung, Ramona Becker sechs Jahre. „Da ist man mit den üblichen Abläufen vertraut, kennt gewisse wiederkehrende Stolperfallen“, sagt Nataša Banjac. Ramona Becker ergänzt: „Wenn beide Personen einen vergleichbaren Erfahrungsschatz haben und gewisse Anfängerfehler einfach nicht mehr passieren können, ist das sicher ein Vorteil. Ich hätte mir aber auch vorstellen können, mit einem Einsteiger oder einer Einsteigerin in Vollzeit gemeinsam die Baustelle zu leiten.“

Redaktionstipp

Im Tandem zu arbeiten ist die perfekte Lösung für einen anspruchsvollen Job mit vermindertem zeitlichen Aufwand. Von Elternzeit-Rückkehrer*innen über Menschen, die ihre Angehörigen pflegen bis hin zu Arbeitnehmer*innen, die mehr Zeit für Weiterbildungen und Hobbys haben wollen – Jobsharing ist ein zukunftsweisendes New Work-Modell für unsere Gesellschaft. Lydia Leipert und Rebecca Zöller erklären, wie es in der Praxis funktioniert.

Lydia Leipert und Rebecca Zöller: Geteilte Arbeit, doppelt durchstarten! Komplett-Media GmbH 2022. 22,00 Euro

E-Mail für dich: In der Selbstständigkeit Karriere machen

0

Von: Fabian Hesse, M.A. | bauingenieur24.de Gesendet: 12.10.2023
An: Bauingenieurinnen und Bauingenieure Betreff: In der Selbstständigkeit Karriere machen

Liebe Bauingenieurinnen und Bauingenieure,

die Selbstständigkeit ist im Bauingenieurwesen eher die Ausnahme. Angesichts der unternehmerischen Aufgabenvielfalt, der beruflichen Freiheit und nicht zuletzt des Einkommens, kann sich das „Einzelkämpferdasein“ jedoch durchaus lohnen, nicht selten winkt ein äußerst attraktives Einkommen. Das Berufsportal bauingenieur24 hat in seiner jüngsten Gehaltsumfrage (2023) herausgefunden, dass selbstständige Bauingenieur*innen hierzulande zu den Bestverdienenden innerhalb ihrer Berufsgruppe gehören: Sie verdienen demnach häufig über 90.000 Euro brutto im Jahr.

Dabei ist der erste Schritt in die Selbstständigkeit der schwerste. Grundvoraussetzung ist der Mut zur Entscheidung. Dies gelte generell, wenn man erfolgreich planen und bauen will, sagt Markus Wand, selbstständiger Planungsingenieur in Thüringen. Vor allem der finanzielle Aspekt war für seine Büroeröffnung entscheidend: „Da ich Alleinverdiener bin und mir mit meiner Frau eine Immobilie geleistet habe, bestehen entsprechende Verpflichtungen, die ich so aus meinem Angestelltenverhältnis leider nicht auf Dauer hätte begleichen können.“ Um nicht ganz allein vor sich hinzuarbeiten, nutzt Markus Wand einen Co-Working-Space, sodass sein Büroalltag dem früheren Alltag als Angestellter nahekommt.

Grundsätzlich kann es ein guter Weg sein, nicht gleich ins ganz kalte Wasser zu springen, sondern mit einer selbstständigen Nebentätigkeit zu beginnen und sich dann langsam zu steigern. In diesem Fall muss auch nicht gleich am Anfang das komplette Büro mit eigener Ausstattung stehen.

Zusätzlich zu den fachlichen und technischen Voraussetzungen, müssen selbstständige Bauingenieur*innen für die rechtmäßige Berufsausübung gemäß Bauordnung eine Bauvorlageberechtigung sowie eine Mitgliedschaft in der jeweiligen Landesingenieurkammer vorweisen können. Hinzu kommen steuer- und betriebswirtschaftliche Aufgaben, wie das Anmelden eines Gewerbes und die Bilanzbuchhaltung. Internetforen, wie zum Beispiel das Fachforum auf bauingenieur24, halten hierzu wertvolle und unabhängige Tipps von Berufserfahrenen bereit.

Um in all diesen unternehmerischen Bereichen stets den Überblick zu behalten, braucht es eine kontinuierliche Fortbildung. Das muss nicht immer der Besuch eines Seminars sein. Viel wichtiger können persönliche Kontakte und der informelle Austausch mit anderen Unternehmer*innen und Expert*innen sein. Tatsächlich liegt der Schlüssel zum Erfolg in der Kommunikationsfähigkeit. Ist man nicht der große Redner, kann diese Rolle auch einem Partner zufallen, mit dem man sowohl Aufgaben als auch Risiken teilt.

Geschafft hat man es, wenn das Planungsbüro oder die Baufirma mit dem eigenen Namen ertragreich wirtschaftet. Um den oft doch einige Jahre andauernden Weg dorthin zu meistern, helfen klassische Tugenden. Dazu sei hier einmal aus dem oben genannten Fachforum zitiert: „Wenn man den nötigen Fleiß, Ehrgeiz und nicht zuletzt Qualität und Respekt vor seiner eigenen Arbeit mitbringt, sollte es nicht schwer sein, sich auf dem Markt zu platzieren.“

Mit herzlichen Grüßen

Fabian Hesse M.A.

Aktuelle Absolvent*innenzahlen

0

Die Zahl der Absolvent*innen eines Bauingenieurstudiums lag 2021 bei 10.718, 2022 ist sie leicht gesunken auf 10.266. Damit liegt sie aber immer noch mehr als doppelt so hoch wie zum Tiefpunkt 2008 mit 4.680.
Von Kerstin Neurohr

Absolvent*innen

Anfänger*innen

Für die Konjunkturanalyse, Statistik und Datenbank ist beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie Petra Kraus zuständig:
petra.kraus@bauindustrie.de
www.bauindustrie.de/zahlen-fakten

Das Leben ist eine Baustelle

0

Film: Bye-bye Beton

Unsere Städte sind aus Stahl und Beton gebaut – doch der Alleskönner unter den Baustoffen wird zunehmend kritisch betrachtet, denn seine Klimabilanz ist verheerend. Der Film „Bye-bye Beton – Nachhaltiges Bauen fundamental neu denken“ fragt danach, welche Alternativen es gibt. Können Holz, Lehm und Fasern tatsächlich flächendeckend Stahlbeton ersetzen? Die spannende Wissenschaftsdoku von 3sat dauert 43 Minuten und ist noch bis 23.03.2028 in der Mediathek verfügbar

HSV-Fan baut Stadion im Mini-Format

Foto: Manuel Preißinger
Foto: Manuel Preißinger

Nach einer Bauzeit von acht Jahren, sechs Monaten und sechs Tagen wurde im April 2023 das Hamburger Volksparkstadion fertiggestellt, in dem der HSV spielt. Moment … das Stadion wurde doch schon 1925 fertiggestellt?! Stimmt – aber der Nachbau im Verhältnis 1:100 von Manuel Preißinger wurde jetzt vollendet und steht im Allgäu, nicht in Hamburg. Der 36-jährige KfZ-Mechaniker hat unter anderem 250 Kilo Holz, 20 Liter Farbe, zehn Dosen Silberlack, 50 Dosen Klarlack und 30 Kilogramm Metall verbaut und unglaubliche 5000 Modellbau-Figuren bemalt. 600 Tuben Sekundenkleber und 30 Flaschen Leim waren im Einsatz, insgesamt hat der Modellbau über 10.200 Euro gekostet. Der fertige Bau misst 280 x 240 x 70 Zentimeter und ist beeindruckend detailgetreu. Erste Liga, finden wir!

Die große Beschleunigung

Cover Die große BeschleunigungAn drei Punkten entscheidet sich im 21. Jahrhundert unsere Zukunft: Weltbevölkerung, Klimawandel und Digitalisierung. Gemeinsam ist ihnen: Sie sind Phänomene des exponentiellen Wachstums und der großen Beschleunigung. Schon immer haben wir Menschen uns schwer damit getan, solche Entwicklungen zu Ende zu denken. Aber: Wir sind eine lernfähige Spezies. Wird es uns also gelingen, die mächtigen technologischen Entwicklungen so einzusetzen, dass sie uns und die Erde retten? Christian Stöckers Buch ist eine panikfreie und präzise Analyse des großen Experiments Menschheit und ein Aufruf, jetzt neues Wissen zu erschließen.Christian Stöcker: Die Große Beschleunigung. Pantheon 2023, 16 Euro

Ingenieurbaukunst 2024

Cover IngenieurbaukunstWichtige aktuelle Bauwerke „made in Germany“ – von Ingenieur*innen aus Deutschland – sowie Konstruktionen und Material mit geringem Klimafußabdruck: Das neue Jahrbuch der Bundesingenieurkammer dokumentiert die Leistungen des deutschen Bauingenieurwesens. Bundesingenieurkammer (Hrsg.): Ingenieurbaukunst 2024. Ernst & Sohn 2023. 49,90 Euro.

Ausgezeichnete Wohnbauten

Der Award „Wohnbauten des Jahres” ist die einzige Auszeichnung im Bereich Geschosswohnungsbau, die Bauherr*innen und Architekt*innen gemeinsam auszeichnet. Eine Fachjury hat in neun Kategorien – vom Ländlichen Raum bis zur Quartiersentwicklung – Wohnbauten aus dem internationalen Raum ausgewählt und die 50 besten prämiert. Sie werden in dem Buch mit Fotografien, Plänen und Projektdaten ausführlich vorgestellt. In ergänzenden Interviews erläutern Architekt*innen und Bauherr*innen, wie sie mit ihren Projekten auf die aktuellen Anforderungen und relevanten Themen reagieren. Stefan Carsten und Katharina Matzig: Ausgezeichneter Wohnungsbau 2023. Callwey 2023. 98,00 Euro.

Deutschlands Baustellen – was wir ändern müssen

Cover Baustellen der NationUm Baustellen geht’s hier nur im übertragenen Sinn: Philip Banse und Ulf Buermeyer, die Hosts von „Die Lage der Nation“, einem der größten Politik-Podcasts Deutschlands, haben jetzt in einem Buch aufgeschrieben, wo es an den Fundamenten unseres Staates bröckelt – und wie konkrete Lösungen aussehen könnten. Sie betrachten Deutschlands Infrastruktur, den Bildungssektor oder die Energiewende. Ihr Fazit: Deutschland hat Reformen und Investitionen jahrelang verschlafen und ausgebremst. Die Autoren wollen Antworten auf drängende Fragen unserer Zeit geben und zu gesellschaftlichem Engagement ermutigen – das tun sie kompetent, meinungsstark und im lässigen Sound der „Lage“. Philip Banse, Ulf Buermeyer: Baustellen der Nation. Was wir jetzt in Deutschland ändern müssen. Ullstein 2023. 22,99 Euro.

Wir können auch anders!

Für die Serie „Wir können auch anders“, produziert vom Südwestdeutschen Rundfunk, haben sich Anke Engelke, Bjarne Mädel und weitere Promis auf die Suche nach einem konstruktiven Umgang mit der Klimakrise gemacht – und auch beim Thema Bauen sind sie auf gute Nachrichten gestoßen. In der zweiten Folge der ersten Staffel zeigen sie, wie leerstehende Büros in günstigen Wohnraum verwandelt werden, ein ganzes Fußballstadion
recycelt wird und alte Häuser durch eine Fertig-Ummantelung saniert werden. Alle Folgen sind abrufbar in der ARD Mediathek, die Folge über das Bauen noch bis zum 16. März 2025.