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„Keine Wunder erwarten“

Olaf H. Schmitt ist Geschäftsführer von Perconex, einer auf juristische Berufe spezialisierten Personalberatung. Der promovierte Jurist kennt die Bedürfnisse der Kanzleien und die Wünsche der Bewerber. Im Interview erklärt er, was die Bekenntnisse zur Work-Life-Balance im Kanzleialltag Wert sind. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Olaf H. Schmitt studierte Jura in Frankfurt am Main. Er promovierte über ein insolvenzrechtliches Thema und begann seine anwaltliche Laufbahn bei Norton Rose, wo er fast vier Jahre tätig war. Nachdem er als Partner einem mittelständischen Spin-off beigetreten war, gründete er 2005 sein Unternehmen Perconex, um Unternehmen seine vielfältigen Erfahrungen als Personalberater zur Verfügung zu stellen.

Herr Schmitt, warum gehören Angebote zur Work-Life-Balance und ein gutes Gesundheitsmanagement mittlerweile zur Recruitingstrategie vieler großer Kanzleien?
Heute steigt die sogenannte Generation Y in die juristischen Berufe ein. Diese Menschen legen andere Schwerpunkte als die Juristen früherer Generationen. Themen wie Freizeit, Familie und Beruf, Urlaub und Selbstverwirklichung auch außerhalb des Berufs sind ihnen besonders wichtig. Will man als Arbeitgeber die Besten dieser Generation rekrutieren, muss man für sie attraktiv sein.

Und da reichen Geld und Renommee nicht mehr aus?
Vielfach nicht, nein. Allein mit hohen Einstiegsgehältern kommt man nicht mehr weit. Letztlich geben die Kanzleien und Unternehmen hier nur dem Druck von außen nach.

Im Alltag stehen die großen Kanzleien in Deutschland im harten Wettbewerb zueinander, dann heißt es vor allem: Der gesamte Fokus liegt auf dem Mandanten. Was zählen Aspekte von Gesundheitsmanagement und Work- Life-Balance noch, wenn es in der Kanzlei mal stressig zugeht?
Sicherlich ist es für die Kanzleien schwierig, die Versprechen aus den Sonntagsreden in die Tat umzusetzen. Ein internationaler M&A-Deal lässt sich nicht ohne Weiteres in den Tagesablauf einer jungen Mutter integrieren, deren Kind mit Fieber im Bett liegt. Auf der anderen Seite sieht man jedoch schon, dass tatsächlich ein Umdenken stattfindet.

In welcher Hinsicht?
Das Berufsbild des Anwalts, auch in großen Kanzleien, unterliegt gerade einem extremen Wandel. In fünf bis zehn Jahren wird sich das Berufsprofil noch weiter geändert haben. Von heute auf morgen dürfen die Bewerber von den Arbeitgebern jedoch keine Wunder erwarten. Da mag es hin und wieder zu enttäuschten Erwartungen kommen – teilweise aufgrund von falschen Versprechungen.

Die Kanzleien haben schon heute eine Vielzahl von Maßnahmen im Angebot, von bezahlten Sabbaticals über viele Urlaubstage bis hin zu gemeinsamen Yoga-Kursen. Wie selbstbewusst sollte ein High Potential solche Angebote im Bewerbungsprozess einfordern?
Das Arbeitsleben in Großkanzleien stellt immer eine gewisse Härte dar. Sonst könnten die hohen Gehälter dort auch nicht bezahlt werden. Wer sich daher in erster Linie für lange Urlaubszeiten erwärmt, sollte seine Berufswahl noch einmal überdenken.

Erleben Sie denn in Ihrer praktischen Arbeit, dass Aspekte wie Gesundheit, körperliche Fitness oder Belastbarkeit den Ausschlag für eine erfolgreiche Bewerbung geben können?
Noch immer liegt der Fokus sehr stark auf den Noten, zumindest bei Berufsanfängern. Assessment Center sind bei der Einstellung von Juristen nach wie vor eher selten. Für den Erfolg der Bewerbung sind die von Ihnen genannten Aspekte deshalb meiner Einschätzung nach eher nachrangig. Jedoch: Für den Erfolg im Beruf ist es absolut essenziell, körperlich fit zu sein. Wer hält sonst schon einen Verhandlungsmarathon durch?

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