Kaum jemand befasst sich mit seinem digitalen Nachlass. Obwohl dieser sowohl ideelle als auch finanzielle Werte umfassen kann. Wissenschaftler haben sich daher im Rahmen einer Studie mit den wichtigsten praktischen, rechtlichen und technischen Fragen des Vererbens von digitalen Daten und Vermögenswerten beschäftigt. Von Christoph Berger
„Nur wenige Menschen machen sich Gedanken darüber, dass zum Vermögen auch der digitale Nachlass gehört“, sagt Christine Lambrecht, Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz. Daher förderte das von ihr geführte Ministerium eine gemeinsam vom Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie SIT, der Universität Regensburg sowie dem Institut für Informations-, Gesundheits- und Medizinrecht (IGMR) an der Universität Bremen erarbeitete Studie, die rechtliche und technische Fragen rund um das Thema digitaler Nachlass klärt und Handlungsempfehlungen an Erblasser, Erben, Vorsorgebevollmächtigte, Unternehmen sowie den Gesetzgeber gibt.
Denn der digitale Nachlass kann viel umfassen: Social-Media-Accounts bei Twitter, YouTube oder LinkedIn, Online-Konten bei Amazon oder Ebay sowie Guthaben bei PayPal, E-Books, digitale gekaufte Bilder oder kostenpflichtige Accounts bei Streaming- Dienstleistern. All dies sei, wie die Wissenschaftler schreiben, gemäß der erbrechtlichen Vorschriften des BGB grundsätzlich vererblich. Doch oft würden diese Dinge beim Erstellen eines Testaments nicht bedacht, so die Autoren weiter. Zudem gebe es Unsicherheiten, wie digitale Werte praktisch vererbt werden könnten. Was die Erben vor Probleme stelle. So sei es bereits sehr schwierig bis unmöglich herauszufinden, welche Online-Konten und -Accounts der Verstorbene überhaupt hatte und wie ein Zugriff darauf möglich sei.
Studie „Der digitale Nachlass. Eine Untersuchung aus rechtlicher und technischer Sicht“
Wer hingegen festlegen will, was mit seinen Daten und Accounts passieren soll, kann dies beispielsweise über eine Festlegung im Testament regeln und sollte die Zugangsdaten zu sämtlichen Online-Konten und -Accounts sicher bei einem Notar oder einer Vertrauensperson hinterlegen. Die Studie bietet unter anderem auch Textvorlagen für eine Vorsorgevollmacht und für letztwillige Verfügungen. Was die andere Seite, die Dienstanbieter betrifft, so empfiehlt Ulrich Waldmann, Wissenschaftler am Fraunhofer SIT, in den AGB deutlich auf den digitalen Nachlasses hinweisen und den Nutzern Möglichkeiten einzurichten, ihre Nutzerkonten so zu konfigurieren, dass im Sterbefall zum Beispiel die Löschung, Archivierung oder vollständige Übergabe des Kontos an die Erben erfolgen wird. Außerdem hätte die Untersuchung der allgemeinen Geschäftsbedingungen bei den Anbietern ergeben, dass nicht alle die Vererbbarkeit von Konten und Inhalten bereits in ihren AGB regeln würden. Hier könnten Vorkehrungen getroffen werden, wie Verbraucher besser dabei unterstützt werden können, ihre Ansprüche durchzusetzen.
Dem Gesetzgeber und der Verwaltung empfehlen die Wissenschaftler, im Zentralen Testamentsregister auch (notarielle) Vorsorgeurkunden registrieren zu können, im ,Beurkundungsgesetz könnte die Möglichkeit geschaffen werden, dass Notare Ausfertigungen von Urkunden auch in elektronischer Form erteilen können, um den Nachweis der Legitimation eines Vorsorgebevollmächtigten im Rechtsverkehr zu erleichtern. „Alternativ wäre es auch aus Sicht des digitalen Bereichs sinnvoll, das Elektronische Urkundenarchiv zu einem Vollmachts- und Titelregister weiterzuentwickeln“, schreiben sie.