Urteile werden täglich gefällt, die Gesetze ständig weiterentwickelt. Der karriereführer stellt hier einige Urteile, neue Gesetze und Entwürfe vor. Von Christoph Berger
„Containern“ ist Diebstahl
Mit seinem Anfang August 2020 veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts zwei Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen eine strafgerichtliche Verurteilung wegen Diebstahls von Lebensmitteln aus einem verschlossenen Abfallcontainer eines Supermarktes richteten („Containern“). Zur Begründung führte die Kammer im Wesentlichen aus, dass die Auslegung der Fachgerichte weder gegen das Willkürverbot verstößt noch die Beweiswürdigung verfassungsrechtlich zu beanstanden ist. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und insbesondere das Ultima-Ratio-Prinzip gebieten keine Einschränkung der Strafbarkeit. Der Gesetzgeber darf das zivilrechtliche Eigentum grundsätzlich auch an wirtschaftlich wertlosen Sachen strafrechtlich schützen. (2 BvR 1985/19, 2 BvR 1986/19)
www.bundesverfassungsgericht.de
Legal Tech: Vertragsgenerator zulässig
Ein elektronischer Generator von Rechtsdokumenten verstößt nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Das hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln mit Urteil vom 19.06.2020 entschieden und ein anderslautendes Urteil des Landgerichts Köln abgeändert. In der Begründung heißt es unter anderem, dass die Vertragsgestaltung im Einzelfall eine Königsdisziplin der anwaltlichen Beratung sein kann, ein Dokumentengenerator erweitere aber lediglich das bestehende Hilfsangebot von Vorstücken oder Formularhandbüchern zur Erledigung der eigenen Rechtsangelegenheiten in eigener Verantwortung um eine naheliegende digitale Möglichkeit. Ein Schutz vor unqualifizierter Rechtsberatung müsse nur dort gewährleistet werden, wo eine rechtliche Beratung tatsächlich oder vorgeblich stattfinde.
Gesetzentwurf zur Einführung von elekronischen Wertpapieren
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und das Bundesministerium der Finanzen haben im August 2020 einen Gesetzentwurf zur Einführung von elektronischen Wertpapieren vorgelegt. Dieser soll der Modernisierung des deutschen Wertpapierrechts und des dazugehörigen Aufsichtsrechts dienen. Mit der Etablierung digitaler Wertpapiere werde einer der zentralen Bausteine der Blockchainstrategie der Bundesregierung sowie des gemeinsamen Eckpunktepapiers des BMF und des BMJV zu elektronischen Wertpapieren umgesetzt, heißt es in der Begründung. Nach aktueller Rechtslage sind Finanzinstrumente, die zivilrechtlich als Wertpapiere gelten, in einer Papierurkunde zu verbriefen.
www.bundesfinanzministerium.de
Studierende müssen trotz Corona-Pandemie an Präsenzprüfungen teilnehmen
Der 2. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 2. September 2020 entschieden, dass ein Studierender eine Klausur nicht in Form der begehrten Online-Klausur am Heimarbeitsplatz, sondern nur als Präsenzprüfung ablegen darf (Az.: 2 ME 349/20). Der Antragsteller betreibt an der Leuphana Universität Lüneburg ein Masterstudium, in dessen Rahmen eine Klausur stattfindet. Die Universität hatte seinen Antrag abgelehnt, diese Klausur angesichts der Corona-Pandemie nicht wie geplant als Präsenzklausur, sondern als Online-Prüfung von zu Hause aus durchzuführen. Sie hatte zur Begründung ausgeführt, dass es ihr nach der Niedersächsischen Corona-Verordnung unter bestimmten Voraussetzungen (wieder) erlaubt sei, Präsenzprüfungen abzuhalten. Sie habe ihre internen Regelungen entsprechend angepasst und ein Hygienekonzept entwickelt. In dem konkreten Fall hätten die Prüfer entschieden, dass von der nach wie vor bestehenden Möglichkeit der Online-Prüfung kein Gebrauch gemacht werden solle. Das Verwaltungsgericht Lüneburg hatte dies für rechtens gehalten und einen Eilantrag des Antragstellers abgelehnt (Az.: 6 B 102/20). Dieser Entscheidung ist der 2. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts gefolgt und hat die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Die Beurteilung, in welcher Form die Klausur im Grundsatz zu erbringen sei, obliege den Prüfern. Ihnen komme bei der Erstellung der Aufgabe und der Auswahl der Prüfungsthemen im Rahmen der rechtlichen Vorgaben ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu, der hier nicht überschritten sei. Weitere Infos unter:
https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de
Gegen Hass und Hetze im Internet
Der Bundesrat hat am 3. Juli 2020 das Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität im Internet gebilligt. Zuvor war es bereits vom Bundestag verabschiedet worden. Unter anderen müssen nun bestimmte strafbare Inhalte von Anbietern sozialer Netzwerke dem Bundeskriminalamt gemeldet werden. Weiterhin ist die Androhung einer gefährlichen Körperverletzung strafbar und die Billigung noch nicht erfolgter Straftaten wird sanktioniert. Und: Öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften getätigte beleidigende Äußerungen können künftig im Höchstmaß mit zwei Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden. Des Weiteren ist das Bundeskriminalamt berechtigt, die Login-IP-Adressen von Urhebern strafbarer Internetinhalte bei den Telemediendiensteanbietern abzufragen.
Volle Rückzahlung des Reisepreises bei Stornierung wegen Covid-19
Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass ein Reiseveranstalter zur Rückzahlung des kompletten Reisepreises verpflichtet ist, wenn ein Kunde die gebuchte Reise vor Reiseantritt storniert und zu diesem Zeitpunkt bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Corona-Virus im Reisegebiet bestand. Reisewarnungen für das Reisegebiet seien dabei nicht zwingend erforderlich. Es genüge bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Virus.
https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de
Kabinett verabschiedet Investitionsbeschleunigungsgesetz
Die Bundesregierung hat im August 2020 den vom Bundesverkehrsministerium vorgelegten Entwurf des Investitionsbeschleunigungsgesetzes verabschiedet. Mit dem Gesetz werden wichtige Beschleunigungen bei Planungsverfahren im Infrastrukturbereich umgesetzt, heißt es. Das Bundeswirtschaftsministerium hat hierzu Beschleunigungen im Energiebereich in das Gesetz eingebracht, vor allem Verfahrensbeschleunigungen beim Bau von Windenergieanlagen. Das Gesetz dient damit zugleich der weiteren Umsetzung des Aktionsplans zur Stärkung der Windenergie des Bundeswirtschaftsministeriums vom Herbst 2019, der darauf zielt, den Ausbau von Windenergie an Land zu beschleunigen.