Wenn jemand sagt, „in China ist ein Sack Reis umgefallen“, meint er damit ein unwichtiges Ereignis. Hört ein Transportrechtler den Satz, ist dies häufig der Anfang einer umfangreichen Schadensbearbeitung. Von Dr. Niels Witt, Partner bei SKW Schwarz Rechtsanwälte, Hamburg
Zunächst geht es darum: Was ist überhaupt passiert? Dazu ist der Kontakt mit den Transportbeteiligten, Sachverständigen (Surveyor), Versicherungen und Anwälten notwendig. Meist müssen die Informationen weltweit eingeholt und rechtliche Maßnahmen abgestimmt werden. Es müssen Art und Umfang von Transportschäden ermittelt werden. Wird der Transportrechtler früh einbezogen, koordiniert er häufig auch die Beweissicherung vor Ort mit.
Neben Rechtskenntnissen ist hier auch Verständnis für technische Abläufe der einzelnen Verkehrsträger wie Schiff, Bahn, Flugzeug oder Lkw gefordert. Insbesondere bei internationalen Transporten werden Güter aufgrund eines einheitlichen Frachtvertrages mit verschiedenen Mitteln befördert – sogenannte multimodale Transporte. Bevor der Transportrechtler sich den Rechtsfragen widmen kann, muss er eine Vielzahl von Transport- und Frachtdokumenten, die meist in Englisch oder einer anderen Sprache verfasst wurden, sondieren und auswerten, um herauszufinden, wer mit wem Transportverträge geschlossen hat.
Die Schadenshöhe zu ermitteln, kann vereinzelt sehr problematisch sein. Eine Besonderheit des Transportrechts ist es, dass der Frachtführer in den einzelnen Transportrechtsregimen nur in begrenzter Höhe haftet. Nur vereinzelt ist es möglich, die gesetzliche Haftungsbegrenzung zu durchbrechen und vollen Schadensersatz zu verlangen. Hier ist es die Aufgabe des Transportrechtlers, Gründe für die Haftungsdurchbrechung zu ermitteln und vor Gericht vorzutragen beziehungsweise solche Ansprüche abzuwehren.
Bei der Aufklärung des Sachverhalts ist Eile geboten, da im Transportrecht eine verkürzte Verjährungsfrist von einem Jahr gilt. Der Transportrechtler muss dann die Verjährung durch Verhandlungen hemmen oder mit den Beteiligten Verjährungsverzichtserklärungen vereinbaren, damit der Sachverhalt in Ruhe weiter aufgeklärt werden kann.
Auch die Wahl des Gerichts, an dem eine Klage eingereicht werden soll, ist bei internationalen Transporten eine wichtige Vorfrage. Meist kann der Gerichtsstand des Abgangs- beziehungsweise des Empfangsortes nicht abbedungen werden. In den letzten Jahren versuchen aber Spediteure vermehrt, das Gericht eines Landes anzurufen, in welchem ein vermeintlich günstigeres Transportrecht gilt. Es kommt dann zum „Windhundrennen“ um die Besetzung des vermeintlich günstigeren Gerichtsstands und für die Transportrechtler kommt es dann unter Umständen auf jede Minute an, um dies zu verhindern.