Künstliche Intelligenz kommt in der Rechtsberatung immer häufiger zum Einsatz. Beschleunigte Abläufe und eine höhere Kundenzufriedenheit sind zwei Vorteile, die mit der Technologie verbunden werden. Aber auch mehr Transparenz und bessere Entscheidungen können mit ihr erzielt werden. Von Christoph Berger
Seit Ende Januar bietet die Rechtsschutzversicherung Axa-Arag Ratsuchenden einen neuen Service an. Diese können auf einer vom Start-up Court- Correct entwickelten digitalen Plattform schnell, einfach und kostenlos eine Rechtsauskunft erhalten. Und zwar egal, ob es sich um Familien-, Miet-, Wohnoder Arbeitsrecht handelt. Alle Rechtsgebiete werden abgedeckt. Dazu beschreiben die Nutzer*innen auf der Plattform ihren Fall. Juristinnen und Juristen schätzen daraufhin die rechtliche Ausgangslage ein und geben Auskunft zur Problemlösung. Und dies innerhalb von 48 Stunden – schriftlich oder telefonisch.
Damit diese zugesagte Schnelligkeit funktionieren kann, werden die Jurist*innen von künstlicher Intelligenz und automatisierten Prozessen unterstützt. „Mit diesem neuen Angebot möchten wir den Zugang zum Recht erleichtern, Hemmschwellen senken und die Vorteile von neuen Technologien effizient nutzen“, erklärt Jürg Schneider, CEO der Axa-Arag. Bis Mai 2022 läuft die Plattform noch als Pilotprojekt. In dieser Phase sollen Kundenfeedbacks aufgenommen werden, die dann in die Weiterentwicklung einfließen. Prinzipiell verfolgt der Konzern die Vision, vermehrt künstliche Intelligenz einzusetzen. Somit ließen sich die Beantwortung von Rechtsfragen signifikant beschleunigen, der Service für Kund*innen werde besser. Auch Zusatzservices können hinzugebucht werden. Für die ist allerdings ein Fixpreis zu zahlen. Dazu gehört zum Beispiel die Übernahme der Verhandlung mit der Gegenseite.
Nicht „Consumer“, sondern Richterinnen und Richter hatte das Projekt „Smart Sentencing“ am Legal Tech Hub Cologne zur Zielgruppe. Dort befasste sich die Hub-Task Force „Gerechte Strafzumessung“ mit der Entwicklung einer Legal Tech-Anwendung im Bereich der richterlichen Strafzumessung – ebenfalls mit Einsatz künstlicher Intelligenz. Hintergrund des Projekts war und ist es, dass verhängte Strafmaße bei ähnlichen Fällen erheblich voneinander abweichen können. Eine standardisierte Erfassung von Strafzumessungsgründen kann da bestehende Unterschiede in der richterlichen Strafzumessungspraxis transparent machen.
Nach der Entwicklung eines erfolgreichen Prototyps wird das Projekt nun am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung an der Universität zu Köln in einem größeren Umfang und mittels maschinellen Lernens weitergeführt. Als Ergänzung: In den USA unterstützen sogenannte „Risk Assessment Algorithms“ Richter*innen bei ihren Entscheidungen; eine KI ermittelt dabei die Rückfälligkeit von Straftäter*innen. Dass derartige Technikunterstützung sowohl in Kanzleien als auch in der öffentlichen Verwaltung zunehmen wird, darauf deuten die steigenden Budgets für Rechtstechnologie hin. Laut dem Marktforschungs- und Analyseunternehmen Gartner lagen diese 2020 bei vier Prozent ihrer internen Budgets. Bis 2025 sollen sie auf zwölf Prozent steigen.
Der Kölner Anwaltverein veröffentlichte auf Youtube einen Veranstaltungsmitschnitt vom 29. Juni 2021 unter dem Titel „Digitale Justiz – wie geht das!? – Gerechte Strafe dank Smart Sentencing?“: