Sandra Navidi absolvierte ein Jurastudium an der Universität zu Köln, der Fordham University School of Law und der Universität Paris IV. Neben zahlreichen weiteren Auslandsaufenthalten legte sie den Fachanwaltskurs für Steuerrecht und die Wertpapierhandelsprüfung bei der U.S.-Aufsichtsbehörde FINRA (NASD) ab. Später war sie unter anderem Managerin in der Abteilung für internationale Kapitalmärkte bei Deloitte sowie Chefjustiziarin beim Vermögensverwalter Muzinich & Company bevor sie 2011 die Unternehmensund Strategieberatung BeyondGlobal, LLC gründete. Navidi ist außerdem Vortragsrednerin und seit 2009 Finanzexpertin für n-tv. Die Fragen stellte Christoph Berger
Sandra Navidi, Juristin, Rechtsanwältin, Attorneyat- Law (Staat New York, USA), Bestsellerautorin sowie Gründerin und CEO von BeyondGlobal, LLC
Frau Navidi, Ihr Leben war von Beginn an auf Internationalität ausgerichtet. Wie bewerten Sie internationale Erfahrungen für angehende Juristen?
Internationale Erfahrungen sind für angehende Juristen heute wichtiger als jemals zuvor. Selbst wenn man nicht vorhat, im Ausland zu arbeiten, sind viele Kanzleien und ihre Mandanten international tätig. Unternehmen exportieren, haben ausländische Standorte, eine diverse Belegschaft und globale Kundschaft. Auslandserfahrungen erweitern den Horizont, fördern kreatives Denken, helfen fremde Kulturen zu verstehen und transnationale Netzwerke aufzubauen.
Ihr Vater betrieb außerdem ein mittelständisches Unternehmen. War damit bereits der Grundstein für Ihre Karriere in der Wirtschaftswelt gelegt?
Ich glaube, persönliche Neigungen und Stärken sind teils in die Wiege gelegt, teils das Resultat von Erfahrungen. In meiner Familie ist seit jeher so ziemlich jeder selbstständig gewesen. Das prägt die Denkweise und Persönlichkeit. Sie sagten einmal, dass Ihre Ausbildung Ihr wertvollster Besitz sei, in sie würden Sie bis zu Ihrem Lebensende weiter investieren.
Auf was kommt es Ihnen bei Fort- und Weiterbildungen an?
Fortbildung und Weiterbildungsfähigkeit sind in unserer Wissensökonomie ein gesonderter Aspekt des Humankapitals. Das Recht mag sich nicht grundlegend, oder aber zumindest nur sehr langsam, verändern. Dafür verändert sich die Welt, auf die dieses Recht angewendet wird, in rasantem Tempo. Wer stehen bleibt, bleibt zurück. Deshalb heißt es auch für Juristen: Agil bleiben und weiterbilden. Darüber schreibe ich gerade mein nächstes Buch.
Über Jahre haben Sie sich den „Titel“ „Wall Street Lady“ erarbeitet. Mal von Ihrer Ausbildung abgesehen, auf welche weiteren Faktoren führen Sie derartige Auszeichnungen beziehungsweise Ihren Erfolg zurück?
Auf ständige Weiterbildung, Disziplin, Fleiß, Motivation, Risikobereitschaft und Widerstandsfähigkeit. In meinem Buch Superhubs analysiere ich übrigens die Eigenschaften, die die menschlichen „Super-hubs“ an die Spitze der globalen Finanzwelt katapultieren.
Und wie fühlten oder fühlen Sie sich in einem von Männern dominierten Umfeld, spielte das für Sie überhaupt jemals eine Rolle auf Ihrem Weg?
Auf jeden Fall. Minderheiten haben es grundsätzlich schwerer. Das prägt, aber man gewöhnt sich daran und lernt, damit umzugehen. In Super-hubs habe ich dem Frauen-Thema ein ganzes Kapitel gewidmet, weil ich erklären musste, warum es kaum Frauen an der Spitze der globalen Finanzwelt gibt. Das ist ein komplexes Thema, bei dem auch viele Dynamiken aus der Netzwerkwissenschaft eine Rolle spielen.
Buchtipp
2011 gründeten Sie Ihr eigenes Unternehmen, die Unternehmens- und Strategieberatungsfirma BeyondGlobal, LLC. Was war der Antrieb dazu?
Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt während der Finanzkrise mit dem Ökonomen Nouriel Roubini gearbeitet. Das war toll und ich habe viel gelernt. Irgendwann hatte ich dann aber das Gefühl, dass ich in dieser Position nicht mehr wesentlich weiterwachsen konnte. Ich wollte weiterziehen und „mein eigenes Ding“ machen.
Und wie wichtig ist Ihnen berufliche Unabhängigkeit?
Ziemlich wichtig. Abgesehen davon ist es wegen der sich drastisch verändernden, digitalisierten Berufswelt für jeden essentiell, sich als Marke zu etablieren und unternehmerisch zu denken. Dies ist die Prämisse, auf der mein nächstes Buch fußt.
Für viele Menschen scheinen Profit und finanzieller Reichtum der Antrieb für ihr berufliches Schaffen zu sein. Schaut man sich Ihre Beiträge, Kommentare, Initiativen et cetera an, scheinen Sie andere Motivationen zu haben. Welche Werte treiben Sie an, was ist Ihnen wichtig?
Mir ist es wichtig, mit interessanten Menschen an interessanten Projekten arbeiten zu können. Gerne setze ich mich für gesellschaftsrelevante Themen ein, wie beispielsweise die Wohlstandsschere, und gebe Einblicke über meine Bücher und Medientätigkeit weiter. In meiner Position habe ich die Möglichkeit, mein Potential zu verwirklichen und das schafft Zufriedenheit.
Und wenn Sie mal nicht publizieren, Interviews geben, beraten oder kurz: arbeiten, wie und womit schalten Sie ab?
Ich liebe es, in der Ruhe zu verweilen, einfach im Moment präsent zu sein und meine Gedanken schweifen zu lassen. Sport zu treiben gehört ebenfalls zum Abschalten, auch wenn es oft zunächst Überwindung kostet.