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Interview mit Hans-Werner Honert

Von Wirtschaftswissenschaftlern wird in den Unternehmen verlangt, dass sie kreative Lösungen finden, die sich rechnen müssen. Wie das geht, weiß Hans-Werner Honert, der als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent erfolgreich ist. Der Geschäftsführer von Saxonia Media berichtet über den Spagat zwischen Kreativität und Controlling und gibt Einsteigern Tipps, wie man für Projekte Teams optimal zusammensetzt. Das Gespräch führte André Boße.

Zur Person

Hans-Werner Honert, 60, wuchs in Großdalzig bei Leipzig auf und machte 1969 sein Abitur in Leipzig. Er volontierte danach beim Deutschen Fernsehfunk (DFF) und veröffentlichte erste Gedichte. 1971 ging er für fünf Jahre nach Moskau, wo er am Institut für Kinematografie Regie studierte.

Nach dem Studium arbeitete er als Regisseur und Autor beim Fernsehen der DDR und der Defa. Als Drehbuchautor war er für diverse Folgen der Krimiserie „Polizeiruf 110“ verantwortlich. Nach der Wende erfand er die „Tatort“-Ermittler des MDR, inszenierte und schrieb Filme der „Tatort“-Reihe und anderer Formate. In erfolgreichen Spiel- und Fernsehfilmen setzte er sich mit der DDR-Geschichte auseinander. Zudem schrieb er Hörspiele für Kinder und Erwachsene. 1995 wurde er Geschäftsführer der Saxonia Media Filmproduktion.

Herr Honert, trennen Sie persönlich zwischen kreativer und streng ökonomischer Arbeit?
Ich habe Anfang der 70er-Jahre in Moskau Regie studiert, und unser Professor gab uns den Rat: „Wenn Ihr Euren persönlichen Film machen wollt, kauft Euch ein Stück Leinwand und malt ein Bild. Das ist billiger.“ Was er damit sagen wollte: Einen Film zu drehen, kostet Geld. Man darf nicht nur an sich, sondern muss immer auch an das Publikum denken – sonst geht man finanziell baden. Daher ist für mich jedes Reden über Kreativität mit Wirtschaftlichkeit verbunden.

Stehen sich da bildlich zwei Lager gegenüber: die Controller, die die Kosten im Blick haben, und die Kreativen, die an ihre Geschichte denken?
Zunächst einmal: Ich würde keinem raten, eine Karriere in der Filmindustrie anzustreben, wenn man den Film nicht liebt und nicht versteht, was einen ausgezeichneten Film ausmacht. Grundsätzlich kann ein gemeinsames Projekt nur funktionieren, wenn alle mit Leidenschaft bei der Sache sind, die Controller genauso wie die Kreativen. Nur, wenn sich beide Seiten für eine Idee begeistern, ist der Anfang gemacht, um das Projekt zu realisieren.

Können Sie anhand eines Beispiels erklären, wie im Idealfall ein Miteinander aus Controllern und Kreativen aussieht?
Am Anfang eines Projekts steht ein Exposé. Nehmen wir an, es handelt sich um einen historischen Film, der um das Jahr 1920, an Schauplätzen in China, Deutschland sowie den USA spielt und am Ende eine Szene mit großem Aufwand hat, nämlich ein Autorennen. Man weiß dann auf den ersten Blick, dass dieser Film richtig teuer wird. Die entscheidende Frage ist: Glaube ich, dass ich mit diesem Film genügend Menschen, die später im Kino eine Karte kaufen sollen, eine Freude mache?

Ein bisschen wirtschaftliches Risiko ist also immer dabei.
Es kann immer sein, dass man einen Film in den Sand setzt. Wichtig ist nur: Es sollten nicht zwei in Folge sein. Denn dann haben Sie Schwierigkeiten, auf dem freien Markt Geld für ein neues Projekt zu bekommen oder einen Auftraggeber in einem Fernsehsender zu finden, weil die Banken oder Sender zu Recht sagen: Wir vertrauen Ihnen nicht mehr.

Viele Einsteiger werden im Laufe ihrer Karriere vor genau dieser Frage stehen: Wird sich das Projekt rechnen oder nicht? Haben Sie einen Tipp, wie diese Entscheidungsfindung gelingen kann?
Wichtig ist erstens, die Komplexität des Prozesses im Auge zu behalten, denn in schwierigen wirtschaftlichen Gemengelagen gibt es keine schnellen Antworten. Zweitens muss ich für das Projekt brennen. Wenn ich es nur pflichtbewusst angenommen habe, wird es am Ende nicht bestehen. Es gab einen Film, bei dem ich fünf Jahre in die Vorbereitung investiert habe. Ich habe immer wieder neue Gelder gesucht, das Drehbuch verändert und überlegt, wo sich Kosten sparen lassen. Wir saßen oft in großen Runden zusammen, und die Ausgangslage war immer: Wir lieben diesen Film, wir wollen ihn.

Sprich: Es empfiehlt sich, bei solchen Projekten andere Leute mit in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.
Das ist ganz entscheidend. Um Kosten zu senken, haben wir den Film schließlich an diversen Orten in Tschechien, Berlin und Leipzig gedreht. Das Resultat war eine komplizierte Logistik. Wäre der Controller oder der Produzent alleine dafür verantwortlich gewesen, hätte es Gemurre gegeben. So hat das Team aber gemeinsam gedacht und gehandelt – und stand geschlossen hinter der Sache.

Als Filmproduzent sind Sie in gewisser Weise ein Projektmanager, wie man ihn immer häufiger in modernen Unternehmensstrukturen findet. Einsteiger werden heute schon früh vor die Aufgabe gestellt, Teams zu leiten. Wie gelingt es Ihnen, andere erfolgreich in ein Projekt einzubeziehen?
Indem ich für mich zunächst einmal feststelle: Ich bin zwar am Ende derjenige, der die Verantwortung für die Entscheidung trägt, aber dennoch bin ich ein Teamarbeiter. Also gehe ich zu Leuten aus dem Team, denen ich vertraue und denen ich etwas zutraue, und tausche mich aus, lasse mich beraten.

Was mache ich mit einem Teammitglied, bei dem ich merke: Da ist kein Feuer?
Wer sich nicht für ein Projekt interessiert, dem fällt dazu auch nichts ein. Gedanken und Ideen entstehen nur, wenn eine innere Überzeugung da ist. Wer keine Lust auf das Projekt verspürt, hat in einem Team, das ein Projekt voranbringen soll, keinen Platz. Da muss man rigoros sein, zumal, wenn sich die Teams nur für eine bestimmte Dauer zusammenfinden.

Gab es in Ihrer Karriere einen Umweg, den Sie gegangen sind und der sich rückblickend als sehr gewinnbringend erwies?
Ich war immer neugierig auf das Leben da draußen. Ich mache Filme über und für die Menschen und habe immer versucht, mittendrin unter den Menschen zu sein. Da schaut man mal mehr nach links, mal mehr nach rechts. Andere würden das Umwege nennen. Für mich sind das alles notwendige Wege, um sich mit den Menschen auseinandersetzen zu können.

Sie kennen also Ihre Kunden, weil Sie mitten unter ihnen leben. Wissen Sie dadurch noch genauer, was die Kunden wollen? Was ihre Bedürfnisse sind?
Es gibt dafür einen alten Begriff, den Gotthold Ephraim Lessing geprägt hat: die Wahrscheinlichkeit. Jede Geschichte, die im Kino oder im Fernsehen erzählt wird, muss für den Zuschauer wahrscheinlich sein – denn nur so kann er einen Bezug zu seiner Lebenswelt herstellen und emotional eintauchen.

Zum Unternehmen

Das Kerngeschäft der Filmproduktionsgesellschaft mit Sitz in Leipzig sind TV-Formate wie Folgen des „Tatort“, „Polizeiruf 110“ sowie die erfolgreiche wöchentlich laufende Krankenhausserie „In aller Freundschaft“. Darüber hinaus produziert das Unternehmen Kinderformate wie „Schloss Einstein“ sowie Fernseh- und Kinofilme.

Neben kreativen Produzenten und Autoren arbeiten bei Saxonia Media auch zwei festangestellte Controller. Das Unternehmen beschäftigt insgesamt 16 feste und 600 freie Mitarbeiter.

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