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Die ersten 100 Tage

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Bereits in der Probezeit kündigt rund ein Drittel der beruflichen Neueinsteiger. In vielen Fällen ist solch eine frühe Kündigung auf die fehlende „Chemie“, auf ein schlechtes Betriebsklima oder auf Integrationsprobleme zurückzuführen. Als Einsteiger sollte man daher einige Grundregeln beherzigen:

Augen und Ohren auf

Stellen Sie fest, wer die offiziellen und wer die inoffiziellen Ansprechpartner sind. Seien Sie sensibel für informelle Strukturen, für unausgesprochene Verhaltens- und Kommunikationsregeln. Welcher Umgangston herrscht unter den Kollegen und gegenüber Vorgesetzten? Wie ist die Kleiderordnung? Wie grüßt man sich? Vorsicht bei der Frage „Du oder Sie“. Preschen Sie hier nicht vor, sondern warten Sie, bis jemand auf Sie zukommt.

Erst schauen, dann fragen

Bevor Sie Ihren Kollegen auf die Nerven gehen: Erst schauen, dann fragen. Vielleicht ergibt sich eine Antwort ja bereits durch genaues Beobachten. Zeigen Sie sich aufgeschlossen und interessiert. Üben Sie konstruktive Kritik, wo sie angebracht ist. Stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel. Allerdings ohne als Besserwisser oder Angeber zu erscheinen.

Der erste Tag

Sinnvoll ist das in vielen unternehmen inzwischen praktizierte „Mentoring“. Dabei wird dem oder der „Neuen“ bei Jobantritt ein Mentor zugewiesen, der in die Arbeitsstrukturen und den Kollegenkreis einführt. Wenn nicht: Sitzen Sie am ersten Tag nicht untätig herum, falls keiner Zeit für Sie hat. Fragen Sie, wo Sie helfen können oder studieren Sie schon einmal die Mitarbeiterliste. Sie bleiben sicherlich nicht lange ohne Beschäftigung.

Das A und O: Integration

Ein gemeinsamer Kantinenbesuch oder der Kollegen-Kaffeeplausch fördert die soziale Integration. Außerdem haben Sie hier die Möglichkeit, Neues zu erfahren und Fragen zu stellen. Allerdings: Alles in Maßen. Beteiligen Sie sich nicht an jedem Kaffeeklatsch und üben Sie Zurückhaltung beim „Getratsche“ über Chef oder Kollegen.

Vermeidung von Problemen vermeiden

Sprechen Sie Probleme an – auch, wenn Sie sich benachteiligt oder in Ihrer Arbeit nicht anerkannt fühlen. Üben Sie jedoch immer nur konstruktive Kritik. Sinnvoll ist auch ein zum Einstieg vereinbartes Mitarbeitergespräch. So ist eine stetige Verbesserung möglich.

Interview mit Hans-Werner Honert

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Von Wirtschaftswissenschaftlern wird in den Unternehmen verlangt, dass sie kreative Lösungen finden, die sich rechnen müssen. Wie das geht, weiß Hans-Werner Honert, der als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent erfolgreich ist. Der Geschäftsführer von Saxonia Media berichtet über den Spagat zwischen Kreativität und Controlling und gibt Einsteigern Tipps, wie man für Projekte Teams optimal zusammensetzt. Das Gespräch führte André Boße.

Zur Person

Hans-Werner Honert, 60, wuchs in Großdalzig bei Leipzig auf und machte 1969 sein Abitur in Leipzig. Er volontierte danach beim Deutschen Fernsehfunk (DFF) und veröffentlichte erste Gedichte. 1971 ging er für fünf Jahre nach Moskau, wo er am Institut für Kinematografie Regie studierte.

Nach dem Studium arbeitete er als Regisseur und Autor beim Fernsehen der DDR und der Defa. Als Drehbuchautor war er für diverse Folgen der Krimiserie „Polizeiruf 110“ verantwortlich. Nach der Wende erfand er die „Tatort“-Ermittler des MDR, inszenierte und schrieb Filme der „Tatort“-Reihe und anderer Formate. In erfolgreichen Spiel- und Fernsehfilmen setzte er sich mit der DDR-Geschichte auseinander. Zudem schrieb er Hörspiele für Kinder und Erwachsene. 1995 wurde er Geschäftsführer der Saxonia Media Filmproduktion.

Herr Honert, trennen Sie persönlich zwischen kreativer und streng ökonomischer Arbeit?
Ich habe Anfang der 70er-Jahre in Moskau Regie studiert, und unser Professor gab uns den Rat: „Wenn Ihr Euren persönlichen Film machen wollt, kauft Euch ein Stück Leinwand und malt ein Bild. Das ist billiger.“ Was er damit sagen wollte: Einen Film zu drehen, kostet Geld. Man darf nicht nur an sich, sondern muss immer auch an das Publikum denken – sonst geht man finanziell baden. Daher ist für mich jedes Reden über Kreativität mit Wirtschaftlichkeit verbunden.

Stehen sich da bildlich zwei Lager gegenüber: die Controller, die die Kosten im Blick haben, und die Kreativen, die an ihre Geschichte denken?
Zunächst einmal: Ich würde keinem raten, eine Karriere in der Filmindustrie anzustreben, wenn man den Film nicht liebt und nicht versteht, was einen ausgezeichneten Film ausmacht. Grundsätzlich kann ein gemeinsames Projekt nur funktionieren, wenn alle mit Leidenschaft bei der Sache sind, die Controller genauso wie die Kreativen. Nur, wenn sich beide Seiten für eine Idee begeistern, ist der Anfang gemacht, um das Projekt zu realisieren.

Können Sie anhand eines Beispiels erklären, wie im Idealfall ein Miteinander aus Controllern und Kreativen aussieht?
Am Anfang eines Projekts steht ein Exposé. Nehmen wir an, es handelt sich um einen historischen Film, der um das Jahr 1920, an Schauplätzen in China, Deutschland sowie den USA spielt und am Ende eine Szene mit großem Aufwand hat, nämlich ein Autorennen. Man weiß dann auf den ersten Blick, dass dieser Film richtig teuer wird. Die entscheidende Frage ist: Glaube ich, dass ich mit diesem Film genügend Menschen, die später im Kino eine Karte kaufen sollen, eine Freude mache?

Ein bisschen wirtschaftliches Risiko ist also immer dabei.
Es kann immer sein, dass man einen Film in den Sand setzt. Wichtig ist nur: Es sollten nicht zwei in Folge sein. Denn dann haben Sie Schwierigkeiten, auf dem freien Markt Geld für ein neues Projekt zu bekommen oder einen Auftraggeber in einem Fernsehsender zu finden, weil die Banken oder Sender zu Recht sagen: Wir vertrauen Ihnen nicht mehr.

Viele Einsteiger werden im Laufe ihrer Karriere vor genau dieser Frage stehen: Wird sich das Projekt rechnen oder nicht? Haben Sie einen Tipp, wie diese Entscheidungsfindung gelingen kann?
Wichtig ist erstens, die Komplexität des Prozesses im Auge zu behalten, denn in schwierigen wirtschaftlichen Gemengelagen gibt es keine schnellen Antworten. Zweitens muss ich für das Projekt brennen. Wenn ich es nur pflichtbewusst angenommen habe, wird es am Ende nicht bestehen. Es gab einen Film, bei dem ich fünf Jahre in die Vorbereitung investiert habe. Ich habe immer wieder neue Gelder gesucht, das Drehbuch verändert und überlegt, wo sich Kosten sparen lassen. Wir saßen oft in großen Runden zusammen, und die Ausgangslage war immer: Wir lieben diesen Film, wir wollen ihn.

Sprich: Es empfiehlt sich, bei solchen Projekten andere Leute mit in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.
Das ist ganz entscheidend. Um Kosten zu senken, haben wir den Film schließlich an diversen Orten in Tschechien, Berlin und Leipzig gedreht. Das Resultat war eine komplizierte Logistik. Wäre der Controller oder der Produzent alleine dafür verantwortlich gewesen, hätte es Gemurre gegeben. So hat das Team aber gemeinsam gedacht und gehandelt – und stand geschlossen hinter der Sache.

Als Filmproduzent sind Sie in gewisser Weise ein Projektmanager, wie man ihn immer häufiger in modernen Unternehmensstrukturen findet. Einsteiger werden heute schon früh vor die Aufgabe gestellt, Teams zu leiten. Wie gelingt es Ihnen, andere erfolgreich in ein Projekt einzubeziehen?
Indem ich für mich zunächst einmal feststelle: Ich bin zwar am Ende derjenige, der die Verantwortung für die Entscheidung trägt, aber dennoch bin ich ein Teamarbeiter. Also gehe ich zu Leuten aus dem Team, denen ich vertraue und denen ich etwas zutraue, und tausche mich aus, lasse mich beraten.

Was mache ich mit einem Teammitglied, bei dem ich merke: Da ist kein Feuer?
Wer sich nicht für ein Projekt interessiert, dem fällt dazu auch nichts ein. Gedanken und Ideen entstehen nur, wenn eine innere Überzeugung da ist. Wer keine Lust auf das Projekt verspürt, hat in einem Team, das ein Projekt voranbringen soll, keinen Platz. Da muss man rigoros sein, zumal, wenn sich die Teams nur für eine bestimmte Dauer zusammenfinden.

Gab es in Ihrer Karriere einen Umweg, den Sie gegangen sind und der sich rückblickend als sehr gewinnbringend erwies?
Ich war immer neugierig auf das Leben da draußen. Ich mache Filme über und für die Menschen und habe immer versucht, mittendrin unter den Menschen zu sein. Da schaut man mal mehr nach links, mal mehr nach rechts. Andere würden das Umwege nennen. Für mich sind das alles notwendige Wege, um sich mit den Menschen auseinandersetzen zu können.

Sie kennen also Ihre Kunden, weil Sie mitten unter ihnen leben. Wissen Sie dadurch noch genauer, was die Kunden wollen? Was ihre Bedürfnisse sind?
Es gibt dafür einen alten Begriff, den Gotthold Ephraim Lessing geprägt hat: die Wahrscheinlichkeit. Jede Geschichte, die im Kino oder im Fernsehen erzählt wird, muss für den Zuschauer wahrscheinlich sein – denn nur so kann er einen Bezug zu seiner Lebenswelt herstellen und emotional eintauchen.

Zum Unternehmen

Das Kerngeschäft der Filmproduktionsgesellschaft mit Sitz in Leipzig sind TV-Formate wie Folgen des „Tatort“, „Polizeiruf 110“ sowie die erfolgreiche wöchentlich laufende Krankenhausserie „In aller Freundschaft“. Darüber hinaus produziert das Unternehmen Kinderformate wie „Schloss Einstein“ sowie Fernseh- und Kinofilme.

Neben kreativen Produzenten und Autoren arbeiten bei Saxonia Media auch zwei festangestellte Controller. Das Unternehmen beschäftigt insgesamt 16 feste und 600 freie Mitarbeiter.

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Interview mit Petra Hesser

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Seit Anfang letzten Jahres steht eine Frau an der Spitze des berühmtesten Imports aus Schweden: Petra Hesser, 48, ist die Deutschland-Chefin von IKEA.

Zur Person

Petra Hesser, geboren am 5.11.1958 im baden-württembergischen Neckarsulm, ließ sich zunächst zwei Jahre lang bei Hertie in Nürnberg zur Handelsassistentin ausbilden. Anschließend studierte sie Betriebswirtschaft an der Fachhochschule in Mainz. Mit 24 Jahren begann sie als Abteilungsleiterin im Verkaufsservice von IKEA in Wallau und arbeitete unter anderem als Geschäftsführerin einer Niederlassung sowie als Personalleiterin von IKEA Deutschland. 2002 ging sie als Geschäftsführerin in die Niederlande, bevor sie vier Jahre später als Geschäftsführerin von IKEA Deutschland nach Wallau zurückkehrte. Petra Hesser lebt in einer festen Partnerschaft und hat keine Kinder.

Was war Ihr erstes IKEA-Möbelstück, und wann haben Sie es gekauft?
Als ich 1981 angefangen habe zu studieren, habe ich mir bei IKEA ein Ivar-Regal gekauft. Später habe ich es an meinen Bruder verschenkt. Mein Ivar-Regal gibt es mittlerweile nicht mehr, aber die Serie hat IKEA noch immer im Angebot. Das Ivar-Regal ist einer unserer Klassiker.

Sie sind nach Ihrem Studium 1984 bei IKEA eingestiegen und haben sich hochgearbeitet bis zur Deutschland-Chefin. Ist solch eine Karriere heutzutage überhaupt noch möglich?
Um so lange in einem Unternehmen zu bleiben, müssen natürlich verschiedene Faktoren zusammenkommen. Wichtig ist, dass der Mitarbeiter immer neue, herausfordernde Aufgaben erhält und sich dadurch beruflich und persönlich weiterentwickeln kann. Das Unternehmen muss eine entsprechende Weiterbildungs- und Entwicklungsstruktur bieten, die solche Wechsel ermöglicht. Wenn sich Interessensgebiete verlagern, sollten die Mitarbeiter nicht gezwungen sein, für den Rest ihres Lebens auf der Spur zu bleiben, die sie einmal gewählt haben. Wer diese Offenheit für Neues mitbringt, sollte sich auch ein Unternehmen suchen, das diese Offenheit widerspiegelt.

Und IKEA ist solch ein Unternehmen?
Ich denke schon, dass wir unseren Mitarbeitern außergewöhnliche Karrierewege bieten können. Auch ich bin deshalb so lange geblieben, weil ich immer wieder vor neue Aufgaben und Herausforderungen, neue Standorte oder sogar ein neues Land gestellt worden bin. Etwa alle drei bis fünf Jahre habe ich immer wieder etwas Neues begonnen. Ein anderes Beispiel: Einer unserer Mitarbeiter war lange Jahre im Logistikbereich tätig. Später hat er als Chef eines Einrichtungshauses gearbeitet, danach hat er Projektaufgaben übernommen. Jetzt ist er verantwortlich für alle IKEA-Restaurants in Deutschland. Er hat bewiesen, dass er das Interesse, die notwendigen Managementfähigkeiten und den Willen mitbringt zu lernen. Daran glauben wir, und daher setzen wir mehr auf die Motivation unserer Mitarbeiter als auf geradlinige Lebensläufe.

Haben Sie es jemals bereut, außer bei Ihrer Ausbildung niemals woanders als bei IKEA gearbeitet zu haben?
Bereut habe ich es nicht. Aber manchmal denke ich, ich müsste eigentlich mal gesehen haben, wie es in anderen Unternehmen zugeht, welche Schwierigkeiten sie haben und wie ich sie meistern würde. Aber ich finde es nicht grundsätzlich gut oder schlecht, viele Jahre in einem Unternehmen zu bleiben. Das hängt von den Aufgaben und dem Unternehmen ab sowie vom Anspruch, den der Mitarbeiter an sich und seine Arbeit stellt. Will er möglichst viele Unternehmen kennen lernen und sich immer wieder in neue Aufgaben einarbeiten, ist ein Wechsel sicherlich nicht schlecht. Auch wir haben Mitarbeiter in Top-Positionen, die wir von extern rekrutiert haben und die ebenso erfolgreich sind wie Menschen, die sich im Unternehmen hochgearbeitet haben. Bei uns gibt es beide Wege.

Wann haben Sie die Entscheidung getroffen, in den Handel zu gehen?
Schon recht früh. Ich bin auf dem Land groß geworden, und als ich das erste Mal bewusst in der Großstadt einkaufen war, bin ich in einem Kaufhaus die Rolltreppe hochgefahren und fand den Ort faszinierend. Ich dachte nur: Hier muss ich arbeiten! Gleichzeitig wuchs der Wunsch, dass ich eines Tages Chef eines Kaufhauses sein wollte. Nach dem Studium hätte ich auch die Möglichkeit gehabt, in einer Bank volkswirtschaftliche Analysen zu erstellen. Ich sah mich schon hinter den Ordnern sitzen, ohne Kontakt zu Menschen – das wäre für mich undenkbar gewesen.

Was fasziniert Sie denn so sehr an der Handelsbranche?
Das Gleiche wie am ersten Tag: die Dynamik im Einzelhandel, die Begegnungen mit Menschen, Kunden wie Mitarbeitern. Im Handel kann man sofort den Erfolg seines Handelns erkennen: Hat man den Kunden gut beraten, kauft er etwas. Es bewegt sich einfach so viel.

Sie waren über drei Jahre lang Geschäftsführerin in Holland und haben sogar Niederländisch gelernt. Wie haben Sie davon profitiert?
Dass ich mich mit den Mitarbeitern in ihrer Sprache unterhalten konnte, hat mir sehr viele Türen geöffnet. Daher kann ich jedem raten, bevor er für längere Zeit in ein fremdes Land geht, die Sprache zu lernen, und seien es nur die Grundzüge. Ich habe während meines Auslandsaufenthalts in den Niederlanden viele Expatriates erlebt, die mit ihren Kollegen auf Englisch kommuniziert haben, was ja in Holland kein Problem ist. Aber man bleibt immer ein wenig der Außenseiter. Selbst wenn man die Sprache kennt, ist es schon schwer genug, Teil der Gesellschaft zu werden – ohne gemeinsame Sprache ist es noch schwieriger.

Welche weiteren Tipps können Sie für einen Auslandsaufenthalt geben?
Zeigen Sie Respekt vor der neuen Kultur! Man darf nicht sein eigenes Kulturverständnis ins Land mitbringen und versuchen, dieses dort zu implementieren. Stattdessen sollte man sich die Menschen und ihre Kultur anschauen und erfahren, wie sie miteinander und mit Fragestellungen umgehen. Indem man Dinge ausprobiert, zeigt man Offenheit und nimmt am Leben im Land teil. Davon profitiert nicht nur die persönliche Entwicklung, sondern auch das Verhältnis zu den Kollegen und Mitarbeitern. Man wird schnell als einer von ihnen anerkannt, was vieles erleichtert. Darüber hinaus sollte man sich fragen, welche Werte die Menschen in dem fremden Land haben. Um diese zu erkennen, muss man Empathie mitbringen und auf die Werte eingehen. Das heißt nicht, dass man seine eigenen Werte vernachlässigen und für unwichtig halten sollte. Man muss einfach eine gemeinschaftliche Basis für die Zusammenarbeit finden. Ich empfehle jedem, der ins Ausland gehen will, sich in Seminaren über die kulturellen Unterschiede in den Ländern zu informieren.

Ist denn der Unterschied zwischen Deutschland und den Niederlanden wirklich so groß?
Jedes Land ist unterschiedlich, selbst wenn es nur das Nachbarland ist. Ein Beispiel: Weihnachten spielt in den Niederlanden keine so große Rolle wie in Deutschland. Viel wichtiger ist für die Niederländer der 5. Dezember – von dem ich vorher noch nie etwas gehört hatte. Am 5. Dezember kommt Sinterklaas und bringt die Geschenke. Alle Geschäfte schließen schon um 17 Uhr. Das war für mich ganz neu, und ich musste mich bei meiner Arbeit darauf einstellen.

Der IKEA-Europachef Nord, Werner Weber, hat Sie auf Ihrem beruflichen Weg unterstützt. Wie wichtig ist ein Mentor für die Karriere?
Enorm wichtig. Ich kann von Glück sagen, dass ich immer Menschen um mich herum hatte, die an mich geglaubt haben. Sie haben mit mir zusammen Schritte gemacht und sind dabei hin und wieder vielleicht auch ein Risiko eingegangen – aber es hat mir geholfen zu lernen. Ich erinnere mich an eine Episode während meiner Ausbildung bei Hertie. Ich durfte eigenständig eine 100 Quadratmeter große Fläche als Bildergalerie ausstatten. In meiner Euphorie habe ich nur Bilder gekauft, die mir selbst gefallen haben. Und jetzt raten Sie mal, wie viel ich verkauft habe? Sehr wenig! Mein Abteilungsleiter hat zwar gesehen, was in der Galerie passierte, aber er hat mich meine Erfahrung machen lassen. Nachher haben wir die Sache besprochen – und seitdem habe ich nie wieder Produkte eingekauft, die nur ich gut finde. Fazit: Sie brauchen Menschen, die bereit sind, für Sie einzustehen, die Fehler mittragen und die sich die Zeit nehmen, an Sie zu glauben. Solche Menschen hatte ich zum Glück immer an meiner Seite.

Wie findet man einen guten Mentor?
Das Persönliche spielt eine große Rolle, man muss eine Beziehung zu ihm aufbauen können. Zu dem Verhältnis zwischen Mentor und Mentee gehört viel Vertrauen. Der Mentor muss Sie auf einen Weg schicken können und dabei hinter Ihnen stehen. Wenn es schiefgeht, muss er bereit und in der Lage sein, für den Fehler einzustehen. Er sollte die Abläufe und Strukturen in einem Unternehmen kennen und Ihnen Türen öffnen. Als Alternative für die persönliche Entwicklung kann sich auch ein Coach anbieten. Wir bei IKEA geben unseren Mitarbeitern die Möglichkeit, zum Beispiel bei Veränderungsprozessen oder bei der Übernahme einer neuen Abteilung Coaches in Anspruch zu nehmen. Wer erkennt, dass er Bedarf hat, sollte einfach die Initiative ergreifen.

Ist es richtig, dass Sie täglich zwölf Stunden und mehr arbeiten? Wie hält man solch eine Arbeitsbelastung auf Dauer aus?
Die Arbeit ist mein Leben, und sie macht mir Spaß. Ich schaue daher nicht immer auf die Uhr. Manchmal sind die Tage lang, manchmal mache ich auch früher Feierabend. Sicher, ich komme bestimmt auf 50 bis 60 Stunden in der Woche, aber ich gebe ja nicht zwölf Stunden am Tag permanent Output. Das kann aus meiner Sicht niemand leisten. Auch ich brauche Phasen, in denen ich nachdenken und neue Kraft sammeln kann. Denn Führungskräfte, die viel mit Menschen arbeiten, geben viel von ihrer eigenen Kraft und Energie weiter. Sich mit vielen unterschiedlichen Menschen und Themenstellungen auseinanderzusetzen, ist eine große Herausforderung. Als Ausgleich muss ich hin und wieder auch mal mit mir allein sein, spazieren gehen, lesen, zu Hause sein, mit Freunden, mit meiner Familie – einfach auftanken.

Haben Sie schon einmal Mitarbeiter entlassen müssen?
Ja, sich von Mitarbeitern zu trennen – ob aus Betriebs- oder aus persönlichen Gründen – gehört zu den Aufgaben einer Führungskraft dazu.

Und wie gehen Sie persönlich damit um?
Mir ist es immer wichtig, dass ich die Chance habe, dem Mitarbeiter meine Entscheidung verständlich darzulegen. Ich nehme mir die Zeit, meine Gründe deutlich zu machen. Viele empfinden die Entscheidung sicherlich zunächst als hart und ungerecht, aber ich will, dass derjenige sie versteht, sie nachvollziehen kann. Er soll daraus lernen und die Veränderung positiv sehen. Ich stehe heute noch mit vielen der Mitarbeiter, die ich irgendwann einmal entlassen musste, in Kontakt. Sie melden sich regelmäßig bei mir, um mir über ihre Entwicklungsschritte zu berichten.

Sehen Sie sich als Vorbild für Frauen in Führungspositionen?
Der Unterschied zu vielen anderen weiblichen Führungskräften: Ich habe keine Kinder. Diesen Teil musste ich in meinem Leben niemals managen. Ich habe daher sehr großen Respekt vor Frauen, die in der Lage sind, Familie, Kinder und Beruf in Einklang zu bringen. Für diese Frauen kann ich also kein Vorbild sein. Aber vielleicht kann ich auf einem anderen Gebiet als gutes Beispiel vorangehen: Ich habe mich nie verstellt, nur weil ich eine Frau bin. Ich habe mich niemals als Frau verbiegen wollen und müssen. Dieses Authentischsein ist für mich enorm wichtig.

Welche Voraussetzungen müssen Frauen erfüllen, die wie Sie Karriere machen wollen?
Meiner Meinung nach keine anderen als Männer. Sie müssen eine gute fachliche Grundlage haben, Managementwissen mitbringen und das Thema Führung und Menschen lieben.

Das „Du“ gehört zur Unternehmenskultur bei IKEA. Duzen Sie auch Ihre Mitarbeiter?
Selbstverständlich.

Welchen Einfluss hat diese Anrede auf die Unternehmenskultur?
Das „Du“ hat keinen Einfluss auf unser Miteinander, wir nehmen das gar nicht mehr bewusst wahr. Viel wichtiger ist uns das Führungsverständnis. Ich setze mich immer mit meinen Mitarbeitern auseinander. Wir bestimmen gemeinsam unsere Ziele, entwickeln die Maßnahmen, tauschen uns ständig aus. Ich lasse meine Mitarbeiter an allen Prozessen teilhaben. Aber nachdem man alles durchgesprochen hat, muss einfach einer die Entscheidung treffen, und das ist in der Regel die Führungskraft. Das geschieht jedoch im Einvernehmen mit den Mitarbeitern. Und danach gehen wir zusammen unseren Weg weiter.

Zum Unternehmen

IKEA wurde 1943 vom damals erst 17-jährigen Ingvar Kamprad gegründet. Der Unternehmensname setzt sich zusammen aus den Initialen des Namens des Unternehmensgründers sowie des elterlichen Bauernhofs Elmtaryd und des dem Hof nächstgelegenen Ortes Agunnaryd. Heute beschäftigt IKEA weltweit 104.000 Mitarbeiter, davon rund 13.000 an 40 Standorten in Deutschland. Der weltweite Umsatz stieg im Geschäftsjahr 2006 um 17 Prozent auf 17,3 Milliarden Euro, wobei Deutschland mit 2,95 Milliarden Euro das umsatzstärkste Land ist.

Interview mit Claus und Gunnar Heinemann

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Schon seit über 25 Jahren leiten Claus und Gunnar Heinemann das Hamburger Handelshaus Gebr. Heinemann mit Leidenschaft und Freude an direktem Kontakt zu Mitarbeitern und Kunden auf der ganzen Welt. Ihr wichtigstes Erfolgsrezept: bescheiden agieren und Persönlichkeit zeigen. Mit Katharina Kramer sprechen die Cousins über die Besonderheiten eines Familienunternehmens und den Reiz des internationalen Handels.

Zu den Personen

Gunnar Heinemann wurde 1951 in Hamburg geboren. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er Betriebswirtschaft an Universität Zürich. Es folgten Praktika in Paris und London. 1978 trat er in die Familienfirma Gebr. Heinemann ein und wurde Gesellschafter sowie Mitglied der Geschäftsführung. Er ist Präsident des Deutschen Travel Retail Verbandes. Als Vater zweier Söhne wohnt er mit seiner im Bereich Public Relations tätigen Frau in Blankenese.

Claus Heinemann, 1950 in Hamburg geboren, absolvierte nach dem Abitur eine Banklehre und studierte Wirtschaftswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Anderthalb Jahre sammelte er Erfahrungen bei Tabak- und Spirituosenfirmen in Neuchâtel, London und New York. In das Familienunternehmen trat er 1979 ein und wurde Gesellschafter und Mitglied der Geschäftsleitung. Er lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in der Hamburger Innenstadt.

Was hat Sie in Ihrem Leben besonders geprägt?
Claus Heinemann: Die Familie und die Erziehung. Für uns als Familienunternehmer in der vierten Generation ist natürlich das Geschäftliche auch am Wochenende ab und zu mal ein Thema …
Gunnar Heinemann: … und am Frühstückstisch.
Claus Heinemann: Da wächst man so rein, und dann haben wir die Firma übernommen.
Gunnar Heinemann: (lacht)… und mit Segeln unter einen Hut gebracht. Claus segelt leidenschaftlich gern.

Haben Sie vor der Übernahme der Firma nicht manchmal gedacht: „Ich würde lieber etwas ganz anderes machen“?
Claus Heinemann: (wieder ernst).Wir haben gerne die Verantwortung übernommen und haben auch Spaß dran, weil unsere Aufgabe hochinteressant ist. Vor allem das internationale Umfeld.
Gunnar Heinemann: Ich bin nicht ganz sicher, ob wir mit solcher Begeisterung in die Firma eingestiegen wären, wenn diese Firma sich mit Schraubenhandel beschäftigt hätte. Nichts gegen Schraubenhandel. Aber es ist natürlich so, dass wir ein tolles Markenumfeld haben. Wer reist nicht gerne? Wer interessiert sich nicht für exklusive Marken? Es gibt viele gute Gründe, sich in so ein Berufsfeld zu wagen.

Bestimmt sind Sie viel in der Welt unterwegs, oder?
Claus Heinemann: Oh ja, ich freue mich, wenn ich mal zu Hause bin.
Gunnar Heinemann: Wir bewegen uns im Reisemarkt. Wenn wir irgendwo an einem Flughafen ankommen, dann sind wir meist da, wo wir hinwollen. Das ist natürlich das Ärgerliche. Es gibt wirklich Städte, in denen wir schon lange am Flughafen arbeiten, und ich kann nicht sagen, dass ich diese Orte besonders gut kenne.
Claus Heinemann: Aber spannend ist: Wir haben sehr viele internationale Partnerschaften in Ländern, die natürlich völlig unterschiedliche Mentalitäten und Kulturen haben. Und sich auf einen türkischen Partner einzustellen – wir sind sehr erfolgreich in der Türkei – ist völlig anders, als mit einem südafrikanischen oder norwegischen Partner umzugehen. Es ist sehr viel Psychologie in dem, was wir so machen, und viel kulturelles Verständnis.

Wie gelingt kulturelles Verständnis?
Gunnar Heinemann: Indem wir bescheiden agieren und nicht laut auftreten. Unsere Mitarbeiter in der Distribution, die insgesamt 1000 Shops in aller Welt mit Sortimenten und Services versorgen, sind nicht nur einfach Verkäufer, die den Preis und die Lieferbedingungen bestimmen. Sie sollen auch unseren Kunden helfen, ihr Geschäft erfolgreich zu betreiben.

Auf wie viele Reisen sollte sich denn ein neuer Mitarbeiter einstellen?
Gunnar Heinemann: Bis zu 50 Prozent eines Jahres sind viele Führungskräfte unterwegs. Es können auch schon mal lange Reisen sein, etwa nach Wladiwostok oder Nowosibirsk. Ziemlich beschwerlich, besonders im Winter – aber eben auch unglaublich spannend.

Können Sie ein Erlebnis schildern, das zeigt, wie man in Ihrer Branche gestrickt sein sollte?
Gunnar Heinemann: Ein Erfolgserlebnis ist, wenn ein Verkaufsleiter zu mir sagt: „Herr Heinemann, ich komm da mit einem Kunden nicht recht voran. Ich wär Ihnen dankbar, wenn Sie mal mit auf die Reise kommen.“ Dann haben wir dieses Gespräch, und das beginnt schwierig, und am Ende dieses Gesprächs haben wir noch nichts verkauft, aber man merkt, dass sich Türen geöffnet haben. Das macht mir ganz persönlich unglaublich viel Freude, weil ich dem Mitarbeiter einen Hinweis geben konnte, wie man bei solchen Kunden das Vertrauen gewinnen kann.

Sie kennen also viele Kniffe, wie man einen Kunden für sich gewinnt.
Gunnar Heinemann: Zu unseren Verkäufern sage ich immer: Wenn du das erste Mal bei einem Kunden bist, dann nimm den Order-Block gar nicht mit, sondern versuche, eine gute Atmosphäre zu schaffen und ins Erzählen zu kommen. Damit der Kunde sagt: Da sitzt mir eine Persönlichkeit gegenüber. Deswegen ist die moderne Kommunikationstechnologie nur zu einem gewissen Teil einsetzbar. Nichts kann das persönliche Gespräch ersetzen.

Und wenn Hochschulabsolventen als Trainees bei Ihnen anfangen, wird ihnen so etwas vermittelt?
Gunnar Heinemann: Sicher, das kann man alles lernen. Handel ist keine Atomphysik, der Erfolg hängt eben auch sehr stark von der Persönlichkeit ab, die man entwickeln kann. Und diese Entwicklung können wir mit Lob oder konstruktiver Kritik fördern.

Was macht Persönlichkeit aus?
Gunnar Heinemann: Initiative, Kreativität, Durchhaltevermögen, aber auch Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft.

Worin unterscheiden Sie sich als Familienunternehmen von großen Konzernen?
Claus Heinemann: Wir sind ein nicht börsennotiertes Unternehmen. Wir haben langfristige Ziele. Wenn jemand bei uns neu anfängt, bekommt er sofort einen Paten, der sich um den neuen Mitarbeiter kümmert. Dazu gibt es in den ersten hundert Tagen nach der Einstellung die Gespräche mit mir und meinem Cousin. Darin stelle ich nicht nur Fragen zur Arbeit. Ich frage die neuen Mitarbeiter, ob sie in Hamburg schon Fuß gefasst haben, was sie in ihrer Freizeit machen. Es geht um das Persönliche.

Man sagt ja, dass dieser Arbeitgebertypus, der etwas Väterliches ausstrahlt, allmählich verschwindet. Haben Sie das Gefühl, alte Werte zu verkörpern?
Gunnar Heinemann: Wenn Sie darunter verstehen, fürsorglich zu sein, sich kümmern, Vertrauen ausstrahlen, da sein – das finde ich unheimlich wichtig. Es gibt Firmen, in denen es eine Kantine für das Volk, und ein Kasino für die Oberen gibt.
Claus Heinemann: Das gibt’s bei uns nicht.
Gunnar Heinemann: Es gibt auch keinen abgeschlossenen Raum, in dem der Chef sich hinter Zahlen versteckt. Wir laufen mehrfach am Tag durch die Zentrale. Wir sind präsent und suchen das Gespräch. Und das schätzen unsere Mitarbeiter genauso wie unsere Kunden.

Zum Unternehmen

Gebr. Heinemann ist ein nicht börsennotiertes Familienunternehmen mit Hauptsitz in Hamburg. Es betreibt 230 Travel Value und Duty Free Shops, Concept Shops und Boutiquen an 49 internationalen Flughäfen in 19 Ländern. Außerdem beliefert das Unternehmen rund 1000 Duty Free und Travel Value Shops in aller Welt mit Sortimenten und Services: an Flughäfen, auf Fähr- und Kreuzfahrtschiffen oder an Grenzübergängen. Die Palette der Waren reicht von Parfum und Kosmetik über Tabak, Weine und Spirituosen bis zu Accessoires und Mode sowie Süß- und Spielwaren.

Von den 5000 Mitarbeitern sind 450 in der Hamburger Zentrale tätig. 350 weitere, darunter auch Logistik-Experten, liefern vom zentralen Hamburger Warenlager täglich 65.000 Kartons aus. Im Jahr 1879 begann Heinrich Heinemann, der gemeinsame Urgroßvater von Claus und Gunnar Heinemann, mit der Versorgung von Schiffsausrüstern im Freihafen. Heute zählt das Unternehmen zu den drei weltweit größten Akteuren des Reise-Einzelhandels. Im Jahr 2008 erwirtschaftete Gebr. Heinemann einen Umsatz von 1,9 Milliarden Euro.

Arbeitsvertrag – Dos and Don’ts

Die Unterschrift unter dem ersten Arbeitsvertrag ist eine spannende Angelegenheit. Der Fachanwalt Reinhart Kohlmorgen erklärt im Interview, was in Arbeitsverträgen stehen sollte und was zu tun ist, wenn man mit einigen Vertragsinhalten nicht einverstanden ist. Von Jürgen Bröker

Herr Kohlmorgen, erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitsvertrag?
Ehrlich gesagt, nein. Ich denke, es war ein Vertrag per Handschlag.

Wie haben wir uns das vorzustellen?
Wir haben mündlich ein Gehalt vereinbart, und die Tätigkeit ergab sich aus der Natur der Sache. Ich bin ja nun einmal Rechtsanwalt. Und so bin ich in eine Kanzlei eingestiegen.

Ist so etwas heute noch üblich?
Nein. Aber das ist ja auch schon mehr als 30 Jahre her. Damals war das noch anders. Ich war allerdings in dieser Kanzlei vorher auch schon als Referendar tätig. Man kannte mich und ich kannte sie. Das Arbeitsverhältnis war auf Dauer angelegt. Wir haben gesagt, jetzt machen wir das erst einmal als Anstellungsverhältnis. Später sollte ich als Sozius einsteigen, und so ist es dann auch gekommen.

Waren Sie sich denn sicher, dass diese mündliche Zusage eingehalten wird?
Aber sicher. Ich wusste ja auch, dass mündliche Verträge genauso gültig sind wie schriftliche. Das gilt übrigens heute auch noch, allerdings gibt es inzwischen das sogenannte Nachweisgesetz, das im Jahr 1995 verabschiedet worden ist. Das sagt ganz klar, dass ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer innerhalb eines Monats nach Vertragsbeginn schriftlich bestätigen muss, was vereinbart worden ist. Darauf hat jeder Arbeitnehmer Anspruch.

Können Sie nachvollziehen, dass einige Berufsanfänger ihren ersten Arbeitsvertrag mit einem etwas mulmigen Gefühl unterschreiben?
Nein. Und das sollte auch nicht so sein. Schließlich sehen sie ja, was sie da unterschreiben. Sie können den Vertrag prüfen – und sollten das auch gründlich tun. Entweder selbst oder durch einen Fachmann. In erster Linie fällt mir hier natürlich ein Rechtsanwalt ein.

Was ist, wenn der Arbeitgeber Druck macht, den Vertrag schnell zu unterschreiben?
Das sollte nicht sein. Ein Arbeitsvertrag ist ja etwas ganz Wichtiges. Jeder Arbeitgeber wird verstehen, dass ein solches Dokument sorgfältig geprüft werden muss. Im Übrigen sollte ein Vertrag so gestaltet sein, dass er auch für beide Parteien verständlich ist.

Was regelt der Vertrag ganz allgemein?
Zunächst einmal sagt er, wer die Vertragsparteien sind. Man muss ja wissen, mit wem man den Vertrag schließt. Wichtige Punkte sind ebenfalls Aufgabenstellung, Vergütung und Befristungen. Nebenvergütungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder ein Dienstwagen sollten geklärt sein. Der Urlaubsanspruch sollte im Vertrag stehen, ebenso das Verhalten des Arbeitnehmers im Krankheitsfall. Meistens wird auch die Frage einer Wettbewerbstätigkeit behandelt.

Einige Dinge wie die Vergütung oder die Urlaubsregelung leuchten direkt ein – anders sieht es bei der Wettbewerbstätigkeit aus. Was ist darunter zu verstehen?
Na ja, es ist doch so: Ein Arbeitgeber, der einen Vertrag abschließt, möchte natürlich nicht, dass das Wissen, das ein Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses erwirbt, an die Konkurrenz weitergegeben wird.

Gilt das auch für einen möglichen Wechsel nach einer Kündigung?
Das ist der zweite Bereich. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses will der Arbeitgeber so verhindern, dass der Mitarbeiter, den er weitergebildet hat, mit diesem Wissen zur Konkurrenz abwandert und es dort auch gegen das eigene Unternehmen anwendet.

Wie verhalte ich mich denn, wenn ich mit dem einen oder anderen Vertragsinhalt nicht einverstanden bin – etwa dann, wenn im Einstellungsgespräch ganz andere Bedingungen vereinbart wurden?
Vorstellbar ist ja, dass ein Einstellungsgespräch stattfindet und der Arbeitgeber sagt: Ich gebe Ihnen einen Arbeitsvertrag, schicken Sie mir diesen bitte unterschrieben zurück. Dann sieht der Bewerber plötzlich, dass dort Dinge stehen, die gar nicht vereinbart waren. Dann darf er natürlich nicht unterschreiben, sondern muss neu verhandeln. Das ist die erste und regelmäßige Situation. Die zweite wäre: Man schließt mündlich einen Arbeitsvertrag und bekommt danach eine Bestätigung dessen, was vereinbart worden ist. Sollte dort etwas auftauchen, was nicht vereinbart wurde, dann muss der Arbeitnehmer sofort reklamieren.

Also nicht erst mal unterschreiben und sich dann beschweren …
Auf keinen Fall. Was Sie vertraglich akzeptiert haben und mit Ihrer Unterschrift dokumentieren, ist natürlich auch bindend.

Was ist, wenn ich vor Arbeitsantritt bei einem Unternehmen in Berlin ein Angebot aus München bekomme und dort lieber anfangen möchte: Komme ich aus meinem Berliner Vertrag wieder heraus?
Im Rahmen der vereinbarten Kündigungsfristen ist das auch vor Arbeitsantritt möglich, ja. Aber es könnte auch im Vertrag stehen: Vor Aufnahme des Arbeitsverhältnisses ist eine Kündigung nicht zulässig. Wenn der Arbeitnehmer dann trotzdem kündigt, könnte eine Vertragsstrafe fällig werden.

Für junge Menschen gehören soziale Netzwerke zum Alltag. Darf ich dort Inhalte aus meinem Arbeitsvertrag veröffentlichen?
Grundsätzlich darf man das. Es sei denn, es gibt eine Verschwiegenheitsklausel, die sagt, dass man Interna nicht an Dritte weitergeben darf. Tut der Arbeitnehmer das in diesem Fall doch, könnte das eine Abmahnung nach sich ziehen.

Macht es Sinn, sich vor der Unterzeichnung etwa über geltende Tarifverträge zu informieren?
Auf jeden Fall. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Der gesetzliche Urlaubsanspruch lautet 20 Arbeitstage. Im Tarifvertrag in einer bestimmten Branche sind aber deutlich mehr Urlaubstage vereinbart.

… dann könnte ich mich direkt beschweren.
Das wäre in diesem Fall nicht klug und auch gar nicht nötig. Der Arbeitnehmer könnte zuerst unterschreiben und später darauf hinweisen. Der Arbeitgeber müsste die zusätzlichen Urlaubstage zugestehen, sofern er tarifgebunden ist. In solchen Fällen gilt das Günstigkeitsprinzip: Die Regelung, die günstiger für den Arbeitnehmer und per Gesetz oder Tarifvertrag geregelt ist, bricht das Recht des Arbeitsvertrages.

Interview mit Dr. Olaf Heil

Für Dr. Olaf Heil bedeutet Natur nicht nur Entspannung. Der Experte für Neue Anwendungstechniken bei RWE Innogy sucht in der Natur immer auch nach Potenzialen für die Gewinnung von erneuerbarer Energie – zu Lande, zu Wasser, in der Luft und unter der Erdoberfläche. Im Gespräch mit dem karriereführer ordnet er den Stellenwert von RWE Innogy im RWE-Gesamtkonzern ein, nennt die wichtigen Energiequellen der nahen Zukunft und definiert seinen Begriff von Karriere. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Dr. Olaf Heil studierte bis 1990 Maschinenbau an der Ruhr-Universität Bochum, absolvierte nach seinem Diplom bis 1993 ein Aufbaustudium zum Diplom-Wirtschaftsingenieur und promovierte 1995 am Bochumer Lehrstuhl für Energieanlagentechnik.

Von 1995 bis 2004 arbeitete er im Unternehmensbereich Energie der Harpen AG in Dortmund und war unter anderem geschäftsführendes Mitglied des Vorstandes des italienischen Tochterunternehmens in Mailand. Auf den Bereich der erneuerbaren Energien fokussierte er sich 2002 als Leiter der Abteilung für regenerative Energien der Harpen AG. 2004 wechselte Olaf Heil zur LEW AG nach Augsburg. 2008 zog es ihn dann zurück ins Ruhrgebiet, wo er bei RWE Innogy in Essen die Leitung der Abteilung Hydro Power & New Applications übernahm.

Herr Dr. Heil, Sie sind bei RWE Innogy Leiter Hydro Power & New Application. Was genau ist die Aufgabe Ihrer Abteilung?
RWE Innogy ist funktional aufgestellt. Es gibt einen Zweig für Windkraft, und zwar onshore sowie offshore, einen für Biomasse und einen für Wasserkraft. Da wir uns aber als innovatives Unternehmen verstehen, haben wir uns schnell gefragt, in welchen Bereichen wir abseits dieser etablierten regenerativen Technologien aktiv sein können. Wir haben uns dann für Biogas, Geothermie, Solarthermie, Mikrowindanlagen sowie Meeres- und Gezeitenkraftwerke entschieden. Das sind die fünf Technologien, von denen wir erwarten, dass sie in der Zukunft eine bedeutende Rolle spielen werden.

Wie ist denn der Stand bei diesen Technologien?
Unsere Aufgabe ist es, im Bereich Forschung und Entwicklung Erkenntnisse abzuholen, erste Anlagen zu bauen, sie in der Praxis auszuprobieren und zu optimieren, um letztlich irgendwann eine kommerzielle Technologie zu haben, die wir in der RWE-Gruppe einsetzen können.

Wie ist der Stellenwert von RWE Innogy im Gesamtkonzern? Sind Sie Hoffnungsträger für die Zukunft – oder eher die Abteilung für das ruhige Gewissen?
Wir gehören zum Kerngeschäft des Konzerns und sind fester Bestandteil seiner Strategie. Die Erneuerbaren sind für RWE eine wichtige Säule im Bemühen, die CO2-Bilanz insgesamt zu verbessern. Deshalb will der Konzern bis 2025 30 Prozent seiner Kraftwerkskapazität auf Basis regenerativer Energien betreiben, und dafür gibt es ein Investitionsprogramm von 1,4 Milliarden Euro pro Jahr.

Heißt aber auch: RWE Innogy ist kein visionärer Spielplatz.
Nein, das ist ernstes Business. Wir stellen uns dem Wettbewerb um die Investitionsmittel und die besten Projekte. Die Erwartungen des Konzerns sind riesengroß, auch schon heute müssen wir mit unseren Aktivitäten die Investitionskriterien von RWE erfüllen. Wir bekommen da keinen Sonderbonus. Klar ist aber auch, dass wir bei RWE Innogy das Geld, das wir jetzt in die Hand nehmen, noch nicht selber verdienen können. Das kommt ganz klar aus den Bereichen der konventionellen Stromerzeugung, etwa mit Kohle oder Kernenergie.

Durch Ihre Arbeit haben Sie einen guten Blick auf die Vielzahl von erneuerbaren Energiequellen. Wie schätzen Sie das Potenzial ein, in Zukunft noch viel mehr grüne Energie nutzen zu können?
Als sehr groß. Es gibt Potenziale, die wir heute in Deutschland noch gar nicht wahrnehmen. So gibt es vor der Küste Großbritanniens und Irlands riesige Möglichkeiten für Wellen- und Gezeitenkraftwerke. Wichtig ist daher für uns der Blick auf Europa. Aber auch in Deutschland gibt es eine Menge Potenziale, die noch nicht gehoben sind. Ein Beispiel dafür ist die Geothermie. Da sind die Kosten noch sehr hoch. Darüber hinaus gibt es Risiken, die Investoren noch zurückschrecken lassen. Grundsätzlich ist die Geothermie jedoch eine sehr sinnvolle erneuerbare Energie, weil sie rund um die Uhr verfügbar und damit planbar ist. In diesem Feld wird sich in Zukunft sicher einiges tun.

Was sind in Ihren Augen die größten Hindernisse, um den Anteil der erneuerbaren Energien im Energiemix schon heute deutlich zu erhöhen?
Zum einen fehlt es in Deutschland an Hunderten Kilometern Hochspannungsnetzen, um zum Beispiel Strom aus Offshore-Windparks aus dem Norden in die Verbrauchszentren in der Mitte und im Süden zu transportieren. Zweites Thema ist die stark fluktuierende Einspeisung durch Photovoltaik und Wind. Diese müssen wir noch immer ausgleichen, in dem wir thermische Kraftwerke runterregeln. Es wäre hilfreich, wenn wir mehr Pumpspeicherkraftwerke hätten, mit denen wir Strom speichern könnten. Doch viele Bauvorhaben scheitern leider. Generell stellen wir fest: Alle Menschen sind für regenerative Energien – aber eben nicht in ihrem Ort. Auch im Bereich der Erneuerbaren gibt es eine Technikfeindlichkeit, mit der wir auf Dauer aber gesellschaftlich nicht weiterkommen.

In Ihrer Abteilung arbeiten viele junge Leute. Spüren Sie bei denen einen besonderen Enthusiasmus bei dem Thema?
Auf jeden Fall. Ich bemerke viel Engagement und Begeisterung. Und ich bemerke, dass die Leute immer wiederkommen: Einige machen erst ein Praktikum, schreiben dann bei uns Diplomarbeit und möchten schließlich auch einen Job.

Was muss man denn können, um im Bereich der erneuerbaren Energien durchzustarten?
Bei uns gibt es Betriebswirtschaftler, Juristen und vor allen Dingen Techniker: Maschinenbau, Elektrotechnik und Bauingenieurwesen – das sind die Hauptfachzweige, aus denen unsere Leute kommen. Grundlage ist eine gute Ausbildung sowie die Motivation, sich auf dieser Basis für die speziellen Gebiete weiterzuentwickeln. Wichtige Eigenschaften sind zudem Flexibilität und Internationalität. Man muss in der Lage sein, sich im Ausland zu bewegen und dort Projekte umzusetzen. Auch Kompetenzen im Projektmanagement sowie eine gute Menschenkenntnis sind Voraussetzungen, die Kandidaten erfüllen müssen.

Boombranche gleich beste Karrierechancen – stimmt diese Gleichung?
Dafür müssen wir erst einmal definieren, was Karriere bedeutet. Ist das immer noch der permanente Aufstieg, in der Hoffnung, dass wir irgendwann alle im Vorstand einer Gesellschaft sind? Oder ist Karriere der Weg zu einem Job, der zufriedenstellt und etwas Nachhaltiges schafft? Ich glaube eher an die zweite Definition und kann sagen, dass man in diesem Bereich beruflich viele Möglichkeiten hat, etwas zu realisieren, zu bauen und voranzutreiben. Da spielt der Blick auf die Position innerhalb des Unternehmens nicht mehr zwangsläufig eine so große Rolle. Trotzdem: Wächst ein Geschäft und wächst ein Unternehmen, dann ergeben sich gute Chancen, dass man auch persönlich mitwachsen kann. In unserer Branche ergeben sich interessante Perspektiven – wobei Menschen einen Vorteil haben, die früh einsteigen und schnell Erfahrungen sammeln.

Zum Unternehmen

RWE Innogy ist eine 2008 gegründete Tochtergesellschaft des RWE-Konzerns in Essen und bündelt dessen Kompetenzen und Kraftwerke im Bereich erneuerbare Energien. Der Name ist ein Kunstwort aus den Begriffen Innovation und Energie. RWE Innogy plant, errichtet und betreibt Anlagen für regenerative Stromerzeugung und Energiegewinnung. Ein Schwerpunkt der Aktivitäten liegt auf Windkraftprojekten im On- und Offshore-Bereich.

Wachsen möchte RWE Innogy zudem in den Bereichen Wasserkraft und Biomasse. Zugleich unterstützt das Unternehmen die Entwicklung von Zukunftstechnologien: Es plant und betreibt Biogasanlagen, Wellen-, und Gezeitenkraftwerke sowie Solarthermiekraftwerke. Zudem fördert RWE Innogy innovative Unternehmen der Branche in der Gründungs- oder Wachstumsphase und gibt für begrenzte Zeit finanzielle Starthilfe.

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Interview mit Dr. Michael Heckmeier

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Für Dr. Michael Heckmeier ist Innovation keine leere Hülse, sondern Leitwort für seine tägliche Arbeit. Als Senior Vice President der Entwicklungsabteilung für Flüssigkristalle des Chemie- und Pharmakonzerns Merck ist der promovierte Physiker dafür verantwortlich, dass neue Ideen erstens entstehen und sich zweitens später rechnen. Im karriereführer erzählt er, wie das im Alltag funktioniert, welche Rolle Forscher in diesem Prozess spielen und was ein junger Naturwissenschaftler mitbringen muss, um in einem innovativen Umfeld Karriere machen zu können. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Dr. Michael Heckmeier, 1967 geboren, ist seit April 2010 Senior Vice President Liquid Crystals Research & Development des Chemie- und Pharmaunternehmens Merck mit Sitz in Darmstadt. Bis Ende 2009 lebte und arbeitete er in England und war dort gut drei Jahre lang Leiter des Merck’schen Forschungszentrums in Southampton. Heckmeier studierte Mathematik und Physik in Freiburg; nach zwei Jahren Forschungsarbeit am französischen CNRS legte er seine Physikpromotion an der Universität Konstanz ab. Er ist Autor vieler Publikationen und Fachbeiträge über Flüssigkristalle, Polymere sowie Kolloide.

1998 begann Heckmeier seine Berufslaufbahn bei Merck. Er arbeitete zunächst in verschiedenen Positionen im Bereich Liquid Crystals, verantwortete ein Programm für Materialentwicklung und war Leiter der Abteilung New Business Chemicals. Während seiner Karriere bei Merck absolvierte Heckmeier berufsbegleitend einen Abschluss als Master of Business Administration. Er ist seit 1993 Mitglied der Deutschen Physikalischen Gemeinschaft und seit 2007 Vorstandsmitglied der Organic Eletronics Association (OE-A).

Herr Dr. Heckmeier, ein zentraler Begriff bei Merck ist Innovation. Was bedeutet diese Ausrichtung im Berufsalltag?
Das Geschäftsmodell von Merck basiert auf Innovationen. Im Unternehmensbereich Chemie investieren wir in Innovationsprojekte, damit wir bei unseren Kunden neue Produkte platzieren können. Neue Produkte sind profitabler und diese höheren Gewinne wiederum gewährleisten weitere Innovationen.

Ein sich selbst stabilisierendes System – wenn alles gut geht.
Wir haben einen guten Track-Record. Merck ist ein Familienunternehmen, und wir genießen den Rückhalt der Eigentümer, auch langfristig an Themen arbeiten zu können. Wir müssen unsere Aktivitäten nicht in jedem Quartal infrage stellen lassen – und das ist wichtig, denn für Innovationen benötigen Sie einen langen Atem.

Sie arbeiten bei Merck als eine Art Forschungsmanager. Was genau ist Ihre Aufgabe?
Ich schaffe die Rahmenbedingungen, damit unsere Forscher kreativ tätig sein können. Dazu zählen insbesondere die Bereitstellung von Ressourcen und eine sinnvolle Verteilung dieser Ressourcen.

Abseits vom Geld: Welche Rahmenbedingungen benötigt ein Naturwissenschaftler, um innovativ arbeiten zu können?
Eine Mischung aus vorgegebener strategischer Richtung und Freiheit. Wenn Sie Leute zu sehr gängeln, wird ihnen nicht viel Neues einfallen. Aber wenn ein Forscher nur unbehelligt im Elfenbeinturm arbeiten kann, ist er in einem Unternehmen wie Merck auch an der falschen Stelle.

Wie arbeiten Sie in Ihrer Einheit konkret an Innovationen?
Wir versuchen, eine ganze Reihe von Quellen für Ideen zu nutzen. Da ist zunächst einmal das interne Potenzial unserer Mitarbeiter, wobei es zwischen den Bereichen Chemie und Pharma enge Kooperationen gibt, um gemeinsam Ideen generieren zu können. Geht es um neue Produkte, ist der Blick auf die Bedürfnisse des Kunden der zentrale Aspekt. Und schließlich ist auch die Zusammenarbeit mit Hochschulen und anderen Partnern wichtig. Um es kurz zu machen: Innovationen entstehen nur selten im stillen Kämmerlein. Zeitgemäße Forschung lebt vom Austausch.

Wie wichtig sind für ein Unternehmen wie Merck die öffentlichen Förderungen einiger Projekte?
Förderungen sind ein wichtiger Aspekt unserer Forschung. Wir sind an diversen größeren Initiativen beteiligt, zum Beispiel in den Sektoren organische Elektronik oder Photovoltaik. Aus solchen Initiativen ergeben sich hervorragende Netzwerke, und durch die öffentlichen Mittel gelingt es uns, langfristig sehr risikobehaftete Themen ein wenig abzufedern. Sprich: Wir können uns Forschungen leisten, die unser eigenes Budget nicht hergegeben hätte.

Bekommen Sie Bauchschmerzen, wenn Sie die aktuelle Spardiskussion verfolgen? Es stehen ja auch öffentliche Förderungen auf dem Prüfstand.
Ja, das betrachten wir schon mit einer gewissen Sorge. Die Mittel, die derzeit zur Verfügung stehen, stellen sicher, dass ganz neue Themen auch in der Fläche, das heißt in Konsortien, bearbeitet werden können. Es wäre schade für den Standort Deutschland, wenn diese Gelder eines Tages nicht mehr fließen würden.

Schaffen denn diese öffentlichen Förderungen ganz konkret Stellen für junge Naturwissenschaftler?
Es gibt durchaus die eine oder andere Stelle, die bei uns öffentlich gefördert wird. Wir stellen Leute aber nicht ausschließlich für solche Projekte ein, da zählen bei uns immer auch andere Kriterien.

Sie sind promovierter Physiker und haben einen Abschluss als MBA. Gibt es Situationen, in denen sich das naturwissenschaftliche und das betriebswirtschaftliche Denken beißen?
Es gibt da eigentlich keine Konflikte. Ich muss aber je nach Situation verschiedene Schwerpunkte setzen. Ist ein Projekt noch in der frühen Phase, geht es darum, den Forschern viel Freiheiten zu lassen, damit Ideen entstehen und systematisch bearbeitet werden können. Wird das Projekt reifer, wachsen die Ressourcen, die wir ihm zuordnen; es arbeiten mehr Leute an dem Projekt, die Budgets werden größer – und dann rücken verstärkt wirtschaftliche Fragestellungen in den Vordergrund: Wie lange wird es noch dauern, bis das Produkt zur Marktreife kommt? Rechtfertigt das Projekt die finanziellen Mittel, die investiert werden? Da wir in der komfortablen Situation sind, mehr Ideen zu entwickeln, als wir eigentlich benötigen, helfen uns diese wirtschaftlichen Komponenten in der späteren Projektphase bei der Selektion. Denn eines gilt immer: Innovation muss Wert für unser Unternehmen generieren.

Verlangen Sie daher von Ihren jungen Naturwissenschaftlern, wirtschaftlich denken zu können?
Ich sehe ökonomisches Denken für den klassischen Chemiker oder Physiker, der in den Beruf einsteigt, nicht im Fokus. Ich habe meinen MBA später berufsbegleitend bei Merck gemacht. Ein klassischer Einstieg ist in der Forschung – Mitarbeiter können von dort aus im Verlauf der ersten Jahre langsam in betriebswirtschaftliche Themen hineinwachsen.

Welche Skills neben der Fachqualifikation sind heute wichtig?
Fachleute müssen sich heute mitteilen können. Sie müssen kommunizieren, präsentieren sowie Teamfähigkeit beweisen können. Diese Dinge klopfen wir im Bewerbungsprozess ab, und sie sind uns wichtiger als eine eventuelle betriebswirtschaftliche Zusatzausbildung.

Sie haben einige Jahre lang in einer Führungsposition in der englischen Organisation von Merck gearbeitet. Was haben Sie dort gelernt, was Sie vielleicht in Deutschland nicht gelernt hätten?
Soziale Kompetenz und Kommunikationsfähigkeit in einem interkulturellen Umfeld. Wer bei uns anfängt, spricht zu Beginn fast ausschließlich mit anderen Forschern. Schnell kommt der Austausch mit Nachbarabteilungen wie Vertrieb oder Produktion hinzu, dann der mit den anderen Gesellschaften von Merck. Der vierte Schritt ist schließlich die eigene Mitarbeit in einer ausländischen Organisation.

Zum Unternehmen

Merck ist ein weltweit tätiges Pharma- und Chemieunternehmen mit rund 33.600 Mitarbeitern in 64 Ländern und Gesamterlösen von rund 7,7 Milliarden Euro (Zahlen aus dem Jahr 2009). Der Unternehmensbereich Pharma umfasst innovative rezeptpflichtige Arzneimittel sowie Produkte für die Selbstmedikation. Der Unternehmensbereich Chemie bietet Spezialprodukte für die Elektronik-, Farb-, Kosmetik-, Lebensmittel-, Pharma- sowie Biotech-Industrie. Die Chemieprodukte des Unternehmens finden sich zum Beispiel in Displays von Fernsehern, Laptops, Mobiltelefonen, Navigationsgeräten oder auch der neuesten Generation der Tablet-PCs.

Das operative Geschäft wird unter dem Dach der Merck KGaA geführt, die ihren Stammsitz in Darmstadt hat. Rund 30 Prozent des Gesamtkapitals sind im Besitz freier Aktionäre, rund 70 Prozent gehören der Familie Merck. Merck ist nach eigenen Angaben das älteste pharmazeutisch-chemische Unternehmen der Welt – seine Wurzeln reichen bis in das Jahr 1668 zurück.

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Mehr Recht als schlecht

Die Einladung zum Bewerbungsgespräch steht. Bleiben noch zwei Dinge zu klären: der Inhalt des Arbeitsvertrags und das Gehalt. Von Michael Feinen, Rechtsanwalt

Zum Autor
Michael Feinen ist Fachanwalt für Arbeitsrecht mit eigener Kanzlei in Köln.

Bei Gehaltsverhandlungen und der Gestaltung des Arbeitsvertrages stehen Mitarbeiter oft vorgefassten Positionen der Arbeitgeberseite gegenüber. Besonders dann, wenn der Arbeitgeber „schon immer“ diesen Mustervertrag benutzt hat und nicht einsieht, gerade bei Ihnen Änderungen vorzunehmen. Umso wichtiger ist es, dass die Mitarbeiter ihre Rechte kennen.

Vertragssache
Eine einfache Überlegung kann helfen, den Inhalt eines Arbeitsvertrages zu beurteilen: Alle Ansprüche und Rechte, die zu Ihren Gunsten mit dem neuen Arbeitgeber ausgehandelt wurden, sollten auf jeden Fall im Arbeitsvertrag festgeschrieben werden.

Zu den wesentlichen Regelungspunkten gehören die Vergütung, die Bezüge bei Krankheit und Unfall, die Dauer der Probezeit, die Kündigungsfristen und die Anzahl der Urlaubstage. Von Bedeutung ist natürlich auch die konkrete Stellenbeschreibung („Job Description“) und gegebenenfalls die Regelung der Kompetenzen (zum Beispiel hinsichtlich Personalverantwortung, Berichtspflichten, Vertretung nach außen und so weiter).

Einerseits – andererseits
Doch Vorsicht: Jede vermeintlich positive Regelung kann auch negative Aspekte haben. So hat zwar eine konkrete Stellenbeschreibung den Vorteil, dass der Arbeitgeber den Mitarbeiter nicht nach Lust und Laune mit anderen Aufgabengebieten betrauen kann. Auf der anderen Seite kann eine (zu) konkrete Stellenbeschreibung dazu führen, dass Sie bei einer betriebsbedingten Kündigung nicht in die Sozialauswahl mit einbezogen werden müssen, da es keine vergleichbaren Mitarbeiter gibt, zwischen denen die Sozialauswahl stattfinden kann.

Vereinbarte Zielvereinbarungen, insbesondere zum Umsatz, locken mit einer höheren Vergütung, sind aber auf der anderen Seite ein wirksames arbeitsrechtliches Instrument zur Beurteilung des Mitarbeiters: Sie machen Leistungen messbar und können damit Kündigungen Vorschub leisten.

Später ist oft zu spät
Vor allem Regelungen zur Vergütung sollten eindeutig im Arbeitsvertrag fixiert werden. Finden sich die vereinbarte Tantieme und die Aktienbeteiligung im Arbeitsvertrag wieder? Was ist mit der zugesagten Direktversicherung, was mit Aufwendungsersatz und Spesen? Handelt es sich beim Weihnachtsgeld lediglich um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers?

Auf Klauseln wie „Nach der Probezeit erfolgt eine Anpassung der Vergütung“ sollten Sie sich keinesfalls einlassen. Auch sonstige Zusatzleistungen wie Dienstwagen, Handy oder Laptop sollten im Arbeitsvertrag oder in einer Zusatzvereinbarung festgehalten sein und nicht erst „später“ schriftlich abgefasst werden. Zu oft hört der Anwalt, was alles bei Einstellung zugesagt und später nicht eingehalten wurde.

Sowohl bei der Gestaltung des Arbeitsvertrages als auch bei der Gehaltsverhandlung ist der Faktor Fortbildung wichtig: Wie kann ich den Arbeitgeber an meiner Fortbildung und damit an meiner beruflichen und persönlichen Entwicklung beteiligen? An rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten fehlt es hier sicherlich nicht. Das Thema muss nur rechtzeitig angesprochen werden.

Gehaltssache
Erfolgreiche Gehaltsverhandlungen setzen Kenntnisse über die in der Branche und/oder bei diesem Arbeitgeber gezahlte Vergütung voraus. Das Internet sowie einschlägige Spezialliteratur und eventuell ältere Stellenausschreibungen können eine entsprechende Recherche vereinfachen.

Natürlich ist auch eine selbstbewusste aber realistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Qualifikationen vonnöten, um gegebenenfalls ein höheres Einstiegsgehalt zu verhandeln. Auch kann hier Fantasie gefragt sein. Zum Beispiel, wenn dem Arbeitgeber ein hohes Gehalt widerstrebt, er sich aber möglicherweise auf die geforderte Summe nach erfolgreich bestandener Probezeit einlässt. Oder der Mitarbeiter versucht, das vorbereitete Vergütungsgefüge durch andere Leistungen wie eine Direktversicherung, Gewinnbeteiligung oder spezifische Fortbildungsmaßnahmen sicherzustellen.

Konkrete Vorüberlegungen im Sinne einer „Wenn-dann-Strategie“ und die Ermittlung des persönlichen Minimums sind dringend zu empfehlen. Nachverhandlungen machen hier keinen guten Eindruck.

Interview mit Dunja Hayali

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Sie ist im Ruhrgebiet geboren und aufgewachsen und hat irakische Wurzeln. Sie ist sportlich, ehrgeizig und nimmt kein Blatt vor den Mund. Sie weiß, was sie will und kämpft dafür. Sie nutzt die Chancen, die sich ihr bieten, und bringt frischen Wind ins ZDF. Seit 2007 moderiert sie neben Claus Kleber das heute-journal. Außerdem die heute-Nachrichten und das Morgenmagazin. Die Journalistin und Moderatorin Dunja Hayali.

Wegmarken im Lebenslauf von Dunja Hayali

1974: Geboren am 06.06.1974 in Datteln
1995: Studium an der Deutschen Sporthochschule Köln
1998: Sportmoderatorin bei Deutsche Welle Radio, Köln
2000: Volontariat bei „R1 – Das Redaktionsbüro“, Essen und Köln
2006: Moderatorin der Nachrichtensendung „Journal“ bei Deutsche Welle TV, Berlin
2007: Einstieg als Moderatorin beim ZDF

Ihr Migrationshintergrund wurde viel diskutiert. Wie stark hat er Sie tatsächlich geprägt?
Ich bin in einem Umfeld groß geworden, in dem das keine Rolle gespielt hat. Meine Eltern waren von Anfang an sehr gut integriert. Mein Vater hat mich zwar mal auf meine irakischen Wurzeln hingewiesen, aber ansonsten war das nie ein Thema. Ich habe auch nie mit ausländerfeindlichen oder rassistischen Begrifflichkeiten zu tun gehabt. Das heißt natürlich nicht, dass ich nicht wusste, was auf mich hätte zukommen können.

Hat das auch etwas mit dem Ruhrgebiet zu tun?
Mit Sicherheit. Die Atmosphäre im Ruhrgebiet ist insgesamt locker, angenehm und offen. Ich glaube, dass dieses Mischmasch der Nationalitäten das Ruhrgebiet positiv geprägt hat. Da war es egal, ob der Nachbar Türke, Rumäne oder Pole ist. So bin ich groß geworden.

Welche Rolle spielt das Ruhrgebiet für Sie heute?
Im Ruhrgebiet bin ich geboren und aufgewachsen. Da auch meine Familie dort lebt, hat es natürlich einen hohen Stellenwert. Auch wenn mein Lebensmittelpunkt nun woanders liegt, dort bin ich verwurzelt.

Sie sind Fan von Borussia Mönchengladbach. Warum keiner der Ruhrpott-Vereine?
Im Pott gibt es ja nur eine Borussia, aber für mich ist eben die Gladbacher Borussia das Größte. Als ich drei Jahre alt war, habe ich mich unsterblich in den Sohn unserer Haushälterin verliebt. Der war Gladbach- Fan. Da ich eine treue Seele bin, bin ich zwar nicht mehr in ihn unsterblich verliebt, aber immer noch in den Verein.

Sie sind ja selbst sehr sportlich und haben verschiedene Sportsendungen moderiert. Was haben Sport und Karriere gemeinsam?
Gemeinsam ist ihnen vor allem, dass man nie am Ende ist. Es geht darum, die eigenen Fähigkeiten immer weiterzuentwickeln. Wer irgendwann glaubt, der Lernprozess sei abgeschlossen, der hat was falsch gemacht. Beides ist schweißtreibend, setzt Ehrgeiz und manchmal Ellbogeneinsatz voraus – aber man sollte immer fair bleiben. Außerdem macht beides wahnsinnig viel Spaß. Je mehr Erfolg man hat, desto mehr Spaß bereitet es.

Warum hat Herr Kleber sich für Sie entschieden?
Zum einen war es wohl die menschliche Komponente. Ich denke, dass es ihm gefallen hat, dass ich kein Blatt vor den Mund nehme, sondern meine Meinung sage. Dabei bin ich jedoch nicht respektlos. Zum anderen wusste er, wie ich arbeite. Letzten Endes suchte er wohl jemanden, der ins Team passt und frischen Wind mitbringt.

Sie haben über Ihren neuen Job beim heute-journal mal gesagt: „Ich fühle mich wie ein Neuling in der Fußball-Bundesliga, der nach einem Jahr gleich in der Champions League spielen darf!“ Was kommt nach der Champions League?
Die Weltmeisterschaft! Das ist natürlich nicht ganz korrekt, weil ein Klub keine Weltmeisterschaft gewinnt. Ich sage immer: „Jeder Mensch braucht Ziele und Stillstand ist der Tod.“

Bei Ihrer Traum-Karriere: Mussten Sie auch mal Enttäuschungen einstecken?
Das gehört dazu. Ich habe zum Beispiel im Mai 2005 meinen Job verloren. Jahre davor wurde ich von einer Chefin beim Hörfunk gezwungen, meine Tätigkeit als freie Mitarbeiterin aufzugeben, weil sie mehr Zeit von mir verlangt hat, als ich zur Verfügung hatte. Und während des Studiums habe ich eine Klausur nicht bestanden und bin deswegen nicht ins Hauptstudium gekommen. Aber: Aus allen drei Situationen haben sich immer wieder fantastische neue Gelegenheiten entwickelt.

Wie sind Sie damit umgegangen?
Ich bin jemand, der nach vorne denkt. Ich bin zwar auch mal frustriert, aber ich stehe dann auch wieder auf. Mein Motto lautet: „Nutzt ja nix. Es kommt eh, wie es kommt.“ Als ich zum Beispiel 2005 meine Festanstellung verlor, weil die Firma pleiteging, bin ich über den Tipp einer Kollegin zur Deutschen Welle nach Berlin gekommen. Dafür hätte ich mich nie beworben, wenn ich noch meinen Job gehabt hätte. Innerhalb von zwei Wochen hat sich alles verändert – auch dazu muss man in letzter Konsequenz erst einmal bereit sein.

Verraten Sie mir eines Ihrer aktuellen Ziele?
Das soll nicht vermessen klingen, wenn ich sage: Irgendwann in fünf, sechs, sieben Jahren möchte ich gern auf den rechten Stuhl beim heute-journal. Jetzt wäre das aber noch zu früh – links, da wo ich jetzt sitze, bin ich bestens aufgehoben und kann dort noch jede Menge lernen. Ich habe das große Privileg, drei sehr unterschiedliche Sendungen moderieren zu dürfen. Im Moment bin ich also sehr glücklich. Aber wie gesagt: Jeder sollte Ziele haben, und sie zu äußern, ist legitim.

Ihr Tipp für junge Leute, die Karriere machen wollen?
Man sollte wissen, was man will. Man muss kämpfen und darf sich nicht verstellen. Charaktereigenschaften spielen eine große Rolle: Teamfähigkeit, Geduld, Durchhaltevermögen … Natürlich gehört auch ein bisschen Glück dazu. Es gibt da diesen Spruch: „Zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“ Oder: „Immer ein Mal mehr aufstehen als hinfallen.“

Vertragsverhandlungen

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Drum prüfe, wer sich beruflich bindet
von Jürgen Bröker

Nach jüngsten Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln steigt der Bedarf an Hochschulabsolventen in Deutschland weiter an. Allein in den nächsten 15 Jahren sollen demnach vier Millionen Jungakademiker benötigt werden, um den Fachkräfteengpass abzufangen. Gute Chancen für qualifizierte Absolventen also. Bevor allerdings ein Job angetreten wird, stehen Vertragsverhandlungen an. Und darauf sollten Berufseinsteiger vorbereitet sein.

Es ist schon ein besonderes Gefühl, den ersten Arbeitsvertrag seines Lebens zu unterzeichnen. Da können dem jungen Berufseinsteiger durchaus mulmige Gedanken durch den Kopf jagen: War es gut, einen befristeten Vertrag zu unterschreiben? Habe ich alles rausgeholt? Was bedeutet eigentlich die Ausschlussklausel? Und wie komme ich aus dem Vertrag wieder heraus, wenn ich ein anderes Angebot erhalte? Experten raten, sich schon vor den Vertragsverhandlungen Gedanken über die eigenen Wünsche und Vorstellungen zu machen. Zumal es vor allem kurz vor Abschluss schwierig wird, wenn der Arbeitgeber Druck macht, den Vertrag schnell zu unterschreiben.

Allerdings sollten sich Berufseinsteiger auf keinen Fall hetzen lassen. „Jeder Arbeitnehmer hat das Recht sich den Vertrag genau anzusehen“, sagt Jean-Martin Jünger. Der Mannheimer Rechtsanwalt hat sich auf das Thema Arbeitsrecht spezialisiert. Im Zweifel sollten Experten – in der Regel ein Anwalt für Arbeitsrecht – den Vertrag überprüfen. Werden dabei ungewöhnliche oder missverständliche Klauseln deutlich, sollte der Berufseinsteiger den Arbeitgeber darauf aufmerksam machen. „Natürlich habe ich das Recht nachzuverhandeln, und das sollte ich auch nutzen“, sagt Klaus Heeke von der Rechtsanwaltsgesellschaft Raupach & Wollert-Elmendorff in Düsseldorf. Allerdings sollte man dabei gerade als Berufsanfänger auch auf den passenden Ton achten, so der Spezialist für Arbeitsrecht. Im Zweifel sind Nachfragen besser als Forderungen. Sonst könnte man schnell als Querulant abgestempelt werden. Und das wäre sicher ein denkbar schlechter Start ins Berufsleben. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber dafür verantwortlich, den Vertrag verständlich zu gestalten. „Vereinbarungen, die unklar formuliert sind, gehen zulasten des Arbeitgebers“, sagt Heeke. Ein Beispiel: Steht am Anfang eines Vertrages, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Sonderzahlung hat und wird dieser Anspruch zum Ende des Vertrages durch eine Formulierung wie „Der Arbeitgeber behält sich vor, eine Gratifikation zu gewähren“ wieder relativiert, dann steht das in einem klaren Widerspruch. „Mit der Folge, dass der Arbeitgeber im Zweifel verpflichtet sein wird, diese Gratifikation zu leisten“, sagt Heeke.

Allgemein regelt ein Arbeitsvertrag die wesentlichen Dinge eines Arbeitsverhältnisses: Vergütung, Aufgaben, Arbeitsort und -zeit sowie Urlaubstage und gegebenenfalls auch die Überlassung eines Dienstwagens. „Dabei ist zunächst einmal alles Verhandlungssache“, sagt Rechtsanwalt Jünger. Und nicht alles, was auf den ersten Blick wie ein Nachteil aussieht, entpuppt sich auch als ein solcher. So kann ein befristeter Vertrag auch für den Arbeitnehmer seine Vorteile haben. „Das hängt ganz von meiner Lebensplanung ab“, sagt Heeke. Zwar biete ein unbefristeter Vertrag mehr Sicherheit, da durch ihn das Arbeitsverhältnis auf Dauer angelegt ist. Plane man aber nach zwei Jahren den nächsten Karriereschritt, könne auch ein befristeter Vertrag sinnvoll sein.

Schnell und ohne lange Fristen kommt man nämlich nur in der Probezeit aus einem Arbeitsvertrag wieder heraus. Die beträgt meistens sechs Monate und ist ebenfalls im Arbeitsvertrag vereinbart. „Das Gesetz sieht für eine Kündigung in der Probezeit eine zweiwöchige Frist vor“, sagt Anwalt Heeke. Mit dieser kurzen Frist könne man auch noch am letzten Tag der Probezeit kündigen, aber eben auch gekündigt werden. Nicht immer dauert die Probezeit sechs Monate. Trotzdem lebt der Arbeitnehmer im ersten halben Jahr eines neuen Arbeitsverhältnisses gefährlich, denn auch wenn eine kürzere Probezeit im Vertrag steht, darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in den ersten sechs Monaten ohne Grund vor die Tür setzen. Hintergrund ist die sogenannte Wartezeit. „Probezeit hin oder her. Erst sechs Monate nach dem Start eines Arbeitsverhältnisses greift der Kündigungsschutz“, sagt Heeke.

Das gilt im Übrigen auch für Zeitarbeitsverträge. Immerhin etwa zehn Prozent der derzeit gut 680.000 Zeitarbeiter sind Akademiker. Tendenz steigend. Die Branche boomt und deshalb sollten sich Absolventen auch mit den Besonderheiten der Zeitarbeit beschäftigen. Im Wesentlichen sind die Verträge zwar gleich, allerdings gibt es einige zusätzliche Kriterien, die im sogenannten Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geregelt sind. Wichtigster Punkt ist die Regelung der Art und Höhe der Leistungen für Zeiten, in denen der Arbeitnehmer nicht verliehen ist. „Diese muss in einem Zeitarbeitsvertrag aufgeführt sein“, sagt Heeke.

Die Rollen beim Unterzeichnen des ersten Arbeitsvertrages scheinen ungleich verteilt zu sein: Da ist auf der einen Seite das Unternehmen mit seiner Rechtsabteilung sowie der Erfahrung von vielleicht Tausenden unterzeichneter Arbeitsverträge im Rücken und auf der anderen Seite der Berufsanfänger, das Greenhorn im Vertragspoker. Trotzdem sollten Jobanfänger nicht allzu demütig in die Verhandlungen gehen, sagt Martin Wehrle, Gründer der Karriereberater- Akademie. Allerdings müsse man sehr genau hinschauen, mit welchen Unternehmen man verhandle. „Großkonzerne haben in der Regel standardisierte Verträge. Da werde ich mit bestimmten Forderungen eher gegen Wände laufen. In mittelständischen Unternehmen oder Familienbetrieben sind die Verantwortlichen dagegen meist flexibler“, sagt Wehrle. Gerade im Bereich der Urlaubsregelung oder der Vergütung sei dort einiges herauszuholen. Vor allem dann, wenn die eigenen Qualifikationen am Arbeitsmarkt gefragt sind. „Das bekommt der Arbeitnehmer ja ganz schnell mit“, sagt der Karriereberater. Wer zu vielen Vorstellungsgesprächen eingeladen wird, hat gute Karten. Deshalb rät Wehrle auch Berufsanfängern, sich nicht vom Hinweis auf Tarife blenden zu lassen. „Wer überdurchschnittliche Qualifikationen mitbringt, verdient auch eine überdurchschnittliche Bezahlung“, sagt Wehrle.

 

Mehr zum Thema Gehalt.
Mehr zu Arbeitsverträgen
Weitere Informationen zu Gehalt und Arbeitsverträgen
Mehr zu Dos und Donts bei Arbeitsverträgen
Mehr Informationen zum Thema Arbeitsvertrag im Special Geld & Recht aus dem karriereführer hochschulen Ausgabe 2.2010.
Weitere Informationen zum Thema Erster Job
Lesen Sie weitere Texte im karriereführer-Angebot zum Thema Bewerbung.
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Interview mit Norbert Haug

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Im Ländle geboren, in die Welt hinausgezogen – S-taff stellt Menschen aus der Region vor, die über die Schwarzwälder Grenzen hinaus international erfolgreich sind. Heute: Norbert Haug, 55, Motorsport-Chef von Mercedes-Benz Interview aus S-taff 2.2008

Zur Person

Schwarzwälder Wurzeln: Norbert Haug, geboren am 24. November 1952 in Engelsbrand-Grunbach im Schwarzwald. Haug startete seine Karriere als Trainee bei einer Pforzheimer Tageszeitung. Seine Begeisterung für alles, was mit Rädern und Motoren zu tun hatte (vor allem für Rennwagen), führte ihn zum Motor-Presse- Verlag in Stuttgart.
Auszug in die Welt: Seit 1990 ist er bei Mercedes-Benz verantwortlich für alle Motorsport-Aktivitäten. 1994 feierte Mercedes-Benz seine Rückkehr in die Formel 1, ein Jahr später begann die Partnerschaft mit McLaren. 2007 nahm Mercedes-Benz bei der Deutschen Tourenwagenmeisterschaft an seinem 300. Rennen teil. Dadurch kennt Norbert Haug alle wichtigen Rennstrecken dieser Welt.

Herr Haug, welche Aufgaben hat eigentlich ein Motorsport-Chef?
Meistens mache ich es mir in meiner Hängematte im Büro gemütlich und beobachte das geschäftige Treiben rund um mich herum. Nur wenn es zu umtriebig wird, greife ich ein. Dann bleiben meist noch zirka 320 Tage im Jahr, die ich etwa zur Hälfte im Büro und auf Reisen bei Rennen verbringe.

Wie kommt man als Original- Schwarzwälder zum Posten des Motorsport- Chefs?
Original-Schwarzwälder werden überall gebraucht.

Ist mit diesem Job ein Traum von Ihnen in Erfüllung gegangen?
Und wie. Ich tue sehr gerne, was ich tue.

Wie stellen Sie Ihr Team zusammen? Wer gehört alles dazu?
Wir suchen die Besten und Fleißigsten und ich glaube, die haben wir.

Haben auch Nachwuchskräfte von den Hochschulen eine Chance, in Ihrem Team zu arbeiten?
Unsere Personalabteilung pflegt hier den besten Kontakt zu allen relevanten Hochschulen.

Beim Motorsport kann ein kleiner Fehler viel Geld oder sogar Leben kosten. Wie hoch ist der Anspruch an Ihre Mitarbeiter, perfekt zu sein?
Wer nicht allerhöchste Ansprüche erfüllt und vor allem erfüllen will, ist im Motorsport sicherlich fehl am Platz.

Wo sehen Sie Parallelen zwischen den Aufgaben eines Motorsport-Teams und den Aufgaben eines „Büro-Teams“?
Wichtig ist das Wollen – man kann der Beste im Büro sein wollen und man kann der Beste auf der Rennstre – cke sein wollen. Wer nicht eigene, hohe Ansprüche definiert, wird sich auch nicht steigern.

Welche Rolle spielt Forschung & Entwicklung auf Ihrem Gebiet?
Sie ist zentraler Punkt unseres Sports: keine Siege ohne Technik und technische Weiterentwicklung.

Arbeiten Sie auch mit anderen Rennställen zusammen?
In der Regel sind wir Rivalen, Kooperationen gibt es selten in diesem Geschäft.

Der Umweltschutz spielt eine immer wichtigere Rolle. Wie passt der Motorsport dazu?
Er passt heute besser denn je. Wenn am Sonntag 20 Formel 1-Autos fahren, fahren weltweit über 20 Millionen Pkw nicht, weil deren Besitzer Fernseh schauen. Es wird also weniger Auto gefahren, wenn Formel 1 läuft, als wenn kein Rennen ist.

Eine Frage zum Schluss: Welchen Zweck erfüllen eigentlich die „Boxenluder“?
Das würde mich auch mal interessieren.

Der Arbeitsvertrag

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Besteht das Interesse bei Unternehmen wie Bewerberin oder Bewerber, sollten sich beide Parteien auf schriftlicher Basis über das Arbeitsverhältnis einigen. Der Arbeitsvertrag ist zwar „formfrei“, das heißt, er kann auch mündlich vereinbart werden. Allerdings hat der Arbeitnehmer ein Recht darauf, dass ihm spätestens einen Monat nach dem im Arbeitsvertrag festgelegten Eintrittstermin die wichtigsten Vertragsbedingungen schriftlich und vom Arbeitgeber unterzeichnet ausgehändigt werden.

Folgende Punkte sollten im Arbeitsvertrag geklärt sein:

Nennung der Vertragspartner
Die Namen und Anschriften der Vertragspartner (genaue Firmenbezeichnung!) sollten eindeutig genannt sein, damit es im Fall einer Auseinandersetzung nicht bereits hier Schwierigkeiten gibt.

Stellenbeschreibung und Aufgaben
Die Tätigkeit und Stellung in der betrieblichen Hierarchie sollten genau beschrieben sein. Ebenso der Dienstsitz. So ist der Arbeitnehmer vor der Übertragung anderer Aufgaben oder einer örtlichen Versetzung geschützt.

Eintrittsdatum / Probezeit
Der Eintrittstermin wird – wenn möglich – eindeutig angegeben. Gewöhnlich wird eine drei- oder sechsmonatige Probezeit vereinbart.

Arbeitszeit
Die Arbeitszeit wird gewöhnlich in Wochenarbeitsstunden angegeben. Hierbei ist es ratsam, auch die Regelung von Überstunden und gegebenenfalls deren Vergütung zu regeln, soweit dies nicht tarifvertraglich bestimmt ist.

Verdienst
Der Verdienst wird in den meisten Fällen in einem Jahresbruttogehalt angegeben. Höhe der Bezüge wie Form der Auszahlung sind im Arbeitsvertrag festgelegt. Leistungen, die nicht tariflich geregelt sind, müssen ausdrücklich beschrieben werden.Ein 13. oder 14. Monatsgehalt, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, vermögenswirksame Leistungen oder auch der Firmenwagen sind zusätzliche Leistungen, die der Klärung bedürfen. Einigt man sich auf die Anhebung des Gehalts nach der Probezeit, sollte dies ebenfalls vertraglich festgehalten werden.

Urlaubsregelung
Der volle Jahresurlaub umfasst mindestens 24 Arbeitstage. Ist im Vertrag von „Werktagen“ die Rede, so wird der Samstag mitgerechnet. Während des Urlaubs zahlt der Arbeitgeber die volle Vergütung weiter.Aufgrund von individuellem Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kann Anspruch auf Urlaubsgeld bestehen. Während der Probezeit ist normalerweise kein Urlaub möglich.

Kündigungsfristen
Während der Probezeit ist eine beiderseitige Kündigung mit einer Frist von zwei Wochen und ohne Angabe von Kündigungsgründen möglich. Wird im Arbeitsvertrag keine Kündigungsfrist geregelt und gilt auch kein Tarifvertrag, tritt die gesetzliche vierwöchige Frist in Kraft.

Nebentätigkeit
In den meisten Fällen behält sich der Arbeitgeber das Recht vor, Nebentätigkeiten des Arbeitnehmers zuzustimmen. Er kann seine Zustimmung jedoch nur dann verweigern, wenn der vertraglich geregelte Einsatz des Arbeitnehmers durch die Nebentätigkeit eingeschränkt wird.

Die Nachverhandlung
Macht das Unternehmen in Form eines bereits unterzeichneten Arbeitsvertrags oder
durch Zusendung des Vertrags und Gewährung einer befristeten Bedenkzeit ein Jobangebot,
sollte man die Vertragsbestandteile gründlich prüfen und sich auch vor einem „Nachverhandeln“
nicht scheuen. Allerdings ist es sinnvoll, sich zuvor über die kritischen Punkte
gut zu informieren.

 

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