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Akte Klimawandel

Der Klimawandel ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, der sich alle zu stellen haben. Auch die Kanzleien beginnen, sich intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen – nicht nur auf Mandantenbasis. Auch intern vermehren sie die Initiativen und Projekte, CO2-Emissionen und damit den ökologischen Footprint zu verkleinern. Von Christoph Berger

Seit Sommer 2020 ist die Wirtschaftskanzlei Audalis Partner der Stadt Dortmund im Projekt „Emissionsfreie Innenstadt“. Ziel des Projekts ist es, die Treibhausgasemissionen im Straßenverkehr zu mindern. Dazu sollen die Menschen motiviert werden, möglichst viele Wege in die Dortmunder Innenstadt zu Fuß, per Fahrrad, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder elektrisch angetrieben zurückzulegen und durch die Verringerung des Kfz-Verkehrs erhebliche positive Effekte für den Klimaschutz zu erreichen. „Wir unterstützen diesen Ansatz sehr gern“, erzählt Rechtsanwalt Dr. Eric Sebastian Barg, der die Aktion federführend vonseiten der Kanzlei begleitet. Wobei das Thema Mobilität und Klimaschutz schon länger aktiv angegangen wird. „Wir bieten unseren Mitarbeitern nicht nur ein kostenfreies Jobticket für den täglichen Arbeitsweg in öffentlichen Verkehrsmitteln an, wir unterstützen auch den Kauf von E-Bikes“, sagt Barg. Auf diese Weise steigere man nicht nur die Arbeitgeber-Attraktivität, sondern liefere auch einen Anreiz zu mehr Umweltschutz.

Die erste konkrete Maßnahme aus der Teilnahme an „Emissionsfreie Innenstadt“ hatte sich dann auch ziemlich schnell ergeben. „Wir haben mit der Wirtschaftsförderung Dortmund einen Leihvertrag für ein Lastenfahrrad abgeschlossen“, erzählt Dr. Barg. Damit könnten bis zu 60 Kilogramm transportiert werden, der Fahrer werde durch einen Pedelec- Antrieb beim Treten unterstützt. „Wir möchten das Rad zum Beispiel für Gerichtsfahrten nutzen – oder wenn wir Mandanten Unterlagen liefern“, beschreibt Dr. Barg die Einsatzmöglichkeiten. Außerdem sei die Parkplatzsituation in der Dortmunder Innenstadt häufig schwierig, da sei man mit dem Fahrrad oft entspannter unterwegs, so der Anwalt. Für potenzielle Nachahmer*innen dürfte interessant sein: Das Bundesumweltministerium fördert seit dem 1. März 2021 Mikro-Depots und E-Lastenfahrräder im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative. Unternehmen soll so beim Umstieg auf eine zukunftsfähige und klimafreundliche Logistik geholfen werden.

Klimaschutzunterstützende Initiativen sind in der Welt der Kanzleien noch recht selten zu finden – zumindest was die Kommunikation derartiger Maßnahmen und Projekte betrifft. Und auch auf den Internetseiten der Kanzleien spielt das Thema des unternehmensinternen Klimaschutzes noch ein Schattendasein. Dabei, so heißt es vonseiten des Lösungsanbieters für Kanzleien, Soldan, würden in deutschen Büros jährlich rund 800.000 Tonnen Papier anfallen und etwa 26 Millionen Toner-Kartuschen verbraucht. Würden die Unternehmen konsequent auf Recyclingpapier zurückgreifen und wiederaufbereitete Kartuschen einsetzen, ließen sich zum Beispiel im Jahr 25,3 Milliarden Liter Wasser, 1,6 Milliarden Kilogramm Holz und 24.000 Tonnen Kunststoffmüll sparen. „Mit der Umstellung auf nachhaltige Produkte können Kanzleien relativ einfach einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Dabei wollen wir ihnen helfen“, erklärt Soldan-Geschäftsführer René Dreske. Im Rahmen der „Soldan Initiative Nachhaltigkeit“ berät man daher Kanzleien, an welchen Stellen man im Kanzleialltag klug und wirtschaftlich auf umweltfreundliche Produkte umstellen und Ressourcen schonen kann.

Bereits seit 2015 leistet die internationale Wirtschaftskanzlei Pinsent Masons einen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels durch einen verringerten kanzleiweiten Energieverbrauch. Damals wurden Ziele für 2020 beispielsweise zur Reduzierung des Stromverbrauchs formuliert. Oder wie Emissionen durch die Vielfliegerei reduziert werden können. Diese Ziele wurden bereits ein Jahr früher erreicht. „2020 sahen wir uns in der Lage, das Thema weiter auszubauen“, sagt Christian Lütkehaus, Rechtanwalt, Partner und Leiter der Praxisgruppe Finance & Projects von Pinsent Masons in Deutschland.Dazu wurde die Climate Change Mitigation & Sustainability Gruppe geschaffen. „Zum einen können wir so den eigenen Footprint weiter sinnvoll reduzieren und im Rahmen der eigenen Tätigkeit einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Gleichzeitig können wir so aber auch mehr und mehr gegenüber Mandanten als kompetenter Berater und Ansprechpartner für Themen rund um Klimawandel und Nachhaltigkeit zur Verfügung stehen“, erklärt Lütkehaus.

Bereits 2019 hatten wir eine No-Travel-Week organsiert, wo weltweit niemand geschäftlich reisen durfte – außer in besonders mandatsrelevanten Ausnahmefällen.

In die neugegründete Initiative wurden vor allem junge Kolleginnen und Kollegen eingebunden, die das Thema sehr positiv aufnehmen. So wurde vereinbart, nur die nötigsten Flugreisen zu unternehmen und nach Möglichkeit auf digitale Kommunikationskanäle auszuweichen. „Bereits 2019 hatten wir eine No-Travel-Week organsiert, wo weltweit niemand geschäftlich reisen durfte – außer in besonders mandatsrelevanten Ausnahmefällen“, erzählt Christian Lütkehaus. Darüber hinaus wurden in den englischen Büros intelligente Lichtsysteme zur Reduzierung des Stromverbrauchs installiert oder die Mitarbeiter* innen werden motiviert, mit dem Rad ins Büro zu fahren oder alle sind aufgefordert, möglichst papierlos zu arbeiten. „Seit zwei bis drei Jahren versuchen wir zudem, so wenig Büroraum wie möglich zu haben. Seitdem setzen wir auf „agile working“. Jetzt, in Corona-Zeiten, zahlt sich das natürlich aus“, sagt Lütkehaus. Dieses „agile working“ beinhalte nicht nur den Aspekt „Home Office“, sondern bedeute eher „Wo auch immer“. Dafür wurde in den letzten Jahren in entsprechende IT-Systeme investiert. Auch wenn die Initiative vor allem auf die jungen Menschen der Kanzlei setzt, initiiert ist sie von der ersten Führungsebene, auf Ebene des globalen Boards. „So sind wir auch Unterzeichner des United Nations Global Compact. Unternehmen bekennen sich dabei, die Nachhaltigkeitsziele der UN zu unterstützen“, so Christian Lütkehaus.

Diese Verankerung im Arbeitsalltag ist es, die Klimaschutz voranbringt. Ebenso die Formulierung klarer Ziele, durch die die Bereitschaft zu Veränderungen sichtbar und Transparenz möglich werden. Explizit weißt so auch die Wirtschaftskanzlei Beiten Burkhardt auf ihrer Website auf ihre Verantwortung hin: „Die Themen Umweltschutz und der nachhaltige Umgang mit Ressourcen sind fest in unserem Kanzleialltag verankert.“ Und bei Graf von Westphalen werden ebenso Flüge vermieden, Flug-Emissionen kompensiert, Jobtickets und Jobräder angeboten. Zudem werden sämtliche Standorte zu 100 Prozent aus Ökostrom versorgt. Die Akte „Klimawandel“ lässt sich durch all diese Maßnahmen nicht schließen, aber sie zeugen von einer Haltung. Und von Verantwortung – für nichts Geringeres als für uns Menschen und unsere Erde.

„Seit zwei bis drei Jahren versuchen wir zudem, so wenig Büroraum wie möglich zu haben. Seitdem setzen wir auf „agile working“. Jetzt, in Corona-Zeiten, zahlt sich das natürlich aus“, sagt Lütkehaus. Dieses „agile working“ beinhalte nicht nur den Aspekt „Home Office“, sondern bedeute eher „Wo auch immer“.

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