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Gut mit Moot

Ob bei deutschen Moot Courts zum Arbeits- oder Anwaltsrecht oder bei internationalen Wettbewerben: Wer als Talent daran teilnimmt, bildet sich nicht nur inhaltlich weiter, sondern fügt seiner Vita einen wertvollen Baustein hinzu. Zumal viele Kanzleien zu den Förderern der Moot Courts zählen. Von André Boße

Rechtsanwalt Carsten Janus klagt für seine Mandantin, die Kfz-Werkstatt Günstig und Schnell, beim Werkstattkunden Timo Blank die Begleichung einer Rechnung für die Reparatur seines Maserati ein. Jedoch gab es bei der Auftragsabwicklung einige Ungereimtheiten, und nun soll Timo Blank auch noch das Honorar des Anwalts Janus bezahlen. Also sucht sich der Maserati-Besitzer selbst anwaltliche Beratung. Er findet sie bei der Kanzlei Schlau und Fair, die schließlich eine Feststellungsklage gegen den Kollegen Janus erstellt und diese beim Landgericht einreicht. Der Fall Janus geht vor Gericht. Die Namen der Protagonisten legen es nahe: Diese Geschichte ist fiktiv. Doch die im Internet abrufbare Akte zu dem Fall zeigt bereits, dass es sich nicht nur um eine kleine Spielerei handelt. Der komplizierte Hergang einer suspekten Autoreparatur ist ein verwinkelter juristischer Rechtsfall, entwickelt wurde er von den Organisatoren des Soldan Moot Court. Der Fall behandelt, eingekleidet in einen Zivilprozess, eine Menge berufsrechtlicher Fragen für Anwälte. Bei der anstehenden Verhandlung schlüpfen die Studierenden schließlich in die Rollen der Vertreter von Klägern und Beklagten und verhandeln vor dem fiktiven Landgericht einen erfundenen zivilrechtlichen Prozess mit Bezug zum anwaltlichen Berufsrecht. Von Juni bis Oktober 2015 haben sich rund ein Dutzend Teams mit der Lösung der Sache „Janus“ beschäftigt. Die Teilnehmenden sind Studierende der Rechtswissenschaften, die sich intensiv mit den Sachverhalten auseinandersetzten, um schließlich vor einem unechten Gericht, jedoch besetzt mit echten Richtern, die beste juristische Leistung zu bieten – und damit die Fachjury zu überzeugen.

Ernster Wettbewerb
Die Theorie in die Praxis umzusetzen – das ist die große Herausforderung für alle juristischen Einsteiger. Und genau das schulen die Moot Courts. Die Idee der Wettbewerbe vor fiktiven Gerichten stammt aus den USA, wo diese Veranstaltungen schon einige Jahre lang Tradition besitzen. Doch auch in Deutschland entwickelt sich derzeit eine stärkere Moot-Court-Kultur, der Soldan Moot Court zählt dabei zu den Pionieren. Während die Teilnahme an internationalen Wettbewerben wie dem Willem C. Vis Moot Court, einer Art Moot-Weltmeisterschaft, für deutsche Hochschulteams einen großen finanziellen und organisatorischen Aufwand bedeutet, verfolgt der Soldan Moot Court das Ziel, allen Standorten eine niederschwellige Moot-Erfahrung zu ermöglichen. Verantwortlich für die Durchführung ist Prof. Dr. Christian Wolf, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Deutsches, Europäisches und Internationales Zivilprozessrecht an der Leibniz Universität Hannover. „Ein Moot Court ist ein harter Wettbewerb, bei dem die Teilnehmenden Leistungen erbringen, die denen der Berufsträger ebenbürtig sind“, macht er klar. Wer erfolgreich an einem Moot Court teilgenommen hat, habe damit unter Beweis gestellt, dass er das Zeug zu einem erfolgreichen Rechtsanwalt hat. „Das Abschneiden in einem Moot Court halte ich übrigens für deutlich aussagekräftiger als diverse Rankings, zum Beispiel die von Personalchefs erstellten Listen über die besten Fakultäten der Rechtswissenschaft“, so Wolf.

Talent trifft Profi
Besonders attraktiv sind die Veranstaltungen, wenn viele Vertreter aus der Praxis dabei sind – also potenzielle Arbeitgeber. „Die mündlichen Verhandlungen eines Moot Court bilden die ideale Gelegenheit, um auf informelle Art und Weise in Kontakt mit Praktikern zu kommen. Das kann eine richtige Praktikabörse werden – und wer weiß, was sich aus einem solchen Praktikum alles entwickeln kann.“ Besonders faszinierend, so Christian Wolf, sei, dass die Teilnehmenden bei der Arbeit mit dem Fall immer wieder neue Wendungen und Aspekte finden, die er als Entwickler des Sachverhalts gar nicht im Kopf gehabt habe. „Während des Wettbewerbs verschieben sich damit immer wieder die Argumentationslinien – und das überrascht auch diejenigen, die den Fall im Vorfeld entwickelt haben.“ Neben dem Soldan Moot Court gibt es in Deutschland mittlerweile eine Reihe weiterer Wettbewerbe. So richtet das Bundesarbeitsgericht alle zwei Jahre den Arbeitsrechtlichen Moot Court aus: Den Studenten wird darin die Aufgabe gestellt, in einem vorgegebenen Sachverhalt aus dem Arbeitsrecht fiktive Prozessparteien mit ihren gegensätzlichen Anliegen vor Gericht zu vertreten. Regelmäßig sind bei diesem Wettbewerb Teams der Bucerius Law School vertreten, Betreuer dort ist Prof. Matthias Jacobs. „Bei den Moot Courts wird das gemacht, was man später als Jurist auch tun wird: Schriftsätze schreiben und in mündlichen Verhandlungen plädieren“, sagt er. Dies sei die Praxis – und von dieser bekomme man im Studium in der Regel nur mittelbar etwas mit.

Soldan Moot Court

Wer auf den Moot Court neugierig geworden ist, kann sich auf der Homepage des Wettbewerbs in die Geschichte einlesen. Hier finden sich auch die Fälle der vergangenen Wettbewerbe sowie weitere Informationen über den Veranstalter, die Hans Soldan Stiftung, die über das Soldan Institut weitere interessante Informationen bereithält. So ist bei den Publikationen zuletzt der Band „Die junge Anwaltschaft: Ausbildung, Berufseinstieg und Berufskarrieren“ erschienen.

Termine 2016
Das Finale des Moot Courts 2016 findet vom 6. bis 8. Oktober 2016 statt. Die Fallausgabe wird Ende Juni/Anfang Juli sein. Genaue Termine auf www.soldanmoot.de
Weitere Infos unter:
www.facebook.com/SoldanMoot und www.soldaninstitut.de

Erfolg durch Spaß an der Sache
Die Teams der Bucerius Law School schneiden beim Arbeitsrechtlichen Moot Court häufig sehr gut ab, bei der ersten Auflage belegten sie sogar die Plätze eins, zwei und drei. Jacobs: „Das war einfach sensationell.“ Der Betreuer hat die Erfahrung gemacht, dass Moot- Court-Teams vor allem dann erfolgreich waren, wenn sie mit großem Spaß an den Wettbewerb herangegangen sind. „Ausgezeichnete Teams hatten Lust, das gelernte Arbeitsrecht auf einen praktischen Fall anzuwenden. Außerdem hat es sie sehr motiviert, mal nicht eine Klausur zu schreiben, sondern an einem Schriftsatz zu feilen, sich mit Probeplädoyers intensiv auf die mündliche Verhandlung vorzubereiten und schließlich vor echten Richtern des Bundesarbeitsgerichts zu plädieren.“ Wie bedeutsam die Erkenntnisse und Erfahrungen sind, die angehende Juristen bei den Moot Courts sammeln, zeigen die Gespräche, die Matthias Jacobs mit den Kanzleien führt. „Hier höre ich immer wieder, für wie wichtig die Moot Courts gehalten werden.“ Damit werde die Teilnahme an den Wettbewerben – unabhängig vom Erfolg – zu einem wichtigen Pluspunkt im Bewerbungsprozess. Absolventen sollten ihre Moot-Court-Erfahrungen also unbedingt in die Vita aufnehmen, zumal immer mehr Kanzleien diese Wettbewerbe fördern sowie fachlich unterstützen.

Dazu zählt auch die wirtschaftsrechtliche Kanzlei BMH Bräutigam & Partner mit Sitz in Berlin. Die Sozietät unterstützt das Moot-Court-Team der Humboldt Universität, das seit Mitte der 1990er Jahre regelmäßig beim internationalen Willem C. Vis Moot Court dabei ist. „Die Teilnehmer beweisen großartigen Einsatz und – nicht nur juristisch – hervorragende Leistungen. Daher freuen wir uns über die Gelegenheit, sie hierbei zu unterstützen“, sagt Dr. Gero Ludwig, Partner bei BMH und Fachanwalt für Arbeitsrecht. Gleichzeitig sei das Sponsoring auch für das Recruiting der Kanzlei sehr interessant. „Der Moot Court bietet uns die Möglichkeit, noch früher und gezielter mit hochqualifizierten Nachwuchsjuristen in Kontakt zu treten.“ Dies geschehe auf informelle Art auch rund um den Wettbewerb: So sei zum Beispiel die Abschlussfeier nach dem Moot Court in den Kanzleiräumen ein fester Bestandteil der Förderung, wobei dieses Treffen zwischen Talenten und Praktikern für beide Seiten gewinnbringend ist.

Pluspunkt für die Vita
Das Besondere am Willem C. Vis Moot Court ist die Internationalität des Wettbewerbs: Das Team der HU Berlin misst sich mit Teams aus der ganzen Welt, wobei es auch darauf ankommt, das deutsche mit dem internationalen Recht zu vergleichen. „Daher zählen das gezielte und konzentrierte Einarbeiten in einen komplexen Sachverhalt ohne intensive Vorkenntnisse des Rechtsgebiets sowie das Zurechtfinden in unbekannten Rechtsordnungen zu den bedeutsamen Fähigkeiten, die geschult werden“, sagt Gero Ludwig. Hinzu komme, dass die Teams mit einem möglichst sicheren Auftritt die eigene Rechtsauffassung vertreten – noch dazu auf Englisch, also in der international relevanten Fremdsprache. Dass man mit den Moot-Court-Erfahrungen als Einsteiger punkten kann, steht für den BMH-Partner außer Frage. „Die Teilnahme am Moot Court ist in jedem Fall eine besondere Leistung, die selbstverständlich im Rahmen einer Bewerbung Erwähnung finden muss“, sagt Gero Ludwig. Sie könne wie jede relevante Erfahrung – insbesondere fremdsprachlicher und interkultureller Art – ein entscheidender Pluspunkt gegenüber anderen Bewerbern sein. „Da die fachliche Qualifikation, sprich Prädikatsexamina, ohnehin Grundvoraussetzung für eine Bewerbung in unserer Kanzlei ist, machen solche Erfahrungen sowie das persönliche Auftreten, das durch die Teilnahme am Moot Court ja ebenfalls gefördert wird, den Unterschied.“ Die Teilnahme an einem Wettbewerb als Kickstart für die eigene Karriere: Die Erkenntnis, dass ein Moot Court deutlich mehr als nur ein spannender Zeitvertreib für angehende Juristen ist, hat sich auch in Deutschland durchgesetzt.

Eine Auswahl an Moot Courts

International
· Willem C. Vis Moot Court (Zivilrecht)
· Phillip C. Jessup Moot Court (Völkerrecht)
· European Tax College Moot Court Competition (Steuerrecht)
· European Law Moot Court (Verfassungsrecht)

National:
· Soldan Moot Court (Anwaltsrecht)
· Arbeitsrechtlicher Moot Court Wettbewerb (Arbeitsrecht)
· ELSA Moot Court Competition (Zivilrecht)
· Moot Court des Bundesfinanzhofs

Quelle: eigene Recherche

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