Am 11. Juli 1922, also vor rund 100 Jahren, wurde das „Gesetz über die Zulassung der Frauen zu den Ämtern und Berufen in der Rechtspflege“ erlassen, am 23. November 1922 trat es in Kraft. Das geschah nicht von selbst, sondern ist von zahlreichen „Vorkämpferinnen“ initiiert und mit auf den Weg gebracht worden. In unserer Pionierinnen-Reihe stellen wir Frauen vor, die daran mitgearbeitet haben, mehr Gleichberechtigung in juristischen Berufen Realität werden zu lassen. Von Christoph Berger
Marie-Elisabeth Lüders (1878-1966) – Politikerin
Marie-Elisabeth Lüders wurde 1912 als erste Frau in Deutschland zum Dr. rer. pol. promoviert. Als eine der ersten beiden Frauen war sie 1909 mittels einer Sondergenehmigung an der Friedrich-Wilhelms-Universität für Nationalökonomie, Geschichte, Philosophie und Jura immatrikuliert worden. Sie war Mitglied der verfassunggebenden Nationalversammlung, des Reichstags und später des Deutschen Bundestags. Bereits 1909 gründete sie den „Verband für handwerksmäßige und fachgewerbliche Ausbildung der Frau“. Die Gleichberechtigung der Frau war ihr immer ein großes Anliegen. Marie-Elisabeth Lüders wirkte maßgeblich am „Gesetz über die Zulassung von Frauen zu den Berufen und Ämtern der Rechtspflege“ mit.
Maria Otto (1892 – 1977) – Rechtsanwältin
1916 beendete Maria Otto ihr Studium an der Juristischen Fakultät der Universität Würzburg, 1920 wurde sie dort promoviert. Zu Beginn des Jahres 1922 wurde sie zur Zweiten Juristischen Staatsprüfung zugelassen – allerdings unter Vorbehalt, da zu dem Zeitpunkt eine erfolgreiche Prüfung weder zur Berufung in ein Richteramt, noch die Anstellung in einem höheren Amt in der inneren Verwaltung oder des Finanzdienstes berechtigte. Das änderte sich im November 1922 mit in Kraft treten des „Gesetz über die Zulassung der Frauen zu den Ämtern und Berufen in der Rechtspflege“. Anfang Dezember 1922 wurde Maria Otto als erste Rechtsanwältin in Deutschland zur Rechtsanwaltschaft zugelassen.
Podcast: „Justitias Töchter“
Sonderfolge 1: „100 Jahre Frauen in juristischen Berufen“ – Auftakt der Sonderreihe und Sonderfolge 2: „100 Jahre Frauen in juristischen Berufen“ – die ersten Juristinnen und ihr Weg in die juristischen Berufe
www.djb.de/veroeffentlichungen/podcast-justitias-toechter
Dr. Maria Johanna Hagemeyer (1896 – 1991) – Richterin
In Köln geboren, nahm Maria Hagemeyer nach dem Abitur im Jahr 1916 an der Universität Bonn das Studium der Rechtswissenschaften auf. Und dies, obwohl Frauen zu dieser Zeit zum Examen nicht zugelassen waren. Das war erst ab 1919 möglich. Nach Abschluss ihres Studiums wurde sie 1922 mit Bestnote an der Universität Bonn promoviert. Sowohl im Studium als auch im anschließenden Referendariat zeigte sie herausragende juristische Fähigkeiten und Leistungen. Nach dem Referendariat wurde sie zunächst als Assessorin im preußischen Ministerium für Justiz tätig. Im Jahr 1927 wurde sie dann als erste Frau in Preußen zur Amts- und Landgerichtsrätin in Bonn ernannt. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs und Entlastung durch den Haupt-Entnazifizierungsausschuss in Bonn wurde Frau Dr. Hagemeyer 1950 für drei Jahre als Referatsleiterin in das Bundesjustizministerium in Bonn abgeordnet. Am 1. Januar 1953 kehrte sie als Landgerichtsdirektorin an das Landgericht Bonn zurück und leitete dort bis zu ihrer Versetzung in den Ruhestand im Jahr 1958 eine Zivilkammer.
Maria Magdalene Schoch (1897 – 1987) – Wissenschaftlerin
Magdalene Schoch startete 1916 mit einem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Würzburg und promovierte dort 1920. Nach ihrer Promotion arbeitete sie als Assistentin an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg. 1932 wurde sie zur ersten Privatdozentin der rechtswissenschaftlichen Fakultät mit einem einstimmigen Votum ernannt, sie war die erste Frau in Deutschland, die in den Rechtswissenschaften habilitierte. 1937 emigrierte sie wegen des NS-Regimes in die USA, wo sie erst eine Assistentinnen-Stelle an der Harvard University annahm und, nach Annahme der amerikanischen Staatsbürgerschaft, für das Office of Economic Welfare und in der Foreign Economic Administration arbeitete. Später stieg sie bis zur Abteilungsleiterin im US-Justizministerium auf.
Buchtipps
Fabian Michl:
Wiltraut Rupp-von Brünneck (1912–1977). Campus 2022, 39 Euro
Oda Cordes:
Marie Munk (1885–1978). Böhlau 2015, 12o Euro
Oda Cordes:
Frauen als Wegbereiter des Rechts: Die ersten deutschen Juristinnen und ihre Reformforderungen in der Weimarer Republik. Diplomica 2012, 29,50 Euro