Bis Juristen das Zweite Staatsexamen in der Tasche haben, ist es ein weiter Weg. Doch die lange Ausbildungszeit wird belohnt: Die Einstiegsgehälter für Anwälte können sich sehen lassen. Und auch Referendare können sich zu ihren meist recht mageren Unterhaltsbeihilfen etwas hinzuverdienen. Von Sabine Olschner
„Viel hilft viel.“ Dieser Spruch hat bei der Frage nach dem Einstiegsgehalt von Rechtsanwälten durchaus einen wahren Kern. Denn je mehr Qualifikationen ein Absolvent vorzuweisen hat, umso besser ist seine Verhandlungsbasis im Vorstellungsgespräch. Prädikatsexamen gehören, vor allem bei den Großkanzleien, zur Pflicht. Wer darüber hinaus noch einen LL.M.-Abschluss oder eine Promotion, einen Auslandsaufenthalt und gute Englischkenntnisse, BWL-Wissen aus einem Zweitstudium oder andere Spezialkenntnisse für ein bestimmtes Rechtsgebiet vorweisen kann, erhöht die Chance auf ein hohes Einstiegsgehalt.
Bei den Großkanzleien bewegen sich die Starteinkommen um die 100.000 Euro – plus/minus zehn Prozent. Einige große Kanzleien, die bisher unter der magischen Grenze lagen, haben nachgezogen und zahlen nun ebenfalls sechsstellige Einstiegsgehälter. Und der Trend zeigt weiter nach oben, meint das Karriereportal azur, das jährlich Gehaltserhebungen bei über 200 Wirtschaftskanzleien in Deutschland anstellt. „Die Gehälter steigen weiter, aber nur langsam. Die Steigerungsrate bei Kanzleien fällt moderat aus, große Sprünge gab es im vergangenen Jahr nicht“, so das Fazit des Portals. Kleinere Kanzleien können mit den Spitzenzahlungen der Großen natürlich nicht mithalten, so dass sich über alle befragten Unternehmen hinweg ein durchschnittliches Einstiegsgehalt von rund 74.400 Euro ergibt – rund 1,5 Prozent mehr als 2013.
Zu den mittelständischen Playern der Branche gehört zum Beispiel die Rechtsanwaltskanzlei Menold Bezler. Sie zahlt ihren Anwälten Einstiegsgehälter zwischen 65.000 und 75.000 Euro plus einen Bonus bis zu 5000 Euro für das erste Jahr. „Wir sind der Ansicht, dass dies angemessen ist für das, was unsere Anwälte bei uns leisten“, sagt Personalleiterin Stefanie Müller. „Auch wenn unsere Ansprüche ebenfalls hoch sind: Im Gegensatz zu großen Kanzleien müssen unsere Mitarbeiter keine 60 bis 70 Stunden in der Woche arbeiten.“ Die Frage nach dem Gehalt wird in den Vorstellungsgesprächen natürlich gestellt, „aber Geld spielt nicht mehr die Hauptrolle bei der Entscheidung für eine Kanzlei“, so Stefanie Müllers Erfahrung. „Das Klima innerhalb der Firma, die Familienfreundlichkeit und die Work-Life-Balance sind heute mindestens ebenso, wenn nicht sogar wichtiger für die jungen Anwälte.“ Auch eine langfristige Bindung und Aufstiegschancen, bis hin in die Partnerschaft, sind Punkte, mit denen Kanzleien bei ihren Bewerbern punkten können. Neben der monetären Vergütung kann es auch eine Rolle spielen, welche sonstigen Vergünstigungen eine Kanzlei ihren Mitarbeitern bietet. Bei Menold Bezler etwa bekommt jeder Anwalt nach einem halben Jahr ein iPhone, das er auch privat nutzen darf. Berufshaftpflichtversicherungen, Kammerbeiträge, Mitgliedschaften und Fortbildungskosten, zum Beispiel für die Ausbildung zum Fachanwalt, werden übernommen. Außerdem bekommen die Mitarbeiter Vergünstigungen beim Autokauf, einen monatlichen Kinderbetreuungszuschuss und eine Bahncard. Rechnet man den Wert der Vergünstigungen zusammen, kann es sich durchaus lohnen, beim angebotenen Gehalt der Kanzleien zweimal hinzuschauen.
(Neben-)Verdienst für Referendare
Bevor ein Jurist sich für einen Arbeitgeber entscheidet, muss er das Referendariat durchlaufen. In dieser Zeit erhält er eine Unterhaltsbeihilfe. Diese ist in jedem Bundesland unterschiedlich und liegt derzeit zwischen 900 und über 1200 Euro, davon wird noch die Lohnsteuer abgezogen. Da Rechtsreferendare mittlerweile – außer in Thüringen – keinen Beamtenstatus mehr haben, müssen sie Sozialversicherungsbeiträge abführen – jedoch keine Rentenversicherungsbeiträge. Manche Bundesländer zahlen ihren Referendaren vermögenswirksame Leistungen, einen Familienzuschlag, Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Sofern sie die Zeit dazu haben, können Referendare sich durch Mandate etwas dazuverdienen. Wie viel das sein darf, hängt von den Regelungen im Bundesland ab. In Nordrhein- Westfalen zum Beispiel wird der Verdienst aus der Nebentätigkeit angerechnet, sobald er die Unterhaltsbeihilfe zuzüglich der Familienzuschläge um das Anderthalbfache übersteigt. Das Bundesland Berlin erlaubt Nebentätigkeiten von maximal zehn Wochenstunden. In allen Bundesländern müssen Nebentätigkeiten vorab über einen Antrag genehmigt werden.
„In welches Bundesland ein Referendar nach seinem Studienabschluss geht, kann er frei wählen“, erklärt Kristina Wiese, Referentin bei der Bundesrechtsanwaltskammer und dort zuständig für die Juristenausbildung. „Man sollte aber weder das Bundesland noch die Anwaltsstationen danach auswählen, wo man am meisten verdient.“ Vielmehr sollten Referendare bei der Wahl auf die Inhalte und ihre persönlichen Interessensgebiete schauen, so Kristina Wiese. Ein weiterer Rat der Referentin: „Tauchen Sie in der letzten Anwaltsstation nicht einfach unter, um sich nur noch dem Lernen zu widmen.“ Die Praxiserfahrung, die man in dieser Station erhalte, sei viel zu wertvoll, um sie zu verschwenden.
Und nicht zuletzt legt sie jedem Referendar ans Herz, während der Wahlstation ins Ausland zu gehen. Sie selber hat einige Monate in Afrika gearbeitet und profitiert noch heute von den dort gemachten Erfahrungen. Unter Umständen gewähren die Länder einen Zuschuss für die Wahlstation im Ausland. „Doch auch wenn man sich das Geld selber zusammensparen muss, lohnt es sich auf jeden Fall.“
Linktipps zur Gehaltsrecherche
azur, das Karriereportal für Juristen, recherchiert jedes Jahr das Gehalt für den Berufseinstieg von Anwälten und anderen Rechtsberufen. Gehaltstabellen mit Antworten von Arbeitgebern in ganz Deutschland finden sich im Internet:
www.azur-online.de/geldAuch der Deutsche Anwaltverein erstellt jährlich einen Einstellungs- und Gehälterreport:
http://anwaltsblatt-karriere.anwaltverein.deLinktipps zur Referendariatsvergütung
Referendarswelt, das Portal für Rechtsreferendare:
www.juristenkoffer.de