Der Partner der Kanzlei Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom LLP im Interview. Sich als Vorbild zu bezeichnen, hält er für vermessen. Dennoch gibt er dafür sein Bestes, eines zu sein. Seine Karriere jedenfalls ist vorbildlich. Eines seiner persönlichen Ziele für 2009 ist, mit Tiefschnee besser zurechtzukommen, verrät er dem karriereführer. Auch dabei wird er wohl Nachkommenden den Weg bereiten. Das Interview führte Meike Nachtwey.
Zur Person
Matthias Jaletzke wurde 1960 in Ludwigshafen am Rhein geboren. Er studierte an der Universität Mannheim Rechtswissenschaften. 1983 machte er sein erstes Staatsexamen. Seine Wahlstation während des Referendariats absolvierte er bei Baker & McKenzie in Frankfurt und Washington, wo er nach dem zweiten Staatsexamen 1987 als Associate einstieg und innerhalb von nur sechs Jahren zum Partner aufstieg.
1990/91 verbrachte er ein Jahr im Chicagoer Büro von Baker & MacKenzie. Zurück in Deutschland und als Partner war er Mitglied des Management- Komitees, des internationalen Finanzkomitee und des europäischen M&A Leitungsgremiums. Da er und drei seiner Kollegen aber in den 2000er-Jahren eine stärkere Orientierung zum Gesellschaftsrecht und Transaktionsgeschäft suchten, wechselten sie 2005 gemeinsam zu Skadden, wo Jaletzke seitdem Partner ist.
Herr Jaletzke, wenn es in der Wirtschaft heiß hergeht, etwa bei Übernahmen, spielen Top-Juristen wie Sie eine entscheidende Rolle. Dennoch bleiben sie meist im Hintergrund. Dürfen Anwälte nicht eitel sein?
Anwälte sollten nicht eitel sein. Unsere Mandanten sehen uns als Helfer, bestimmte Situationen zu bewältigen, damit sie ein definiertes Ziel erreichen. Und da geht es um die Sache. Leute, die sich aufspielen, aufplustern, kommen nicht gut an. Mandanten wollen nicht zum Schauspiel gehen, dann könnten sie auch gleich ins Theater gehen. Sie wollen, dass wir ein Ergebnis erzielen.
Sie wurden als „leading individual“ ausgezeichnet und vom JUVE Handbuch nominiert als „leading lawyer“ – sehen Sie sich als Vorbild für junge Juristen und Hochschulabsolventen?
Sich selbst als Vorbild zu sehen, finde ich fast ein wenig anmaßend. Gleichwohl habe ich natürlich viel mit jungen Kollegen zu tun, denen man zeigen möchte, wie der Weg weitergehen kann. Ich versuche, meinen Beruf so auszuüben, dass sich die Jüngeren daran orientieren können; im Hinblick auf Seriosität, Ausdauer, Umgang mit den Mandanten, juristische Tiefe, auch auf den Umgang intern mit Kollegen und Mitarbeitern. Da will man dann doch wieder ein Vorbild sein. Aber am Ende muss jeder seinen eigenen Stil entwickeln.
Was muss ein Hochschulabsolvent tun, um als Jurist Karriere zu machen?
Ich glaube, man muss nicht als erstes Spezialkenntnisse erwerben, sondern sollte vor allen Dingen Offenheit besitzen, Neugier, Interesse an neuen Entwicklungen. Man sollte Spaß haben, an dem, was man tut und man muss einige klassische „Sekundärtugenden“ besitzen: Fleiß, Ausdauer, Zähigkeit. Die Liebe zum Detail spielt auch eine große Rolle. Wir haben sehr komplexe Vertragswerke zu bewältigen, und da muss man auch auf Seite 163 noch bei der Sache sein. Das muss man mögen. Und man muss mit einer Vielzahl von Menschen zurechtkommen. Man ist schließlich nicht alleine auf der Welt. Man muss auch lernen, mit Rückschlägen umzugehen. Manchmal denkt man vielleicht: Oh Gott, das schaffe ich nicht. Und dann muss man trotzdem dranbleiben. Das ist viel wichtiger, als frühzeitig profunde Börsenkenntnisse zu haben.
Warum sind denn gute Noten in den Examina nach wie vor so wichtig beim Einstieg?
Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass Noten eine Aussagekraft haben im Hinblick auf die Frage: Hat jemand die Zähigkeit, die Ausdauer, die Nachhaltigkeit, die Detailliebe, und schafft er es, Komplexitäten zu bewältigen? Wir haben bei unseren Mandaten sehr komplexe Situationen zu bewältigen, die einen intellektuell oft bis an den Rand fordern. Die Noten haben in dieser Hinsicht eine gewisse Signifikanz. Natürlich gibt es Ausnahmen. Deswegen schauen wir uns auch immer wieder Kandidaten mit etwas schwächeren Noten an.
Wie wichtig sollte die Karriere überhaupt im Leben sein?
Das ist eine Frage, die jeder für sich beantworten muss. Karriere kann ja nur ein persönliches Ziel sein, und dieses Ziel muss doch sein, mit seinem Leben zufrieden zu sein. Das kann sein, High Powered Executive zu sein, das kann aber auch sein, in einer sozialen Organisation zu arbeiten. Karriereerfolg ist für mich, wenn jemand jeden Tag zufrieden zur Arbeit geht und sich sagen kann: So gefällt mir der Weg.
Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Bewerbungsgespräch?
Ja, sehr gut. Mein erstes richtiges Bewerbungsgespräch fand 1984 bei Baker & McKenzie statt. Ich war sehr beeindruckt, von der Internationalität, aber vor allem von den Persönlichkeiten, die ich getroffen habe. Das waren Menschen, die einen gewissen Stil, eine Freundlichkeit, eine Gelassenheit besaßen vor dem Hintergrund ihres persönlichen Erfolgs. Ich erinnere mich deswegen sehr genau daran, weil ich mit dem Kollegen, der mich damals interviewt hat und der bei Baker lange Jahre mein Partner war, heute noch freundschaftlich verbunden bin.
Skadden wurde 1948 in New York gegründet. Wie macht sich die Herkunft der Kanzlei im Arbeitsalltag bemerkbar?
Eine Kanzlei hat tatsächlich ihren eigenen Stil. Und der wird meist über die Generationen hinweg weitergegeben. Dafür müssen wir ins Jahr 1948 zurückgehen. Unser erster Associate, Joe Flom [Joseph H. Flom, einziger noch lebender namengebender Partner, Anm. d. Red.], der noch heute unser Partner ist, erzählt ab und zu von dieser Zeit. Die Kanzlei war damals sehr klein. Es gab in New York schon etablierte, vornehme Großkanzleien, die zum Teil heute noch existieren. Unsere Gründer waren Newcomer, die nicht in etablierte, große Organisationen wollten. Sie wollten auch nicht unbedingt vornehm sein – sie wollten vor allem interessante Rechtsfälle bearbeiten. Und das ist sich erlich etwas, was uns heute noch prägt, eine gewisse informelle Kollegialität.
Seit zehn Jahren ist Skadden bereits die umsatzstärkste Kanzlei der USA und drittstärkste Kanzlei der Welt und alles aus eigener Kraft und ohne Übernahmen. Setzt einen das unter Druck?
Das ist toll, oder?
Ja. Aber es könnte auch Druck ausüben.
Wir sehen unsere Position sicherlich als eine Herausforderung, an führender Stelle zu bleiben. Wir haben eine Verantwortung für die Organisation, auch für die nachfolgende Generation. Wir haben hier Menschen, die Arbeitsplätze haben; diese wollen wir erhalten und ausbauen. Sehen wir das als Druck? Na ja, erst einmal sehen wir das als Spaß, denn wir üben den Beruf gerne aus. „Positive Herausforderung“ trifft es besser. Objektiv betrachtet, ist auch ein gewisser Druck vorhanden. Wir sind schließlich Geschäftsleute.
Haben Sie noch einen Karriere-Tipp für unsere Leserinnen und Leser?
Versuchen Sie, Ihre individuellen Möglichkeiten auszuschöpfen und dahin zu kommen, dass Sie nicht später denken: Ich hätte etwas anderes machen sollen, ich hätte mehr erreichen sollen. Das heißt, man muss sich fragen: An welchem Platz möchte man denn sein? Und das sollte das persönliche Karriereziel sein. Also: Finden Sie Ihren eigenen Weg und gehen Sie den mit Selbstbewusstsein, dann wird er auch erfolgreich sein.
Zum Unternehmen
Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom LLP wurde 1948 in New York als kleine Wirtschaftskanzlei von Marshall Skadden, John Slate and Les Arps gegründet. Ihr erster angestellter Anwalt, Joseph H. Flom, und der 1959 hinzugekommene Bill Meagher wurden 1961 ebenfalls in den Firmennamen aufgenommen. Seitdem ist der Name der Lawfirm, die an 24 Orten weltweit vertreten ist, unverändert.
Mittlerweile gehört die Sozietät zu den größten der Welt. Sie ist die umsatzstärkste Kanzlei der USA und die drittstärkste weltweit. Diese Größe erreichte sie komplett aus eigener Kraft – ohne Übernahmen bereits bestehender, renommierter Kanzleien. Dabei ist gerade Mergers & Acquisitions eines der Haupttätigkeitsgebiete von Skadden – und das Rechtsgebiet, in dem die Kanzlei Pionierarbeit in den USA geleistet hat.