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Interview mit Dr. Stefan Lätsch

Der „Master of Business Administration“, kurz MBA, kann ein wichtiger Abschnitt in der Karriereplanung sein. Dr. Stefan Lätsch, Group Vice President der Business Unit Adsorbents and Additives der Süd-Chemie AG, sprach mit Martin Rath über seine Erfahrungen mit dem MBA.

Zur Person

Dr. Stefan Lätsch, Jahrgang 1963, leitet bei der Süd-Chemie AG, München, den Geschäftsbereich Adsorbentien und Additive. Er ist verheiratet und hat ein Kind.

Wann und warum haben Sie sich entschlossen, einen MBA zu erwerben?
Nachdem ich zwei Jahre bei BASF gearbeitet hatte, ging ich zu einem großen mittelständischen Familienunternehmen, um zunächst die globale Geschäftsentwicklung zu übernehmen. Dort habe ich relativ schnell gemerkt, wo die Grenzen meiner kaufmännischen Kenntnisse lagen.
Als das Unternehmen an einen Konzern veräußert werden sollte, hatte ich geschäftlich mit den Vertretern von Banken und Private- Equity-Häusern zu tun. Das war für mich der Auslöser, den MBA zu erwerben. Meine Hauptmotivation war es aber, ein betriebswirtschaftliches „Update“ zu bekommen, um die kaufmännische Seite mit abdecken zu können – trotz der zeitlichen Inanspruchnahme durch das berufliche Engagement.

Der Markt der MBA-Anbieter wird immer unübersichtlicher. Nach welchen Kriterien haben Sie Ihre Wahl getroffen?
Ich wollte keinen „08/15“-MBA, sondern eine wirklich sattelfeste Ausbildung. Nun war mir der Titel gar nicht wichtig oder der Ruf der Business School. Sondern mir kam es auf den Inhalt an. Und darum habe ich mir verschiedene Programme sehr genau angeschaut. Dabei habe ich versucht, die Programminhalte präzise mit meinen beruflichen Erfahrungen abzugleichen. Hinzu kam ein organisatorischer Aspekt: Manche MBASchulen bieten verstärkt Blockunterricht, der den beruflichen Tagesablauf über Wochen einschränkt. Das können Sie sich kaum leisten, wenn Sie wirklich engagiert im Beruf stehen.

Wie kann man sich einen möglichst genauen Überblick zu den Ausbildungsinhalten verschaffen?
Ich habe vor der Wahl der Schule mit einigen der so genannten Lecturers, den Dozenten, telefoniert, um nähere Informationen zu erhalten. Besonders habe ich mich an der WHU in Koblenz fachkundig gemacht. Für diese Business School entschied ich mich dann nach den entsprechenden Telefonaten, auch deshalb, weil ich schon während meines Studiums in Bonn vom guten Ruf ihrer kaufmännischen Ausbildung gehört hatte.

Ihr Arbeitgeber musste während Ihres Studiums auf einen Teil Ihrer Arbeitskraft verzichten. War es schwer, ihn von Ihrem Fortbildungswunsch zu überzeugen?
Das Unternehmen hat das Studium seinerzeit sehr aktiv unterstützt, auch finanziell. Die Kosten für das MBA-Studium wurden komplett übernommen. Das war eine großartige Unterstützung. Man war sehr daran interessiert, dass man sich in dieser Form weiterbildet. Ich habe auch über das bestehende Angebot hinaus Kurse wahrnehmen können. Es bestand also kein Zwang, nur das Hauptprogramm „herunterzuspulen“. Daraus ergaben sich auch Kontakte zu USamerikanischen Lecturers, die heute noch bestehen.

Kontakte sammeln, ein wichtiger Aspekt eines MBA-Studiums?
Ja, ich wollte mir auch ein Netzwerk aufbauen, Kontakte, auf die man weltweit zurückgreifen kann. Durch ein dreieinhalbjähriges Studium an der Hong Kong University of Science and Technology und meiner Tätigkeit bei den BASF Regional Headquarters in Hongkong hatte ich bereits erste Verbindungen nach Asien geknüpft. Berufliche Kontakte innerhalb Europas ergaben sich später ohnehin durch die tägliche berufliche Praxis. Durch die Kooperation der WHU mit der Kellogg Graduate School of Management ließ sich auch die amerikanische Seite stärker abdecken. Heute profitiere ich von diesem Netzwerk.

Im Erststudium haben Sie neben Chemie auch Sinologie studiert, eine etwas ungewöhnliche Kombination. Woher kommt Ihr Interesse an Asien?
Ich habe mich schon immer stark für die chinesische Medizin und Heilkunde interessiert. Während des Studiums legte ich zunächst einen Schwerpunkt auf die organische Chemie. Konkret ging es hier beispielsweise um die Identifizierung und dann Synthetisierung von Wirkstoffen aus chinesischen Heilpflanzen. Ich hatte die Ambition, nicht nur die Übersetzungen chinesischer Forschungsergebnisse zu lesen, sondern auch die Originale. Während des weiteren Studienverlaufs verschob sich der Schwerpunkt dann in Richtung anorganische und physikalische Chemie. In meiner Studienzeit in Hongkong beschäftigte ich mich mit neuen polymeren Werkstoffen, Supraleitern und Laserchemie. Letztendlich habe ich aber beide Fächer weiterstudiert.

Was prägt Ihren heutigen Arbeitsalltag mehr – die Chemie oder die BWL?
Mehr die Betriebswirtschaft. Ich leite einen Geschäftsbereich mit nicht ganz 300 Millionen Euro Umsatz, wir haben 27 Gesellschaften und 20 Produktionsstätten weltweit. Das wirft viele kaufmännische Fragen auf. Aber man darf den naturwissenschaftlichen, den chemischen Part nicht unterschätzen, gerade wenn es darum geht, Strategien zu entwickeln. Dabei müssen Sie eine fachbezogene Kreativität an den Tag legen, die meines Erachtens ein naturwissenschaftliches Studium voraussetzt.

Sehen Sie in der Art, wie Ihr Denken durch das naturwissenschaftliche Studium geprägt wurde, Unterschiede zu den Betriebswirten?
Naturwissenschaftler lernen ein sehr systematisches Vorgehen, insbesondere auch durch die Promotion. Aber das heißt nicht, dass es nicht auch sehr systematisch denkende Kaufleute gäbe.

Viele MBA-Angebote wenden sich an Naturwissenschaftler, jedenfalls Nicht-Betriebswirte. Wäre es sinnvoll, den Ansatz einmal umzudrehen und Wirtschaftswissenschaftlern ein naturwissenschaftliches Aufbaustudium zu bieten?
Diese Frage tauchte in meinem Unternehmen in der letzten Zeit gelegentlich auf, aber ich würde davon abraten. Warum? Weil ich nicht glaube, dass sich eine solche Ausbildung berufsbegleitend einrichten ließe. Sie wäre noch zeitaufwändiger, als ein kaufmännisches Aufbaustudium. Für Chemiker ist es essenziell, entsprechende theoretische Lerninhalte auch praktisch umzusetzen. Das schließt intensive Laborarbeit mit ein.

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