Restrukturierungsberatung ist die Beratung von Gläubigern und Schuldnern in der Krise eines Unternehmens. Neben der rein rechtlichen Arbeit machen strategische Überlegungen und Verhandlungsführung einen bedeutenden Teil der anwaltlichen Tätigkeit aus. Das macht Restrukturierung für Anwälte, die gerne über den juristischen Tellerrand hinaus schauen, besonders attraktiv. Von Dr. Wolfram Prusko (Partner) und Marlene Ruf (Associate), Kirkland & Ellis International LLP, München
Finanzielle Restrukturierung geht weit hinaus über das klassische Insolvenzrecht, wie man es mit der Insolvenzverwaltung verbindet. Vielmehr handelt es sich um einen eigenen Bereich mit vielfältiger Beratungstätigkeit in der außergerichtlichen und gerichtlichen Sanierung von Unternehmen. Oft ist das Ziel, in Verhandlungen zwischen Gläubigern und Schuldner die Insolvenz des Unternehmens zum Wohle aller Beteiligten zu vermeiden. Instrumente hierfür sind etwa die Refinanzierung auslaufender und die Änderung bestehender Kredite oder sonstiger Finanzverbindlichkeiten, oft verbunden mit einem (teilweisen) Forderungsverzicht.
In diesem Zusammenhang muss sich der beratende Anwalt mit verschiedenen Finanzinstrumenten wie syndizierten Krediten und Anleihen auskennen. Ein Element der Krisenbewältigung ist oft auch eine Änderung der Beteiligungsstruktur des Schuldners. Insbesondere bei internationalen Übernahmefinanzierungen ergeben sich hier höchst komplexe grenzüberschreitende Sachverhalte. Regelmäßig kommt es in Sanierungen auch zu einer Veränderung der Gläubigerstruktur. Klassische Banken steigen aus gefährdeten Kreditengagements aus, dafür kaufen sich spezialisierte Investoren, sogenannte Distressed Debt Funds, ein. Insbesondere die Koordinierung verschiedener Gläubiger und das Hinarbeiten auf eine optimale gemeinsame Lösung sind wesentliche Aspekte insolvenznaher Beratung.
Auch bei gerichtlich überwachten Sanierungsverfahren bieten sich vielfältige Aufgaben. Im Insolvenzverfahren werden etwa Investoren beraten, die einen Teil des Unternehmens übernehmen möchten. Zudem werden große deutsche Unternehmen teilweise ohne Insolvenzverfahren nach dem englischen Scheme of Arrangement saniert, was europarechtliche Fragen aufwirft und Vorarbeit erfordert. Das Verfahren bietet die Möglichkeit, Finanzverbindlichkeiten zu restrukturieren und den wirtschaftlichen Wert des Unternehmens zu erhalten, ohne die Forderungen der übrigen Gläubiger zu beschneiden.
Der Rechtsrahmen entwickelt sich jedoch stets weiter: Auf europäischer Ebene soll nun ein einheitlicher Rahmen für vorinsolvenzliche Verfahren geschaffen werden, der die Tätigkeit der Restrukturierer stark prägen wird. Berufseinsteigern mit starkem Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen sowie abwechslungsreichem juristischen Arbeiten im Insolvenz, Gesellschaftsund Kapitalmarktrecht sowie allgemeinen Zivilund Zivilprozessrecht bietet der Bereich Restrukturierung ein lehrreiches und anspruchsvolles Tätigkeitsfeld.