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Die Pflicht zur Fortbildung

Lebenslanges Lernen ist ein Merkmal unserer Arbeitswelt. Das trifft ganz speziell auch auf Anwälte zu. Für Fachanwälte sind Fortbildungen sogar festgeschriebene Pflicht. Von Christoph Berger

„Ein Federstrich des Gesetzgebers und ganze Bibliotheken werden zur Makulatur.“ Dieser 1848 in einer Rede von Julius von Kirchmann verwendete Satz – von Kirchmann war damals erster Staatsanwalt in Berlin – mag zwar etwas überzogen sein, er verdeutlicht aber auch, welche Bedeutung Fort- und Weiterbildungen für Anwälte haben. Sabine Gries-Redeker, Partnerin in der Bonner Kanzlei Heinle Redeker und Vorsitzende des Ausschusses Aus- und Fortbildung im Deutschen Anwaltverein (DAV), formuliert es so: „ Grundsätzlich müssen alle verinnerlicht haben, dass mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung, auch mit der Zulassung zur Anwältin oder zum Anwalt, das Lernen nicht abgeschlossen ist. Gerade im juristischen Beruf ist lebenslanges Lernen essentiell. Permanent ändern sich Gesetze und unsere Wertvorstellungen. Oder die Rechtsprechung verändert sich. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns ständig fortbilden.“

Auch ein Blick in die Bundesrechtsanwaltsverordnung verdeutlicht den Stellenwert für Fort- und Weiterbildungen. Nach dem dortigen Paragraphen 43a Absatz 6 ist der Rechtsanwalt verpflichtet, sich fortzubilden. Laut Gries-Redeker kommt es zwar zu keinen Sanktionen, wenn Rechtsanwälte dies nicht tun, anders stellt sich die Situation jedoch für Fachanwälte dar. Diese haben jährlich und pro Fachanwaltstitel 15 Stunden Fortbildung nachzuweisen. Können sie das nicht, kommt es zu Sanktionen. Diese können bis zu einem Verlust der Fachanwaltsbezeichnung reichen. Die Sanktion bei Unterlassen der Fortbildung für Fachanwälte erschließt sich aus § 43 c Abs. 4 BRAO. 1, § 15 FAO regelt die Pflicht zur Fortbildung.

Hohes Qualitätsniveau in Deutschland

Allerdings können die benötigten Nachweise über unterschiedlichste Formate erworben werden. So können Fachanwälte die Stunden nicht nur durch den Besuch von Fort- und Weiterbildungskursen erwerben, sondern auch über Dozententätigkeiten oder wissenschaftliche Arbeiten – wobei Doktorarbeiten nicht als Nachweise gelten. Eine weitere Möglichkeit ist es, selbst Kurse für Anwälte zu geben, die eine intensive Vorbereitung mit einem Themengebiet voraussetzen. Oder das Halten eines Vortrags auf einem Kongress.

Wer eine Fachanwaltsbezeichnung führt, muss kalenderjährlich auf diesem Gebiet wissenschaftlich publizieren oder an fachspezifischen der Aus- oder Fortbildung dienenden Veranstaltungen hörend oder dozierend teilnehmen.

Und vermehrt sind unter den Kursangeboten auch E-Learning-Angebote zu finden, die die Teilnahme erleichtern. Wörtlich heißt es in der Fachanwaltsordnung, Fassung vom 1. Juli 2019: „Wer eine Fachanwaltsbezeichnung führt, muss kalenderjährlich auf diesem Gebiet wissenschaftlich publizieren oder an fachspezifischen der Aus- oder Fortbildung dienenden Veranstaltungen hörend oder dozierend teilnehmen. Die hörende Teilnahme setzt eine anwaltsorientierte oder interdisziplinäre Veranstaltung voraus. Bei dozierender Teilnahme ist die Vorbereitungszeit in angemessenem Umfang zu berücksichtigen.“

Weitere Vorgaben sind in den weiteren Absätzen des Paragraphen zu finden, wobei die Erfüllung der Fortbildungspflicht der Rechtsanwaltskammer durch Bescheinigungen oder andere geeignete Unterlagen unaufgefordert nachzuweisen ist. „Letztlich hängt es aber von der jeweiligen Anwaltskammer ab, ob die durchgeführten Maßnahmen anerkannt werden. Es herrscht da eine gewisse Flexibilität“, erklärt Sabine Gries-Redeker. Denn in Deutschland werden weder die Anbieter von Kursen noch deren Angebote akkreditiert. Wie also den passenden Anbieter finden?

Prinzipiell sieht Gries-Redeker die Fort- und Weiterbildungsbranche für Juristen in Deutschland sehr gut aufgestellt, nicht nur in Fragen der Quantität, sondern auch bezüglich der Qualität. So sollte zu Beginn der Suche nach dem passenden Kurs das Thema im Mittelpunkt stehen. Oder aber der Wunsch, einen bestimmten Referenten, den man vielleicht aus der Fachpresse kennt, mal hören zu wollen. Werden die Kurse zudem noch von einem der beiden großen Fortbildungsinstitute in Deutschland, dem Deutschen Anwaltsinstitut oder der Deutschen Anwaltakademie, angeboten, sei die Chance auch groß, dass sie anerkannt werden. Erkennbar sei dies beispielsweise an den Vermerken zu Paragraph 15 in den jeweiligen Kursbeschreibungen. Zudem bieten auch die örtlichen Anwaltskammern sowie die Fachausschüsse des DAV Fortbildungen an. „Zum eigenen Fachgebiet passende Fortbildungen zu finden, sollte hierzulande kein Problem sein“, sagt Gries-Redeker. Und auch in Frankreich oder den USA absolvierte Kurse mit entsprechenden Nachweisen würden in Deutschland oftmals anerkannt, erklärt sie weiter.

Die beiden grossen Weiterbildungsinstitute in Deutschland:

DAI Deutsches Anwaltsinstitut e. V.

Deutsche Anwaltakademie

Wer in einer Großkanzlei arbeitet, kommt oftmals in den Genuss interner Fortbildungsmaßnahmen, diese Firmen haben meist ihre eigenen Fort- und Ausbildungsabteilungen; die Kurse werden dann von internen oder externen Experten gehalten.

Wissen ist Kapital

Was die Kosten für die Kurse betrifft, so weiß Sabine Gries-Redeker, dass viele – nicht alle – Kanzleien mit angestellten Anwälten für die jungen Kolleginnen und Kollegen die Kursgebühren übernehmen. Auch die Kosten für Fachanwaltskurse würden oft übernommen, selbst vor dem Risiko, die Kollegen danach an andere Kanzleien zu verlieren. Doch die Qualifikation des Personals geht vor.

Sabine Gries-Redeker sagt: „Wenn es ein gutes Anwaltsbüro ist, dann wird schon danach geguckt.“ Zudem gebe es für junge Kolleginnen und Kollegen oftmals auch vergünstigte Angebote. Allerdings ist es nicht nur Pflicht von Anwälten, sich ständig fortzubilden. Das lebenslange Lernen hat noch einen weiteren ganz entscheidenden Vorteil, wie Gries-Redeker erklärt, die selbst auf Familien- und Schadensersatzrecht spezialisiert ist: „Fortbildungen sind mein Kapital, aus dem ich Umsätze generiere. Wenn ich fit bin, kann ich relativ schnell und gut beraten. Oder ich erkenne Probleme und kann dadurch meine besondere Expertise hervorheben. Selbstverständlich merken dies auch die Mandanten.“

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