Mit zwei neuen Gesetzen, dem „Gesetz über digitale Dienste“ (DSA) sowie dem „Gesetz über digitale Märkte“ (DMA), will die Europäische Union (EU) bei der Wirkung der Technologiebranche auf Gesellschaft und Wirtschaft ansetzen, es sollen klare Normen für Geschäftstätigkeit und Dienstleistungen von Technologieunternehmen festgelegt werden, die mit den Grundrechten und Werten der EU im Einklang stehen. Von Christoph Berger
Die Kernaussage der beiden Gesetze kann folgendermaßen zusammengefasst werden: Was außerhalb des Internets verboten ist, sollte auch im Internet verboten sein. So verpflichtet das „Gesetz über digitale Dienste“ Anbieter digitaler Dienste wie soziale Medien oder Marktplätze unter anderem dazu, neue Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Online-Inhalte zu entwickeln und eine schnelle Reaktionszeit zu garantieren, die Rückverfolgbarkeit von Händlern auf Online-Marktplätzen zu gewährleisten und diese stärker zu kontrollieren, mehr Transparenz und Rechenschaftspflichten der Plattformen zu schaffen sowie irreführende Praktiken und bestimmte Arten gezielter Werbung zu verbieten.
Online-Plattformen und Suchmaschinen mit mehr als 45 Millionen Nutzer*innen müssen außerdem Systemrisiken eindämmen. Dazu gehören die Verbreitung illegaler Inhalte und nachteilige Auswirkungen auf die Grundrechte, Wahlprozesse, geschlechtsspezifische Gewalt oder psychische Gesundheit. Außerdem müssen sie sich von unabhängiger Seite prüfen lassen. Die Plattformen müssen ferner dafür sorgen, dass Nutzer* innen Empfehlungen ablehnen können, die auf der Erstellung von Profilen beruhen. Schließlich müssen sie Behörden und zugelassenen Forscher* innen Zugang zu ihren Daten und Algorithmen gewähren.
Mit dem Gesetz über digitale Märkte werden Vorschriften für Plattformen eingeführt, die im digitalen Sektor als „Torwächter“, sogenannte Gatekeeper, fungieren. Diese Plattformen haben erhebliche Auswirkungen auf den Binnenmarkt, dienen als wichtiges Zugangstor, über das gewerbliche Nutzer ihre Endnutzer erreichen, und nehmen – derzeit und wahrscheinlich auch künftig – eine gefestigte und dauerhafte Position ein, heißt es von Seiten der Europäischen Kommission. Dadurch könnten sie so mächtig werden, dass sie als private Akteure selbst die Regeln bestimmen und als unumgängliches Zugangstor zwischen Unternehmen und Endnutzern funktionieren könnten. Das „Gesetz für digitale Märkte“ soll verhindern, dass solche Torwächter den Unternehmen und Endnutzern unfaire Bedingungen aufzwingen, und die Offenheit wichtiger digitaler Märkte gewährleisten.
Mit den beiden Gesetzen sind eine ganze Reihe von Neuregelungen verbunden, die Einfluss auf die Bereiche eCommerce, Kartellrecht, Urheberrecht, Datenschutz und AGB haben. Außerdem gilt es, sich nun mit den neuen Spielregeln des DSA auseinanderzusetzen, um sich sorgfältig auf diese vorzubereiten. Dafür bleibt nicht mehr lange Zeit: Nachdem am 5. Juli 2022 das Europäische Parlament den beiden Gesetzen zustimmte, muss nun nur noch der Rat der Europäischen Union formell zustimmen. Wenn der endgültige Text verabschiedet wird, werden beide Verordnungen nach kurzer Übergangsfrist unmittelbar in allen EUStaaten gelten. Diese treten vermutlich im Herbst dieses Jahres in Kraft.