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Gut gecoacht ist halb gewonnen

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In den USA ist Coaching schon weit verbreitet. Dieser Trend hat jetzt auch Deutschland erfasst: Nicht nur das Berufsleben wird mit einem Coach an der Seite geplant. Aber wie unterstützt er einen Bewerber? Wie arbeiten beide die persönlichen und beruflichen Stärken heraus?

Michael T. hat sein Studium erfolgreich abgeschlossen. Mit Elan schrieb er seine ersten Bewerbungen. Er bekam einige Einladungen und führte voller Hoffnung seine ersten Bewerbungsgespräche. Doch die Absagen häuften sich ebenso wie die größer werdende Sammlung von Zeitungsausschnitten und Notizen. Zweifel über den Wert der Ausbildung und Fragen zur eigenen Orientierung kamen auf und begannen an seiner Selbstsicherheit zu nagen.

Das erste Kennenlernen
Michael T. steht etwas unsicher und neugierig vor einer hohen Tür und klingelt: Tom Andreas – Training, Coaching und Seminare, liest er auf dem Schild am Eingang. Ein großer freundlich lächelnder Mann, Anfang 40, öffnet die Tür und begrüßt ihn mit festem Händedruck. In einem schlicht möblierten Raum nehmen sie Platz: Zwei einfache bequeme Sessel, im Winkel einander zugewandt und ein kleiner Glastisch. Das Flipchart steht im Hintergrund zwischen den beiden Sesseln.

Der Coach schaut Michael T. ruhig, dennoch aufmerksam an und beginnt: „Was können Sie heute für sich tun?“ Überrascht zieht Michael T. die Augenbrauen hoch und antwortet zögernd: „Ich? Für mich? Also, ja, die Sache ist die: Ich habe vor ein paar Monaten mein Studium erfolgreich abgeschlossen und mich dann auf verschiedene Stellen beworben. Ich bin überall abgelehnt worden. Und jetzt frage ich mich, was ich falsch mache. Ich bin irgendwie total verunsichert und weiß gar nicht mehr, was ich tun soll und wo ich mich noch bewerben soll und ob das überhaupt alles das Richtige für mich ist. Irgendwie spricht mich auch nichts mehr so richtig an. Eigentlich weiß ich gar nicht mehr, was ich überhaupt noch will.“

Mit konzentrierten und gezielten Fragen erkundigt sich Tom Andreas nach dem Studium, den verschiedenen Bewerbungen und der bisherigen Vorgehensweise. „Mal angenommen, unsere gemeinsame Arbeit würde für Sie erfolgreich sein. Woran würden Sie diesen Erfolg erkennen?“ Michael T. denkt lange nach und sein Gesicht hellt sich zunehmend auf. Er beginnt von seinen Träumen und Hoffnungen zu berichten.

Stärken erkennen
Als die Frage nach seinen besonderen Stärken kommt, legt sich seine Stirn in viele Falten. Aber ein paar Nachfragen später entdeckt er für sich überraschende Stärken und Fähigkeiten. Während diese im Detail erörtert und konkretisiert werden, wird er zunehmend selbstbewusster. Zuvor saß er etwas gekrümmt auf seinem Sessel, doch nun geht seine Sitzhaltung in eine aufrechte über. Überhaupt wirkt er immer weniger wie der etwas verunsicherte und pessimistische Mensch, der den Raum betreten hatte.

Die eigene Zukunft gestalten!
„Stellen Sie sich vor, wo Sie mit diesen Stärken und Fähigkeiten in fünf Jahren sein möchten. Was genau tun Sie? Welche Fähigkeiten haben Sie entwickelt und hinzugewonnen? Was wird wichtig für Sie und welches Selbstverständnis haben Sie? Nehmen Sie sich Zeit, alles genau wahrzunehmen!“

Michael T. blickt ein wenig in sich gekehrt und beginnt dann aber angeregt zu berichten. Mit zunehmender Begeisterung schildert er detailliert, wie er sich in fünf Jahren sieht und erlebt. Einige präzise Fragen des Coachs erweitern seine Beschreibung auch auf die private und persönliche Situation, so dass der gesamte Lebenskontext klar wird.

Erinnerungen aus der Zukunft
„Und wenn Sie sich von dem Jahr 2008 aus rückblickend erinnern wollten, welche Schritte waren für Sie wichtig? Wie hatten Sie damals, im Jahr 2003, begonnen und welche ersten Schritte hatten Sie unternommen?“ Michael T. ist überrascht, welche Ideen er auf diese Fragen hin entwickelt und wie konkret diese werden. Er fühlt sich sicherer bei dem, was er will, und er hat Vertrauen zu seinen Plänen gewonnen. Gemeinsam mit seinem Coach entwickelt Michael T. nun die ersten Maßnahmen zur Umsetzung. Jetzt ist ihm auch klar, wo er sich als nächstes bewerben und was er anders machen wird. Er fühlt sich wesentlich motivierter und entschiedener, da er weiß, was er kann und wohin er sich entwickeln will, resümiert er.

„Beim nächsten Vorstellungsgespräch werden Sie gefragt, warum gerade Sie diese Stelle bekommen sollen – was wäre jetzt Ihre Antwort?“ Und wo Michael T. vorher zögerlich die üblichen Floskeln zum besten gegeben hatte, antwortet er jetzt mit persönlicher Überzeugung und echten eigenen Gründen. Zu Hause angekommen will er seine Bewerbungen umschreiben und sich auf das nächste Bewerbungsgespräch vorbereiten.

Zuviel Theorie zu wenig Praxis
Hochschulwissen allein reicht heute für einen erfolgreichen eigenen Werdegang vielfach nicht mehr aus, viele Hochschulabsolventen haben Probleme zum Beispiel bei Einstellungsgesprächen. „Trotz des großen fachlichen Potenzials haben sie wenig praxisrelevante Erfahrungen. Die soziale und emotionale Kompetenz will noch entwickelt und gefördert werden. Die „Business-Sprache“ und die „Verhaltens-Codes“ sind noch nicht gelernt. Das eigene Profil ist noch nicht bestimmt – Stärken und Schwächen, Ziele und Kompetenzen noch nicht erprobt. So ist häufig die eigene Vorstellung vom Job noch sehr unspezifisch und wenig zielorientiert – sie richtet sich nach ungeprüften Vorstellungen und nicht nach kritisch geprüften eigenen Stärken. Hier kann ein vertrauensvoller Coaching-Rahmen bedeutend weiterhelfen“, so Coach Tom Andreas.

Coach Tom Andreas ist nach Studium und verschiedenen Berufserfahrungen seit 15 Jahren in der Erwachsenenbildung tätig. Seit zehn Jahren arbeitet er als Coach-Trainer und Coach im eigenen Institut. Seine Klienten erhalten individuelle Hilfestellungen: „Coaching klärt und verhindert frühe Einschränkungen in der fachlichen, sozialen und emotionalen Entwicklung. Es hilft die eigenen Karriereziele zu definieren und zu erreichen. So kann ein erfahrener Coach den erfolgreichen Berufseinstieg wesentlich erleichtern und zu einer längerfristigen Erfolgsplanung entscheidend beitragen.“

Anforderungen einzelner Berufsfelder

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Ob es um eine Tätigkeit an der Hochschule, in der Industrie, im Journalismus, Vertrieb, Marketing, Consulting oder als Freiberufler geht: in jedem Bereich sind spezifische Fähigkeiten gefragt. Auch Größe und Art eines Unternehmens spielen bei der Berufswahl eine Rolle: in einem Start-up-Unternehmen erwarten Berufseinsteiger andere Bedingungen, als in einem Klein- oder Großunternehmen. Finden Sie heraus, welches Berufsfeld zu Ihrem Typ passt.

Forschung und Entwicklung an einer Hochschule
Eine Tätigkeit in der Forschung und Entwicklung an einer Hochschule erfordert für die wissenschaftliche Arbeit ein hohes Maß an Methodenkompetenz. Damit ist nicht nur das fachliche Methodenwissen, sondern vor allem die Fähigkeit zum analytischen und strukturierenden Denken gemeint. Da Sie einen Großteil Ihrer Forschungstätigkeit selbst planen und durchführen, sind weiterhin konzeptionelle und organisatorische Fähigkeiten unverzichtbar. Trotz dieser Betonung des systematischen Vorgehens sind jedoch auch in der Wissenschaft oft Kreativität und Innovationsfähigkeit gefragt, um neue Lösungsansätze zu entwickeln oder neue Perspektiven zu gewinnen. Darüber hinaus ist Teamfähigkeit eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Arbeit in Forschungsgruppen und die Zusammenarbeit mit Kollegen. Da ständig neue Modelle und Theorien entwickelt werden und durch die internationale Forschung neues Wissen gewonnen und altes verworfen wird, müssen Sie außerdem eine hohe Lernbereitschaft aufweisen, um stets über die aktuellen Entwicklungen informiert zu sein.

Forschung und Entwicklung in der Industrie
Für eine Tätigkeit in Forschung und Entwicklung in der Industrie gelten mit einigen wenigen Einschränkungen die gleichen Anforderungen: weil Sie stärker in die betriebsinternen Abläufe eingebunden sein werden, sind ausgeprägte organisatorische Fähigkeiten zwar nützlich, aber nicht unbedingt nötig. Anders als an der Hochschule sollten Sie allerdings unbedingt über ganzheitliches Denkvermögen verfügen: zum einen forschen Sie schließlich auf eine Anwendungsentwicklung hin, zum anderen arbeiten Sie häufig mit interdisziplinären Projekt- und Forschungsteams zusammen; im Hinblick auf diese Arbeit in Teams sollten Sie unbedingt auch Konfliktstärke aufweisen. Letztendlich birgt die Arbeit in der Industrie grundsätzlich ein höheres Risiko als die Arbeit an der Universität, da das Unternehmen in hohem Maße von Marktentwicklungen abhängig ist und Investitionen in Forschungsbereiche gewissen Trends folgen, Sie sollten daher Risikobereitschaft aufweisen; allerdings sind bei entsprechender Leistungsbereitschaft auch die Karriereaussichten besser als an einer Hochschule.

Dozent an der Hochschule
Bei einer Tätigkeit Dozent an der Hochschule sind für die Aufbereitung von Daten und Erstellung des Unterrichts(-materials) vor allem Ihre konzeptionellen Fähigkeiten und Ihr strukturierendes Denken gefragt. Da Ihre Hauptaufgabe in der Wissensvermittlung liegt, sollten Sie über ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit verfügen und Autorität bzw. Führungsqualitäten aufweisen; dies ist auch für die Betreuung der studentischen und wissenschaftlichen Mitarbeiter wichtig. Als Dozent müssen Sie stets über den aktuellen Forschungsstand des jeweiligen Gebietes informiert sein, eine ausgeprägte Lernbereitschaft ist daher essentiell.

Journalismus
Im Tätigkeitsfeld des Journalismus sind für umfangreiche Recherchen konzeptionelle Fähigkeiten eine wichtige Voraussetzung. Um in der Lage zu sein, Wissen und Forschungsergebnisse aus vielen Gebieten miteinander zu verknüpfen und entsprechend zu präsentieren, müssen Sie über ganzheitliches Denkvermögen verfügen. Als Journalist haben Sie zudem viel Kontakt zu Forschern, Wissenschaftlern und Kollegen, daher sollten Sie ein hohes Maß an Sozialkompetenz aufweisen. Dazu zählen insbesondere soziale Sensibilität (Einfühlungsvermögen), Kontaktstärke und Kommunikationsfähigkeit, sowie für das Arbeiten in Teams Kritik- und Konfliktlösungsfähigkeit. In Ihrer Tätigkeit als (Wissenschafts-)Journalist müssen Sie sich stets Offenheit und Toleranz bewahren, um sowohl emotionsbeladene Themen als auch ungewöhnliche, innovative Ideen objektiv recherchieren und präsentieren zu können; im Hinblick auf erhöhten Recherche- und Arbeitsaufwand ist es weiterhin von Bedeutung, daß Sie belastbar sind.

Marketing
Für eine Tätigkeit im Bereich des Marketing sollten Sie vor allem über Kreativität und Innovationsfähigkeit verfügen, verbunden mit Offenheit gegenüber neuen Ideen oder Arbeitsumgebungen. Die Entwicklung und Erstellung von Marketingkonzepten erfordert nicht nur die persönliche Identifikation mit dem Produkt oder der Dienstleistung – methodisch sollten Sie konzeptionelle und organisatorische Fähigkeiten sowie etwa im Hinblick auf unterschiedliche Zielgruppen – ganzheitliches Denkvermögen aufweisen. Kommunikations- und Konfliktlösungsfähigkeit sind vor allem für die Arbeit in Projektteams wichtig, denn die persönliche Überzeugung von oder Begeisterung für eine Idee muß auf die Teammitglieder übertragen und mit ihnen abgestimmt werden. Weiterhin gehört auch Kontaktstärke zu den unverzichtbaren Anforderungen an eine Marketing-Position.

Vertrieb
Eine Tätigkeit im Vertrieb erfordert bezüglich der Gewinnung neuer Kontakte und Kunden vor allem Kontaktstärke und soziale Sensibilität sowie Belastbarkeit: Verkaufen zu können, bedeutet in erster Linie kommunikative Gewandtheit und Einfühlungsvermögen, das Einstellen auf die verschiedensten Arten von Menschen. Da Sie vor allem Überzeugungsarbeit zu leisten versuchen, ist auch ein gewisses Durchhaltevermögen unweigerlich erforderlich. Um den Arbeitsablauf effizient zu gestalten und Verkaufsstrategien zu entwickeln, sollten Sie weiterhin über eine ausgeprägte Fähigkeit zum strukturierenden Denken verfügen, welches es Ihnen ermöglicht, Ihre Argumentation nicht nur im Vorfeld gezielt und kundenspezifisch zurechtzulegen, sondern diese auch während eines Gespräch entsprechend zu variieren. Wenn Sie viel im Außendienst unterwegs sind, müssen Sie außerdem ein hohes Maß an Mobilität aufweisen.

Beratung
Für eine Tätigkeit in einem Beratungsunternehmen gehören Methoden- und Problemlösungskompetenzen zu den grundlegenden Anforderungen: Bei der Analyse und Aufbereitung von Daten und bei der Entwicklung und Durchführung von Projekten müssen Sie analytisch und strukturierend denken; außerdem müssen Sie konzeptionelle und organisatorische Fähigkeiten sowie ganzheitliches Denkvermögen aufweisen. Für die Entwicklung und Durchführung von Projekten sowie den häufigen Kontakt mit dem Kunden benötigen Sie Teamfähigkeit ebenso wie soziale Sensibilität, Kontaktstärke und Kommunikationsfähigkeit.Die Arbeit in interdisziplinären Projektteams sowie die sich stetig wandelnde Geschäftswelt erfordert ein hohes Maß an Offenheit und Toleranz sowie ständige Lernbereitschaft von Ihnen. Da Sie als Berater viel beim Kunden vor Ort beschäftigt sind (Trainings, Bedarfsermittlung, Datenerhebung, etc.), ist Mobilität unverzichtbar; da Berater außerdem selten eine 40-Stunden-Woche und ständig wechselnde Projekte und Aufgaben haben, müssen Sie außerdem sehr belastbar und außerordentlich leistungsbereit sein.

Selbständigkeit
Wenn Sie den Schritt in die Selbständigkeit wagen möchten, sollten Sie über gute konzeptionelle Fähigkeiten sowie strukturierendes Denken und ganzheitliches Denkvermögen verfügen; bei der effektiven Planung und Verwaltung Ihres Unternehmens sollten Sie außerdem exzellente organisatorische Fähigkeiten aufweisen.Um neue Kontakte zu knüpfen und dabei Neukunden zu akquirieren benötigen Sie Kontaktstärke sowie Kommunikations- und Kritikfähigkeit. Mit der Gründung und Führung eines eigenen Unternehmens ist natürlich auch ein erhebliches Risiko verbunden, daher sollten Sie Risikobereitschaft zeigen und bereit sein, das Risiko durch ein hohes Maß an Leistungs- und Lernbereitschaft aufzufangen; dies alles erfordert wiederum eine hohe Belastbarkeit.

Unternehmenspräferenzen

Start up-Unternehmen
Start up-Unternehmen erfordern vom einzelnen Mitarbeiter vor allem die Identifikation mit der Unternehmensidee und damit verbunden ein hohes Engagement, welches sich garantiert in der Stundenzahl niederschlägt. Sie müssen daher flexibel und belastbar sein, um den Anforderungen an die Arbeit in einem Start up-Unternehmen zu entsprechen. Zudem kann gerade in der Startphase das Engagement häufig nicht mit der angemessenen Bezahlung honoriert werden, da Start up-Unternehmen gerade zu Anfang nicht immer über ausreichende Finanzmittel verfügen. Außerdem besteht natürlich auch die Gefahr, daß das Unternehmen am Markt scheitert.
Für die Arbeit in einem Start up-Unternehmen sollten Sie daher Risikobereitschaft aufweisen, welche sich nach einer gewissen Anlaufphase des Unternehmens durchaus finanziell lohnen kann.

Klein-/Familienunternehmen
Klein-/Familienunternehmen bieten zunächst recht schnelle Aufstiegschancen. Schon allein wegen der relativ geringen Mitarbeiteranzahl und überschaubaren Strukturen ist der einzelne Mitarbeiter wichtig, weil präsenter als in einem Großunternehmen. Dadurch ergibt sich für den Mitarbeiter einerseits eine intensivere Betreuung und andererseits die Möglichkeit der schnellen Verantwortungsübernahme und häufig auch Entscheidungsfreiheit. Ein Nachteil besteht zumeist darin, daß sich dem Mitarbeiter nach Erreichen einer gewissen Position häufig eher eingeschränkte weitere Karriereperspektiven in diesem Unternehmen ergeben, vor allem, wenn die Geschäftsführung in Familienhand ist.

Großunternehmen
Großunternehmen und vor allem große Beratungen erfordern häufig eine hohe Belastbarkeit sowie Lern- und Leistungsbereitschaft,honorieren dies aber auch entsprechend und bieten eine hervorragende Basis für den weiteren Berufsweg. Anders als im Start up- oderFamilienunternehmen wird der Mitarbeiter oft nicht so individuell wahrgenommen, sondern findet sich meist als Teil eines Teams wieder.Die Lernkurve ist steil, und der Berufsanfänger wird schnell mit den Tagesprojekten und problemen konfrontiert. Wenn er den Belastungen jedoch standhält und daran wächst, kann er die Position als „Sprungbrett“ für den Einstieg in die nächste Tätigkeit nutzen. Viele Unternehmen erwarten, daß die Mitarbeiter sich weiterqualifizieren und fordern und fördern sie entsprechend. Bei einer starken Karriereorientierung ist der Einstieg in ein großes Unternehmen also sicherlich sinnvoll.

Interview mit Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin

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Von Wolf Alexander Hanisch

Philosophie ist, wenn jemand mit verbundenen Augen in einem dunklen Zimmer sitzt und eine schwarze Katze sucht, die gar nicht da ist. So geht eine launige Bemerkung, die sich mit der schulterzuckenden Haltung vieler Menschen gegenüber Ihrer Wissenschaft decken dürfte. Wie können Sie die von den Vorzügen der Philosophie überzeugen?
Wer sich mit der Philosophie anfreunden will, braucht natürlich Spaß am Denken. Und das ist etwas, was Studenten durchaus besitzen. Die Philosophie ist darum an Universitäten viel beliebter als Ihre Frage suggeriert. Dass sie zudem in der Wirtschaft ihren Platz hat, zeigt die Tatsache, dass manche ihrer Absolventen nach dem Studium in Unternehmensberatungen einsteigen. An der Ludwig-Maximilians-Universität München bin ich Sprecher des exekutiven interdisziplinären Studiengangs Philosophie-Politik-Wirtschaft oder kurz PPW. Der findet großen Anklang.

Der Benefit des Philosophierens liegt also im präzisen Denken?
So kann man das sagen. Dabei geht es in erster Linie gar nicht mal so sehr um die konkreten Inhalte. In der Philosophie gibt es nichts auswendig zu lernen. Worauf es ankommt, ist vielmehr die Herangehensweise. Und die kann beispielsweise eher formal-logischen, mathematischen Methoden folgen oder eher historisch sein. Wobei Sie natürlich ihr Handwerkszeug beherrschen müssen. Mit der antiken Philosophie können Sie sich nur fundiert auseinandersetzen, wenn sie auch Altgriechisch können.

Wie verträgt sich denn das analytische Denken mit dem in Unternehmen häufig anzutreffenden Diktat des positiven Denkens? Das ist ja eine Sichtweise, die sich weigert, Gefühl und Wahrnehmung voneinander zu trennen. Und gerade diese Trennung ist doch die Stärke der Philosophie…
Richtig. Philosophen haben in der Tat die Aufgabe, konsequentes, rationales Denken einzufordern, was mitunter unbequem sein kann. Aber die Bereitschaft auf sie zu hören wächst ja. Das wird gerade darin ersichtlich, dass moralische Fragen in Unternehmen und der ganzen Gesellschaft eine Renaissance erleben. Denken Sie etwa an die Korruptionsbekämpfung, den Tierschutz oder die Bedeutung der Ethik, wenn es um den medizinischen Fortschritt geht. Da ist die Philosophie gefragt, Themen unbefangen zu durchleuchten und so in Ordnung zu bringen, dass vernünftige Entscheidungen möglich sind. In England zum Beispiel wurde diese Fähigkeit immer hoch geschätzt. Philosophie zu studieren und Banker zu werden ist dort traditionell kein Widerspruch.

Wie passt das denn zu den eher verschulten Master- und Bachelor-Studiengängen, die ja aus der angelsächsischen Welt stammen?
Wahr ist, dass sich deutsche Studenten über die Kurzatmigkeit dieser Studiengänge hierzulande beklagen. Was man ihnen nicht verdenken kann. Diese Neuerungen laufen der klassischen philosophischen Wissenschaftskultur wirklich zuwider. Dass es auch anders geht, erleben Sie aber gerade in den USA, wo BA-Studiengänge eher allgemein-bildend als berufsorientiert sind.

Gleichwohl scheint das Denken in Zusammenhängen immer mehr verloren zu gehen. Wir leben doch in einer enorm technisierten Welt, die oft frustriert. Früher konnte man noch selbst an Autos herumschrauben, wenn sie Probleme machten. Heute muss dafür ein IT-Spezialist mit einem Laptop anrücken. Werden wir von der Technik entmündigt? Und was sagt die Philosophie dazu?
In der Antike war Philosophie viel mehr eine Hilfe zur Lebenskunst mit konkreten Ratschlägen. Dann hat sie sich immer stärker mit Teilproblemen beschäftigt, und heute ist ihre praktische Funktion in den Hintergrund einer weitgehenden Verwissenschaftlichung getreten – von einigen populären Veröffentlichungen in den Bestsellerlisten abgesehen. Aber gerade die zeigen ja, dass der Bedarf nach Lebenshilfe nach wie vor da ist – vielleicht sogar mehr denn je. Die Philosophie reagiert auf ihn allerdings zumeist auf einer anderen Ebene. Es ist zum Beispiel kein Zufall, dass die Bundeskanzlerin nach der Katastrophe von Fukushima eine Ethikkommission eingerichtet hat, in der auch Philosophen saßen. Die Unterstützung der Philosophie ist also auch in Deutschland gefragt, wenn es darum geht, den technischen Fortschritt und andere Entwicklungen grundlegend zu verstehen und vernünftig zu bewerten. Das geschieht zum Beispiel entweder direkt durch Politikberatung oder indirekt – etwa in Form von Podiumsdiskussionen.

Täuscht der Eindruck, dass sich Philosophen ohne akademische Einbindung wie Peter Sloterdijk oder Richard David Precht dabei ungleich stärker hervortun als deren Kollegen von den Universitäten?
Ich denke schon, dass er täuscht. Vor zweieinhalb Jahren veröffentlichte die Zeitschrift Cicero eine Studie, die erhob, welche Wissenschaftler und Intellektuelle Deutungsmacht beanspruchen können, weil sie am häufigsten in den Medien genannt werden. Jürgen Habermas, also der akademische Philosoph schlechthin, landete auf dem ersten Platz. Sloterdijk wurde Zweiter, Nida-Rümelin Dritter. So ein Ranking muss man nicht überbewerten, aber immerhin sind zwei dieser drei Philosophen sehr wohl in den Universitätsbetrieb eingebunden.

Wenn Berufseinsteiger etwas beseelt, dann die Suche nach Erfolg. Was ist Erfolg philosophisch betrachtet? Wie kann man ihn erkennen, wie nach ihm streben?
Eine schöne, schwierige Frage. Klassisch beantwortet bemisst sich der Erfolg nach einem gelingenden Leben. Und ein Leben gelingt dann, wenn ein Mensch begreift, wo und wie er seinen Fähigkeiten und Talenten am besten Ausdruck verschaffen kann. Jemand, der zu diesen Einsichten gelangt und sie umzusetzen versteht, hat Erfolg – auch dann, wenn er damit nicht viel Geld verdient. Darin steckt auch, dass ein Mensch nur dann wirklich frei sein kann, wenn er sich selbst entspricht und nicht allen möglichen Zerstreuungsangeboten unterliegt, die ihn unablässig umgarnen.

Eine Befreiung anderer Art erleben wir auch durch die Globalisierung, die Unternehmen wie Gesellschaften zunehmend interkulturell durchtränkt. Erfinden wir uns gerade alle neu?
Die Phase der Geschichte, in der Nationen für sich selbst leben konnten, scheint mir jedenfalls vorbei zu sein. Immanuel Kant hat sich schon im 18. Jahrhundert mit einer Weltbürgergesellschaft beschäftigt. Heute ist die Zeit wohl reif dafür. Philosophen wie der in Ghana geborene und in Princeton lehrende Kwame Anthony Appiah rufen zu Recht dazu auf, die Vielfalt der Kulturen auch dann als Gewinn zu betrachten, wenn wir nach unterschiedlichen Werten und Wahrheiten leben. Gleichzeitig entsteht aber auch eine Art globale Kultur, an der die Philosophie beträchtlichen Anteil hat. Dazu gehört beispielsweise das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag – eine Einrichtung, deren Existenz noch vor 20 Jahren in weiter Ferne schien.

Wenn Sie Manager eines Unternehmens wären: Hätten Sie eine besondere philosophische Manier zu führen?
Sagen wir eine ethisch begründbare. Gerade redigiere ich die Druckfahnen meines nächsten Buchs, das sich genau damit beschäftigt. Es heißt „Die Optimierungsfalle“ und plädiert dafür, dass sich die ökonomische Führungspraxis nicht aus den kulturellen Bedingungen der Humanität herauslösen darf.

Das ist schön gesagt. Aber kommt man nicht weiter, wenn man die Moral hin und wieder beiseite schiebt?
Das kommt natürlich vor. Aber es ist auf Dauer riskant. Und zwar für alle. Für die Gesellschaft, für das Unternehmen und für einen selbst. Denn wenn bekannt wird, dass man nicht verlässlich ist, erleidet das Berufsleben schnell Schiffbruch. Es ist einfach das falsche Karrieremuster. Wer philosophisch zu denken gelernt hat, versteht das gut.

Julian Nida-Rümelin ist auch Organisator des XXII. Deutschen Kongresses für Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München (Termin: 11.-15.09.2011). Infos:
www.philosophie.uni-muenchen.de
www.dgphil.de
www.julian.nida-ruemelin.de

Michael Rosenberg

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Mit viereinhalb Jahren macht er das Abitur, mit kaum sechseinviertel ist er Diplom-Mathematiker und als Neunjähriger Vorstand. Unglaublich? In der Unternehmens-Zentrale der Victoria Versicherung in Düsseldorf hat sich Michael Rosenberg mit Viola Strüder über Sätze und Siege seines Lebens unterhalten. Von Viola Strüder

Zur Person

Gegeben: Vorstandsvorsitzender der Victoria-Lebensversicherung AG
Konstante: Michael Rosenberg, Diplom-Mathematiker
Alter: 50
Gesucht: 1. Der Mensch
2. Der Weg an die Spitze

Lösung:
Zu 1: Human mit Humor
Zu 2: Linear

Zahlen als Jungbrunnen
Michael Rosenberg sucht einen Satz, eigentlich einen Buchtitel und findet beides in seinem Kopf: „Fermats letzter Satz“. Ein literarischer Wissenschafts-Krimi von Simon Singh, dessen Inhalt den Vollblut-Mathematiker vom Stuhl reißt: Zack hat er den nächstbesten Stift in der Hand, schiebt die Kaffee-Kanne schwungvoll beiseite, schnappt sich ein Stück Papier – egal was drauf steht – malt den Satz des Pythagoras auf, Fermats Vermutung dazu und erklärt die Lösung von Andrew Wiles. „Allein schon die Schönheit eines mathematischen Beweises,“ fasst er lebhaft zusammen, „das begeistert mich.“ Zahlen halten ihn jung, sie beeinflussen von Anfang an sein Leben: Geboren am 29. Februar 1952 wird er offiziell nur alle vier Jahre ein Jahr älter.

Eins ausgewischt
Im Sauerland wächst der Blondschopf wohl behütet auf und besucht eine dörfliche Volksschule „mit guten Lehrern und dem Mini-Rabauken Rosenberg,“ erzählt er schelmisch. Seine Begabung zeigt sich früh: Mathematik ist sein Lieblingsfach, schon in der Grundschule. Besonders das Wettrechnen hat es ihm angetan. Nur ein Klassenkamerad ist schneller als er – im Auspacken: Tafel, Griffel, Schwamm heißen die Utensilien. Während sein Banknachbar schon ein Päckchen geschafft hat, kramt er noch die Tafel hervor. Bei dessen zweiter fertig gerechneter Aufgabe hat er den Schwamm draußen und zieht ihn einmal kurz über des Nachbars Tafel. Gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle. Der verdutzte Mitschüler indes steht auf, holt den Lehrer. Wie er das gemacht hätte, habe man ihn gefragt. „Und da ich schon immer eine ehrliche Haut war, machte ich es vor: ‚So.’“ Aufstehen, bücken, Hosenboden versohlt, setzen, rechnen. „Gewonnen.“ Schwamm drüber – ein Meister-, aber kein Musterschüler. Zum Zahlenverständnis passt sein Berufswunsch: Flugkapitän. Am mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasium entdeckt er sein Interesse für Physik. Nach einer versiebten Klausur soll sich die Endnote verschlechtern, was er nicht akzeptiert. „Ich war hoch vorzensiert und habe mich zur Freiwilligen-Prüfung gemeldet.“ Atommodelle muss er rechnen. „Nach zehn Minuten war alles vorbei, weil keiner der Lehrer mehr folgen konnte.“

25:1 verloren – aber ein gewinnendes Wesen
Seine ersten Sporen verdient sich der damals 14-Jährige mit dem Herstellen von Beton-Fensterbänken. Ein Ferienjob von morgens sechs bis nachmittags um fünf für drei Mark Stundenlohn. Weil er als Teenanger unbedingt Handball spielen will, gründet er eine Jugendmannschaft. Er zieht über die Dörfer und bekommt sieben Spieler zusammengetrommelt. Eine sportlich erfolgreiche Zeit. Bis auf das eine Mal, als er im Tor steht. „Da haben wir 25:1 verloren.“

Hoch-Rechner, Tief-Stapler
„Aus Leidenschaft für das Fach“ beginnt er 1970 sein Mathematik-Studium, das er mit BAfÖG, Gabelstaplerfahren und dem Unterrichten an einer Privatschule finanziert. Letzteres beweist ihm erneut sein Können in Mathe und Physik, zeigt aber auch, dass es ihm „an pädagogischem Gespür und Geduld fehlt“. – „Damit war klar, dass ich für den Lehrerberuf nicht geeignet bin.“ Hat man eine Idee, was man mit diesem Studienfach beruflich macht? „Mathematiker waren bis Ende der 70er-Jahre stark gesucht.“ Ein Vortrag an der Universität eröffnet ihm Perspektiven. „Praktiker aus den unterschiedlichsten Bereichen stellten ihre mit der Mathematik verknüpften Berufsfelder vor. Dafür war ich dankbar und würde solche Vorträge heute jedem Studenten wünschen.“

Zur Siegesgöttin
Nach dem Diplom 1977 beginnt er ein wirtschaftswissenschaftliches MBA-Studium in Aachen, bevor er sich ein Jahr später beim Verband der Lebensversicherungs-Unternehmen e.V. bewirbt. Sieben Jahre wirkt er dort und wechselt 1985 zur Victoria, wo er nach zwei Jahren Vorstandsmitglied der Krankenversicherung wird. Bis heute nimmt er innerhalb der Gruppe mehrere Vorstandsaufgaben wahr.

Maxime: „Mensch sein – Mensch bleiben“
Welche guten und schlechten Seiten von sich gibt er preis? „Die schlechte ist, dass ich zu oft gewinnen will, die gute: Ich versuche Mensch zu bleiben.“ Was zeichnet denn Menschen in der Berufswelt aus? „Drei Dinge,“ antwortet er spontan, „fachliches Engagement, Leistungsorientiertheit und die Edeltugenden, also Ehrlichkeit, Bescheidenheit, Verlässlichkeit.“ Wie viel Gefühl, Grips und Ellenbogen muss ein Vorstand haben? „Auf jeden Fall ist dies eine Klaviatur, auf der man spielen können muss.“ Mit dem Thema Motivation konfrontiert, weiß er, dass Arbeitgeber hierfür eine Menge tun können und hat eine schlichte Antwort parat: „Vorleben.“ Offen präzisiert Michael Rosenberg, was er darunter versteht: „Motivation wollen, Problembewusstsein schärfen, Gesprächsbereitschaft signalisieren, einfach zuhören können, sich positiv integrieren, Angst nehmen, für Entkrampfung sorgen, Probleme mit einem ‚das lösen wir gemeinsam’ bewältigen.“ Er ergänzt: „Es wird insgesamt zu wenig Lob ausgesprochen.“ Ein Defizit, zu dem er einräumt, dass es häufig schwierig sei, Arbeit richtig zu würdigen. „Es muss sich ja um ein individuelles, konkretes Lob handeln und nicht um eine generelle Aussage.“

Helikopter-Blick
Die Beschreibung eines normalen Arbeitstages geht bei Michael Rosenberg schnell: „Den gibt es nicht.“ Weder Arbeitszeit noch Anwesenheit seien gefixt. Erreichbarkeit ist wichtig. Woher kommt eigentlich die Ruhe, die Menschen in Top-Positionen häufig ausstrahlen? Die Frage findet er ulkig, denkt eine Weile nach. „Ich glaube, es ist die Erfahrungsbandbreite, dass man wirklich eine Anreicherung von Erfahrungen machen darf, dass man Neues wagen kann und muss, selbst wenn dies oftmals belastend ist.“ Die Analyse lässt ihn noch nicht los: „Mit dem Helikopter-Blick betrachtet, sieht man, dass man andere Mittel zur Verfügung hat: Wenn beispielsweise ein Abteilungsleiter das Gefühl hat, ‚der Wald brennt’, weiß man aus der Vogelperspektive, dass das Streichholz noch gar nicht an ist. Wichtig ist aber, sich das Gefühl für Gefahr zu bewahren, es muss anspringen, wenn sie in Verzug ist“.

In Menschen denken, in Sparten handeln
Welche Perspektive bietet die Versicherungsbranche Hochschulabsolventen? „Der gesamte Finanzdienstleistungsbereich ist eine der großen Wachstumsbranchen der Zukunft, in der fast alle Fachrichtungen gesucht werden.“ Wirtschaftswissenschaftler, Mathematiker, Juristen, Informatiker gehören für Michael Rosenberg ebenso dazu, wie die klassisch für das Versicherungswesen ausgebildeten Kandidaten. Wer gerne zu einem großen Unternehmen wolle, ist gefragt, aber auch der Klein-Unternehmer-Typus, der als selbstständig agierender Kaufmann innerhalb eines Konzerns tätig werden will. „Wenn ich heute die Bandbreite der Aufgaben in der Versicherungswirtschaft reflektiere, allein die hohe Flexibilität und Prozessorientiertheit, dann ist dies ein reizvolles Arbeitsfeld. Das Besondere ist, dass immer der Mensch mit seinem Leben, seinen Ängsten, seinen Nöten im Mittelpunkt steht.“ Das Image der Versicherungsvertreter ist ja nicht gerade das beste? „Jein“, antwortet der Vorstandsvorsitzende bestimmt, wissend um diese vielfach vorherrschende Meinung. „Versicherungsvertreter waren einmal die Schmuddelkinder der Nation. Das ist jedoch ein allgemeines Bild. Das individuelle ist genau umgekehrt: Da gibt es in allen Umfragen der letzten Jahre eine hohe Zufriedenheit der Kunden mit ihrem jeweiligen Berater.“ Auch die Themen, die ein Unternehmen besetzt, sind für Kunden und Mitarbeiter ein wichtiger Faktor. Engagements über das Versicherungsgeschäft hinaus werden bei der Victoria groß geschrieben. Bei der Initiative „Victorianer helfen“ spenden Mitarbeiter ihre Gehalts-Cents einem guten Zweck. Zudem engagiert man sich für Umwelt, Kunst und Sport. Die Victoria hat als erster europäischer Finanzdienstleister den EMAS-Award der EU für vorbildlichen Umweltschutz erhalten. Sorgfältig ausgewählte moderne Kunst prägt das Bild des Interieurs der Verwaltungsgebäude in Düsseldorf. Seit zwei Jahren sponsert die Victoria den FC Schalke 04 – Rosenbergs Idee.

22 Beine steigern die Bekanntheit – laufend
Warum sponsern Sie Fußball? „Das hatte analytische Gründe. Wir wollten werblich aktiver werden. Die Victoria war immer eine Edelmarke, aber nicht bekannt genug. Um den Bekanntheitsgrad schnell zu steigern, muss man dreistellige Millionensummen in Fernsehwerbung investieren. Das kam für uns nicht in Frage. Die Alternative: Sportsponsoring. Der FC Schalke 04 und die Victoria passen gut zusammen, von den Farben bis hin zu den Images. Tradition und Bodenständigkeit, hier die Volksnähe von Schalke, dort die Victoria, die einst die Volksversicherung erfand. Dazu kam der hohe Sympathiewert der ‚Blau-Weißen’ und deren Medienpräsenz.“ Damit sind wir wieder bei der Schönheit eines Beweises. Lohnt sich das Sponsoring? „Ja, auf mehreren Ebenen. Besonders aber hinsichtlich des Bekanntheitsgrades. Hier haben wir schon im ersten Jahr unserer Zusammenarbeit messbare Erfolge erzielt.“

Allein auf weitem Flur
Welche Leitlinien möchte Michael Rosenberg jungen Menschen für den Berufseinstieg mitgeben? „Vielen Interessen nachzugehen und diese ernsthaft zu betreiben, sich fachlich möglichst breit anzulegen. Wer in sich selbst investiert, Leistungsbereitschaft zeigt, für den kommt der Erfolg von selbst.“ Da fällt ihm noch ein Satz ein: „Kommen Sie doch bitte mit ins Foyer. Dort steht auf einer Platte in den Boden eingelassen das Credo des Versicherungsgeschäftes, es kann aber auch für alle jungen Berufsstarter gelten: ‚Geh in die Welt und sprich mit jedem’.“

Interview mit Fabrice Roghé

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Der Aufzug hält im 20. Stock, der Ausblick auf Düsseldorf ist atemberaubend. Hier, in der obersten der drei Etagen des Sitzes der Boston Consulting Group (BCG) in der Landeshauptstadt, hat Fabrice Roghé sein Büro. Er ist Partner und einer der Geschäftsführer der Strategieberatung und erzählt im Interview, wie sich die Consultingbranche gewandelt hat und was das für junge Unternehmensberater zu Beginn ihrer Karriere bedeutet. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Fabrice Roghé, Jahrgang 1973, ist seit 2007 BCG-Partner und Geschäftsführer. Er arbeitet im Büro Düsseldorf und beschäftigt sich mit Fragen um die nationale und internationale Konzernorganisation, insbesondere in Bezug auf die Aufstellung der Unternehmenszentrale. Er berät häufig Unternehmen aus der Berg-, Maschinen- und Schiffsbaubranche in strategischen und operativen Fragen.

Fabrice Roghé studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Darmstadt und der University of Illinois at Urbana-Champaign in den USA. Nach seinem Abschluss stieg er 1999 im BCG-Büro in Düsseldorf ein, verbrachte als Teilnehmer des „Ambassador-Programms“ ein Jahr im BCG-Büro in Washington, bevor er nach Düsseldorf zurückkehrte.

Herr Roghé, es ist bestimmt ein schönes Gefühl, morgens in sein Büro zu kommen und einen Blick auf ganz Düsseldorf zu genießen, oder?
Schon, aber so oft ist man in diesem Beruf gar nicht in seinem Büro. Wenn ich zum Beispiel an Projekten im Ausland arbeite, kann es schon mal vorkommen, dass ich einen Monat lang nicht im Büro bin. Dann sehe ich lange nichts anderes als Business-Hotels und die Konferenzräume meiner Kunden.

Strengen Sie solche Zeiten an?
Sie sind vor allem eine Herausforderung an das Zeitmanagement, denn die Reiserei ist ein unglaublicher Zeitfresser. Beim Warten am Gate oder in den Flughafen-Lobbys bin ich halt nicht sehr produktiv – auch wenn ich mittlerweile dank der Möglichkeiten der modernen Kommunikation auf Reisen etwas effizienter arbeiten kann als früher.

Muss sich ein Unternehmensberater am Anfang seiner Karriere eigentlich darauf einstellen, immer und überall erreichbar sein zu müssen?
Es gibt Menschen, die tatsächlich jede E-Mail innerhalb von Minuten beantworten. Ich persönlich finde jedoch, dass das meine Arbeit zu sehr fragmentiert, daher schaue ich nicht ständig auf mein Blackberry. Aber natürlich ist Beratung ein Dienstleistungsgeschäft. Wir arbeiten an den für den Kunden bedeutenden und kritischen Themen – und da kann es auch mal brennen. Daher kann es bei BCG keine dogmatische Regel geben, die bestimmt, dass ab einer bestimmten Uhrzeit nichts mehr geht. Unsere Maxime ist: Wir werden nie einen Kunden hängen lassen – aber wir legen auch Wert auf persönliche Freiräume.

Können Sie auf den Punkt bringen, wie sich in jüngerer Vergangenheit die Consultantbranche gewandelt hat?
Die Anforderungen an die Unternehmen, um wirtschaftlich erfolgreich sein zu können, haben sich geändert – und dadurch auch deren Anforderung an die Berater. Eine richtige Strategie ist zwar nach wie vor eine wichtige Voraussetzung für Erfolg, jedoch nicht mehr eine hinreichende. Die wirkliche unternehmerische Herausforderung verlagert sich in Richtung Umsetzung und stetige Adaption dieser Strategie in einem turbulenten Umfeld. Hinzu kommt, dass die Beraterbranche gereift ist und sich dadurch zunehmend Spezialgebiete herauskristallisieren.

Führt der Weg damit weg vom Beratungsgeneralisten?
Das nicht, nein. Unsere jungen Berater spezialisieren sich nicht schon in der Anfangsphase ihrer Karriere, denn gerade Generalisten können einen Kunden ganzheitlich und langfristig betreuen. Und das ist uns wichtig. Man muss sich einen großen Konzern wie einen Tanker vorstellen, der unglaublich schwer zu bewegen ist. Unser Ziel ist keine marginale Verbesserung, sondern eine echte Transformation. Und diese gelingt nur, indem wir mit unseren Kunden ganzheitlich und kontinuierlich Veränderungen vorantreiben. Dafür müssen wir die Generalisten mit den Experten kombinieren. Experten unter sich wären dabei längst nicht so erfolgreich.

Transformationen haben immer auch etwas mit Überzeugungsarbeit zu tun. Können Sie Absolventen an dieser Stelle Tipps geben, wie diese gelingen kann?
Zunächst helfe ich meinen Gesprächspartnern dabei, sich die neue Situation vorzustellen – beispielsweise mithilfe von Simulationen. Außerdem ist es manchmal sinnvoll, externe Beispiele heranzuziehen, um zu zeigen, dass bestimmte Konzepte und strategische Schritte in der Praxis schon Erfolge erzielt haben. Dabei sollten die Beispiele natürlich so gewählt werden, dass sich der Kunde damit identifizieren kann. Drittens kann es überzeugend sein, Veränderungen in bestimmten Segmenten des Unternehmens einfach mal zu testen – als Showcase oder Pilot.

Wie muss ein Unternehmensberater qualifiziert sein, um diese Tipps auch anwenden zu können?
Zunächst muss er über starke analytische Fähigkeiten verfügen und strukturiert vorgehen können – nur so kann er sicherstellen, dass die geplanten Veränderungen das Problem tatsächlich an der Wurzel packen. Wenn zum Beispiel Mitarbeiter in einem Unternehmen nicht das tun, was man sich von ihnen erhofft, dann muss der Unternehmensberater der Frage auf den Grund gehen: Warum tun sie es denn nicht? Er muss die Ursache suchen – und die findet er nicht selten im Top-Management selbst. Anschließend muss er seine kommunikativen Fähigkeiten unter Beweis stellen und alle für den Prozess wichtigen Kundenmitarbeiter einbinden. Der letzte Schritt verlangt nach Rückgrat, denn dann heißt es: Jetzt wird exekutiert. Es wird nicht mehr das „Ob“ diskutiert, sondern nur noch das „Warum“ erläutert. In dieser Phase ist der Unternehmensberater der Hüter der eigentlichen Idee. Kommt der Prozess vom Kurs ab, muss er darauf aufmerksam machen. Intervenieren jedoch muss das Top-Management, denn es darf nicht sein, dass dort Führungsaufgaben an den Berater delegiert werden.

Zum Abschluss: Gibt es Ihrer Ansicht nach einen aktuellen Trend, der die Branche auch noch in 15 Jahren beschäftigen wird?
Volatilität wird künftig eine große Rolle spielen. Zum Beispiel im Bereich der Marktführerschaft, die in bestimmten als relevant definierten Märkten immer flüchtiger wird. Ausgehend von den Fünfzigerjahren bis heute kann man eine kontinuierliche Zunahme der Volatilität im Geschäftsleben beobachten, und diese Entwicklung wird aus meiner Sicht weitergehen. Zudem werden sich die Trends, die ihre Ursache in der Globalisierung haben, fortsetzen: Unsicherheit, Komplexität, Vielfalt, Wettbewerbsintensität. Auch die Anforderungen an die Unternehmensorganisationen verändern sich: Sogenannte weiche Themen wie die Motivation der Mitarbeiter und eine hohe Führungskompetenz des Managements werden gegenüber „harten“ Themen wie Struktur- oder Prozessoptimierung weiter an Bedeutung gewinnen. All das wird unsere Branche auch 2020 und 2025 beschäftigen.

Zum Unternehmen

Die Boston Consulting Group (BCG) ist mit einem Jahresumsatz von global 2,4 Milliarden Dollar (2008) eine der weltweit größten Unternehmensberatungen. Gegründet wurde sie 1963 in Boston von Bruce D. Henderson. Das Unternehmen gehört mehr als 500 Partnern, weltweit arbeiten rund 4300 Berater in 68 Büros in 39 Ländern für die BCG. Deutsche Büros unterhält die Unternehmensberatung in München, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Hamburg, Stuttgart, Berlin und Köln.

Berater bei der BCG arbeiten zunächst einige Jahre lang als Generalisten und treten danach in die sogenannten Praxisgruppen ein. Diese bündeln die Expertise einerseits nach Branche, also beispielsweise die Energie- oder die Konsumgüterbranche, sowie nach Funktionen, beispielsweise Marketing oder Strategie.

Interview mit Fabrice Roghé als PDF ansehen

Interview mit Monty Roberts

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Monty Roberts ist einen kuriosen Weg gegangen: vom „Pferdeflüsterer“ zum Unternehmensberater. Auf Welttourneen zeigt er Managern, wie sie ihre Mitarbeiter friedlich zum Erfolg führen können. Dem karriereführer flüsterte er seine persönlichen Lebensweisheiten. von Alexandra Lauff und Anne Thesing

Zur Person

Marvin Earl Roberts, bekannter als Monty Roberts, ist mit seiner Autobiografie „The man who listens to horses“ weltberühmt geworden. Queen Elizabeth II. hatte ihn ermutigt, dieses Buch zu schreiben. 1989 lud sie ihn zum ersten Mal als Pferdetrainer an ihren Hof ein. Seine humane Methode, Pferde zu zähmen, hatte die First Lady fasziniert. Monty Roberts löste sich mit seiner Arbeitsweise von seinem Vater, dessen Brutalität gegenüber Pferden und Menschen ihn schon als Kind abgeschreckt hatte.
Roberts wurde 1935 in Salinas (Kalifornien) geboren und wuchs auf der Pferdefarm seines Vaters auf. Schon mit 13 Jahren lernte er die Sprache der Pferde. Seitdem gewinnt er das Vertrauen der wildesten Tiere. Diese Fähigkeit bescherte ihm nicht nur die persönliche Aufmerksamkeit der Queen und einen Platz in den weltweiten Bestseller-Listen. Sie führte ihn auch nach Hollywood, wo er mit James Dean, Elizabeth Taylor und Charlton Heston zusammen arbeitete. Mittlerweile interessieren sich auch Unternehmen für die Methoden des „Pferdeflüsteres“, die er in seinem Buch „Horse Sense for People“ auf menschliches Verhalten anwendet.

In your capacity as „horsewhisperer“, you also consult Managers. What exactly is it that Managers can learn from horses?
I wrote a whole book on this: „Horse Sense For People“, in which I ask people to rethink the way we use powers over others. Managers learn that they can adapt horses non-violent behavioral patterns to the human species. With humans, as with horses, the gentle way is the better way and trust, respect and communication – not coercion – are the key to fruitful relationships.

What have you learned for yourself by working with horses?
Mostly, that violence ist never the answer.

What kind of job were you dreaming of as a child?
I dreamt of being a horse trainer. As son of a horseman, I spent most time of the day on horse-back when only two years old.

Is there any childhood experience that particulary influenced your path of life?
Several experiences: the physical abuse by my father, the role model guidance of an 8th grade teacher and the lessons from wild horses (mustangs).

With what have you earned your first money?
With stuntwork. At the age of eight, I appeared stunt double in a number of feature films: for Elizabeth Taylor in National Velvet, Roddy McDowell and more.

What does an ordinary day of your working life look like?
Now it is occupied by travel, demonstrations and teaching.

Who is a personal example to you?
Ghandi.

What is your life’s goal?
To leave the world a better place than I found it, for horses and for people too.

Which career related advise would you give young people who graduate today?
They should develop integrity and a strong work ethic.

Interview mit Stefan Rizor

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Erfahrungen im Ausland, Flexibilität im Denken und sehr gute Englischkenntnisse sind seiner Meinung nach wichtige Voraussetzungen für die Karriere. Gute Examensnoten zwar auch, aber Stefan Rizor interessiert mehr der Mensch dahinter. Dem karriereführer verriet er, was sonst noch einen guten Juristen ausmacht. Das Interview führte Meike Nachtwey.

Zur Person Stefan Rizor

Stefan Rizor ist Partner und Managing Partner Deutschland bei Osborne Clarke. Der gebürtige Hannoveraner studierte in Würzburg und an der McGill University (Montreal, Kanada), wo er seinen LL.M. erwarb. Seit 1990 Rechtsanwalt, seit 1994 Partner in der überörtlichen Sozietät Graf von Westphalen Fritze & Modest, und ab 2001 bei Osborne Clarke, spezialisierte sich Stefan Rizor schnell auf grenzüberschreitende Unternehmenstransaktionen und -streitigkeiten.

Der Jurist ist zudem Leiter des Immobilienrechts- Teams und Experte für die Recycling- Industrie. Seit mehr als einem Jahrzehnt vertritt er die Interessen des „Grünen Punktes“ (Duales System Deutschland). Die Intensivierung des Handels und gegenseitigen Verständnisses zwischen Nordamerika, insbesondere Kanada, und Deutschland bildet einen weiteren Schwerpunkt seiner Tätigkeit.

Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Bewerbungsgespräch nach dem Studium?
Nach Studium, Referendariat und Master führte mich meine erste berufliche Bewerbung nach London zu Clifford Chance. Der dortige Partner erläuterte mir, nach welchen Kriterien Clifford Chance – jedenfalls damals – Kandidaten suchte. Neben überdurchschnittlichen Examina wurden Kandidaten mit „personality“ gesucht. Neugierig fragte ich, nach welchen Kriterien sich denn „personality“ bemesse. Mein Gesprächspartner erklärte mir dies an einem Vergleich: Er stelle sich vor, wie Mandanten wohl auf einem gemeinsamen Flug von London nach Sydney reagieren würden, den sie mit dem jungen Anwalt verbringen müssten. Könne der junge Anwalt nur über den Fall sprechen, steige der Mandant spätestens in Abu Dhabi aus. Auch mir kommt es heute darauf an, den Kandidaten kennen zu lernen. Dass er ein guter Jurist ist, sieht man meist schon an den Unterlagen.

Aber gute Examina sind immer noch wichtig?
Der gute Anwalt bemisst sich nicht allein an der Qualität der Examina. Wir stellen häufig Kandidaten ein, bevor sie das Zweite Examen absolviert haben. Wer sich bei uns in Studium und Referendariat bereits bewährt, dessen Qualitäten kennen wir. Des Stempels durch einen Prüfer, der den Kandidaten eine Stunde an einem Tag getestet hat, bedarf es dann nicht mehr. Die Erfahrung lehrt: Mit dem Arbeitsvertrag bei Osborne Clarke in der Tasche gehen die meisten Kandidaten entspannter in die Prüfungen, was dann in aller Regel zu guten Ergebnissen führt.

Was sollte denn ein guter Anwalt noch mitbringen, um von Ihnen eingestellt zu werden?
Er sollte eine vielseitige Persönlichkeit mitbringen und er sollte neugierig sein. Mandanten spüren sehr genau, ob Anwälte sich für sie und ihre Tätigkeit interessieren. Wer ein Unternehmen und seine Produkte oder Dienstleistungen versteht, ist im Vorteil. Auch hilft es, die längerfristigen Vorstellungen von Mandanten zu erkennen. Es macht einen Unterschied, ob der Unternehmer beabsichtigt, das Unternehmen kurz- oder mittelfristig zu veräußern oder das Unternehmen an die nächste Generation in der Familie zu übertragen. Dazu muss die Bereitschaft kommen, über juristische Fragen nachzudenken, die Neuland sind. Der Gesetzgeber hängt dem technischen Fortschritt stets hinterher. Der junge Anwalt braucht Courage und muss teamfähig sein. Junge Anwälte unterschätzen häufig zu Beginn ihrer Laufbahn den Druck der Verantwortung. Man muss in der Lage sein, in Projekten Teams zu führen, sich aber auch selbst zurücknehmen zu können.

Sie sind Partner in einer Kanzlei, die sich auf die Fahne geschrieben hat, anders zu sein als alle anderen Kanzleien. Ein Dienstleistungsunternehmen, das Wert legt auf Teamarbeit und Work- Life-Balance: Wie wichtig sollte die Karriere im Leben sein?
Die Arbeit nimmt im Leben jedes Menschen eine zentrale Bedeutung ein. Dazu gehört aber auch eine kritische Prüfung: Bin ich bereit, Verantwortung zu übernehmen? Wie groß ist mein Ehrgeiz? Was möchte ich erreichen? Was bin ich bereit, dafür einzusetzen? Glück und Zufriedenheit im Privaten, mit Freunden und Familie, Zeit, seine Hobbys zu genießen, werden sich nur dann einstellen, wenn man auch beruflich das erreicht hat, was man sich vorgenommen hat. Deswegen kann ich jungen Menschen immer nur empfehlen, von Anfang an auf eine möglichst erstklassige Ausbildung zu achten.

Und was muss ein Hochschulabsolvent heute tun, um Karriere zu machen?
Wer in einer Wirtschaftskanzlei Karriere machen möchte, muss Englisch in Wort und Schrift beherrschen. Zudem sind die bei Auslandsaufenthalten gesammelten Erfahrungen unverzichtbar: Der Hochschulabsolvent hat sich in ungewohnten Konstellationen neu bewiesen und Herausforderungen gemeistert. Deswegen kann ich jungen Juristen immer nur empfehlen, die heimatliche Scholle zu verlassen. Nutzen Sie die Semesterferien, um Zusatzqualifikationen zu gewinnen, denn diese machen Sie später unterscheidbar. Man sollte auch stärker seine Interessen verfolgen, statt bestimmten Moden nachzugehen. Völker- und Europarechtler, an der Uni häufig belächelt, finden sich später häufig in führenden Positionen, weil sie lernen, auf nationales Recht aus einer internationalen Perspektive zu blicken und Prinzipien hinter den Normen zu erkennen und in Rechtsgrundsätze zu verwandeln. Wer ein hohes technisches Verständnis hat, wird – unabhängig von jedem Zeitgeist – immer genug Arbeit im Technologieoder Patentbereich finden. Es hilft, Bereiche zu wählen, die einen persönlich interessieren. Dann fällt auch intensive Arbeit nicht schwer, denn in dieser Umgebung wird man sich wohl fühlen und nachher auch unter den Spezialisten sein berufliches Zuhause finden.

Was ist, wenn es nicht so gut läuft mit der Karriere? Wie sollte man mit Rückschlägen umgehen?
Rückschläge sind wichtig. Sie sind unvermeidlich, denn es wird nicht immer alles gelingen. Über Siege freut man sich, aus Rückschlägen lernt man. Deshalb sollte man Rückschläge akzeptieren. Wer beispielsweise im Ersten Examen kein Vollbefriedigend oder besser erzielt, wird nicht in Harvard weiterstudieren können, aber das Studium an anderen Universitäten, an denen auf hohem Niveau Auslandserfahrung und Sprachkenntnisse erworben werden können, bleibt möglich.

Ihr Karrieretipp für unsere Leser?
Die wichtigste Empfehlung für Ihre Leser: Seien Sie mutig, stellen Sie sich neuen Herausforderungen. Meine wichtigste Aufgabe gerade bei Studenten oder Referendaren besteht darin, ihnen Mut zu machen, damit sie sich dort bewerben, wofür sie brennen. Verlassen Sie altbekannte Bahnen. Und: Ausländische Studenten investieren in der Regel auch wirtschaftlich in ihr Studium. Viel zu häufig machen deutsche Juristen die Entscheidung, ob sie ins Ausland gehen, von der Vergabe von Stipendien abhängig. Dabei ist der Kredit, den man für eine erstklassige Ausbildung aufnimmt, schnell zurückgezahlt. Keine Investition erzielt eine höhere Dividende als die eigene Ausbildung.

Zum Unternehmen

Osborne Clarke wurde 1748 im englischen Bristol gegründet. 1987 eröffnete Osborne Clarke ein Büro in London, 1998 im Thames Valley und 2000 im kalifornischen Silicon Valley, wodurch die Firma die erste pan-europäische Kanzlei wurde, die in der amerikanischen Technologiehochburg vertreten ist. In Deutschland hat Osborne Clarke Büros in Köln und München. Sie ist eine fullservice Anwaltskanzlei. Internationalität und moderne Technologien bilden einen Schwerpunkt. Die Nachwuchsförderung liegt der Firma traditionell besonders am Herzen.

Interview mit Peter Riedel, Rohde & Schwarz

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Peter Riedel, heutiger COO von Rohde & Schwarz, war verantwortlich für den Ausbau der Rohde & Schwarz Niederlassung in Singapur. Darum verbrachte er viel Zeit im Jahr in Asien. Dort war er gerne, denn er mag den asiatischen Arbeitseifer und die Gastfreundschaft. Mit Bettina Blaß unterhielt er sich darüber, warum die asiatischen Länder für sein Unternehmen und die gesamte deutsche Wirtschaft so wichtig sind. [Das Interview ist dem karriereführer asien 2008/2009 entnommen.]

Zur Person

Peter Riedel, Foto: Rohde & Schwarz
Peter Riedel, Foto: Rohde & Schwarz

Peter Riedel, geboren 1965 in München, studierte nach dem Abitur Elektrotechnik, Fachrichtung Kommunikationstechnik an der Technischen Universität München. Nach dem Studium ging er 1991 als Entwicklungsingenieur für Mobilfunkmesstechnik zur Rohde & Schwarz GmbH und Co. KG.

Dort hatte er im Bereich Messtechnik verschiedene Positionen im Zusammenhang mit der Entwicklung von Testsystemen und -geräten für Mobilfunknetze und -endgeräte inne. Sein Schwerpunkt lag dabei im Bereich der Protokolltests.

Im Dezember 2005 wechselte er in den Geschäftsbereich Überwachungs- und Ortungstechnik und leitete dort seitdem das Fachgebiet Geräteentwicklung.

Seit 2016 ist Riedel Mitglied der Geschäftsführung in der Position des COO.

Warum ist der asiatische Markt für Rohde & Schwarz so wichtig?
Wir sind ein Unternehmen der Hightechindustrie. Asien ist für uns ein riesiger Wachstumsmarkt. Alleine der Mobilfunk hat gewaltiges Wachstumspotenzial.

Für welche asiatischen Länder neben China erwarten Sie einen Boom?
Für Indien, Vietnam, Malaysia und Thailand – in dieser Reihenfolge.

Wie sieht Ihre Asien-Strategie für die nächste Zeit aus?
Wir sind in den vergangenen Jahren in Asien schon stark gewachsen. Nun geht es darum, unser technisches Know-how vermehrt dorthin zu bringen. Wir wollen außerdem unsere Kundenbeziehungen ausbauen und den Kunden noch mehr Support bieten. Denn zufriedene Kunden empfehlen uns auch weiter.

Warum haben Sie die Hauptniederlassung Asien in Singapur angesiedelt?
Singapur ist sowohl von Europa als auch von anderen asiatischen Ländern aus bestens zu erreichen. Außerdem gibt es mehrere sehr gute Universitäten und hervorragend ausgebildete Absolventen. Zudem ist es für Ingenieure aus anderen asiatischen Ländern einfach, hier eine Arbeitserlaubnis zu bekommen. Und schließlich bietet Singapur eine hohe Rechtssicherheit. Damit haben wir eine ideale Basis für weiteres Wachstum in Asien geschaffen.

Sie kooperieren mit mehreren Universitäten in Singapur. Warum?
Nicht nur dort. Rohde & Schwarz kooperiert in den meisten Ländern mit etwa vier bis fünf Universitäten. Der Grund ist immer der gleiche: Wir wollen nicht nur in Deutschland die besten Köpfe für unser Unternehmen gewinnen, sondern auch in Asien. Darum ermöglichen wir auch einigen asiatischen Studenten ein Studium oder einen Masterabschluss in Deutschland. Außerdem führen wir sowohl in Deutschland als auch in Singapur jährlich einen Fallstudienwettbewerb für Studenten durch, bei dem die herausragendste Lösung für ein gestelltes Problem prämiert wird.

Warum haben Sie neben Singapur Niederlassungen in 28 weiteren asiatischen Ländern?
Wir wollen den asiatischen Markt strategisch entwickeln. Das geht besser mit Niederlassungen vor Ort, weil wir so langfristig planen und handeln können.

Und warum arbeiten Sie vor allem mit lokalen Mitarbeitern zusammen?
Unsere Kunden sind Asiaten. Stammen unsere Mitarbeiter auch von dort, gibt es sofort eine gemeinsame Verständigungsebene.

Was schätzen Sie an der Zusammenarbeit mit Ihren asiatischen Kollegen?
Unsere Kollegen sind sehr motiviert und engagiert. In Erfolg investieren sie eine Menge Zeit. Außerdem sind sie äußerst gastfreundlich. Ich bin wirklich gerne in Asien und arbeite mit ihnen zusammen. Dabei habe ich mir auch angewöhnt, dass ich nicht alles verstehen muss. Es gibt einfach kulturelle Unterschiede. Die lassen sich aber mit Offenheit gut überbrücken. Und es muss nicht immer alles so gemacht werden, wie wir das aus Deutschland kennen.

Haben Ihre deutschen Mitarbeiter gar keine Chance, nach Asien zu kommen?
Doch, sehr große Chancen sogar, vor allem als Coach oder Mentor. Um beim Aufbau von Niederlassungen mitzuarbeiten beispielsweise.

Müssen die Mitarbeiter, die nach Asien gehen, besondere Voraussetzungen erfüllen?
Oh ja! Sie müssen offen sein für anderes, flexibel, manchmal auch kreativ. Außerdem müssen sie die Firma gut kennen, denn sie sollen die Firmenkultur unter den gegebenen Umständen implementieren. Dazu benötigt man ein gewisses Fingerspitzengefühl.

Achten Sie schon beim Vorstellungsgespräch darauf, ob ein Mitarbeiter auch in Asien einsetzbar wäre?
Da wir ein global operierendes Unternehmen sind: ja. Für uns ist Offenheit wichtig. Und wir suchen Teamplayer. Fachkenntnis setzen wir sowieso voraus,wobei gute Noten nicht alles, aber immerhin ein Indikator sind. Außerdem sollte sich ein Bewerber für uns interessieren und gute Argumente dafür haben,warum er sich bei uns bewirbt. Einfach nur zu sagen:„Die Branche hat Zukunft“ wäre nicht ausreichend.

Wie bereiten Sie die Mitarbeiter auf den Asien-Einsatz vor?
Im Vorfeld bieten wir Crossculture-Trainings an. Es werden nur die Kollegen für längere Zeit nach Asien geschickt, die geschäftlich schon einige Male dort waren und wissen, was auf sie zukommt.Wer länger als sechs Monate am Stück vor Ort ist, kann im Regelfall auch seine Familie mitnehmen.

Wie oft sind Sie selbst in Asien?
Etwa zehn bis zwölf Mal im Jahr für fünf bis zehn Tage. Meistens in Singapur, aber durchaus auch in anderen Ländern.

Wie findet das Ihre Familie?
Das ist nur durch ihre Toleranz und Unterstützung möglich. Spielte sie nicht mit, wäre der Job so nicht machbar.

Was kann Europa von Asien lernen?
Dass wir manchmal auch schneller reagieren könnten. Irgendwann ist der Punkt erreicht, wo alle Faktoren abgewogen sind, dann müssen die Dinge einfach gemacht werden. Darin sind uns die Asiaten einen Schritt voraus. Und sie sind der Zukunft und neuen Technologien gegenüber positiver eingestellt. In Europa werden neue Technologien oft als Gefahr gesehen, in Asien dagegen als Chance.

Welchen Stellenwert wird Asien künftig für die deutsche Wirtschaft haben?
Asien wird in den kommenden Jahren Wachstumsregion bleiben. Das ergibt sich schon aus der Alters- und Bevölkerungsstruktur. Das heißt, Asien wird weiterhin wichtig sein für Deutschland, den Exportweltmeister. Möglicherweise wird der Stellenwert sogar noch steigen.

Zum Unternehmen

Der Elektronikkonzern Rohde & Schwarz ist ein führender Lösungsanbieter in den Arbeitsgebieten Messtechnik, Rundfunk, Funküberwachung und -ortung sowie sichere Kommunikation. Vor 85 Jahren gegründet ist das selbstständige Unternehmen mit seinen Dienstleistungen und einem engmaschigen Servicenetz weltweit präsent. Rund 10.500 Mitarbeiter erwirtschafteten im Geschäftsjahr 2016/17 einen Umsatz von 1,91 Milliarden Euro. Der Firmensitz ist in München mit regionalen Hauptquartieren in den USA (Columbia) und Asien (Singapur).

Interview mit Stefan Rasch

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Stefan Rasch kennt den Markt und die Kunden. Der Geschäftsführer und Leiter der Praxisgruppe „Konsumgüter und Handel“ der Boston Consulting Group (BCG) in Deutschland weiß, was nachgefragt wird – und wie sich das Angebot danach richten muss. Mit dem karriereführer sprach der BWLer über Mentalitäten, Innovationen, wichtige Auslandserfahrungen und darüber, was BWLer morgen für ihre Karriere brauchen. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Stefan Rasch hat an der Universität Augsburg Betriebswirtschaft studiert, nach seinem Abschluss als Dipl.-Kaufmann ging er nach Pittsburgh und absolvierte dort einen Master of Business Administration-Studiengang. Von 1989 bis 1992 arbeitete er als Finanzmanager für den deutschen Sitz des amerikanischen Konsumgüterkonzerns Procter & Gamble.

Seit 1993 ist er Berater bei der Boston Consulting Group (BCG). Von 1996 bis 1999 arbeitete er in Toronto, Kanada. Als er 1999 nach Deutschland zurückkehrte, war er zunächst für das Thema E-Commerce zuständig; seit 2002 ist er Leiter der BCG-Praxisgruppe „Konsumgüter und Handel“ in Deutschland. In dieser Position verantwortet Stefan Rasch Beratungsprojekte in der Konsumgüterindustrie sowie im Handel mit den Schwerpunkten Wachstumsstrategie, Vertriebskonzepte, Organisationsentwicklung und Effizienzsteigerung.

Herr Rasch, noch immer rätselt man, warum sich das Konsumverhalten der Deutschen trotz der Krise nicht geändert hat. Haben Sie eine Erklärung?
Da kommen mehrere Faktoren zusammen. Erstens: In Deutschland lebt ein großer Anteil der Bevölkerung von Transferzahlungen. Wesentlich mehr als in anderen europäischen Ländern oder in den USA. Da sind die Beamten und alle öffentlichen Bediensteten, die Rentner und Studenten, die BAföG erhalten – und diese Gruppen haben im vergangenen Jahr keinen Cent weniger verdient. Deren Transferleistungen sind sicher, Krise hin oder her. Zweitens haben die Deutschen traditionell eine gute Sparquote. Und drittens trägt tatsächlich auch die Abwrackprämie ihren Teil dazu bei. Sie ist ein starkes Signal dafür, dass der Staat Konsum fördert. So kam in Deutschland nicht die Stimmung auf, man müsse sich nun einschränken.

Wird sich das in diesem Jahr ändern?
Das glaube ich nicht. Der Konsum wird vielleicht leicht zurückgehen, aber er wird nicht dermaßen einbrechen wie in Amerika.

Wie beurteilen Sie heute den Markt für Konsumgüter? Treffen junge Ökonomen, deren Karriere jetzt beginnt, auf einen gesättigten Markt – oder auf einen, der hungrig nach Innovationen ist?
Es gibt ein Grundbedürfnis nach Innovationen, keine Frage. Es gibt Segmente, in denen der Sättigungsgrad sehr hoch ist. Aber besonders dort herrscht ein enormer Wettbewerb. Und um den zu gewinnen, helfen nur Innovationen.

Wie beurteilen Sie die Innovationskraft der deutschen Unternehmen?
Ich sehe bei meinen Kunden eine große Motivation für Innovation. Viele Unternehmen widmen sich von morgens bis abends den Fragen: Welche neuen Produkte können wir entwickeln? Wo ist unser Wettbewerbsvorteil? Dabei geht es nicht mehr nur um marginale Veränderungen, die weder der Konsument wahrnehmen noch der Handel unterstützen kann. Die Unternehmen suchen nach echten Durchbruch-Innovationen – und versuchen gleichzeitig Flops zu vermeiden.

Innovation bedeutet also nicht blindes Risiko.
Nein. Mit dem Innovationsbegriff kann man spielen, und für jedes Unternehmen hat er, je nach Position und Geschäftsmodell, eine andere Bedeutung. Es gibt Unternehmen, die wir die „Fast-Follower“ nennen, und die sehr gut damit leben, schnell das nachzumachen, was der Wettbewerb ihnen vorgibt. Vom Marktführer wiederum erwarten Handel und Konsument, dass er große Innovationen bringt.

Trifft man weiterhin auf Kunden, für die gilt: „Geiz ist geil“?
Für Kunden ist die Wertorientierung weiterhin sehr wichtig. Die Tendenz geht daher zum „trading down“, wobei es interessant ist, bei jedem Konsumenten genau hinzuschauen: Denn jeder Kunde besitzt Kategorien, die ihm wichtig sind – und welche, die er für weniger wichtig hält. Bei Produkten der zweiten Kategorie möchte er nicht viel Geld ausgeben und greift daher zu Basisprodukten. Vor allem bei Artikeln des täglichen Bedarfs haben deshalb die „value brands“ Marktanteile gewonnen.

Zeichnet diese „value brands“ neben dem günstigen Preis noch etwas anderes aus?
Ja, sie konzentrieren sich auf den Basisnutzen eines Produktes. Eine Windel, die ohne viele Extras trocken hält. Ein Waschmittel, das reinigt und gut riecht. Die erfolgreichen „value brands“ haben weniger Funktionen – aber der eigentliche Nutzen ist absolut erkennbar. Und immer mehr Konsumenten reicht das.

Sie waren von 1999 bis 2001 bei der BCG für E-Commerce verantwortlich. Dann platzte die Blase. Welche Rolle spielt der Internethandel heute bei Unternehmen aus der Old Economy?
Viele unserer Stammkunden beginnen wieder, sich mit dem Thema E-Commerce zu beschäftigen, weil sie merken, dass der Kanal jetzt für sie nutzbar geworden ist. Die Themen sind fast die gleichen wie 1999, aber die Ausgangsposition ist eine andere. Nehmen Sie den Textilhandel: Rund sieben Prozent des Gesamtumsatzes läuft heute über das Internet; in England und Skandinavien liegt der Anteil schon bei über zehn Prozent. Viele Kunden haben heute ihren Ankleideraum nach Hause verlagert: Man bestellt sich drei Größen, probiert sie daheim aus – und schickt die nicht passenden zurück.

Wie haben Sie sich denn als Strategieberater und Experte für E-Commerce gefühlt, als 2000 die New Economy plötzlich am Boden lag?
Ich kam 1999 aus Kanada nach Deutschland zurück, war frisch gebackener Partner bei BCG und eben für das Thema E-Commerce zuständig. Als es boomte, hatte ich ein sensationelles Betätigungsfeld. Als die Blase dann platzte, stand ich für einen Moment mit leeren Händen da, weil sich kein Kunde mehr mit dem Thema beschäftigen wollte. Da gab es schon ein paar Wochen, in denen ich ein bisschen nervös war. Ich musste mich neu orientieren, hatte aber auch viele Erfahrungen gesammelt, von denen ich heute noch profitiere.

Vermissen Sie in Deutschland die Art, wie man in Nordamerika über Wirtschaft denkt?
Zunächst einmal: Die Vorurteile über die unterschiedlichen Mentalitäten kann ich bestätigen. Da ist tatsächlich der amerikanische Optimismus und die Eigenschaft, mit Schwung auf Dinge zuzugehen. Und da ist auch der Deutsche, der dreimal überlegt, bevor er sich entscheidet – es dann aber auch wirklich macht und umsetzt, statt immer weiterzureden. Was ich in Deutschland vermisse, ist aber die Leichtigkeit der Amerikaner im persönlichen Umgang.

Was raten Sie denn einem jungen Berater am Anfang seiner Karriere: Auf welche Mentalität soll er setzen?
Die Mischung macht es. Wir als Berater haben bei unseren Projekten die Aufgabe, einerseits Energie und Schwung einzubringen, andererseits aber auch mit deutscher Gründlichkeit Fakten zu erarbeiten, sodass am Ende fundiert entschieden wird.

Sind Auslandserfahrungen notwendig, um beide Mentalitäten leben zu können?
Mir haben die Jahre in Amerika ganz sicher geholfen. Und wer bei uns Anfangen möchte, für den ist internationale Erfahrung ein Muss-Kriterium. Ganz einfach, weil man dort neue Denkweisen lernt und diese Zeit – egal, in welchem Land man ist – extrem prägend für die persönliche Entwicklung ist.

Zum Unternehmen

Die Boston Consulting Group (BCG) ist mit einem Jahresumsatz von global 2,4 Milliarden Dollar (2008) eine der weltweit größten Unternehmensberatungen. Gegründet wurde sie 1963 in Boston von Bruce D. Henderson. Das Unternehmen ist im Eigentum von mehr als 500 Partnern, weltweit arbeiten rund 4300 Berater in 68 Büros in 39 Ländern für die BCG. Deutsche Büros unterhält die Unternehmensberatung in München, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Hamburg, Stuttgart, Berlin und Köln.

Die Boston Consulting Group versteht sich als Strategieberatung und gliedert sich in mehrere Kompetenzfelder. Diese umfassen die Industrien Consumer Products, Industrial Goods, Energy, Health Care, Financial Services, Insurance und Technology & Communications.

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Hobbythek-Moderator Jean Pütz

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Jean Pütz und die „Hobbythek“, das gehört einfach zusammen. Aber die bekannte Wissenschafts-Sendung ist nicht sein einziger Lebensinhalt. Mindestens genauso wichtig: seine junge Familie, seine Überzeugungen und seine Vergangenheit. Wir trafen den begeisterten Physiker, Chemiker, Soziologen und Vater bei Pizza und Pasta in der Kölner City. von Anne Thesing

„Lust ist einer der größten Antriebe unserer Zeit, der Menschheit, ja der ganzen Welt.“ Die Augen des 67-Jährigen leuchten. Unzählige Lachfältchen ziehen sich durch sein Gesicht, und hinter dem alles dominierenden Schnurrbart lässt sich ein Schmunzeln erahnen. Jean Pütz ist in seinem Element.
Lässig, in Jeans, Hemd und mit ungebändigten Locken, sitzt er da. Sein Blick schweift durch das Restaurant. Genießerisch nimmt er einen letzten Bissen von seinem italienischen Salat, schiebt den Teller zur Seite und erzählt: Von seinen Anfängen als Redakteur, seinen Überzeugungen, seinen ersten Erfolgen und davon, wie er Anfang der 70-er Jahre eigenständig die WDR-Redaktion „Naturwissenschaft und Technik“ aufbaute. Schnell wird klar: Die Lust auf etwas Neues hat auch Jean Pütz angetrieben. „Ich bin vor allem ein neugieriger Mensch“, beschreibt er seine Motivation.

Gesammeltes Wissen unter einem Hut
In seiner bekanntesten Sendung, der „Hobbythek“, lebt der Sohn einer Luxemburgerin seine Neugier seit 29 Jahren aus. Bis zum Jahr 2001 war er als Autor und Moderator aktiv. Die Moderation hat seine Pensionierung überdauert. „Wir basteln einen Heißluftballon“, „Weine zum Selbermachen“, „Spaß mit Chemie“, „Buchbinden für Anfänger“, „Ökowaschmittel beim Wort genommen“, „Gut gekaut ist halb verdaut“,Hobbythek-Moderator Jean Pütz „Preiswert telefonieren“, … Es gibt kaum ein Thema, das er in seiner Sendung noch nicht wissenschaftlich beleuchtet hätte. „Ich hatte immer Horror davor, ein Fachidiot zu werden.“ Ein Blick auf seinen Lebenslauf verrät, dass diese Gefahr nie bestand: Seine Ausbildungen reichen von einer Lehre zum Elektromechaniker übers Ingenieur-, Physik-, Chemie-, Mathematik- und Lehramts- bis hin zum Soziologie- und Volkswirtschaftsstudium. „Früher hätte ich nie geglaubt, dass ich diese verschiedenen Studien und Berufe irgendwie zusammenbringen könnte.“ Heute weiß er, dass es möglich ist: In der WDR-Redaktion setzte er sein Wissen praktisch um. In der „Hobbythek“ und in den Sendereihen „Wissenschaftsshow“, „Bilder der Wissenschaft“, „Globus“ und „Dschungel“.

Begeisterung aus Überzeugung
Jean Pütz mit Sohn AdrianoDiese Arbeit hat ihn jung gehalten. Doch nicht nur die Arbeit. Ein Blick zum Nachbartisch, an dem eine fröhliche Runde gerade Pizza und Pasta schlemmt, zeigt, was noch dazu gehört: Freunde, Familie, Kollegen. Unter ihnen seine künftige Lebensgefährtin Pina. „Das Privatleben ist ungeheuer wichtig für mich. Ich brauche einen Menschen, auf den ich mich verlassen kann“, betont er. Diesen Menschen hat er in der jungen Italienerin gefunden. Kennen gelernt hat er sie vor fünf Jahren auf Sylt. Ihr gemeinsamer Sohn Jean Adriano ist heute vier Jahre alt. Für Adrianos Vater ist ein „Hobbythek“-Thema Wirklichkeit geworden: Anti-Aging. „Mir ist es vergönnt, drei Generationen zu leben. Und genau das war immer mein Traum. Ich lebe jetzt wieder so, als wäre ich 25. Zwar kann auch ich dem Alter auf Dauer kein Schnäppchen schlagen, aber ich kann meine Begeisterung bewahren.“ Und wieder ist da dieses Funkeln in seinen Augen, das bei allem, was ihn begeistert, sein Gesicht erhellt – Ob er nun mit kölschem Tonfall von seinem erfüllten Privatleben erzählt, von seinen politischen Überzeugungen, von Molekülen oder Thermodynamik. Problemlos springt der gesprächige Moderator von seinen Erinnerungen an die 68er, in denen er Mitbegründer eines radikal-demokratischen Clubs wurde, zu seinen ersten Sendereihen. Darunter „Energie, die treibende Kraft“, „Einführung in die Elektronik“, deren Begleitbuch noch heute verkauft wird, und „Einführung in die Digitaltechnik“. „All diese Themen sind noch heute hochaktuell. Zum Beispiel die Digitaltechnik: Damals glaubten die Menschen noch, das sei etwas Unanständiges. Dabei war das wirklich ein prophetisches Thema“, schwärmt er. Und der Stolz, den richtigen Riecher gehabt zu haben, ist nicht zu überhören. „Mir war das von Anfang an klar, ich war ein Überzeugungstäter.“ Die Überzeugung, seine Zuschauer zum Hinsehen, Nachdenken und Mitmachen zu motivieren, hat den einstigen Lehrer durch alle Sendungen begleitet. Aber auch die Überzeugung, nicht der alles wissende Guru zu sein. Mit einem Mal verschwindet das Funkeln in den Augen, Pütz:“Viele Moderatoren halten sich heute für die Größten”die Lachfalten werden zu Sorgenfalten und hinter dem sorgfältig geschwungenen Schnurrbart macht sich Verbitterung breit. „Wenn ich mir anschaue, wie viele Moderatoren sich heute für die Größten halten, dann ärgert mich das. Schließlich machen sie nur ihre Arbeit, wie jeder andere auch. Mit dem einzigen Unterschied, dass diese Arbeit elektronisch vervielfältigt wird.“ Für ihn sind Moderatoren „auch nur Menschen“. Mit Stärken und Schwächen, mit guten und schlechten Erfahrungen.

Wissen mit Risiken und Nebenwirkungen
Erfahrungen haben auch Jean Pütz geprägt und etwas in ihm ausgelöst. Zum Beispiel die Kindheitserfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg. Nur durch Zufall überlebte der damals Siebenjährige einen der schrecklichsten Bombenangriffe auf Köln. „Von 60 Menschen aus unserer Stasse, dem Blaubach, haben nur fünf überlebt“, erzählt er mit belegter Stimme. Jean PützGlücklicherweise hatte sein Vater, ein Bierbrauer, Zugang zu einem hermetisch abgeschlossenen Raum. Vier Stockwerke unter der Erde bot dieser Kühlraum Vater, Sohn und einigen Flüchtlingen sicheren Schutz vor den Bomben. Alle anderen Hausbewohner kamen ums Leben. Jean Pütz musste über ihre Leichen steigen, um den Keller zu verlassen. Nach diesem Erlebnis begann er, sich für Gesetzmäßigkeiten in der Natur und im menschlichen Verhalten zu interessieren. „Wie konnte ein zivilisiertes Volk wie die Deutschen zu solchen Barbaren werden?“, fragt er sich noch heute. Bei allem, was Jean Pütz künftig tat, behielt er im Hinterkopf, dass Wissen nicht nur Positives bewirken kann. „Ich habe Wissenschaft immer mit ihren Risiken und Nebenwirkungen dargestellt“, erklärt er seinen kritischen Ansatz.

„Jecke Fairsuchung“
Neben der Kriegserfahrung prägte die Herkunft aus einfachen, nicht-akademischen Verhältnissen seine Arbeit. „Chancengleichheit“ ist das große Thema, dass er fast in einer Doktorarbeit vertieft hätte. „Aber dadurch, dass ich begleitend zu meinen Sendungen auch noch viele Bücher schrieb, fehlte mir die Zeit.“ Statt in einer Doktorarbeit setzte der Moderator das Thema ganz praktisch um.Jean Pütz „Wissenschaft für jedermann“ – diesem Motto der „Hobbythek“, aber auch seinen humanistischen, ökologischen und moralischen Ansprüchen versuchte er immer treu zu bleiben. Jüngstes Beispiel: Beim letzten Rosenmontagszug trat der begeisterte Karnevalist als Schirmherr der Kampagne „Jecke Fairsuchung“ auf und warf „fair gehandelte Kamelle“ unter das Narrenvolk. Nicht, um den Menschen einen kurzen Genuss zu bieten, sondern um seinen langjährigen Einsatz für Transfair-Produkte zu untermauern. „Bei allem was ich mache, geht es mir nicht um kurzfristige Erfolge, sondern um die Wirkung über mich hinaus“, betont er. „Ich bin ein Mensch, der immer Nachhaltigkeit sucht, sozusagen ein Langstreckenläufer.“

Anti Aging live
Jean Pütz„Das alles klingt vielleicht wie das Wort zum Sonntag, aber es ist mir wichtig“, bemerkt er augenzwinkernd und gesellt sich zu der fröhlichen Runde am Nachbartisch. Hier, im Kreis seiner Familie, lebt er regelrecht auf. Von einer Sekunde auf die andere wird der „Hobbythek“-Moderator zum Familienvater und präsentiert live, was die Lust am Leben für ihn bedeutet. Er genießt das italienische Großfamilien-Flair mit allem, was dazu gehört: Jung und Alt an einem Tisch, Gelächter, freundliche Gesichter, spielende Kinder und ein wenig Chaos. Jeder probiert von jedermanns Teller, Antipasti machen die Runde, Gespräche übers Kochen, Essen und über die Schönheiten der italienischen Landschaft bringen Leben in das Restaurant. „Holen Sie auch den kleinen Jean mit aufs Foto“, regt er noch an und ruft seinen kaum zu bändigen Sohn zu sich. Und bei der Verabschiedung gibt er schmunzelnd einen letzten Tipp: „Lesen Sie unbedingt mein Anti-Aging-Buch“. Und, ein bisschen Selbstmarketing muss sein: „Mein nächstes Buch schreibe ich zusammen mit meiner Lebensgefährtin. Zum Thema Bauchtanz“. Die Lust am Leben, die Neugier und die außergewöhnlichen Ideen werden dem Halbzeit-Pensionär noch lange nicht vergehen.

Interview mit Dr. Matthias Prinz

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Man sieht nur die im Licht – ob sie wollen oder nicht? Ob es um ungefragt geschossene Fotos von Prinzessin Caroline geht oder um frei erfundene Interviews – in Aufsehen erregenden Prozessen gegen die Yellowpress vertritt Matthias Prinz viele prominente Mandanten. Von Martin Rath.

Zur Person

Professor Dr. Matthias Prinz war nach dem ersten Staatsexamen wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hamburg. Er studierte anschließend an der Harvard Law School und erwarb dort 1983 den Master-Titel (LL.M.). Seit 1984, nach dem Bar Exam, ist er in New York als Anwalt zugelassen. 1985 folgte die Promotion bei Hein Kötz, die Zulassung als Rechtsanwalt in Hamburg und die Gründung seiner Kanzlei, gemeinsam mit Sabine Neidhardt. Zur Kanzlei Prinz Neidhardt Engelschall zählen heute acht Anwältinnen und Anwälte mit Sitz in Hamburg und Berlin.

Herr Prinz, Sie sind der wahrscheinlich bekannteste Medienanwalt Deutschlands, viele Ihrer Mandanten stehen im Rampenlicht. Wo aber findet man den Anwalt Matthias Prinz öfter: Am Journalistenstammtisch oder auf dem Opernball?
Nun, auf dem Wiener Opernball war ich noch nie. In die Oper gehe ich aber trotzdem. Meine Mandanten kann ich beim Opernball wie am Stammtisch treffen. Theoretisch. Eher finden Sie mich aber vor Gericht. Und natürlich in meiner Kanzlei.

Welche Stationen Ihres Bildungsweges waren für Ihre heutige Tätigkeit von besonderem Gewicht?
Große Bedeutung hatte für mich meine Assistenzzeit bei Hein Kötz, der damals Professor an der Universität Hamburg war – der Spezialist für Rechtsvergleichung, für internationales Zivilrecht und Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht. In dieser Zeit habe ich mich bereits mit der economic analysis of law – der so genannten Ökonomischen Analyse des Rechts – befasst. Sehr prägend war das Studium an der Harvard Law School …

… heute ist es fast eine Mode, einen amerikanischen „Master“ zu erwerben …
… für mich war der „Titel“ weniger wichtig. Was ich in Harvard lernen konnte, war mir wichtiger: Die Art, wie amerikanische Juristen im Case Law Probleme lösen. Das ist schon etwas anderes, als die deutsche Methode, sich auf den Wortlaut des Gesetzes zu fixieren und die Frage zu stellen, welche Absichten die Väter des BGB im Jahr 1895 hatten. Und Harvard bot auch die Möglichkeit, den geistigen Horizont zu erweitern: Rechtsanthropologie, economic analysis – es gab viele Erkenntnisse, die im deutschen Hörsaal nicht geboten wurden.

Hat sich – Ihrer Meinung nach – das sozialwissenschaftliche Angebot in der Juristenausbildung hier zu Lande inzwischen verbessert?
Eher nicht. Aber meine Kenntnisse im klassischen internationalen Recht, Steuerrecht und so weiter habe ich in Hamburg erworben.

Was würden Sie einem Berufsanfänger raten, der heute ins Medienrecht einsteigen möchte?
Das ist eine schwierige Frage. Gewiss, das Rechtsgebiet ist klein, schick und natürlich gibt es inzwischen viel Literatur zum Thema. Aber die Beschäftigungsmöglichkeiten sind sehr begrenzt – auf die Rechtsabteilungen der großen Medienunternehmen und eine kleine Zahl spezialisierter Kanzleien.

Wie sehr legt man sich als Berufsanfänger bei der Wahl seines Arbeitgebers fest? Heißt es: Einmal Verlagsanwalt, immer Verlagsanwalt – einmal Anwalt von „Medienopfern“, immer Anwalt von „Medienopfern“? Für immer und ausschließlich?
Nein, das sicher nicht. Wie in allen anderen Rechtsgebieten wechseln Anwälte natürlich im Lauf der Zeit gelegentlich die Seiten. Aber das kann die Glaubwürdigkeit, vor allem auch bei Gericht, gefährden. Beispielsweise (lacht): Heute vor Gericht darum zu kämpfen, dass die Veröffentlichung von Intimfotos für rechtswidrig erklärt wird, sich morgen dafür einzusetzen, dass die Publikation o.k. sei – das dürfte der Glaubwürdigkeit eines Anwalts kaum gut tun.

Sie haben sich mit Ihrer Kanzlei eindeutig positioniert?
Ja, wir vertreten im Presserecht ausschließlich die Betroffenen. Wer, wie wir, eine Reihe von Grundsatzurteilen bis zum Bundesgerichtshof oder vor dem Bundesverfassungsgericht erstreitet, der muss mit ganzem Herzen dabei sein. Diese Entscheidung – die von Ihnen so genannten „Medienopfer“ zu betreuen – wurde auch nicht zuletzt von unserem Partner Manfred Engelschall beeinflusst, der vor seinem Eintritt in unsere Kanzlei 40 Jahre als Richter tätig war: Ein moralisch hoch integrer Jurist, der unter anderem seine Erfahrungen als Vorsitzender des Beschwerdeausschusses des deutschen Presserats bei uns eingebracht hat.

Sie haben für Ihre Mandanten Schadensersatzbeträge wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen erstritten, die ohne Beispiel waren z. B. 100.000 € im Verfahren Lafontaine gegen Sixt. Worum ging es dabei?
Nachdem Lafontaine als Finanzminister zurückgetreten war, ließ Sixt eine Anzeige drucken mit Fotos aller Kabinettsmitglieder: Lafontaines Foto war durchgestrichen, der Werbespruch des Autoverleihers lautete: Wir haben auch Wagen für Mitarbeiter in der Probezeit.

Mich hat es immer fasziniert, dass es Tabellen gibt, die darüber Auskunft geben, wie hoch der Schadensersatz zum Beispiel bei Verletzung oder Verlust eines Auges oder Beines ist. Gibt es solche Tabellen auch für die Verletzung von Persönlichkeitsrechten?
Versuche dazu, solche Tabellen einzuführen, gibt es. Aber in medienrechtlichen Prozessen sind die Gerichte im Allgemeinen mutiger.

Inwiefern mutiger?
Nun, die Tabellen für Körperschäden sind für Unfallopfer oft ein zusätzliches Unglück: Viele Gerichte orientieren sich an den Beträgen, die in den Tabellen aufgelistet sind. Diese Tabellen berücksichtigen aber beispielsweise die Inflationsentwicklung nicht genügend. Sobald ein Gericht signalisiert, dass es den tabellarischen Betrag für nicht ausreichend hält, suchen die Anwälte der Haftpflichtversicherer schnell die Einigung mit dem Unfallopfer, um ein Urteil zu vermeiden – auch damit kein höherer Wert in die Schadenstabellen einfließt. So werden dauerhaft zu geringe Beträge fortgeschrieben. Gegen ähnliche Entwicklungen beim Schadensersatz wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts würden wir uns entschieden zur Wehr setzen.

Stehen Sie der Mediation, außergerichtlicher Schlichtung, deshalb in Ihrer Praxis skeptisch gegenüber?
Nein, durchaus nicht. Unfallopfer oder „Medienopfer“ sind oft „one shooter“ – wie der US-Rechtsanthropologe Marc Galanter sie nennt. Menschen also, die ohne juristische Erfahrung vor Gericht so genannten „repeat players“ begegnen: den Anwälten hoch qualifizierter Rechtsabteilungen mit Spezialkenntnissen, Prozesserfahrung und erheblich höheren Erfolgsaussichten. Unsere Kanzlei ist auch ein „repeat player“ – aber im Dienst der eigentlich schwächeren Seite. Bei über 800 Verfahren, die wir jährlich betreuen – viele davon ohne medienrechtlichen Bezug – spielen außergerichtliche Lösungen durchaus eine Rolle. Wir haben dabei aber die entsprechende Verhandlungsmacht.

Es heißt, in Süddeutschland würden Steuerdelikte milde, Körperverletzungen hart bestraft – in Norddeutschland sei es umgekehrt. Gibt es im Medienrecht ähnliche regionale Unterschiede?
Regionale Unterschiede gibt es, aber kein Nord-Süd-Gefälle. Es sind eher Nuancen von Gericht zu Gericht: Bei dem einen wird die Eilbedürftigkeit einer presserechtlichen Gegendarstellung nur zehn Tage nach dem Druck anerkannt, bei dem anderen noch nach zwei Wochen. Das Medienrecht ist im wesentlichen Landesrecht, das zwar weitgehend gleichförmig geregelt ist, sich aber in den Details unterscheidet: Genügt es, eine Gegendarstellung per Fax zu versenden – oder muss es ein Original per Brief sein? In dieser Hinsicht sind die örtlichen Unterschiede ein Minenfeld, in dem man auch stolpern kann…

Böse Zungen behaupten, dass der gemeine Feld-Wald-und-Wiesenanwalt von zwei Dingen lebt: von Verkehrssündern und von streitsüchtigen Lehrern mit Rechtsschutzversicherung. Wovon lebt Ihre Kanzlei?
Durchaus nicht allein vom Medienrecht. Meine Kollegin Sabine Neidhardt, Mitgründerin der Kanzlei, arbeitet im Familien- und Erbrecht. Einen weiteren Schwerpunkt bildet das Arbeitsrecht. Und wir kooperieren mit Fachleuten in anderen Rechtsmaterien, denen wir unsere Expertise im Verfahrensrecht zur Verfügung stellen. Neben dieser so genannten Litigation betreuen wir Unternehmen, sowie ihre Mitarbeiter, Organe und Eigentümer bei Konflikten mit der einschlägig interessierten Presse: Börse Online, Wirtschaftswoche etc. – das Medieninteresse an Wirtschaftsunternehmen ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Die Fälle der „klingenden Namen“, Messner, Kahn, der Prinzessin von Hannover oder der Königin von Schweden, machen höchstens 30 bis 40 Prozent unserer Arbeit aus. Mit Medienrecht muss das übrigens nicht unbedingt zu tun haben. Natürlich „machen“ wir auch die Scheidung, wenn der prominente Mandant schon weiß, dass sie durch die Presse gehen wird. Er kennt uns schließlich schon. Und ein Fußballmanager will auch dann arbeitsrechtlich beraten werden, wenn seine Vertragsverhandlungen einmal nicht durch die Presse geistern.

Wie steht es um die medienrechtliche Betreuung der „Hausfrau von nebenan“, deren Privatleben durch die Yellowpress gezerrt wird?
Mein Eindruck ist, dass sich die Boulevardpresse zurzeit vor allem für die Prominenten interessiert. Wie gerät ein Normalbürger in die Zeitung? Als Verbrecher, Opfer, Beteiligter an einem spektakulären Unfall, wenn er von Ebola befallen ist oder auf den Philippinen entführt wurde. Wenn es in solchen Fällen um Grundsatzfragen geht, arbeiten wir auch mit der Opferschutz-Organisation „Weißer Ring“ zusammen. Sonst produziert die Boulevardpresse eher Schlagzeilen wie „Jürgen Drews’ Hintern geliftet“, „Rainhard Fendrichs von Ehefrau gehörnt“ – oder umgekehrt (lacht. Holt die aktuelle Bild-Zeitung). „Bild“ titelt heute „Stich – Millionenschlacht um Baby“. Erst viele Seiten später ein Artikel mit Fotos von sechs Kindern, die zu Mördern geworden sein sollen. So kommt der Normalbürger in die Boulevardpresse.

Wie findet eigentlich der europäische Hochadel den Weg in Ihre Kanzlei?
Auf Empfehlung anderer Mandanten.

Gibt es „Standesprobleme“, wenn in Ihrer Kanzlei Adel und Bürger aufeinandertreffen?
Inwiefern?

Die FAZ hat es einmal geschafft, eine halbe Spalte lang die Frage zu diskutieren, wie die korrekte Anrede der Fürstin Thurn und Taxis lautet – wie würden Sie sie ansprechen?
(Lacht.) Ich mache grundsätzlich keine Aussagen zum Anwalt-Mandanten-Verhältnis.

Der Medienanwalt Matthias Prinz taucht selbst eher selten in den Medien auf. Warum?
Wenn es nicht anders geht, weil Journalisten im Gerichtssaal sitzen, erkläre ich natürlich auch vor der Presse die Position meiner Mandanten. Sonst muss das nicht unbedingt sein.

Kurz gefragt:

Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen Beruf weit ab von einer juristischen Tätigkeit – welcher wäre das?
Journalist.
Was ist Ihr Hauptcharakterzug? Das müssen Sie meine Frau fragen.
Welche Eigenschaften schätzen Sie? Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Humor, Pünktlichkeit.
Was ist Ihr größter Vorzug? Das kann man nicht fragen.
Was ist Ihnen sehr unangenehm? Hektik.
Was dulden Sie auf keinen Fall? Unehrlichkeit.
Was entschuldigen Sie sofort? (Lacht.) Wenn das in meinem Büro herumgeht…
Gibt es etwas, was Sie unter allen Umständen auf eine Reise mitnehmen? Laufschuhe.
Wo möchten Sie leben – wenn nicht da, wo Sie jetzt schon sind? Berlin.
Wo ist Ihre Grenze? Bei 26 Meilen 385 Yards.
Wo tanken Sie auf? Beim Sport.
Was war Ihr größter Flop? (Lacht.) Darüber zu sprechen, verbietet das Anwaltsgeheimnis.
Was möchten Sie in fünf Jahren tun? Das gleiche wie jetzt.
Haben Sie ein Motto? Never give up!

Unternehmens-Check

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von Torsten Brandenburg

„Drum prüfe, wer sich ewig bindet.“ Wem bei diesen Worten die Bilder von Brautkleidern, dunklen Anzügen, Ringen und einer großen Torte in den Sinn kommen, liegt wohlmöglich mit seinen Assoziationen richtig. Doch diese Weisheit gilt nicht nur für die eigene Hochzeit. Auch das Unternehmen, für das Sie einmal arbeiten, sollten sie sorgsam und gezielt auswählen. Zwar ist Ihr erster Job meist nicht der fürs Leben, aber trotzdem treten Sie bei dieser Wahl einen wichtigen Schritt in Ihrem Leben an.

Top Ten
Trotz der nach wie vor schwierigen Arbeitsmarktsituation sollten Sie sich nicht auf jeden beliebigen Job einlassen. Machen Sie einen „Check-Up“ für sich selbst und das Unternehmen, bevor Sie sich entscheiden. Passen Sie in dieses Unternehmen? Passt das Unternehmen zu Ihren Wünschen und Vorstellungen? Was sind Ihre persönlichen Zielvorstellungen? Und was ist Ihnen dabei wichtig: Ein bekannter Name, ein üppiges Einstiegsgehalt, selbstständiges Arbeiten, ein dauerhaft sicherer Arbeitsplatz? Welche Aspekte sind Ihnen weniger wichtig und wo können Sie Kompromisse machen?

Anhand dieser Leitfragen sollten Sie sich zunächst einmal darüber klar werden, welche Anforderungen Sie an Ihren Arbeitgeber stellen. Versuchen Sie, eine Top Ten-Liste Ihrer Wünsche aufzustellen. Wahlweise können Sie auch noch eine negative Top Ten-Liste erstellen. Hier führen Sie alles auf, was Sie auf jeden Fall davon abhalten würde, für ein Unternehmen zu arbeiten. Versuchen Sie danach, detaillierte Informationen über das Unternehmen, seine Kultur und Arbeitsweise herauszufinden (Tipps dazu weiter unten). Mit diesen Informationen können Sie nun einen Abgleich starten: Was wünsche ich mir? Was bietet das Unternehmen?

Hinzu kommen die Anforderungen, die von Unternehmensseite an die Bewerber gestellt werden. Auch hier sollten Sie überprüfen, ob das geforderte Bewerberprofil auf Sie zutrifft. Vielleicht fragen Sie auch Freunde, Bekannte oder Ihre Hochschuldozenten, wie diese Sie in Bezug auf die geforderten Fähigkeiten einschätzen.

Nehmen Sie sich auf jeden Fall Zeit für die Auswahl Ihres zukünftigen Arbeitsplatzes. Sie sollten sich sicher und mit Ihrer Wahl zufrieden sein, um auch motiviert und mit voller Leistung starten zu können. Als mögliches Schema für Ihre Unternehmensanalyse könnten die folgenden vier Punkte wichtig sein:
Arbeitsbedingungen im Unternehmen, Soziale Kriterien, Persönliche Entwicklungsmöglichkeiten, Zukunftsperspektiven des Unternehmens und der Branche

Recherchequellen
Besuchen Sie die Internetseite des Unternehmens. Viele Unternehmen veröffentlichen dort Stellenanzeigen und Informationen über das Unternehmen und den Bewerbungsprozess. Schauen Sie sich Zeitungsannoncen an. Was wird gefordert und wie präsentiert sich das Unternehmen? Lesen Sie Wirtschafts- und Hochschulmagazine. Oft werden dort Unternehmen genauer unter die Lupe genommen.
Besorgen Sie sich Unternehmensbroschüren oder den Geschäftsbericht des jeweiligen Unternehmens. Gehen Sie zu Rekrutierungsmessen und sprechen Sie die Mitarbeiter direkt an.

Wenn Sie wichtige Informationen nicht auf anderem Wege erfahren können, rufen Sie die Personalabteilung oder eine Bewerber-Hotline an.
Fragen Sie Freunde und Bekannte, die schon einmal im entsprechenden Unternehmen gearbeitet oder Praktika absolviert haben.

 

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