Mauern hochziehen und mit Steinen und Mörtel bauen – das hat Klaus Pöllath schon als Schüler begeistert. Direkt nach dem Studium stieg er bei Züblin ein, dem heutigen Marktführer im deutschen Hoch- und Ingenieurbau, wo er 24 Jahre später Vorstandsmitglied wurde. Für die Baubranche wünscht er sich mehr Akzeptanz in der Gesellschaft. „Denn Bauingenieure und Architekten prägen die Welt, in der wir leben“, sagt der Ingenieur. Im karriereführer spricht er über seinen Berufseinstieg, faszinierende Bauprojekte und die Zukunft der Branche. Die Fragen stellte Britta Hecker.
Zur Person
Klaus Pöllath wurde 1953 in Marktredwitz geboren. Von 1973 bis 1978 studierte er Bauingenieurwesen mit den Vertiefungsfächern Massivbau, Grundbau und Bodenmechanik an den Technischen Universitäten in Stuttgart und München. Nach dem Abschluss stieg er bei der
Ed. Züblin AG ein.Zehn Jahre später wurde der Ingenieur Niederlassungsleiter der Züblin Spezialtiefbau GmbH in München. Seit 1990 ist er Geschäftsführer der Züblin Spezialtiefbau GmbH in Stuttgart. Zusätzlich führte er von 2001 bis 2005 die Geschäfte der Auslandsabteilung als Geschäftsführer der Züblin International GmbH. Vorstandsmitglied der Ed. Züblin AG ist er seit 2003. Der gebürtige Oberfranke ist verheiratet und hat zwei Söhne.
Wie sind Sie 1979 zu Züblin gekommen?
Als ich gerade meinen Abschluss an der TU München gemacht hatte, fragte mich der damalige Vorstand der Ed. Züblin AG, Professor Volker Hahn, ob ich nicht zu seiner Firma nach Stuttgart kommen möchte. Das schien mir das richtige Unternehmen zu sein. Schließlich träumt jeder Student davon, anspruchsvolle Bauwerke zu erstellen. So landete ich damals, mit 25 Jahren, in der neu gegründeten Abteilung Spezialtiefbau.
Wie lief der Einstieg?
Für mich war das mehr als die Erfüllung meiner Träume. Denn ich hatte ganz schnell die Möglichkeit, meine erste Baustelle als Bauleiter zu betreuen. Das war am Kulturwehr in Kehl am Rhein – für mich als Jungspund eine sehr interessante Maßnahme.
Und heute sind Sie Vorstandsmitglied im selben Unternehmen. Ist so eine Karriere auch heute noch möglich?
Bei Züblin wurde der Vorstand immer aus den eigenen Reihen gewählt. Denn die Erfahrungen im eigenen Unternehmen, die Akzeptanz durch die Mitarbeiter und das langjährige Engagement sind entscheidend für eine Vorstandstätigkeit. Das sichert die Kontinuität und eine enge Beziehung zum Unternehmen und zu den Kunden.
Mit welchen Fähigkeiten kommt man denn an die Spitze eines Unternehmens?
Was ich jetzt aufzähle, trifft natürlich nicht nur auf mich, sondern auch auf viele andere zu: Voraussetzungen sind eine sehr gute Fachausbildung, die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen, ein ausgeprägtes Interesse, Neues auszuprobieren. Man muss über das normale Maß hinaus einsatzbereit und teamfähig sein, detailgetreu arbeiten, aber auch den Blick für das Ganze behalten. Und wie jeder Vorgesetzte sollte man seine Freude an der Arbeit auch an andere weitergeben können und in gewisser Weise ein Vorbild sein. Wenn man mit diesen Fähigkeiten zur rechten Zeit am rechten Ort ist, kann man auch an die Spitze des Unternehmens kommen.
Wie steht es derzeit um die Baubranche?
Wir sind derzeit sehr gut aufgestellt, um unsere gesellschaftlichen Aufgaben zu erfüllen. In Deutschland stehen viele Aufgaben an, zum Beispiel die Erneuerung der Infrastruktur, Brücken, Kanalisation, Schulen und Universitäten, Krankenhäuser und altengerechtes Wohnen. Die Instandhaltung und der Neubau öffentlicher Gebäude sind von größtem Interesse. Dabei gehen wir gemeinsam mit den Auftraggebern neue Wege: Stichwort Public Private Partnership. Ein anderes wichtiges Thema in der Baubranche ist der Nachwuchs. Wir müssen Jugendliche wieder für Technik begeistern und für eine technische Ausbildung werben. Damit es in Zukunft mehr Ingenieure gibt.
Mit welchem Spezialwissen kommt man heutzutage als junger Bauingenieur weiter?
Bauingenieure müssen ihre Fertigkeiten in Spezialgebieten beweisen und nicht nur Fachwissen einbringen. Der Bauingenieur muss mit seinem Fachwissen als Unternehmer tätig sein, das heißt, er muss ein guter Verkäufer sein und seine Arbeit präsentieren können. Darüber hinaus muss er Verantwortung übernehmen können. Auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse sind wichtig. Vor allem muss man von dem, was man tut, überzeugt sein. Einen guten Gedanken muss man verfolgen, dann wird man auch zu einer guten Lösung kommen.
Welche Einstiegsmöglichkeiten bietet Züblin den Hochschulabsolventen?
Bei uns gibt es drei Möglichkeiten des Einstiegs. Als Trainee durchlaufen die Absolventen in 15 Monaten verschiedene Bereiche, um sie optimal auf die entsprechende Zielposition vorzubereiten. Darin enthalten ist auch ein Auslandsaufenthalt. Eine andere Möglichkeit ist der Direkteinstieg in der Zentralen Technik, das ist eine Abteilung in der Hauptverwaltung. In diesem Bereich stellen wir jedes Jahr 100 bis 150 Mitarbeiter ein, die anschließend in den operativen Bereich wechseln. Der Direkteinstieg ist auch im operativen Bereich möglich, in einer Niederlassung oder Geschäftsstelle. Wir sind sehr regional orientiert.
Was sind die aktuellen herausragenden Bauprojekte Ihres Unternehmens?
Erwähnenswert sind beispielsweise der 140 Meter hohe Opernturm in Frankfurt am Main oder das Kraftwerk Neurath bei Köln. Dann haben wir ein Brückenbauwerk in Abu Dhabi, das in drei unterschiedlichen Bauweisen – Taktschieben, Freivorbau und Lehrgerüst – produziert wird. Oder die Hochgeschwindigkeitsstrecke in China, eine industriell gefertigte Feste Fahrbahn von 458 Kilometer Länge. Da schnalzt man als Ingenieur mit der Zunge. Diese besonderen technischen Projekte begeistern mich sehr.
Wie oft sind Sie selbst auf der Baustelle?
Auf Baustellen bin ich etwa zweimal pro Woche. Das ist ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit, um die Beziehungen zu den Mitarbeitern, aber auch zu den Kunden zu pflegen. Erst gestern war ich auf einer Baustelle in Leipzig. Dort bauen wir in einer Arbeitsgemeinschaft den City-Tunnel-Leipzig im Bereich des bestehenden Hauptbahnhofs. Leipzig bekommt seine erste U-Bahn, die zwischen dem Bayerischen Bahnhof und dem Hauptbahnhof verlaufen soll. Bei solchen Ingenieurtiefbauprojekten tauchen im Bauablauf immer wieder Probleme auf, die analysiert und mit allen Parteien vor Ort besprochen werden müssen. Da kommt dann auch mal der Vorstand mit dazu.
Welches Bauprojekt fasziniert Sie immer wieder?
Auch heute noch interessiere ich mich für die Entstehung komplexer Baugruben, vor allem in Berlin. Dort sind die Bedingungen sehr schwierig, weil das Grundwasser sehr hoch steht und der Bauuntergrund überwiegend sandig ist. Wir erstellen Baugruben im Zentrum Berlins, wie Unter den Linden, im Spreedreieck und am Alexanderplatz. Hier ist höchste Kompetenz gefragt. Dieses Thema ist meine Leibspeise. Hier führt die Verbindung direkt zu meinen beruflichen Anfängen.
Was würden Sie gerne noch bauen?
Ich denke vor allem an erneuerbare Energien. Da müssen wir als Ingenieure unseren Beitrag leisten. Wir sind bei großen Projekten dabei, etwa Offshore- Windparks in der Nordsee oder Sonnenaufwindkraftwerke in der Sahara. Für Ingenieure ist das auf jeden Fall faszinierend.
Zum Unternehmen
Die Ed. Züblin AG ist eines der größten deutschen Bauunternehmen mit Niederlassungen und Tochtergesellschaften im In- und Ausland. Das Unternehmen gehört zum österreichischen Konzern Strabag SE. Bereits 1898 gründete der Ingenieur Eduard Züblin das „Ingenieur- Bureau für Cement-Eisenconstructionen“ im elsässischen Straßburg. 1919 entstand das deutsche Stammhaus in Stuttgart. Der Hauptsitz des Unternehmens befindet sich heute in Stuttgart- Möhringen, im sogenannten Züblin-Haus, erbaut nach Plänen des Architekten Gottfried Böhm.
Im Jahr 2006 erwarb Züblin den Hoch und Ingenieurbau der Strabag AG, Köln, und entwickelte sich zum deutschen Marktführer in diesem Geschäftsfeld. Die Gesamtleistung des Konzerns betrug im vergangenen Jahr etwa 2,6 Milliarden Euro. 23 Prozent der Summe wurden im Ausland erwirtschaftet. Der Konzern beschäftigt etwa 10.000 Mitarbeiter.