Die 17 Nachhaltigkeitsziele bis 2030 der United Nations beinhalten unter Ziel 13 die Beherrschung des Klimawandels. Schon seit 2004 arbeitet die sogenannte „Global Compact Initiative“ der UN für nachhaltiges, verantwortungsbewusstes Investieren. Dr. Geertje Tutschka nennt einige Ansätze, wie jeder Einzelne als Anwältin oder Anwalt einen nachhaltigen Unterschied machen kann.
Zur Person
Dr. Geertje Tutschka, MCC (Master Certified Coach der International Coaching Federation ICF) ist Rechtsanwältin für Deutschland und Österreich mit Kanzleien in München und Salzburg. Sie ist Kanzleiberaterin und Legal Coach Ausbilder bei CLP – Consulting for Legal Professionals. Diese Erfahrung hat sie als Fachbuchautorin in ihre Bücher „Strategische Kanzleientwicklung“ (De Gruyter, 2. Aufl. 2022) und „Kanzleigründung und Kanzleimanagement“ sowie „Digitalisierung und Zivilverfahren“ eingebracht. Dort beschreibt sie auch, wie das Thema Nachhaltigkeit heute zwingender Bestandteil jeder strategischen Kanzleientwicklung sein muss.
Das Regelwerk zur Bewertung der nachhaltigen und ethischen Praxis – ESG – meint Environment, Social und Governance. Daraus abgeleitet wurde in der Wirtschaft die CSR (Corporate Social Responsibility). Die Umgestaltung der EU-Wirtschaft mit dem sogenannten Green Deal und den Klimazielen für 2030 und 2050 soll die EU zum Vorreiter für den Klimapakt machen. Die Anwaltschaft hat sich lange neutral verhalten bei dem Thema und war ganz mit der Digitalisierung ihrer Arbeitswelt und dem Fachkräftemangel beschäftigt. Dabei stehen diese Themenfelder durchaus nicht unabhängig nebeneinander. Und auch die anwaltliche Berufsordnung und -ethik könnte hier eine Rolle spielen.
Ansatzpunkte
Aber wo setzen Anwältinnen und Anwälte an, wenn es um nachhaltiges Arbeiten geht? Verantwortungsbewusstes nachhaltiges Arbeiten hat vier Dimensionen:
- Der eigene höchstpersönliche Verantwortungsbereich beruflich und privat.
- Mandatsauswahl, Positionierung und Akquisition.
- Kanzlei- und Mandatsmanagement und Prozesse.
- Kanzlei als Arbeitgeber und Karriereziele.
Es beginnt mit dem persönlichen Verantwortungsbereich. Natürlich kann man seinen eigenen ökologischen Fußabdruck bestimmen – auch in Bezug auf die eigene Arbeitswelt und für eine ganze Kanzlei. Eine Studie hat ergeben, dass die Umstellung auf grünen Strom, die Vermeidung von Fahrten zur und für die Arbeit und die Mandatsauswahl am effektivsten dazu beitragen, Klimaziele zu verwirklichen. Was aber ist mit dem ehrenamtlichen Engagement, z. B. bei den Lawyers for Future? Was ist mit dem Einfordern von Transparenz in Bezug auf Investitionen in grüne und nachhaltige Unternehmen für die Anlagemodelle des eigenen Rentenversicherungsträgers? Was ist mit der Verantwortung unseres Berufsverbandes Deutscher Anwaltverein oder unserer Berufskammer für eine grüne Trendwende im Berufsstand, z. B. bei der Begleitung zur klimaneutralen Kanzlei?
Vorbilder
In den USA haben Kanzleien die „Law Firm Climate Change Scorecard“ entwickelt, die ESG-Themen mit Kennziffern versieht. Moderne Zertifikate und Standards, wie „B Corporate“, Gemeinwohlbilanz/Gemeinwohlökonomie oder der BMU-Leitfaden zu DIN ISO 26000 erleichtern das Umstellen der internen Prozesse. Hogan Lovells hat sich zu einer nachhaltigen, ökologie- und umweltbewussten Unternehmensführung verpflichtet und Klimaneutralität bis 2030. Die Kanzlei Graf von Westphalen hat eine ESG-Bilanz für einzelne Mandate eingeführt. Und auch in unseren Beratungen und Workshops wird Nachhaltigkeit zunehmend selbst bei allgemeinen Themen angefragt und einbezogen. Das zeigt: Nachhaltigkeit ist als Thema in der Anwaltschaft angekommen.