Nach langem Gesetzgebungsprozess ist im Juni dieses Jahres das Hinweisgeberschutzgesetz („HinSchG“) in Kraft getreten. Welchen Zweck verfolgt das Gesetz, wie werden Whistleblower jetzt geschützt und was bedeutet das Gesetz für Unternehmen? Von Dr. Max Helleberg
Zur Person
Dr. Max Helleberg ist Rechtsanwalt bei Noerr Partnerschaftsgesellschaft mbB und berät in diversen Bereichen des öffentlichen Wirtschaftsrechts. Er begleitet Unternehmen bei regulatorischen Fragen in Transaktionen und vertritt sie in Verwaltungs(gerichts)verfahren. Ferner berät er die öffentliche Hand bei komplexen Infrastrukturvorhaben. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt auf der Compliance-Beratung im öffentlichen Sektor. Schließlich unterstützt er Unternehmen in Investitionskontrollverfahren.
Hintergrund: Der Gesetzeszweck
Das HinSchG verfolgt den Zweck, Hinweisgebenden die Meldung von Rechts- und Regelverstößen in Unternehmen und Behörden zu ermöglichen und ihnen dabei die Furcht vor Nachteilen zu nehmen. Mit dem Hinweisgeberschutz kommt der Gesetzgeber zugleich seiner Verpflichtung zur Umsetzung der europäischen Whistleblower- Richtlinie nach.
Der wesentliche Gesetzesinhalt
Hinweisgebende Personen im Sinne des HinSchG sind alle natürlichen Personen, die Informationen über Rechtsverstöße an nach dem Gesetz vorgesehene Meldestellen melden. Die Informationen müssen sich dabei auf den Beschäftigungsgeber oder eine andere Stelle, mit der die hinweisgebende Person beruflich in Kontakt stand, beziehen. In sachlicher Hinsicht können nur bestimmte, im Gesetz abschließend aufgezählte Rechtsverstöße gemeldet werden. Das HinSchG verpflichtet private und öffentliche Beschäftigungsgeber zur Errichtung einer internen Meldestelle. Davon ausgenommen sind nur Beschäftigungsgeber mit weniger als 50 Mitarbeitenden.
Als zentrale externe Meldestelle, die ebenso wie eine interne Meldestelle angerufen werden kann, fungiert – abgesehen von einigen Ausnahmen – eine beim Bundesamt für Justiz errichtete Stelle. Einem im Vermittlungsausschuss gefundenen Kompromiss zufolge sollen sich hinweisgebende Personen allerdings bevorzugt an interne Meldestellen wenden – jedenfalls dann, wenn intern wirksam gegen Verstöße vorgegangen werden kann und keine Repressalien zu befürchten sind.
Sowohl die interne als auch die externe Meldestelle ist dazu verpflichtet, geeignete Meldekanäle vorzusehen, die Stichhaltigkeit der Meldung zu prüfen und angemessene Folgemaßnahmen zu ergreifen. Folgemaßnahmen können interne Untersuchungen bei dem Beschäftigungsgeber oder aber auch die Verfahrenseinstellung aus Mangel an Beweisen sein. Anders als noch im Gesetzentwurf vorgesehen, sind Meldestellen, die anonyme Meldungen ermöglichen, nicht einzurichten.
Damit hinweisgebende Personen keine Nachteile erfahren, sind gegen sie gerichtete Repressalien verboten. Zur Durchsetzung des Verbots wird vermutet, dass eine nach einer Meldung oder Offenlegung erfolgte Benachteiligung im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, sofern die hinweisgebende Person dies auch selbst geltend macht, eine Repressalie ist. Ein Verstoß gegen das Verbot stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, wegen der ein Bußgeld von bis zu EUR 50.000,00 verhängt werden kann. Als weitere Rechtsfolge eines Verstoßes können Hinweisgebende eine Entschädigung in Geld für materielle sowie auch für immaterielle Schäden verlangen.
Bedeutung für die Praxis
Das HinSchG entfaltet enorme Breitenwirkung und hat zahlreiche private und öffentliche Beschäftigungsgeber unter Zugzwang gesetzt. Es wird Auswirkungen auf den künftigen Umgang mit zunächst nur unternehmensintern bekannten Compliance- Verstößen haben: Weil das Risiko unkontrollierter Informationsabflüsse unter dem Schutzschirm des HinSchG steigt, werden Unternehmen voraussichtlich stärker proaktiv aufklären und Missstände abstellen.