Bei vielen geisteswissenschaftlichen Studenten gehört das Verlagslektorat zu den gängigen und nicht selten gezielt angestrebten Berufsbildern. Anders ist es bei den meisten Jura-Studierenden. Ihnen ist nicht bewusst, dass es in den zahlreichen Fachinformationsverlagen Deutschlands abseits der üblichen Karrieren eine andere Möglichkeit der beruflichen Entwicklung nach dem abgeschlossenen rechtswissenschaftlichen Studium gibt.
Dr. Ute von der Aa
43 Jahre,
Verlagsleiterin des
Deutschen Notarverlags
Meine ersten Berührungspunkte mit der Verlagsbranche waren ein studentischer Aushilfsjob an der Universität Münster, der mit der Redaktion von StGB-Kommentartexten verbunden war, sowie ein Werkvertragsjob zur Erfassung von Urteilsdaten für eine Rechtsprechungsdatenbank. Damals steckten derlei elektronische Anwendungen noch in den Kinderschuhen, erfasst wurde in „Turbo-Pascal“ und publiziert in der Regel auf CD-ROM, noch nicht online. Danach war es nur noch ein kleiner Schritt in das Lektorat des Wissenschaftsverlages Walter de Gruyter in Berlin, wo ich knapp zehn Jahre als verantwortliche Lektorin für das Strafrecht gearbeitet habe. 2010 ging es dann von der neuen in die alte Hauptstadt Bonn und in die Leitung des Bereichs Produktmanagement des Deutschen Anwaltverlags. Es folgte die Leitung des Deutschen Notarverlags, die ich seit Kurzem innehabe.
Dass heute in den Verlagen kaum noch von Lektorat, sondern häufig von Produktmanagement die Rede ist, mag verdeutlichen, wie sehr sich dieses Berufsbild in den vergangenen zwanzig Jahren verändert hat. Natürlich ist und bleibt die inhaltliche und formale Redaktion von juristischen Fachtexten immer ein Teil der Arbeit. Zunehmend spielt aber das kaufmännische Mitdenken und das managen von Fachinformationsprojekten über alle Medienarten hinweg eine wichtigere Rolle.
Der Umbruch in der Fachinformationsbranche und die Konkurrenz zu kostenfreien Inhalten im Internet machen den Beruf des Verlagslektors gerade heute so spannend und abwechslungsreich. Dies gilt ebenso für Führungspositionen in Verlagen. Ein Verlagsprogramm und die Mitarbeiter im Lektorat in eine teilweise ungewisse, aber sicher spannende Zukunft zu führen, erfordert nicht nur die klassischen Managementqualitäten, sondern auch und vor allem Kreativität und die Lust auf Neues. Wer sich davon angesprochen fühlt, sollte versuchen, in die Verlagsarbeit hineinzuschnuppern.