Von: Peter Nicolai, Absolvent der Chemischen Biologie
Gesendet: 28. August 2013
An: Studenten und Absolventen der Naturwissenschaften
Betreff: Naturwissenschaftler in der IT-Beratung
Liebe Leserinnen und Leser,
seit gut einem Jahr arbeite ich als Technology Specialist beim IT-Dienstleister Computacenter. Meine Aufgabe besteht darin, Unternehmen zu beraten, wie sie ihre IT-Prozesse optimieren können. Daher vermuten die wenigsten, dass ich Chemische Biologie studiert habe. Mein Berufseinstieg ist aber ein gutes Beispiel dafür, wie vielfältig die Möglichkeiten für Naturwissenschaftler sind.
Schon in der Schule habe ich mich für Chemie und Biologie begeistert. Daher lag ein Studium der chemischen Biologie für mich nahe. Bei meiner Masterarbeit am Max-Planck-Institut habe ich aber schnell festgestellt: Eine Laufbahn in der Forschung ist für mich nicht der richtige Weg. Der Praxisbezug fehlte, und ich habe einfach viel zu selten konkrete Ergebnisse meiner Arbeit gesehen. Im Studium konnte ich aber schon in einer studentischen Unternehmensberatung und damit in die Kundenberatung reinschnuppern – das fand ich spannend. Dass ich dann ausgerechnet in der IT-Beratung gelandet bin, lag am IT-Dienstleister Computacenter. Das Unternehmen ist spannend, und die ersten Gespräche waren sehr nett. Und das Gesamtpaket aus Weiterbildung, Zusatzleistungen, Unternehmenskultur und Gehalt stimmte einfach. Daher habe ich vor einem Jahr dort mit einem sechsmonatigen Traineeprogramm begonnen.
Zugegeben, der Weg in die IT war für mich nicht so weit – Forschungsprojekte werden durch Computersysteme gestützt, und ich habe ein starkes technisches Interesse. Und aus meinem Studium kommt mir im Job insbesondere die naturwissenschaftlich- analytische Ausbildung zugute. Ich gehe komplexe Aufgaben beispielsweise anders an als Kollegen mit einem wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund. Die unterschiedlichen Ansätze helfen uns bei der Teamarbeit, da sie sich gegenseitig befruchten.
Am meisten Spaß macht mir im Job der Kontakt zu Menschen und zu unseren Kunden. Beispielsweise stand ich bei einem Migrationsprojekt, bei dem eine Software auf eine neuere Version aktualisiert wurde, im ständigen Austausch mit zahlreichen Ansprechpartnern beim Kunden, um deren Anforderungen im neuen System abzubilden. Außerdem finde ich es einfach spannend, verschiedene Unternehmen zu beraten – jede Aufgabenstellung ist anders und der Job damit extrem abwechslungsreich.
Daher ist mein Tipp an Euch: Wenn Ihr gern mit Menschen umgeht, ein technisches Grundverständnis und die Bereitschaft mitbringt, Euch in die Materie einzuarbeiten, findet Ihr auch als Naturwissenschaftler einen Einstieg in die ITBeratung. Quereinsteiger bereichern die IT-Branche. Die Orientierungsphase, in welche Richtung es gehen soll, kann unter Umständen etwas länger dauern, aber davon sollte man sich nicht entmutigen lassen.
In diesem Sinne: Bleibt neugierig und offen!
Viel Erfolg und beste Grüße,
Peter Nicolai
Technology Specialist
Computacenter AG & Co oHG
www.computacenter.de
Dr. Meike Roth, 31 Jahre, ist Laborleiterin der Anwendungsentwicklung beim Chemieunternehmen Celanese Emulsions und arbeitet zusammen mit ihren Kollegen an der Entwicklung neuer Dispersionen für die Anwendung als Klebstoffe im Lebensmittelbereich.
Dr. Meike Roth, Foto: Celanese EmulsionEine gewisse Begabung für Mathematik zeigte sich bei mir schon im frühen Kindesalter. Mein Interesse für Naturwissenschaften, insbesondere Chemie, musste dann erst während der Mittelstufenzeit durch eine kompetente und engagierte Lehrerin geweckt werden. Hatte mich der Chemieunterricht bei meinem vorherigen Lehrer schlicht und ergreifend nicht interessiert, war ich durch den neuen und spannenden Chemieunterricht der 9. Klasse auf einmal Feuer und Flamme für dieses Fach. Lange überlegte ich, ob mein Werdegang mich zu einer Chemie- und Sportlehrerin am Gymnasium führen sollte. Schließlich entschied ich mich gegen meine Vorliebe zum Sport und zu einem reinen Chemiestudium, wohl um in meinem späteren Beruf ein höheres Maß an Flexibilität und Aufstiegschancen geboten zu bekommen.
Arbeiten auf internationaler Ebene
Ein Praktikum während meines Chemiestudiums am Max-Planck-Institut für Polymerforschung eröffnete mir später die Möglichkeit, meine Diplomund meine Doktorarbeit dort zu schreiben. In dieser Zeit bekam ich die Chance, viele verschiedene Konferenzen zu besuchen und meine Arbeit auf internationaler Ebene vorzustellen. Schon damals gefiel mir der Kontakt zu den unterschiedlichsten Menschen und zu vielen verschiedenen Kulturen. So wurde mir schnell klar, dass mein zukünftiger Job mir Ähnliches bieten sollte.
Nach meiner Promotion 2010 bewarb ich mich dann erfolgreich bei der Celanese Emulsions. Besonders freute ich mich, dass ich während meines Vorstellungsgespräches gefragt wurde, ob ich mich selbst eher in der Forschung oder in der Anwendungstechnik mit direktem Kundenkontakt sehen könnte. Die Antwort fiel mir nicht schwer, und so eröffnete sich für mich die Möglichkeit, meine kommunikativen Fähigkeiten, gepaart mit meinem Chemiehintergrund in der Rolle als Laborleiterin der Anwendungsentwicklung einzubringen. Nach einer großzügigen Einarbeitungszeit von vier Monaten in der Forschung zu dem Thema Emulsionspolymerisation nahm ich meinen Platz in der Anwendungstechnik mit Projekten zum Thema Klebrohstoffe ein. Als besondere Herausforderungen stellten sich hierbei das Anleiten eines eigenen Labors, der Umgang mit Patenten sowie das Erlernen und Beachten diverser rechtlicher Direktiven und Regularien heraus.
Seit zwei Jahren stelle ich nun in meiner Position das Bindeglied zwischen der Forschungs- und Entwicklungseinheit sowie der Anwendungstechnik dar. Dies bedeutet für mich einerseits, die enge Zusammenarbeit und Kommunikation mit den Forschern in verschiedenen Projekten sowie andererseits die Abstimmung mit dem Marketing, den Besuch von Messen und Konferenzen und den Kontakt zu Kooperationspartnern und Kunden. Von Anfang an gefiel mir hierbei, dass ich nicht nur mitbekam, welche Innovationen wir in der Forschung entwickeln, sondern auch, wie deren Eigenschaften in der praktischen Anwendung getestet werden und darüber hinausgehend wie der Austausch mit Kunden und Instituten außerhalb des Unternehmens vonstattengeht.
Oft ist die Verwendung unserer Dispersionen im Klebstoffbereich nicht ausschließlich von deren klebetechnischen Eigenschaften abhängig, sondern wird zusätzlich von nationalen und internationalen Rechten bestimmt. Ein Thema, mit dem ich mich in diesem Bereich besonders auseinandersetze, ist die lebensmittelrechtliche Betrachtung von Verpackungsklebstoffen. So muss verhindert werden, dass unerwünschte Substanzen aus dem Verpackungsmaterial in das Lebensmittel migrieren beziehungsweise dies nur in vorgeschriebenen Grenzwerten vorkommt. Um das Migrationspotenzial unserer Dispersionen abschätzen zu können, haben wir deshalb im letzten Jahr von einem akkreditierten Institut Migrationsmessungen durchführen lassen. Die positiven Ergebnisse konnte ich dann auf der „World Adhesives Conference“ in Paris während eines Vortrages präsentieren.
Über den Tellerrand schauen
Zusätzlich zu meinen täglichen Aufgaben im Unternehmen bin ich seit Juni 2012 gewähltes Mitglied der Technischen Kommission für Papier und Verpackungsklebstoffe des Klebstoffverbandes IVK. Dieses Amt hat mir sehr geholfen, mich in die Thematik „Lebensmittelkontaktklebstoffe“ einzuarbeiten. Zusätzlich ermöglichte es mir, über meinen eigenen Tellerrand hinauszublicken und erneut mit interessanten Menschen in Kontakt zu kommen.
Lebensmittelrechtlicher Status von Klebstoffen
Unter Migration wird im Bereich der Chemie das Wandern niedermolekularer Stoffe, wie beispielsweise von Weichmachern, an die Oberfläche von Kunststoffen oder in umgebende Stoffe bezeichnet. Dies ist in toxikologischer Hinsicht besonders relevant bei Lebensmittelverpackungen, Arzneimitteln und Spielzeug.
Der lebensmittelrechtliche Status von Klebstoffen besagt, dass der „Inverkehrbringer“ verpackter Lebensmittel eine gesamtheitliche Entscheidung treffen muss, ob ein Material und/oder ein Gegenstand unbedenklich ist im Sinne der Verordnung EG Nr. 1935/2004 des europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen. Hierzu benötigt er von allen Partnern ausreichend Informationen.
Quelle: www.klebstoffe.com
Name: Dr. Ilona Schreck
Position: Wissenschaftlerin
Stadt: Martinsried (bei München)
Alter: 32
Studiengang: Biologie
Abschlusszeitpunkt: Diplom (Biologie) im Okt. 2005, Promotion im Dez. 2009
Interessen: Sport, Reisen
Berufliches Ziel: weiterhin an spannenden Projekten arbeiten
„Alle Ding‘ sind Gift und nichts ist ohn‘ Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding‘ kein Gift ist.“ Dieses Zitat von Paracelsus begleitet mich schon seit Beginn meines beruflichen Werdegangs. Die Wirkung und damit immer verbunden auch die Toxizität von Substanzen auf den menschlichen Körper faszinieren mich sehr.
Das Interesse an der Pharmakologie und vor allem der Toxikologie wurde während meines Biologiestudiums an der Albert-Ludwig-Universität Freiburg geweckt. Meine Kenntnisse in der Toxikologie konnte ich während der Promotion in Karlsruhe am Institut für Toxikologie und Genetik vertiefen. Dabei untersuchte ich die Wirkung von Umweltgiften auf die Zelle, speziell die Erbgut schädigende Wirkung und das damit verbundene Krebsrisiko. In einer anschließenden zweijährigen Post-doc- Stelle am selben Institut war ich an der Etablierung eines Verfahrens beteiligt, dass die toxische Wirkung von Substanzen im Hochdurchsatzverfahren analysieren kann. Während dieser Zeit bin ich schließlich über eine Online- Stellenanzeige auf das japanische Pharmaunternehmen Daiichi Sankyo aufmerksam geworden.
Seit einem Jahr bin ich nun als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung ADME/TOX (Administration, Distribution, Metabolism, Excretion und Toxikologie) des Tissue and Cell Research Center München (TCRM) tätig, welches zu Daiichi Sankyo gehört. Auch in meiner jetzigen Tätigkeit habe ich mit den Begriffen Dosis, Wirkung und Toxizität täglich zu tun. Die Untersuchung von Parametern, wie ein Medikament aufgenommen, im Körper verteilt, abgebaut und ausgeschieden wird, spielt bei der Entwicklung von neuen Arzneistoffen eine wichtige Rolle. Auch mögliche toxische Nebenwirkungen sollten vor dem Einsatz am Menschen geklärt sein. Für unsere Untersuchungen verwenden wir im TCRM hauptsächlich menschliches Gewebe und Zellen.
Meine Aufgaben bestehen vor allem darin, Wirkstoffinteraktionen, also Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen oder körpereigenen Stoffwechselprozessen und daraus resultierende Nebenwirkungen, sowie eine mögliche Toxizität der Substanzen zu identifizieren. An der Arbeit begeistert mich vor allem die Verbindung von praktischem Arbeiten, eigenverantwortlichem Projektmanagement und der intensive Kontakt mit unseren japanischen Kollegen.
Für die Zukunft wünsche ich mir weitere spannende Herausforderungen im Bereich der Wirkstoffentwicklung, mit dem Ziel, Arzneimittel sicherer zu machen.
Dr. Andreas Weber, Biologe, Philosoph und Publizist, glaubt daran, dass Naturwissenschaften die Welt verbessern können. Die Voraussetzung: die Disziplinen nicht rein technisch und objektiv deuten, sondern immer das Leben und die großen Zusammenhänge im Blick behalten. Die Fragen stellte André Boße.
Herr Dr. Weber, heute hat fast jedes Unternehmen ein Nachhaltigkeitskonzept oder einen Green-Business-Plan. Nehmen Sie das ernst – oder sind das nur schöne Worte?
Ich nehme das sehr ernst. Nicht unbedingt wegen der schönen Formulierungen, sondern weil in den großen Unternehmen auch auf Führungspositionen hochintelligente Menschen sitzen, die entdeckt haben, dass wir uns eine andere Auffassung von der Wirklichkeit erarbeiten müssen. Hinzu kommt, dass es immer mehr kleine und alternative Unternehmen gibt, die anders wirtschaften und damit Erfolg haben.
Was bedeutet „anders“?
Ihnen geht es um gutes Wirtschaften, das die Gemeinschaft bereichert. Ich glaube an die Kraft starker Individuen, die in innovativen Start-ups, aber auch innerhalb eines Konzerns am Wandel mitarbeiten.
Paradox: Immer mehr sehen, dass sich etwas ändern muss. Doch gehandelt wird nur sehr zögerlich.
Diese Diskrepanz ist riesengroß. Wer als Einsteiger erkennt, dass der sozioökonomische Wandel nötig ist, kann in Konzernen tatsächlich daran verzweifeln, wie langsam diese Erkenntnis in unternehmerisches Handeln umgesetzt wird. Daher empfehle ich Einsteigern, zunächst einmal für sich selber herauszufinden, wer sie sind und sein möchten. Hat man darauf eine Antwort gefunden, geht es darum, eben genau so zu sein.
Woran erkenne ich denn, wer ich bin und was ich will?
Das ist in der Tat gar nicht so einfach. Wer jung ist und in einem Unternehmen einsteigt, erkennt vielleicht lange gar nicht, dass er etwas tut, das gar nicht seinem Bedürfnis entspricht. Aber irgendwann fliegt das auf. Und dann kommt es zu Burnout und Mobbing, Aggressionen und sogar Depressionen. Ich empfehle daher, sich früh einen guten Coach zu suchen. Jemanden, der gut zuhören kann – und mit dem man sich zusammen auf die Suche nach sich selbst macht.
Wenn ich nun als Naturwissenschaftler feststelle, dass ich mit daran arbeiten möchte, eine bessere Welt zu gestalten …
… dann muss ich in die Wirtschaft, denn sie ist die Schlüsselstelle für die großen Veränderungen. Gandhi hat gesagt: „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“
Glauben Sie als Biologe, dass Erkenntnisse dieser Disziplin in der Lage sind, für einen sauberen und nachhaltigen Fortschritt zu sorgen?
In der Biologie liegt eine große Hoffnung, aber nur dann, wenn wir beginnen, sie richtig zu verstehen. Das heißt, dass wir biologische Vorgänge nicht zuerst als Beispiele technischer Effizienz verstehen, sondern als Manifestation von Lebensgeschichten. Biotechnik ist Technologie als Lebensleistung von fühlenden Subjekten und kann daher nicht ohne die Dimensionen von Sinn, Gemeinschaft und Gegenseitigkeit gedacht werden. Wenn wir uns nur technisch an der Biologie orientieren, werden wir Irrtümer begehen und schon begangene multiplizieren – wie etwa in der grünen Gentechnik, die die schlimmsten Herbizidresistenzen bei Unkäutern hervorgebracht hat, die es je gab.
Junge Naturwissenschaftler stehen vor dem Spagat, die eigenen Werte und die eigene Verantwortung für das Tun mit den Forderungen der Unternehmen nach Effizienz und schnellen Lösungen zu vereinbaren. Wie kann das gelingen – gerade, wenn man als Naturwissenschaftler den Anspruch hat, die Welt zu verbessern?
Das kann nur gelingen, wenn jeder der Stimme seiner eigenen Integrität gehorcht. Die Effizienz-Orientierung ist eine Sirenenstimme, die dazu aufruft, den Blick für die eigene und fremde Lebendigkeit zu verlieren. Die große Hoffnung liegt darin zu erkennen, dass weder Physik noch Biologie objektive Wissenschaften sind, sondern den Beobachter zu einem untrennbaren Teil des Geschehens machen.
Warum ist es für naturwissenschaftliche Talente wichtig, sich komplett anderen Dingen zu öffnen, zum Beispiel der Kunst und Kultur?
Es ist vor allem wichtig, dass sich die Naturwissenschaften den in ihnen bereits enthaltenen Dimensionen öffnen. Nehmen Sie die Quantenmechanik. Aus ihr geht klar hervor, dass jedes Ereignis im Universum mit allen anderen verbunden ist. Das ist seit 100 Jahren Standard – und doch verhalten sich alle so, als gelte noch das Newton’sche Universum, das zwischen Gesetzen und Dingen trennt, zwischen Beobachtern und Objekten. Die Biologie zeigt, dass jeder Lebensvorgang auch ein Ausdrucksgeschehen ist. In diesem Sinne ist die Kunst nichts dem Leben Fremdes, sondern die menschliche Variante einer grundsätzlichen Tatsache.
Bücher von Andreas Weber
Biokapital. Die Versöhnung von Ökonomie, Natur und Menschlichkeit.
Berlin Verlag 2008. ISBN 978-3827007926. 9,95 Euro.
Minima Animalia. Ein Stundenbuch der Natur.
Think oya 2012. ISBN 978-3927369689. 22,80 Euro.
Der Meyer-Galow-Preis für Wirtschaftschemie ist kein Wissenschaftspreis. Er verbindet Chemieforschung und Markteinführung – und legt Kriterien an, anhand derer sich glatt ein Karriereplan aufbauen ließe. Im März 2013 wurde er das erste Mal in Wuppertal verliehen – an die Chemikerin Dr. Susanne Röhrig. Von Petrina Engelke.
Gelassenheit, Heiterkeit, Mitgefühl: Diese Eigenschaften müssen Chemiker vorweisen können, die sich Hoffnungen auf einen Meyer-Galow-Preis machen. Doch für Luschen ist das nichts. „Wenn wir alle beschließen, dass wir uns auf die Matte setzen und nur noch meditieren, dann bricht die ganze Volkswirtschaft zusammen“, sagt Prof. Dr. Erhard Meyer-Galow, Stifter des Preises. „Ich bin für fleißiges Arbeiten, viel lernen, auch leisten, aber eben mit einer inneren Haltung, die zu einem äußeren Erfolg führt, der mir und auch anderen inneren Frieden bringt und niemandem schadet.“ So zeichnet seine Stiftung Chemiker aus, die etwas an den Markt gebracht haben, das die Menschheit dringend braucht und das nachhaltig angelegt ist. Zudem müssen sie als Forscher, Erfinder oder Marktgenies obendrein besagte innere Reife mitbringen.
Für diese Kriterien findet sich in Meyer- Galows eigener Karriere erst einmal gar keine Zeit. Mit 26 ist er schon promovierter Chemiker, leitet bald die Forschung für die Gewinnung von Nichteisenmetallen aus Manganknollen vom Boden des Pazifiks und rast von dort stets im Schnellverfahren ins Top- Management. Doch mit Mitte 40 verliert er seinen Vorstandsposten, auch seine Bilderbuch-Ehe zerbricht. Mit der Krise kommt die Sinnfrage, und für Meyer-Galow führt sie nicht nur zu 25 Minuten Zen-Meditation pro Tag, sondern auch zu einem neuen Lebens- und Managementstil, den er in seinem Buch „Leben im goldenen Wind“ beschreibt.
Während des Schreibens keimt die Idee, einen Preis zu stiften. „Wir leben in einer Zeit, in der Manager auf der Beliebtheitsskala kurz vor den Politikern stehen, also ganz unten“, stellt Meyer- Galow fest. „Ich setze mit dem Preis ein Zeichen, um sichtbar zu machen, wie Chemie in den Markt gebracht wird, welche Innovationen mir wichtig sind und wie Leute meiner Vorstellung nach in dieser Industrie künftig wirken sollten.“
2012 schrieb er diesen Preis zum ersten Mal aus. Bewerben kann sich niemand, Kandidaten müssen von anderen vorgeschlagen werden. Zusammen mit einem fünfköpfigen wissenschaftlichen Beirat filtert Meyer-Galow aus den Vorschlägen zunächst die drei besten Innovationsleistungen. Die definiert er so: „Es gibt viele Produkte aus der Chemie, bei denen es ganz nett ist, sie zu haben, zum Beispiel Duftstoffe und Deos. Aber wir zeichnen etwas aus, auf das die Menschen warten, weil die derzeitige Situation absolut unbefriedigend ist.“
Preisträgerin 2012
Dr. Susanne Röhrig, Foto: Bayer HealthCare
Der Meyer-Galow-Preis für Wirtschaftschemie 2012 wurde am 19. März 2013 in Wuppertal an die Chemikerin Dr. Susanne Röhrig von Bayer HealthCare verliehen. Die 43-Jährige wurde für ihren Beitrag bei der Entdeckung und Entwicklung des neuartigen Gerinnungshemmers Rivaroxaban ausgezeichnet.
Im ersten Auswahlverfahren erfüllte ein Medikament die Vorgabe. Die Gesundheits-Chemikerin Susanne Röhrig hat aus ihrer Forschung heraus einen oralen Thrombose-Hemmer entwickelt. Mit marktüblichen Medikamenten für Thrombosen und Embolien gab es zuvor Dosierungsprobleme, für manche Altersgruppen waren sie sogar zu gefährlich. So holte ihr Produkt hohe Jury-Bewertungen beim Kriterium, der Gesellschaft etwas dringend Nötiges beschert zu haben. Doch zunächst standen noch zwei weitere, ebenso beeindruckende Innovationen auf der Kandidatenliste. Meyer-Galow führte ausführliche Gespräche mit den dreien, begleitete sie einen Tag lang bei der Arbeit, nahm ihren Führungsstil ebenso wie ihre Einstellung zum Leben unter die Lupe. Am Ende machte der menschliche Faktor Susanne Röhrig zur Siegerin: Im März 2013 erhielt sie den Preis. „Frau Röhrig hat über mehrere Jahre beharrlich Synthesewege gesucht für ein Molekül, obwohl die Wissenschafts- Community weltweit gesagt hat: Das kann gar nicht klappen. Sie hat trotzdem immer weitergemacht.“
Ein solcher Erfolg hat eben viel mit dem Charakter zu tun. Meyer-Galow rät deshalb dazu, die innere Entwicklung bewusst voranzutreiben. Und zwar täglich. Mit Zen-Meditation oder Gebet, Cello-Spielen oder intensivem Musikhören, aufmerksamem Waldspaziergang und so fort. „Wenn Sie Ihre menschliche Reifeentwicklung fördern, verlieren Sie auch in Ihrer Karriere nicht so viel Energie“, sagt Meyer Galow. „Sie suchen stets Win-Win-Situationen, andere spüren diese große Empathie, und das macht Sie prädestiniert für den Business-Erfolg.“
Zudem schärfen tägliche Achtsamkeitsübungen die Fähigkeiten beim Setzen von Prioritäten immens, so Meyer- Galow. Sie bereiten den Nährboden für Führungsqualitäten und schaffen die Voraussetzung, um Intuition fließen zu lassen. Das hält Meyer-Galow gerade bei Chemikern für wichtig. „Naturwissenschaftler sind sehr kopflastig. Aber die Intuition kommt nicht aus dem Kopf. Sie kommt aus einem Raum, den die Quantenphysik nach Heisenberg und Dürr das leere, kooperative Hintergrundfeld nennt.“
Bei vielen Managern aus Meyer-Galows Generation musste erst eine Krise kommen, ehe sie sich mit diesem Raum und sich selbst befassten. Ganz anders beim Nachwuchs: „Die Generation Y ist sehr fleißig, sehr begabt, aber sie fragt auch danach, wo sie arbeitet, welchen Sinn das hat, ob sie genug Freiraum hat für Familie und Freunde, inneres Wachstum und Hobbys.“ Nach Meyer- Galows Auffassung hat sie damit gute Chancen auf Erfolg.
Der Meyer-Galow-Preis für Wirtschaftschemie
Prof. Dr. Erhard Meyer-Galow, Foto: Privat
Vergabe: jährlich, Vorschläge jeweils bis 1. Juli
Kandidaten: müssen von anderen vorgeschlagen werden und im deutschen Sprachraum arbeiten
Leistung: Chemische Produkt- oder Prozessinnovation erfolgreich am Markt eingeführt
Auswahlkriterien: Nachhaltigkeit des Produkts/Prozesses; Notwendigkeit für die Gesellschaft; menschliche Reife des Kandidaten
Jury: Prof. Dr. Erhard Meyer-Galow und ein fünfköpfiger wissenschaftlicher Beirat
Thien Ngoc Tran Nguyen studiert in Tübingen Medizin und schreibt ihre Doktorarbeit über die Bekämpfung von Bakterieninfektionen. Für ihren Vortrag über ihr Forschungsgebiet erhielt sie beim FameLab- Wettbewerb in Deutschland den ersten Preis. Von Christiane Martin
Thien Ngoc Tran Nguyen, Foto: Stadtmarketing Karlsruhe GmbHKopf: Thien Ngoc Tran Nguyen,
22 Jahre, Medizinstudentin und FameLab-Gewinnerin in Deutschland 2013
Mit einer runden kugelförmigen Deckenlampe und einer Lichterkette schafft Thien Ngoc Tran Nguyen es in drei Minuten auch medizinischen Laien zu erklären, wie man verhindern kann, dass winzig kleine Staphylococcus-Bakterien uns mit Pickeln, Entzündungen und Vergiftungen quälen. „Man stört ihre Kommunikation – ganz einfach“, erklärt die 22-jährige Medizinstudentin in ihrem Kurzvortrag beim FameLab-Wettbewerb – einem internationalen Wettbewerb für Wissenschaftskommunikation – im März 2013 in Bielefeld, und sie schwenkt die Lampe. „Wir wissen, dass die Bakterien sich über Botenstoffe verständigen. Um das sichtbar zu machen, kann man fluoreszierende Farbstoffe in das Bakterium einschleusen“, fährt Tran fort und knipst die Lichterkette im Inneren der Lampe an. Nun sehe man, was die Bakterien tun, und könne sie gezielt stören. Das Publikum belohnt den anschaulichen Vortrag mit Applaus, der FameLab-Veranstalter mit dem ersten Preis beim Deutschland-Finale.
Mit Peter Higgs im VIP-Raum
„Ich war total sprachlos“, erinnert sich Tran. „Und natürlich glücklich.“ Schließlich bedeutete ihr Sieg in Bielefeld, dass sie am internationalen Finale in Cheltenham teilnehmen durfte. Hier trafen sich im Juni 2013 die Gewinner von 21 Länder-Wettbewerben – überwiegend aus Europa, aber etwa auch aus Hongkong –, um ihr Forschungsgebiet, dieses Mal in Englisch, wortgewandt und verständlich in drei Minuten zu beschreiben. „Auch wenn ich in Cheltenham keinen Preis bekommen habe – dabeisein war alles“, sagt Tran. Im VIP-Raum habe sie James Watson, den Entdecker der DNA, und den berühmten Physiker Peter Higgs kennengelernt. „Schon dafür hat es sich gelohnt“, resümiert sie lachend.
Die Tübinger Medizinstudentin war im Rahmen eines Promotionskollegs ihrer Universität auf den FameLab-Wettbewerb gestoßen und empfiehlt die Teilnahme jedem ihrer Kommilitonen, der – wie sie – gern über sein Forschungsgebiet spricht. „Das, was man erforscht, will man auch kommunizieren. Man ist begeistert davon, gefesselt und will es vermitteln. Das geht bei FameLab hervorragend“, sagt Tran.
Neuartige Medikamente entwickeln
Die Faszination für ihre Forschung liegt auf der Hand, wenn man die große Relevanz für zukünftige Behandlungsmethoden von Infektionen berücksichtigt. Thien Ngoc Tran Nguyen ist Doktorandin am Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene an der Uniklinik Tübingen. Bis zum Frühjahr 2014 wird sie sich noch ganz den Staphylococcus-Bakterien und deren Kommunikation widmen. Grundlagenforschung nennt man das, was Tran im Kreise ihrer Kollegen betreibt. „Wir stehen noch ganz am Anfang, aber Ziel ist es, irgendwann ganz neuartige Medikamente zur Behandlung von bakteriellen Infektionen zu entwickeln“, erklärt die angehende Doktorin der Medizin. Im Gegensatz zu Antibiotika, die die Bakterien – gute wie schlechte – zerstören, sollen die neuen Medikamente einfach nur die Rezeptoren für die Botenstoffe blockieren, so die Kommunikation der Bakterien verhindern und sie unschädlich machen. „Die Staphys sind nämlich nur im Team stark“, bringt Tran es mal wieder kurz und knackig auf den Punkt.
Dass sie sich für die Bekämpfung von Infektionskrankheiten interessiert, hat einen praktischen Hintergrund: Tran kann sich gut vorstellen, später mal in einem Entwicklungsland zu arbeiten. „Am liebsten in Vietnam, wo meine Eltern herkommen“, sagt sie. In Ländern wie diesem würden Infektionskrankheiten eine große Rolle spielen. Aber auch in Deutschland sei der Kampf gegen Bakterien längst nicht gewonnen, wie die immer häufiger auftretenden multiresistenten Erreger zeigen würden. Es bleibt also dort wie hier genug zu tun für engagierte Forscher wie Thien Ngoc Tran Nguyen.
FameLab
FameLab ist ein vom British Council veranstalteter internationaler Wettbewerb für Wissenschaftskommunikation, der seit 2011 auch in Deutschland ausgetragen wird. Unter dem Motto „Talking Science“ stehen hier Wissenschaftler auf der Bühne und vermitteln einem öffentlichen Publikum von Laien möglichst unterhaltsam und verständlich – und in lediglich drei Minuten – ihr Forschungsgebiet. Zur Präsentation ist nur erlaubt, was am Körper getragen werden kann – sei es ein Kontrabass, ein aufblasbarer Delfin oder eine Lampe plus eine Lichterkette wie im Fall der diesjährigen Deutschlandsiegerin Thien Ngoc Tran Nguyen.
Dr. Dahai Yu wurde in Shanghai geboren und studierte Chemie in Hamburg. Heute sitzt er im Vorstand des Spezialchemiekonzerns Evonik Industries. Für das Unternehmen ist Asien und insbesondere China ein enorm wichtiger Markt. Als Experte für Deutschland und China erklärt der 52-Jährige, worauf es bei internationalen Forscherkarrieren ankommt und wie Spezialchemie auf globale Megatrends reagiert. Die Fragen stellte André Boße.
Zur Person
Dr. Dahai Yu wurde am 1. August 1961 in Shanghai geboren. Ab 1981 studierte er an der Uni Hamburg Chemie, nach dem Diplom 1986 promovierte er 1989. Seine Konzernkarriere begann er 1990 als Laborleiter Zentralfoschung bei der Degussa. Nach weiteren Stationen wurde er 1999 Direktor Unternehmensentwicklung, von 2001 bis 2003 leitete er das Controlling des Unternehmensbereiches Fine & Industrial Chemicals. 2006 ging Dahai Yu für fünf Jahre als Präsident Evonik Greater China Region zurück in seine Geburtsstadt Shanghai. 2011 kehrte der 52-Jährige nach Deutschland zurück und ist seitdem Mitglied des Vorstands des Essener Konzerns.
Herr Dr. Yu, das Unternehmen Degussa – die Wurzel für das heutige Spezialchemiegeschäft von Evonik – wagte schon in den 1930er-Jahren den Weg nach China und war damit ein Pionier der Globalisierung. Zahlt sich dieser zeitliche Vorsprung noch heute aus?
Unsere Vorgängergesellschaften haben in der asiatischen Region viele Handelsbeziehungen aufgenommen, von denen wir noch heute profitieren. Mit der Herstellung von Spezialchemikalien in Asien hat Evonik dann bereits Ende der 1970er-Jahre begonnen. Viele weitere Aktivitäten folgten, heute haben wir in China eine starke Präsenz und sind an rund zehn Produktionsstandorten aktiv. Asien macht 40 Prozent des weltweiten Spezialchemiemarktes aus und verspricht – gerade in China – überdurchschnittliche Wachstumsraten. Das ist natürlich ein riesiges Potenzial.
Für den deutschen Chemikernachwuchs ist es also durchaus angebracht, sich Gedanken über einen Karriereschritt nach China oder Asien zu machen?
Auf jeden Fall, denn China ist als ein globaler Wachstumsmarkt gerade auch für viele junge Nachwuchschemiker interessant. Ich kann generell nur jedem empfehlen, einige Zeit im Ausland zu verbringen – das gilt nicht nur für China.
Was bringt ein Auslandsaufenthalt konkret?
Es ist von Bedeutung, die kulturellen und geschäftlichen Unterschiede in den verschiedenen Weltregionen zu erkunden. Daraus ergeben sich Chancen, die man später für seine persönliche Weiterentwicklung nutzen kann.
Wie fördern Sie im Unternehmen internationale Karrieren und worauf kommt es dabei an?
Unsere Forschungs- und Entwicklungsabteilung ist weltweit dezentral an mehr als 35 Standorten aufgestellt und orientiert sich eng an den Bedürfnissen der jeweiligen Märkte und Kunden. Zudem fördern wir den internationalen Einsatz unserer Mitarbeiter durch gezielte Talententwicklungsprogramme. Besonders mit Blick auf China gilt: Eine gute Personalentwicklung und loyale Mitarbeiter, die sich sehr eng mit dem Unternehmen identifizieren, sind auch ein wichtiger Faktor beim Schutz des geistigen Eigentums. Denn natürlich müssen wir auch in China selbst Forschung und Entwicklung betreiben; aktuell investieren wir erneut mehr als 20 Millionen Euro in die Erweiterung unseres Forschungszentrums in Shanghai, das wir im Herbst eröffnen wollen.
Sie kennen das Know-how und die Mentalität von Forschern und Entwicklern aus Deutschland und China. Wo liegen die Unterschiede?
Ich bin tatsächlich oft in China. Für die asiatischen Kollegen ist es wichtig zu sehen, dass sich der Vorstand aus der deutschen Konzernzentrale auch um die Kollegen vor Ort kümmert – das gilt nicht nur für die Forschung und Entwicklung, sondern für alle Abteilungen. Generell ist es wichtig, als Führungskraft in China im Gespräch „größere Ohren und einen kleineren Mund“ zu haben. Und man sollte auch zwischen den Zeilen lesen können. Ein deutlicher Unterschied zwischen Deutschland und China ist auf jeden Fall die stärkere Emotionalität im Geschäftsleben: Asiaten wollen nicht nur wissen, was ihr Gegenüber im Business ausmacht, sondern auch, was ihn als Menschen auszeichnet.
Warum ist die Spezialchemie in Ihren Augen eine wichtige Schlüsselindustrie für die Zukunft?
Die Spezialchemie leistet einen wichtigen Beitrag für globale Megatrends. Genauso haben wir uns als Unternehmen darauf eingestellt und vier starke globale Megatrends erkannt, bei denen wir mit unserem Spezialchemiegeschäft und unseren Produkten eine gewichtige Rolle spielen: Gesundheit, Ernährung, Ressourceneffizienz und Globalisierung. Die Menschen in Asien geben immer mehr Geld für Gesundheitsvorsorge, Körperpflege und gesunde Ernährung aus. Mit der zunehmenden Weltbevölkerung wächst der Bedarf an sparsamen Verfahren, die die Ressourcen schonen. Und als vierter Punkt führt die Globalisierung dazu, dass sich Produkte verändern und klassische Werkstoffe durch neue Materialien ersetzt werden. Überall hier kann und wird die Spezialchemie ihren Beitrag leisten.
Wobei die Spezialchemie häufig eher versteckt und in der zweiten Reihe stehend wichtige Innovationen vorantreibt.
Ja, nehmen Sie moderne Autoreifen: Als weltweit einziger Hersteller bieten wir der Reifenindustrie das Verstärkungssystem Silica und Organosilan an. Ohne diese Komponenten lässt sich der Rollwiderstand nicht verringern – und je niedriger der Rollwiderstand, desto geringer der Spritbedarf und damit auch die Kohlendioxidemissionen. Ein anderes Beispiel sind unsere Aminosäuren: Wir bieten alle vier wichtigen Aminosäuren für die Tierernährung an, Methionin, Lysin, Threonin und Tryptophan – wobei wir einige dieser Aminosäuren fermentativ herstellen, also auf biotechnologischer Basis.
Sie waren von 2001 bis 2003 auch im Controlling tätig. Wie kann es gelingen, Forschung und Entwicklung auf der einen und Budgetierung und ökonomische Effizienz auf der anderen Seite zusammenzubringen? Sollte sich ein junger Chemiker dafür BWL-Wissen aneignen?
Es geht nicht um reines BWL-Wissen. Als global aufgestelltes Unternehmen tut man gut daran, die Entwicklung unserer jungen Führungskräfte durch gezielte Maßnahmen zu fördern. Das machen wir mit einem umfassenden Ansatz, der die Mitarbeiter langfristig ans Unternehmen binden soll. In China spielt beispielsweise die Zusammenarbeit mit der in Shanghai ansässigen China Europe International Business School eine wichtige Rolle.
Sie haben als Vorstand sicherlich einen vollen Kalender mit vielen Businessterminen. Längst ist der Anzug Ihre Berufskleidung – nicht mehr der weiße Kittel. Vermissen Sie die Arbeit im Labor?
Ich stehe heute tatsächlich nicht mehr selbst im Labor und forsche. Die Zeit als Forscher war sehr interessant und erfüllend und meine jetzige Aufgabe als Vorstand ist auch wichtig. Ich halte es für sehr wichtig, den Kontakt zu unseren Mitarbeitern und Kunden zu pflegen. Wo immer es möglich ist, spreche ich mit ihnen über ihre Arbeit beziehungsweise Geschäfte, ihre Ziele und Projekte. Die Eindrücke, die ich dabei gewinne, bilden eine wichtige Grundlage für meine Entscheidungen.
Zum Unternehmen
Evonik Industries mit Sitz in Essen ist ein weltweit führendes Unternehmen der Spezialchemie. Der Konzern ist global tätig und verfügt über Produktionsanlagen in 24 Ländern. Das Unternehmen fasst seine Spezialchemie in drei Bereichen zusammen: Das Segment „Consumer, Health & Nutrition“ produziert Spezialchemie schwerpunktmäßig für Anwendungen in Konsumgütern, in der Tierernährung und im Pharmabereich. Das Segment „Resource Efficiency“ bietet umweltfreundliche und energiesparende Systemlösungen. Im Fokus des Segments „Specialty Materials“ steht die Herstellung von polymeren Werkstoffen und Zwischenprodukten, insbesondere für die Kunststoff- und Gummi-Industrie. Evonik beschäftigt derzeit weltweit rund 33.000 Mitarbeiter, darunter rund 2500 Mitarbeiter in den F&E-Abteilungen an 35 Standorten.
Dr. Gunter Festel ist Experte, wenn aus biotechnologischen Ideen funktionierende Geschäftsmodelle entstehen sollen. Der 47-Jährige hat als Business Angel mehreren Start-ups bei der Gründung geholfen. Zuvor hat er als McKinsey- Consultant vor allem Chemie- und Biotechnologiekonzerne beraten. Im Interview erklärt er, welche Bedeutung Biokraftstoffe haben werden und warum es auch für Naturwissenschaftler sinnvoll ist, BWL-Vorlesungen zu besuchen. Die Fragen stellte André Boße.
Zur Person
Dr. Gunter Festel, Foto: Privat
Gunter Festel studierte Chemie, Betriebswirtschaftslehre sowie Finanzen und promovierte in Chemie und Wirtschaftswissenschaften. Anfang 2003 gründete er das Investmentunternehmen Festel Capital, das sich auf die Kommerzialisierung von Technologien in den Bereichen Energie, Ernährung, Gesundheit, Materialien und Umwelt spezialisiert hat. Bis Ende 2002 leitete er bei Arthur D. Little in Zürich das Beratungsgeschäft im Chemie- und Pharmabereich, zuvor war er als Berater bei McKinsey tätig. Seine berufliche Karriere startete er bei Bayer in verschiedenen Managementpositionen in Forschung und Marketing.
Herr Dr. Festel, können Sie sich noch daran erinnern, wann Ihnen zum ersten Mal bewusst wurde, wie groß das wirtschaftliche Potenzial der industriellen Biotechnologie ist?
Wie innovativ die Branche ist, merkt man spätestens, wenn man von der Uni kommt und zum ersten Mal in der Industrie unterwegs ist. Schon in den großen Konzernen passiert eine Menge. Noch spannendere Dinge geschehen dann in Ausgründungen oder Start-ups, also in kleinen, dynamischen Firmen, die sich speziellen Innovationen widmen.
Ein Absolvent, der sich für die Biotechnologie interessiert, hat verschiedene Einstiegsmöglichkeiten: Konzern oder junges Unternehmen, Forschung an der Uni oder in einem privaten Institut. Welche Art des Einstiegs empfehlen Sie?
Wer als Absolvent noch nicht genau weiß, wohin die Reise gehen soll, ist in großen Unternehmen zunächst am besten aufgehoben. Erstens, weil er dort lernt, wie die industrielle Biotechnologie tickt. Zweitens, weil der Weg vom großen ins kleinere Unternehmen immer möglich ist. Vom Kleinen ins Große zu gehen, bereitet dagegen in der Regel mehr Schwierigkeiten. Dennoch: Wer von Beginn an weiß, in welche Richtung es ihn zieht, sollte sich nicht von seinem Weg abhalten lassen.
Angenommen, ich habe als Absolvent für mich ein spannendes Thema im Bereich der industriellen Biotechnologie entdeckt und traue mir zu, mit dieser Geschäftsidee ein eigenes Startup zu gründen. Ist diese Gründung schwieriger oder leichter, als man gemeinhin denkt?
Eher schwieriger. Die Realität hält immer ein paar Prüfungen bereit, die man nicht auf dem Schirm hat. Die größte Hürde ist sicherlich das Geld: Man benötigt Investoren und muss diese davon überzeugen, dass es für sie von Vorteil ist, Geld in dieses junge Biotechnologieunternehmen zu stecken. Es reicht nicht aus, eine Technologie zu entwickeln, die irgendwie nett ist und schick wirkt. Die Problematik ist, dass Investoren zunächst einmal sehr positiv auf Geschäftsideen reagieren. Interessant und spannend ist vieles. Wenn es dann konkret wird und wirklich Geld fließen soll, werden die Hürden immer höher.
Sie unterstützen mehrere junge Biotechnologieunternehmen, die sich auf Biotreibstoffe fokussieren. Das ist für die Zukunft ein riesiges Geschäftsfeld. Wie sieht die Situation heute aus?
Wie in so vielen forschungsintensiven Branchen, ist dieses Thema noch eine Wette auf die Zukunft. Es zeichnet sich aber ab, dass die immer spezifischer werdenden Anforderungen an Treibstoffe dazu führen werden, dass sich für eine Vielzahl an Anwendungen unterschiedliche Lösungen durchsetzen werden. Heute gibt es Diesel, Benzin und Kerosin, alle werden aus dem gleichen Rohstoff gewonnen und sind eng verwandt. Im Zeitalter des Biotreibstoffes wird sich die Palette an Biokraftstoffen ausdifferenzieren. Man hat Biodiesel für den einfachen Straßenverkehr, Biokersosin mit einer ganz anderen Rohstoffbasis für den Luftverkehr. Dazu eigene Treibstoffe für den Last- oder Schiffsverkehr, für die Landwirtschaft oder die Industrie. Es entsteht also ein sehr heterogenes Bild mit vielen Möglichkeiten.
Was muss ich als Einsteiger können, um von diesen Möglichkeiten zu profitieren?
Das Besondere an der Branche ist: Die Technik steht im Prinzip. Jetzt kommt es auf den Preis an. Beste Aussichten hat also jemand, der in der Lage ist, die Produktionskosten zu senken. Entscheidend ist auch, genügend viel und qualitativ hochwertige Rohstoffe zu einem angemessenen Preis zur Verfügung zu haben. Benötigt werden Leute, die sich darauf verstehen, Produktionsprozesse zu konzipieren und große Anlagen zu bauen. Und final kommt es darauf an, die Logistik und den Vertrieb zu organisieren.
Sprich: Der Naturwissenschaftler muss denken wie ein Ökonom, ein Ingenieur und ein Vertriebler.
Genau. Diese Interdisziplinarität ist ja schon lange ein Thema, mittlerweile gibt es spezielle Studiengänge wie Wirtschaftschemie, in der BWL und Chemie kombiniert wird. Wer an der Uni weiterhin jedoch den klassischen naturwissenschaftlichen Weg geht, tut sich später in der freien Wirtschaft eventuell schwer. In vielen Fächern ist das Studium nämlich immer noch nicht flexibel genug. Neben den fachlichen Dingen bleibt zu wenig Zeit für ökonomische oder ingenieurwissenschaftliche Aspekte.
Welche Weiterbildungen empfehlen Sie?
Der MBA lohnt immer. Am besten berufsbegleitend, wobei hier natürlich der Arbeitgeber mitspielen muss. Unabhängig vom Arbeitgeber kann man an den Fern-Unis entsprechende Kurse ausfindig machen. Und wer in der Endphase seines Studiums ist, sollte sich die Zeit nehmen, woanders reinzuschnuppern. Zum Beispiel mal die Wirtschaftswissenschaftler besuchen und dort nach Veranstaltungen Ausschau halten, die einen interessieren.
In der Weißen Biotechnologie sind Nachwuchskräfte auf neuen Pfaden unterwegs. Sie sollen das, was die Natur möglich macht, so gestalten, dass es sich für die Industrie rechnet. Dass davon auch das Weltklima profitiert, ist ein Effekt, der erfolgreiche Karrieren in dieser Branche besonders wertvoll macht. Von André Boße.
Die Erde steht unter Anspannung. Das Weltklima leidet, die Ressourcen werden knapp. Es ist abzusehen, dass die fossilen Brennstoffe für viele Industrien eines Tages nicht mehr bezahlbar sein werden – weil entweder fast alles Öl verbraucht ist oder das Klima kurz vor dem Kollaps steht. Doch was passiert dann mit den vielen Branchen, die viele Jahre lang vom Erdöl abhängig waren – mit Branchen, die für die Menschen wichtige Dinge produzieren, von Kraftstoffen und Plastik über Chemieprodukte bis hin zu Waschmitteln?
Diese drängenden Fragen machen manch einen nervös. Bei leidenschaftlichen Naturwissenschaftlern hingegen wecken sie den Pioniergeist. Zum Beispiel bei den Forschern am Fraunhofer- Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB. Das Institut mit Sitz in Stuttgart ist eine Art Denkfabrik für nachhaltige Lösungen. Naturwissenschaftler beinahe aller Richtungen forschen und entwickeln Antworten auf die Frage, wie es weitergehen kann, wenn alte Verfahren sich nicht mehr rechnen oder gesellschaftlich nicht mehr erwünscht sind, weil sie der Umwelt zu viele Schäden zufügen. Dr. Ursula Schließmann leitet die Abteilung Umwelttechnologie und Bioverfahrenstechnik. Ihr Schwerpunktthema: die Perspektiven der industriellen Biotechnologie – auch „Weiße Biotechnologie“ genannt, um sie von der roten (der medizinischen) und grünen (der landwirtschaftlichen) Biotechnologie zu unterscheiden.
Innovationsinitiative des Bundes
Das Bundesforschungsministerium (BMBF) startete 2011 eine Innovationsinitiative für die Weiße Biotechnologie. Das Ziel: Wirtschaft und Wissenschaft sollen entlang der Wertschöpfungskette strategische Allianzen knüpfen. Unternehmen, die sich engagieren, erhalten Fördergelder – und damit wichtige Mittel, um bei der Forschung und Entwicklung einen langen Atem zu entwickeln. Im Gegenzug erwartet das Ministerium, dass sich die Unternehmen ebenfalls längerfristig und mit substanziellen Eigenbeiträgen engagieren. Gute Nachrichten für Einsteiger also, denn durch die Initiative können auch in Zukunft neue Stellen in den Unternehmen entstehen.
www.bmbf.de
Ohne Öl auskommen
Häufig forscht Schließmann mit ihrem Team, in dem auch viele junge Naturwissenschaftler aus diversen Fachrichtungen zusammenarbeiten, im Auftrag der chemischen Industrie. „Der Anteil dieser Branche am weltweiten Rohölverbrauch liegt bei rund zehn Prozent“, sagt sie. Noch ist die Chemie stark vom Öl abhängig – und das soll und muss sich ändern. „Eine Option ist, die Syntheseleistung der Natur zu nutzen, um damit von petrochemischen Rohstoffen – also solchen, die man aus fossilen Brennstoffen gewinnt – auf nachwachsende Rohstoffe umstellen zu können.“ Bei dieser Technik nimmt die industrielle Biotechnologie eine Schlüsselrolle ein: Ob Waschmittel, Plastik oder Autobenzin – die Forscher der Weißen Biotechnologie arbeiten daran, dass diese Produkte schon bald aus Biorohstoffen hergestellt werden können. Aus Ressourcen also, die erstens nachwachsen und zweitens kein CO2 ausstoßen.
„Die industrielle Biotechnologie hat in den vergangenen Jahren durch große Fortschritte in der Entwicklung neuer Methoden stark an Bedeutung gewonnen“, bilanziert Ursula Schließmann den Aufschwung der Branche. Und auch zukünftig gebe es keinen Grund, daran zu zweifeln, dass die Weiße Biotechnologie eine starke Wachstumsbranche darstellt. „Besondere Zukunftsperspektiven sehe ich in der Optimierung der Produktionsverfahren für Grund- und Feinchemikalien sowie der Entwicklung neuer Produkte mit hohem Wertschöpfungspotenzial“, sagt die Forscherin. Sprich: Die industrielle Biotechnologie soll nicht nur die Umwelt schonen, sondern dafür sorgen, dass die Industrie günstiger und qualitativ hochwertiger produzieren kann. Zum Beispiel können die Verfahren der industriellen Biotechnologie Enzyme preisgünstig sowie mit hoher Leistungsfähigkeit und Selektivität herstellen. Weitere Gebiete sind Biopestizide und Biokunststoffe. Hier ersetzen die biotechnologischen Verfahren schon heute zum Teil die petrochemischen Verfahren – und erschaffen zusätzlich Polymere mit besseren Eigenschaften.
Kluge Lösungen gesucht
Verständlich, dass talentierte Forscher mit diesem Schwerpunkt aktuell ausgezeichnete Jobperspektiven haben. Zumal es eben nicht nur um das Entdecken neuer Einsatzmöglichkeiten geht, sondern auch um kluge Prozesse. Industrie wird Bio – das klingt gut. Es ist aber nur dann gut, wenn darunter zum Beispiel nicht der Anbau von Lebens- und Futtermitteln leidet. „Wir müssen ertragreichere Nutzpflanzen züchten, die Agrartechnik weiterentwickeln und die Wertschöpfungskette durch prozessintegrierte Aufarbeitung von Roh- und Abfallstoffen effizienter gestalten“, beschreibt Ursula Schließmann die anspruchsvolle Agenda. Eine Lösung kann der „Kaskadenansatz“ sein: Eine Bioraffinerie ist so konzipiert, dass sie den Biorohstoff zunächst stofflich und erst im Anschluss energetisch nutzt. Hier zeigt sich, dass die Weiße Biotechnologie unbedingt bunt zusammengesetzte Teams benötigt. In der industriellen Biotechnologie werden die Disziplinen Biologie und Mikrobiologie, Biotechnologie, Chemie, Physik und Verfahrenstechnik gezielt miteinander verknüpft. Für ein optimales Arbeitsergebnis sind deshalb ein breites Grundlagenwissen, aber auch ein fachübergreifendes Knowhow sowie das Verstehen der spezifischen Sprachen der unterschiedlichen Fachdisziplinen erforderlich. Es reicht nicht, nur zu wissen, wie der Wertstoff gewonnen oder die Biomasse genutzt werden kann. Entscheidend ist auch, den Prozess des Stoff- und Wärmetransports zu organisieren, das Produkt zu isolieren, zu reinigen sowie dem Kreislauf zuzuführen. Entsprechend facettenreich sind die Ausbildungswege im Bereich der industriellen Biotechnologie: Laborarbeit gehört genauso dazu wie Prozessoptimierung, Bioverfahrenstechnik und Anlagenbau.
Biotechnik stärkt Marken
Das bieten neben Chemieunternehmen, der Pharmaindustrie sowie der Umwelttechnik- und Energiebranche auch Konsumgüterhersteller wie Henkel. Der Konzern mit Sitz in Düsseldorf steht für eine Reihe von bekannten Marken – von Waschmitteln über Kosmetikartikel bis hin zu den Klebstoffen. „Erfolgreiche Innovationen tragen dazu bei, diese Marken weiter zu stärken“, sagt Michael Dreja, Direktor der Forschung und Entwicklung im Unternehmensbereich Laundry & Home Care. „Mehr Wert, weniger Ressourcen“, so fasst Dreja das Ziel der Forschung zusammen. Auch hier ist die industrielle Biotechnologie der Schlüssel. „Unsere Forscher und Produktentwickler arbeiten mit akademischen Arbeitsgruppen sowie mit Rohstoffherstellern zusammen, die mit Hilfe Weißer Biotechnologie ausgewählte Inhaltsstoffe für Wasch- und Reinigungsmittel produzieren.“
In der Forschung und Entwicklung findet im Konzern der typische Einstieg für Absolventen mit naturwissenschaftlichem Hintergrund statt. „Hier können Nachwuchskräfte die erworbenen Kenntnisse aus den Hochschulen am besten umsetzen“, sagt Dreja. Wichtig seien dabei neben fachlicher Exzellenz die Anpassungsfähigkeit an das Team sowie die Offenheit für einen interdisziplinären Austausch mit den anderen Fachabteilungen. Wie zentral es ist, zudem die ökonomische Dimension der Weißen Biotechnologie im Auge zu haben, verdeutlicht Claus Dreisbach, Projektleiter der Gruppe „Function Innovation & Technology“ beim Spezialchemiekonzern Lanxess, der in der zweiten Jahreshälfte 2013 seinen Unternehmenssitz von Leverkusen nach Köln verlegt. „Ein wichtiges Kriterium für die Umstellung von fossilen Rohstoffen auf nachwachsende ist der Preis“, erläutert Dreisbach.
Forscher als Projektleiter
Um erfolgreich in den interdisziplinären Teams zu arbeiten, sei daher ein Verständnis für die industriellen Rahmenbedingungen der Forschung und Entwicklung notwenig. Dazu gehört auch das Talent, die Forschung so zu organisieren, dass das Unternehmen möglichst viel erreicht, ohne dabei alles selber machen zu müssen. Denn dafür ist der Bereich der Weißen Biotechnologie viel zu komplex. „Ein Unternehmen wie unseres kann nicht mehr für alle Fragestellungen eigene Experten vorhalten“, sagt Dreisbach. „Die Vielzahl der interessanten Entwicklungen übersteigt die Möglichkeiten der meisten Firmen.“ Daher ist es sinnvoll mit externen Unternehmen zusammenzuarbeiten, die eine Expertise auf einem speziellen Gebiet haben – woraus sich für Naturwissenschaftler ein neues Jobprofil ergibt: „Die Forschung und Entwicklung findet nicht mehr unbedingt im eigenen Labor statt. Der Forscher ist vielfach als Projektleiter gefordert, der ein geeignetes Team aus internen und externen Experten zusammenstellt und die F&E-Arbeiten koordiniert und kontrolliert.“
Diese Vernetzung ist notwendig, um in Zeiten knapper Ressourcen Lösungen zu erarbeiten, die sich wirtschaftlich rechnen. Genau das ist das Ziel der Industrie. „Es geht darum, Alternativen zu den herkömmlichen Routen zu finden“, sagt der Lanxess-Projektleiter. Die Weiße Biotechnologie wird damit zum Bereich abseits ausgetretener Pfade – und ist eine chancenreiche Option für Naturwissenschaftler, die Abenteuerlust mit sinnvollem Handeln verbinden möchten.
Rasende Biotechnologie
Smudo, Foto: Four Motors
Biosprit? Langsam. Biokunststoff? Brüchig. Das Reutlinger Rennteam des „Bioconcept- Cars“ kennt diese und andere Vorurteile – und fährt dagegen an. Am Steuer: Smudo, Rapper der Fantastischen Vier. Sein Scirocco mit effizientem TDI-Motor tankt Biodiesel auf Basis von Rapsöl. Die Leichtbaukarosserie des Rennwagens besteht aus einem mit Naturfasern verstärkten Duromer. Weitere Bauteile im Innen- und Motorraum sowie im Interieur sind aus biobasierten Kunststoffen gefertigt, foliert ist das „Bioconcept-Car“ mit PVC-freien, umweltfreundlichen Latex-Folien. Smudo und sein Team nehmen als Pioniere für „grünen Rennsport“ seit vielen Jahren erfolgreich an Langstreckenrennen auf dem Nürburgring teil.
Filmtipp
Rapsöl als Rennwagenbenzin – ein Film des Herstellers UFOP:
Standorte in Deutschland Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, München, Stuttgart
Standorte weltweit
Brüssel, London, Metaverse
Personalstruktur Mehr als 350 Anwältinnen und Anwälte, davon 84 Partner
Mandantenstruktur
Namhafte in- und ausländische Unternehmen, zahlreiche DAX-notierte Gesellschaften, große mittelständische Unternehmen und Körperschaften des öffentlichen Rechts.
Karriereaussichten Nach einem Jahr Aufnahme auf den Briefkopf, nach dreieinhalb Jahren Entscheidung über die assoziierte Partnerschaft, nach sieben Jahren Entscheidung über die Partnerschaft. Eine Alternative zur Partnerschaft bietet die Position als Counsel.
Auslandstätigkeit
Für unsere Referendare besteht die Möglichkeit, ihre Wahlstation auch bei einer unserer befreundeten Kanzleien im Ausland zu absolvieren.
Angebote für StudentInnen
Anwalts-/Wahlstation, Nebentätigkeit zum Referendariat, wissenschaftliche/ promotionsbegleitende Tätigkeit
Einstiegsvergütung
140-150.000 Euro/Jahr
Ansprechpartnerin Sofia Jung
Director of Human Resources Legal
Welche Weiterbildung bringt’s? – Fachanwalt, LL.M., MBA oder Doktortitel?
Fachanwalt oder Promotion, LL.M. oder MBA – die Palette an Zusatzausbildungen wird breiter. Doch was bringt den juristischen Nachwuchs tatsächlich voran? Wir haben uns umgehört, worauf Partner setzen und Personalverantwortliche achten. Das Fazit: Je nach Ausrichtung gewichten die Kanzleien die Titel unterschiedlich…
Bildung für sich, nicht für den Titel
Mit einer Weiterbildung up to date bleiben.
„Alleinstellungsmerkmale sind wichtig“
Als Teilhaberin und Geschäftsführerin einer juristischen Personalberatung kennt Ina Steidl die Relevanz von Zusatzausbildungen.
Top-Jurist:
Prof. Dr. Stefan Sporn
Interview mit dem General Manager International Distribution & Copyright Law von RTL Deutschland.
Produkte/Dienstleistungen
Vetter ist einer der weltweit führenden Pharmadienstleister für die keimfreie Abfüllung und Verpackung von Spritzen und anderen Injektionssystemen – unter anderem zur Behandlung von Krankheiten wie Multiple Sklerose, schwere rheumatische Arthritis und Krebs. Das Unternehmen unterstützt Arzneimittelhersteller von der frühen Entwicklung neuer Präparate bis zur weltweiten Marktversorgung.
Anzahl der Standorte
Ravensburg, Langenargen, USA, Singapur, Japan, Südkorea
Bedarf an HochschulabsolventInnen
Aufgrund unseres kontinuierlichen Wachstums haben wir laufenden Bedarf an Praktikanten, Hochschulabsolventen und Young Professionals.