Lamia Faqirzada-Özal, 32 Jahre
Studium: Rechtswissenschaften an der Universität Potsdam mit dem Schwerpunkt Gesellschaftsrecht
1. Staatsexmanen in Potsdam
Referendariat: Kammergericht Berlin
2. Staatsexamen 2018 in Berlin
Berufsstart bei Leinemann Partner Rechtsanwälte in Berlin Anfang 2019
Seit Februar 2021 bei Kümmerlein Rechtsanwälte & Notare
Aufgezeichnet von Christoph Berger
Nach dem Studium und dem zweiten Staatsexamen schaute sich Lamia Faqirzada- Özal mehrere Kanzleien genau an. „Mein Studienschwerpunkt lag zwar im Gesellschaftsrecht, aber beim Berufseinstieg kommt es für mich nicht nur auf fachliche Faktoren an“, sagt sie. Sehr wichtig waren ihr auch der Kanzleicharakter und das Kollegium. So fiel ihre Wahl schließlich auf eine Baurechts- Boutique, eine mittelständische Sozietät in Berlin mit weiteren fünf Standorten in Deutschland mit der Spezialisierung auf Immobilien- und Baurecht. „Das Immobilienrecht hat tatsächlich mehrere Schnittstellen mit dem Gesellschaftsrecht. Beispielsweise beim Transaktionsgeschäft oder bei Grundstücksrechtsverhältnissen von Gesellschaften selbst“, erklärt sie. Zwei Jahre blieb sie dort, den Berufsstart bezeichnet sie als sehr gut.
Der Liebe wegen orientierte sie sich dann aber neu, machte sich in Nordrhein- Westfalen auf die Suche nach einer passenden Kanzlei. Und kam so zur Wirtschaftskanzlei Kümmerlein in Essen. „Nun bin ich in einer Full-Service-Kanzlei, aber weiterhin mit Schwerpunkt im Bau- und Immobilienrecht tätig“, sagt sie. Und merkt, wie befruchtend es für sie ist, auch Einblicke in alle anderen Rechtsbereiche des Wirtschaftsrechts zu haben. „Wir arbeiten hier fachübergreifend in Teams und lernen so über die Schnittstellen die anderen Bereiche kennen“, zählt sie einige Vorteile auf. In einer Full-Service-orientierten Kanzlei könnten Mandantinnen und Mandanten viel umfassender beraten werden. Die interdisziplinäre Teamarbeit wirke sich außerdem sehr gut auf den kollegialen Zusammenhalt aus, erweitere den fachlichen und persönlichen Horizont.
Kanzleiklima ist ihr wichtig
In größeren Kanzleistrukturen fragt man sich im Vorfeld, wie das Arbeitsklima und das persönliche Miteinander harmoniert. In mehreren Auswahlgesprächen, in denen Lamia Faqirzada-Özal die Partnerinnen und Partner kennenlernte, denen sie heute zuarbeitet, konnte sie dies für sich prüfen. „Ich konnte damals all meine Fragen stellen. Und bekam ein sehr gutes Gespür dafür, wie das Miteinander werden kann“, beschreibt sie die Bewerbungssituation. Mit dem Einstieg erhielt sie Mentoren zur Seite gestellt: jemanden aus dem Personalbereich, der sie in der persönlichen Entwicklung begleitet, sowie einen Mentor aus dem Fachbereich, der sie in der fachlichen Entwicklung betreut. Dabei handelt es sich immer um Partnerinnen und Partner. Und was sind Lamia Faqirzada-Özals Aufgaben?
Zu den Mandanten in ihrem Bereich zählen Immobilieninvestoren, Projektentwickler, die Grundstücke erwerben, um darauf ihre Bauprojekte umzusetzen und diese dann zum Beispiel zu vermieten oder wieder zu verkaufen. Aber auch Konzerne mit eigenen Immobilien gehören zur Mandantschaft, die beispielsweise Beratung in Fragen des Mietrechts suchen oder aber ihr Immobilien-Portfolio erweitern beziehungsweise reduzieren wollen. Es geht also viel um Immobilien- und Gesellschaftsrecht, insbesondere um Vertragsgestaltung. „Bei Unternehmensakquisitionen prüfe ich außerdem das zu übernehmende Unternehmen hinsichtlich der bei ihm liegenden Immobilien, erstelle dazu etwa Due- Diligence-Berichte, die in die Risikokalkulationen des Mandanten einfließen, die später in der Gestaltung der Kaufverträge oder Gesellschafterverträge zu berücksichtigen sind“, erklärt sie.
Skills und das gewisse Gespür
„Bevor ich mit dem Job begonnen habe, hätte ich mir nicht ausmalen können, was es bedeutet, Berichte zu Kampfmitteldurchsuchungen zu prüfen und Bodenverunreinigungen auswerten zu lassen“, sagt sie weiter. Ein fachliches Interesse an dem Thema sei daher unabdingbar, um den Job erfolgreich zu gestalten. Ebenso komme es auf ein technisches Verständnis an, da oftmals viele technische Daten auszuwerten und einzuordnen seien. Lamia Faqirzada- Özal zählt weiterhin ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten als Skill- Voraussetzung auf, um mit den unterschiedlichsten Stakeholdern kommunizieren zu können. Zu denen gehören auch Behörden, wie jene, die zum Beispiel mit den Themen Denkmalschutz, Altlasten oder Baugenehmigungen zu tun haben. „Und im Time-Management, gerade bei M&A-Transaktionen, müssen wir im Team funktionieren. Da gibt es oft sehr strenge Zeitpläne“, erklärt sie. Genauig- und Gewissenhaftigkeit sind da ein Muss. Bringt man dann noch ein Gespür dafür mit, dass in gewissen Situationen etwas nicht stimmen kann, weil benötigte und angefragte Informationen beispielsweise zurückgehalten werden, ist dies sehr hilfreich.
Ich entwerfe nicht nur ein Papier, sondern sehe, dass mit meiner Arbeit tatsächlich etwas passiert, dass Bauten entstehen oder verschwinden.
Aufgrund dieser Komplexität und der Vielfalt an benötigtem fachlichem Know-how, überlegt Lamia Faqirzada-Özal, einen berufsbegleitenden Masterstudiengang zu belegen, um sich in der fachlichen Thematik noch besser ausbilden zu lassen. Der Reiz bei all den Projekten liegt für Lamia Faqirzada-Özal im Konkreten: „Ich entwerfe nicht nur ein Papier, sondern sehe, dass mit meiner Arbeit tatsächlich etwas passiert, dass Bauten entstehen oder verschwinden.“ Zudem habe fast jeder Mensch bestimmt mal etwas mit Immobilien zu tun, Bauwerke prägen unser Leben, unsere Straßen und Städte. „Da einen Beitrag zu leisten, macht wirklich Spaß“, sagt sie.
Zurückblickend auf ihren Berufsstart empfiehlt Lamia Faqirzada-Özal Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern, so viele Gespräche wie möglich zu führen. „Man sollte für sich herausfinden, wie viel man arbeiten möchte – hinsichtlich der Arbeitsform und des Arbeitspensums unterscheiden sich die Kanzleien enorm. Und auch der soziale Aspekt sollte immer im Blick behalten werden: Welche Möglichkeiten der sozialen Interaktion gibt es in der Kanzlei, passen die Menschen, die ich kennengelernt habe, zu mir“, rät sie. In ihrem Freundeskreis hat sie zudem beobachtet, dass sich Freunde in der Probezeit auch immer mal gegen eine Kanzlei entschieden haben. Und sich damit schlecht gefühlt haben. Doch Lamia Faqirzada-Özal bewertet derartige Entscheidungen anders: „Die Probezeit ist nicht dafür da, etwas bestehen zu müssen. Die Zeit ist auch eine Probe für sich selbst, ob man bleiben möchte oder nicht.“ Wichtig sei, dass man die Kanzlei bzw. einen Arbeitgeber finde, bei dem man sich wohl fühlt und gerne zur Arbeit geht. So wie Lamia FaqirzadaÖzal, die diese Kanzlei für sich gefunden hat.