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Interview mit Dr. Patrick Adenauer

Dr. Patrick Adenauer ist Enkel des ersten deutschen Bundeskanzlers und leitet zusammen mit seinem Bruder das Kölner Unternehmen Bauwens. Der karriereführer sprach mit dem promovierten Betriebswirt über Unternehmensstrategie, Großfamilie und ein nicht immer leichtes Erbe. Von Anne Thesing

Trotz Krise geht es Ihrem Unternehmen gut. Wie ist das möglich?
Tatsächlich sind wir im Geschäftsjahr 2001 um zirka 20 Prozent gewachsen und konnten das erreichte Niveau 2002 halten. Gelungen ist uns das zum einen, weil wir uns auf bestimmte Kunden und Segmente spezialisiert haben. Zum anderen haben wir die klassische regionale Struktur aufgegeben und statt dessen Spezialteams aufgebaut, die überregional – also bundesweit – arbeiten. Und durch die Kompetenz in Spezialgebieten – zum Beispiel Einkaufszentren, Baumärkte, Bürogebäude oder Wohnungen – konnten wir ein besonders gutes Verhältnis zu unseren Stammkunden entwickeln. Insofern sehe ich zuversichtlich ins Jahr 2003.

Ihr Bruder übernahm in den 80er Jahren das Unternehmen und bot Ihnen an, das Geschäft mit ihm zusammen zu führen. War es für Sie selbstverständlich, dieses Angebot anzunehmen?
Ich hatte zwar zu dem Zeitpunkt schon vier Jahre in anderen Bereichen gearbeitet und wollte eher Wirtschaftsprüfer werden oder ins Bankgeschäft gehen. Aber als mein Bruder mir das Angebot machte, bin ich gerne in das Unternehmen eingestiegen.

Ihr Bruder ist ausgebildeter Architekt, Sie sind promovierter Betriebswirt. Wie bewerten Sie diese Fächerkombination in der Geschäftsleitung?
Wir teilen uns die Geschäftsleitung noch mit zwei Bauingenieuren und arbeiten insofern in einer idealen Konstellation, die meiner Meinung nach nur Vorteile hat. Denn es wird sowohl die technische als auch die kaufmännische Seite abgedeckt. Dieses gemischte Prinzip halten wir übrigens auch in allen anderen Geschäftsbereichen durch – bis in die Projektteams.

Wie sieht die Aufgabenverteilung in der Geschäftsführung aus?
Die wichtigsten Themen wie strategische Entwicklung, Personalentwicklung und Kunden bearbeiten wir gemeinsam. Natürlich kümmere ich mich stärker um die kaufmännische Seite, aber auch aus diesem Bereich hält sich mein Bruder nicht ganz raus. Und es gibt regelmäßige Zusammenkünfte, bei denen wir alles besprechen.

Also klappt die Zusammenarbeit unter Brüdern gut?
Ja, denn wir verstehen uns sehr gut. Wir schätzen Situationen ähnlich ein und haben keine Geheimnisse voreinander.
Vielleicht liegt das auch daran, dass wir in einer Großfamilie aufgewachsen sind. Das gemeinschaftliche Miteinander ist für uns normal. Es gab in unserer Familie keine Firma oder etwas anderes, auf das man hätte schielen können. Daher gab es auch kein Konkurrenzdenken.
Außerdem könnte keiner von uns diese Arbeit alleine bewältigen. Insofern ist die gute Zusammenarbeit auch sehr zweckmäßig. Familiäre Streitereien in einer Geschäftsführung sind wahrscheinlich nur da möglich, wo das Geschäft selbst sehr einfach funktioniert, sodass die Inhaber zu viel Zeit haben, sich über andere Dinge Gedanken zu machen.

1995 fand eine Umstrukturierung bei Bauwens statt. Was hat sich seitdem geändert?
Vor der Umstrukturierung hatten wir sehr viele gewerbliche Mitarbeiter für die Erstellung von Rohbauten. Ein Niederlassungsleiter führte damals neben 20 technischen und kaufmännischen Mitarbeitern zirka 80 Poliere und Bauarbeiter. Diese Kapazität musste er auslasten. Unsere handwerkliche Leistung war jedoch wegen der Lohnkosten nicht mehr konkurrenzfähig. Schließlich sah es so aus, dass Aufträge nur noch hereingeholt wurden, um die Leute zu beschäftigen. Das war in hohem Maße unwirtschaftlich. Im Rahmen der Umstrukturierung haben wir unsere gewerblichen Mitarbeiter bis auf einen ganz kleinen Stamm entlassen und kaufen seither auch den Rohbau ein. Heute konzentrieren wir uns auf komplette Problemlösungen für unsere Kunden. Und wir nehmen nur noch Aufträge an, bei denen wir Einfluss auf die Ausführungsplanung haben. Mittlerweile konnten wir wieder sehr viele neue Mitarbeiter einstellen, allerdings mit anderen Qualifikationen – insbesondere studierte Bauingenieure, Architekten und Kaufleute. Von den heute knapp 300 Beschäftigten ist mindestens die Hälfte neu dabei. Wir haben also eine gute Mischung aus erfahrenen und jungen Mitarbeitern – und einen relativ niedrigen Altersdurchschnitt.

Wie erklärten Sie damals den Betroffenen ihre Entlassung?
Wir machten ihnen klar, dass wir es mit der Neuorientierung wirklich ernst meinten und dass es so nicht weiterginge. Es gehört nun einmal zu den Aufgaben eines Unternehmenslenkers, auch unpopuläre Dinge zu tun, wenn er davon überzeugt ist.
Für die Zukunft streben wir jedoch einen kontinuierlichen Anpassungs- und Verbesserungsprozess an, bei dem so massive Einschnitte nicht mehr nötig sind.

Welche Anforderungen stellen Sie an Bauingenieure, die sich bei Ihnen bewerben?
Sie sollten eine gute Auffassungsgabe haben. Und da sie in der Woche viel unterwegs sind, um die Projekte vor Ort zu betreuen, müssen sie mobil und flexibel sein. Wir würden am liebsten, das gebe ich zu, neue Mitarbeiter einstellen, die schon etwas Berufserfahrung haben. Das machen wir auch dann und wann. Doch oft merken wir, dass Leute aus großen Konzernen nicht unseren Ansprüchen genügen, da sie meist ein sehr ausgeprägtes Abteilungsdenken haben. Wir bilden unsere Mitarbeiter dagegen allumfassend aus. Sie sollen das Ganze sehen, nicht nur das Einzelne einer Abteilung.

Als Enkel von Konrad Adenauer tragen Sie einen prominenten Namen. In welchen Fällen nutzt Ihnen dieser Name, in welchen Fällen schadet er?
Der Nachteil ist, dass ich mit diesem Namen nie ein Leben ganz für mich führen kann. Ich fühle mich dem Namen verpflichtet und stehe immer unter Beobachtung. Meine Arbeit wird immer mit anderem Maß gemessen als die anderer. Und es wird immer erwartet, dass alles gut läuft.
Der Vorteil ist, dass ich als Unternehmer mit diesem Namen zu vielen Dingen einen leichteren Zugang habe.

Haben Sie das Gefühl, in Ihrer Arbeit heute etwas von den Idealen und Vorstellungen Ihres Großvaters weiterzuführen?
Mein Großvater wollte seinen eigenen Weg gehen. Es war ihm wichtig, für etwas einzustehen, seinen Beruf gut zu erfüllen, Köln und später sein Vaterland voranzubringen und die Gesellschaft nach seiner Vision positiv zu verändern. Dem sind auch mein Bruder und ich heute verpflichtet und wir glauben, es durch unsere Unternehmensführung zu erfüllen. Darüber hinaus engagieren wir uns durch vielfältige Mandate in Aufsichtsgremien und Verbänden und auch allgemein in der Gesellschaft. So bin ich zum Beispiel Vizepräsident der Wirtschaftsvereinigung der Bauindustrie in Nordrhein-Westfalen.

Was erhoffen Sie sich für die Zukunft Ihres Unternehmens?
Natürlich hoffe ich, dass wir mit unserer Strategie die momentane Branchenkrise gut überstehen, ja sogar gestärkt daraus hervorgehen. Die Voraussetzungen dafür sind jedenfalls da.

Herr Dr. Adenauer, vielen Dank für das Gespräch.

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