Ob autonome Autos, Kühlschränke mit Bestellfunktion oder Roboter – die künstliche Intelligenz entwickelt sich rasant. Die Juristen fangen allerdings gerade erst damit an, sich mit den komplexen rechtlichen Fragestellungen zu beschäftigen. Ein Gastbeitrag von Claudia Behrend, Diplom-Juristin und freie Journalistin
Was passiert, wenn ein Kühlschrank statt drei Joghurts 3.000 bestellt? Wer haftet, wenn ein Parkinson-Patient durch seinen Hirnschrittmacher spielsüchtig wird oder eine intelligente Armprothese einen Menschen schlägt? Soll ein autonom fahrendes Auto als Unfallverursacher bestraft werden können? Und haben Roboter überhaupt eigene Rechte und Pflichten? Stehen ihnen gar Menschenrechte zu? Und was würde es bringen, sie zu bestrafen? Auf diese und viele andere Fragen haben die Juristen noch keine abschließenden Antworten gefunden. Das Roboterrecht steckt noch in den Kinderschuhen, bietet aber ein spannendes neues Spielfeld.
Denn so rasant wie sich die Technik entwickelt, ist völlig unklar, ob und wann Roboter nicht nur menschliche Züge tragen, sondern sich mit zunehmender Intelligenz selbstständig zu Humanoiden weiterentwickeln und so etwas wie ein autarkes „Leben“ führen. Daraus ergeben sich neben den juristischen auch philosophische und ethische Fragen wie: Was macht den Mensch zum Menschen und was unterscheidet ihn vom Humanoiden? Was bedeutet es, wenn eine Maschine selbstständig Entscheidungen trifft?
Dafür klare Rechtsgrundlagen zu schaffen, also Verantwortung zuzuweisen und rechtlich geschützte Interessen vor Beeinträchtigungen zu bewahren, ist eine Kernaufgabe des Rechts. Dabei sind vom Zivilrecht über das Strafrecht bis zum Öffentlichen Recht alle Rechtsgebiete betroffen. Umso mehr verwundert es, dass es in Deutschland bisher keine zentrale Stelle gibt, die sich übergreifend mit den grundlegenden juristischen Fragestellungen beschäftigt. Noch kümmert sich beispielsweise das Bundesjustizministerium vor allem um das Recht des geistigen Eigentums und das Haftungsrecht. Hinkt also das Recht der technischen Entwicklung hinterher?
„Es ist nicht polemisch, zu formulieren, dass die Juristen das Thema verschlafen haben“, bestätigt Thomas Klindt, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Noerr sowie Professor an der Universität Bayreuth, der sich intensiv mit dem Roboterrecht beschäftigt. Auf EU-Ebene hat sich indes der Rechtsausschuss intensiv mit zivilrechtlichen Regelungen im Bereich Robotik auseinandergesetzt. Im Februar haben seine Mitglieder einen Bericht mit Empfehlungen an die Kommission eingereicht. Gefordert wird darin, dass ein Register für Roboter und eine Agentur für Robotik eingerichtet werden, die die Grundsätze zur zivilrechtlichen Haftung für von Robotern verursachte Schäden festlegt. Ob dies ein erster Schritt zu einem eigenständigen Roboterrecht ist, wird sich zeigen.