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Interview mit Petra Schäfer

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Eine steile betriebswirtschaftliche Karriere als studierte Pharmazeutin? Für Petra Schäfer kein Problem. Die 50-Jährige ist seit 2003 Geschäftsführerin des Bereichs Marketing und Beschaffung in der Zentrale von dm-Drogeriemarkt. Wie sie ihr Fachwissen in diesem Umfeld einsetzt und welche Jobchancen die großen Drogeriemärkte heute für Pharmazieabsolventen bieten, erzählt sie im karriereführer-Interview. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Petra Schäfer, 50, schloss 1989 ihr Pharmaziestudium an der Uni in Mainz ab. Schon als Studentin jobbte sie nebenher in einer Mainzer dm-Filiale. Direkt nach dem Studium übernahm sie die Filiale in Wiesbaden und anschließend drei Filialen in Mannheim und legte damit schnell die Basis für die weitere Karriere im Unternehmen.

Schon 1991 wurde sie Bezirksleiterin, wechselte in die Unternehmenszentrale zur Revision und arbeitete dann intern als Personalberaterin. Nach weiteren drei Jahren als Leiterin der Werbeabteilung stieß Petra Schäfer 1996 als Sortimentsmanagerin schließlich zum Ressort Marketing und Beschaffung. 1999 übernahm sie als Mitglied der Geschäftsleitung die Verantwortung für dieses Ressort und gleichzeitig die regionale Verantwortung für Filialen. Seit 2003 ist sie Geschäftsführerin Marketing und Beschaffung und somit hauptverantwortlich für das Gesamtsortiment sowie derzeit für 150 Filialen.

Frau Schäfer, Sie sind studierte Pharmazeutin, doch Ihr Jobprofil als Geschäftsführerin Marketing und Beschaffung scheint auf den ersten Blick auf einen Betriebswirt zugeschnitten zu sein.
Stimmt, ein BWLer würde sich auf meiner Position sicherlich wohlfühlen. Ich hatte im Laufe der Karriere aber nie Probleme, weil ich im Unternehmen von Anfang an Möglichkeiten vorfand, mir betriebswissenschaftliches Zusatzwissen anzueignen. Vielleicht wäre es ein bisschen einfacher gewesen, wenn ich schon vorher einen BWL-Hintergrund gehabt hätte. Aber im Grunde hatte ich keine Schwierigkeiten, mir das Know-how im Laufe der Berufsjahre anzueignen.

Gibt es in Ihrer Position Aufgaben, die Sie als Pharmazeutin besser bewältigen können als ein BWLer?
Sicherlich weiß ich einfach mehr über die Produkte unseres Gesundheitssortiments. Wir verkaufen mittlerweile rund 600 nicht apothekenpflichtige Arzneimittel – Tendenz steigend. In meinem Beruf habe ich es häufig mit Industriepartnern zu tun, die mit neuen Produkten auf uns zukommen, die ich dann beurteilen muss. Und das kann ich als Pharmazeutin besser, denn ich kann mit meinem Fachwissen einschätzen, ob ein Präparat mit bestimmten Wirkstoffen den Preis, den die Industrie dafür verlangt, Wert ist oder nicht.

Sind die Vertriebler der Pharmaindustrie überrascht, wenn sie im Einkauf auf eine Pharmazeutin treffen?
Ich bin innerhalb des Unternehmens 1996 in den Einkauf gewechselt, und damals war das noch ungewöhnlich. Ich habe die Lieferanten mit Fragen überrascht, die vorher niemand gestellt hatte. Ich wollte wissen, wie sich dieses Produkt von jenem unterscheidet, was es mit der Dosierung auf sich hat und wie es tatsächlich wirkt. Interessanterweise waren die Lieferanten damals solche Fragen nicht gewohnt. Oberstes Gebot damals war noch: Stimmt der Preis oder nicht. Dabei sind die anderen Aspekte in unserer Branche enorm wichtig – was man daran sieht, dass heute auch andere Drogeriemärkte im Einkauf auf pharmazeutisches Fachpersonal setzen.

Woher nahmen Sie damals das Selbstbewusstsein, Ihre Position als Pharmazeutin im Einkauf auf diese ganz eigene Art zu interpretieren?
Es war mir einfach bewusst, dass es in unserer Branche nicht ausreicht, nur zu fragen, was ein Produkt kostet. Das ist ein Teil meiner Arbeit, ganz klar. Aber ich kann ein Produkt aus dem Bereich Gesundheit eindeutig besser vermarkten, wenn ich dem Kunden sagen kann, wozu es überhaupt da ist und welchen Nutzen es hat. Je mehr ich von dem Produkt verstehe, desto besser kann ich es erstens einordnen und zweitens zielgruppenorientiert dem Kunden nahebringen. Und genau darum geht es im Bereich Marketing und Beschaffung.

Wie hat sich der Stellenwert von Drogeriemärkten in den vergangenen Jahren geändert?
Die Kunden nehmen uns als kompetenten Anbieter von Gesundheitsprodukten außerhalb der Apotheken wahr. Für Produkte aus der medizinischen Zahn- und Körperpflege sind wir heute erste Anlaufstelle, wobei uns dabei die Änderungen im Gesundheitswesen zugutekommen. Die Leute kümmern sich heute viel mehr eigenverantwortlich um ihre Gesundheitsvorsorge. Sie sind informiert, anspruchsvoll und möchten trotzdem preiswert einkaufen. Und da bieten Drogeriemärkte ein sehr gutes Angebot.

Inwiefern bietet dieser Wandel Pharmazieabsolventen neue Jobchancen?
Wir stellen sehr gerne Einsteiger mit hoher pharmazeutischer Fachkompetenz ein – vor allem mit Blick auf die weiteren Entwicklungen auf dem Gesundheitsmarkt. Die Bedeutung des Themas Prophylaxe wird weiter steigen, und es werden die Drogeriemärkte erfolgreich sein, die von den Kunden als glaubhafte Einkaufsstätte wahrgenommen werden. Dazu gehört eine kompetente Beratung vor Ort – und hier setzen wir auf qualifizierte Mitarbeiter, die zum Beispiel die Drogisten in den Filialen in dieser Hinsicht weiterbilden.

Sie haben schon während Ihres Pharmaziestudiums in einer dm-Filiale gearbeitet. War das damals ein ganz normaler Nebenjob – oder ganz bewusst bereits ein erster Karriereschritt?
Es war neben dem Kellnern zunächst nur ein weiterer Nebenjob, der sich vor allem zeitlich wunderbar in mein Studium eingliedern ließ. Im Laufe der Zeit habe ich aber zu meiner Freude gemerkt, wie groß das Aufgabenspektrum in diesem Unternehmen ist. Wer hier weiterkommen möchte, muss die Chancen, die sich ergeben, selbstgestalterisch ergreifen. Entscheidend ist, beurteilen zu können, welche Entwicklungen in Zukunft für das Unternehmen relevant sein werden.

Nun haben Sie schon kurz nach dem Studium drei Filialen geleitet. Ihr Ratschlag für Absolventen naturwissenschaftlicher Fächer: Wie entwickelt man schon früh in der Karriere Führungsqualitäten?
Wissen Sie, Zutrauen veredelt den Menschen. Ich hatte von Beginn an die Maxime: Behandle deine Mitarbeiter so, wie du behandelt werden möchtest. Gib ihnen den Raum, eigene Ideen einzubringen, und erkläre ihnen, warum diese für das Unternehmen nachhaltig sinnvoll sind oder nicht. Ich bin selber ein Mensch, der nur ungern auf jemanden trifft, der mir sagt, was zu tun ist. Ich steuere gerne selber – und gebe diesen Raum auch meinen Mitarbeitern.

Haben Sie für diesen Führungsstil einen Mentor oder eine Mentorin gehabt?
Es ist eher die Summe aus Beobachtungen. Ich hatte als Schülerin den Wunsch, Apothekerin zu werden, und habe eine entsprechende Ausbildung absolviert. Doch dann habe ich mir diesen Beruf sehr genau angeschaut und entdeckt, dass mir in allen Jobs für Apothekerinnen ohne Approbation die Vielfalt fehlte, die ich mir schon immer für meinen Beruf gewünscht hatte. Ich konnte mir zum Beispiel nicht vorstellen, in einem Krankenhaus zu arbeiten – das war mir zu behördlich. Und als angestellte Apothekerin wollte ich auch nicht arbeiten. Daher habe ich eine Karriere mit der Option gestartet, mithilfe meines pharmazeutischen Fachwissens auch unternehmerisch tätig zu sein.

Vermissen Sie die Arbeit in den Laboren, das Experimentieren und Zusammenmischen?
Nein, gar nicht, denn das Potenzial, experimentieren zu dürfen, ist hier im Unternehmen größer als in jedem Labor. Was ich hier täglich erleben darf, ersetzt problemlos die Freude, die ich während des Studiums an der Laborarbeit hatte.

Zum Unternehmen

Prof. Götz W. Werner – Sohn einer Drogistenfamilie – gründete 1973 in Karlsruhe seinen ersten eigenen Drogeriemarkt. Kurz nach der Aufhebung der Preisbindung für Drogerieprodukte setzte er dabei auf das Discounterprinzip: günstige Preise und Selbstbedienung. Heute gibt es in Deutschland mehr als 1200 dm-Filialen; das Unternehmen betreibt zudem Märkte in Mittel- und Südosteuropa.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2009/10 erzielte das Unternehmen in Deutschland mehr als vier Milliarden Euro Umsatz, europaweit lag der Umsatz bei mehr als 5,5 Milliarden Euro. Das Unternehmen hat insgesamt rund 23.000 Mitarbeiter, davon sind rund 1100 in der Zentrale in Karlsruhe angestellt. Gründer Götz Werner ist seit vielen Jahren auch politisch und sozial engagiert und gehört zu den Verfechtern eines bedingungslosen Grundeinkommens.

Interview mit Eckhard Sauren

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Vor fünf Jahren brachte sein Unternehmen den ersten Dachfonds in Deutschland auf den Markt – mit nachhaltigem Erfolg, trotz schlechter Börsenjahre. Im 34. Stock des Kölnturms trafen sich Anne Thesing und Martin Rath vom karriereführer mit dem Fondsmanager. von Anne Thesing und Martin Rath

Zur Person

Den Erfolg seiner Fonds führt Eckhard Sauren auf die Philosophie seines Unternehmens zurück: Sie basiert auf der qualitativen Auswahl von Fondsmanagern, deren Produkte in die Dachfonds Saurens Eingang finden. Von den Fondsmanagern wird erwartet, dass sie längerfristig in guten wie schwierigen Marktsituationen Mehrwerte schaffen – gegenüber dem jeweiligen Vergleichsindex beziehungsweise gegenüber ihren Konkurrenten.
Angesichts des Erfolgs mit Dachfonds unterschiedlicher Riskiokategorien möchte Sauren die personellen Kapazitäten im Research-Bereich seines Unternehmens ausbauen.

Herr Sauren, wir treffen Sie an Ihrem Firmensitz in Köln – einer Stadt, die zwar viele Kirchen, aber keine Börse hat. Wie kann man einen erfolgreichen Fonds von einem Standort managen, der ein wenig abseits von der größten deutschen Börse liegt?
Als Dachfonds investieren wir in Fonds, anders gesagt: in die besten Fondsmanager. Was wir wissen müssen, um gute Resultate zu erzielen, können wir effizient auch per Telefon erfahren – und im direkten Kontakt mit bewährten Fondsmanagern. Anders als in einer Finanzmetropole trifft man diese Manager dann nicht unbedingt abends beim Bier. Aber zum Relaxen ist es gar nicht schlecht und man beginnt den nächsten Tag entspannter, wenn man nicht auch noch in seiner Freizeit über geschäftliche Fragen spricht.

Wie kamen Sie zu Ihrem heutigen Beruf?
Ende der 1980er-Jahre hatten viele noch Berührungsängste beim Stichwort „Aktie“. Damals habe ich mich mit drei Freunden zusammen getan, und wir haben unser Geld zur Bank gebracht – mit dem Wunsch, es erfolgreich in Aktien anzulegen. Wir haben dann schnell gemerkt, dass wir besser Bescheid wussten, welche Risiken und Chancen die Börse bietet, als die Berater hinter dem Bankschalter. – Ich habe mich dann mit 18 Jahren als unabhängiger Finanzberater selbstständig gemacht…

… ein ungewöhnlicher Schritt.
Als 18-Jähriger wurde mir natürlich erst einmal nicht viel Vertrauen als Finanzberater entgegengebracht. Aber es hat geklappt. Mit den ersten positiven Medienberichten stieg das Vertrauen. Als 1994 ausländische Fondsanbieter auf dem deutschen Markt antraten, wuchs auch das Interesse an unseren Finanzprodukten. 1994/1995 haben wir dann endgültig Boden gefasst.

Sie selbst haben nach der Schulzeit und einer Ausbildung zum Datenverarbeitungskaufmann den direkten Weg in die Selbstständigkeit gefunden. Wie rekrutieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Zurzeit beschäftigt die Sauren Fonds-Service AG rund zwölf Mitarbeiter. Darunter sind fast mehr Häuptlinge als Indianer. (Lacht.) Manche haben natürlich das „klassische“ Fach studiert und kommen als Diplom-Kaufleute ins Unternehmen. Wir arbeiten gerne mit Studenten zusammen, die später bei uns bleiben. Entscheidend ist: Ein guter Verkäufer wird immer mehr verdienen als ein guter Analyst, so unfair das vielleicht sein mag, denn beide Fähigkeiten sind wichtig. Und wo die Fähigkeiten schwerpunktmäßig liegen, lässt sich schon ohne Weiteres während des Studiums herausfinden.

Was macht Ihnen an Ihrer Arbeit besonders Spaß?
Entscheidungen zu fällen. Und zu zeigen, dass ein kleines Haus erfolgreicher arbeitet als die großen Fondsanbieter aus dem Bankensektor, für die der Verkauf von Fonds oft zu sehr dem Absatz eigener Produkte dient. Für mich bringt jeder Tag eine Leistungsquittung, das macht mein Unternehmen zwangsläufig sehr transparent. Außerdem macht es natürlich Spaß, mit den Top-Fondsmanagern zusammenzuarbeiten – Menschen, die ich bewundere und von denen ich lerne. Und schließlich gefällt mir die Arbeit mit einem jungen, motivierten Team. Ich hoffe doch, dass ich es mehr motiviere als demotiviere. (Lacht.)

Was empfehlen Sie am Fondsgeschäft interessierten Hochschulabsolventen?
Sie sollten sich nicht von Strukturvertrieben anlocken lassen, über die von Studenten oder Absolventen provisionsorientiert zweitklassige Produkte verkauft werden. Das ist keine Basis für den Berufsanfang. – Unabhängige Finanzberater arbeiten heute auf einem Wachstumsmarkt, doch in jedem Fall will der Kunde überzeugt werden.

Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen anderen Beruf als das Management von Dachfonds – welcher wäre das?
Vielleicht hätte ich eine Wettbörse aufgemacht. (Lacht.) Die Idee kam mir vor einigen Jahren, noch bevor das Thema in Deutschland aufkam, der Handel mit Wetten. Noch früher wäre ich womöglich Minigolfplatz-Besitzer geworden, aber im Grunde habe ich aus meinem Hobby meinen Beruf gemacht.

Was wollten Sie am Start Ihres Berufslebens?
Eine bessere Beratung von Kunden und bessere Ergebnisse für sie. Besser als im Bankenbereich.

Was ist Ihr Hauptcharakterzug?
Cleverness? Ich glaube, meine Stärken liegen im strategischen Denken und in der Menschenkenntnis. Andererseits sehe ich Schwächen, zum Beispiel wenn es um Kunstkenntnisse geht oder um Fremdsprachen.

Wo möchten Sie leben, wenn nicht dort, wo Sie jetzt schon sind?
Es gibt keine Alternative zu Köln. Nirgendwo sonst.

Welchen Traum möchten Sie sich unbedingt erfüllen?
Es gibt sicher den einen oder anderen Traum. Aber ob man sie sich unbedingt erfüllen sollte…

Wo tanken Sie auf?
Bei Aral, Esso … – Am Wochenende finden Sie mich auf der Galopprennbahn. Abends bin ich dann oft mit Freunden unterwegs, Party machen.

Was war Ihr größter Flop?
Ich habe so viel Glück gehabt, dass mir größere Flops erspart geblieben sind.

Was möchten Sie in fünf Jahren tun?
Im Großen und Ganzen das Gleiche wie jetzt.

Kurz gesagt

Die Dachfonds auf dem Hause Sauren erhielten unter anderem fünf Sterne von Standard & Poor’s und höchste Auszeichnungen im fondsmeter-Ranking.

Interview mit Thomas Sattelberger

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Thomas Sattelberger arbeitet seit 31 Jahren im Personalmanagement. Für den karriereführer schaut der 57-Jährige zurück auf die Personalarbeit der vergangenen Jahrzehnte, betrachtet die Absolventen von heute und blickt auf die Herausforderungen von morgen. Die Fragen stellte Britta Hecker.

Zur Person

Thomas Sattelberger, geboren 1949, ist seit 31 Jahren Personalmanager. Nach dem Abitur absolvierte er zunächst bei der Daimler-Benz AG im Rahmen des so genannten Stuttgarter Modells eine Ausbildung zum Diplom-Betriebswirt (BA). Anschließend arbeitete er fast 20 Jahre im Management verschiedener Personal- und Vertriebsbereiche der Unternehmen des damaligen Daimler-Benz-Konzerns.
1994 wechselte er zur Deutschen Lufthansa AG, zunächst als Leiter der Konzern-Führungskräfte und Personalentwicklung, die letzten vier Jahre als Executive Vice President Produkt und Service und Mitglied des Airline-Vorstandes. Seit 2003 ist er Arbeitsdirektor und Personalvorstand der Continental AG in Hannover.

Worauf schauen Sie zuerst, wenn Sie eine Bewerbungsmappe in den Händen halten?
Für mich gibt es vier erste Eindrücke. Zunächst das Foto. Das ist der allererste Eindruck. Dann achte ich auf Schreibfehler. Das ist für mich ein Kriterium für die Gründlichkeit des Bewerbers. Als Drittes lese ich im Schnellüberblick die persönlichen Kommentare; denn durch standardisierte Internet-Bewerbungsbögen geht häufig ein Stück Persönlichkeit verloren. Und schlussendlich suche ich nach dem professionellen roten Faden, der sich durch die Bewerbung zieht.

Und worauf achten Sie, wenn Ihnen ein Bewerber gegenübersitzt?
Die Fähigkeit, dem Gegenüber – in diesem Falle mir – angemessen in die Augen zu blicken, ist eine Fähigkeit, auf die ich achte. Ich schaue durchaus auch auf korrekte Kleidung. Das heißt nicht, dass jemand überkandidelt angezogen sein muss, aber dem Anlass angemessen. Zudem achte ich auf passende Stärke des Händedrucks. Das sind laienpsychologische Themen, das gestehe ich gerne ein. Sie spielen sich im non-verbalen Bereich ab, beeinflussen aber die Einschätzung eines Bewerbungsgespräches.

Warum haben Sie sich als Betriebswirt damals für den Bereich Personal entschieden?
Ich habe 1972 bis 1975 das „Stuttgarter Modell“, die allererste Abiturientenausbildung Deutschlands absolviert, der Vorläufer der heutigen Berufsakademie. Ich war damals Studierender bei Daimler-Benz und erlebte am eigenen Leibe, wie attraktiv Ausbildungstätigkeit für mich war. So entschied ich begeistert, Ausbilder zu werden. Das war mein Traumberuf, und der war im Personalbereich.

Hatte Ihre BA-Ausbildung zur damaligen Zeit Vorteile gegenüber der Hochschulausbildung?
Schon damals war das ein eindeutiger Vorteil. Durch die betrieblichen Ausbildungsphasen waren die Herausforderungen, sich als junger Berufseinsteiger an die Wirtschaftswelt zu gewöhnen, im Grunde schon Schritt für Schritt abgearbeitet. Die BA-Absolventen waren mit den betrieblichen Abläufen und Prozessen bestens vertraut. Und die guten machten rasch Karriere. Das sprach sich herum.

Diese Praxisnähe soll auch durch die neuen Bachelor-Studiengänge erreicht werden. Glauben Sie, dass das gelingt?
Ich bin Vorreiter dieses Themas. Zusammen mit anderen führenden Unternehmen und Verbänden habe ich für die Continental AG bereits 2004 die Erklärung „Bachelors welcome!“ unterschrieben. Im Mai dieses Jahres haben 30 Personalchefs Deutschlands das Memorandum um den Zusatz „More Bachelors and Masters welcome!“ erweitert. Ich halte es für unverzichtbar, dass Deutschland seine Studiengänge so schnell wie möglich umstellt.

Nicht alle sind so überzeugt von dem neuen System. Warum tut man sich an manchen Stellen so schwer mit der Akzeptanz des Bachelors?
Deutschland ist nun mal eine Nation der Zweifler. Typisch deutsch: Die Reformunwilligkeit wird mit rhetorischen Argumenten verbrämt. Ich habe das Gleiche 1972 bei meiner eigenen Abiturientenausbildung erlebt. Heute ist sie ein etabliertes Standbein im Bereich der tertiären Bildung. Das wird bei den Bachelors genauso laufen.

Sind die Hochschulabsolventen von heute gut auf den Berufseinstieg vorbereitet?
Im Großen und Ganzen ja. Deutsche Universitäten und Fachhochschulen haben den Ruf, dass sie fachliche Güte produzieren. Was uns ein bisschen Sorge bereitet, sind die Stichworte praktische Problemlösung sowie Sozialkompetenz und persönliche Haltung. Aber auch das kann durch inhaltlich gut reformierte Studiengänge und Auswahlprozesse abgefedert werden. Die entscheidende Frage wird sein, ob die Hochschulen den Bachelor ernst nehmen und tatsächlich berufsbefähigend ausbilden. Aber auch auf Arbeitgeberseite, bei Unternehmen, gibt es noch viel Ignoranz zu überwinden.

Haben Sie in Ihrem Unternehmen schon gute Erfahrungen mit dem Bachelor gemacht?
Wir stellen amerikanische, englische oder irische Ingenieur- Bachelors schon seit Jahr und Tag ein. Als internationales Unternehmen werden wir mit allen Arten von Abschlüssen konfrontiert. Für uns ist das Thema also nichts Neues. Die Zahl der deutschen Absolventen, die sich mit einem solchen Abschluss bewerben, ist noch relativ gering und damit auch die Einstellungszahlen. Seit dem Jahr 2000 beispielsweise haben erst knapp über 2000 Ingenieur-Bachelors aus deutschen Universitäten den Arbeitmarkt betreten. Aber die, die wir einstellen, sind erste Sahne.

Sie arbeiten seit über 30 Jahren im Personalmanagement. Welche gravierenden Änderungen haben Sie miterlebt?
Die 70er und 80er Jahre waren die Ära opulenter betrieblicher Sozialpolitik. In dieser Zeit hat das deutsche Personalmanagement ein Stück Rundum-Versorgungsmentalität mit geschaffen. Das war auch eine Zeit des fast ungebrochenen Wachstums. Die 90er Jahre haben dann eine Trendwende eingeläutet. Von beiden Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – wurde der alte psychologische Vertrag zunehmend aufgelöst: lebenslange Treue gegen lebenslange Beschäftigung. Zum einen gab es Anfang der 90er die ersten großen Restrukturierungswellen in der deutschen Wirtschaft. Zum anderen haben insbesondere junge Arbeitnehmer und Führungskräfte in der Dotcom-Blase massenweise die Unternehmen verlassen, um in die New Economy zu wechseln. Der Arbeitsvertrag und das Beschäftigungsverhältnis wurden ab den 90er Jahren mehr und mehr unter den ökonomischen Marktkriterien von Angebot und Nachfrage gesehen – von beiden Seiten. Ab 2000 wurde deutsches Personal-Management dann in aller Schärfe mit einer dritten Herausforderung konfrontiert: der Globalisierung der Wirtschaft, der Kunden-, Finanz- und Arbeitsmärkte, insbesondere auch der globalen Talentmärkte.

Was unterscheidet die Absolventen von heute von den Generationen davor?
Ich spüre, dass junge Menschen heute mehr Sicherheit suchen. Doch die gibt es seit etwa 15 Jahren so nicht mehr. Denn der Wettbewerb an den Talentmärkten hat noch einmal einen Quantensprung gemacht. In großen Unternehmen konkurrieren deutsche Talente nicht nur mit ihren deutschen Kollegen, sondern auch mit rumänischen, chinesischen oder brasilianischen Talenten. Einen Rückzug in die vermeintliche Sicherheit betrachte ich mit einer gewissen Sorge. Junge Menschen müssen hungrig nach Neuem, nach Lernen und Veränderung sein. Ebenfalls mit Skepsis sehe ich, dass das Thema Mobilität, vor allem internationale Mobilität, oft nur ein Lippenbekenntnis ist. Anonyme Umfragen kommen zu dem Ergebnis, dass sich gerade männliche Studenten ein Stück in Richtung „Hotel Mama“ bewegen. Und für beide Geschlechter sind die USA als internationaler Mobilitätsstandort gerade noch akzeptiert, doch die Wachstumsregionen Asien, Osteuropa und Südamerika werden wenig geschätzt.

Wie gelingt es Ihnen, gute Leute an Ihr Unternehmen zu binden?
Durch interessante Aufgaben, eine respektvolle Unternehmenskultur und das breite Spektrum an Entwicklungsperspektiven.

Bei Continental rekrutieren Sie viele Ingenieure. Was ist das Besondere an dieser Berufsgruppe?
Ingenieure erwarten Fakten. Für sie muss der Realitätsbezug deutlicher sichtbar sein. Ein Ingenieur fragt zum Beispiel: „Zeigen Sie mir doch mal typische Ingenieurskarrieren. Wo finden die bei Conti statt? Wie ist es um die technische Qualität und um Innovationsfähigkeit bestellt? Wie sicher sind die Arbeitsplätze?“ Da muss man schon klar Stellung beziehen. Ein Kaufmann würde das nicht zwangsläufig so fragen.

Wie fördern Sie Ihren Führungsnachwuchs?
Durch die Förderung von konzernübergreifender Mobilität und das Angebot entsprechender Entwicklungspositionen. Wir haben einen sehr disziplinierten, strengen Prozess, mit dem wir die Qualität unseres Führungsnachwuchses jährlich beurteilen. Für diejenigen, die im oberen Drittel gesehen werden, gibt es die so genannte Cross-Move-Initiative. Damit fördern wir jedes Jahr 120 interessierte Nachwuchskräfte, die zwischen zwei und vier Jahren im Unternehmen sind, über die Grenzen von Business Units, Ländern und Funktionen hinweg zielgerichtet weltweit. Wir sind kein Unternehmen, das ans Klassenzimmer glaubt. Förderung wird ja oft mit Weiterbildung verwechselt. Wir sind der Meinung, dass sich Nachwuchs „im kalten Wasser“ praktisch bewähren soll. Gute Weiterbildung kommt flankierend dazu. Und natürlich haben wir für interessierte Nachwuchskräfte internationale Talentpools zum Einstieg.

Vor welchen Herausforderungen steht die Personalarbeit in Zukunft?
Einerseits werden administrative Tätigkeiten, die heute die Personalarbeit prägen, künftig entweder elektrifiziert oder in HR-Dienstleistungsfirmen qualitativ gut bearbeitet werden. Dort besteht die Herausforderung, hohe Servicequalität und Effizienz sicherzustellen. Andererseits müssen dann viele Personalverantwortliche im strategischen Geschäft umlernen und vom Verwalter zum Gestalter werden. Sie müssen sich Fragen stellen wie: Wie können wir durch Personalarbeit zur Produktqualität beitragen? Wie können wir die globalen Arbeitskosten managen? Wie können wir in verschiedenen Ländern der Welt eine Arbeitgebermarke aufbauen? Das sind die neuen Felder der Personalarbeit. Das empfinden viele noch als lästige oder schwierige Zusatzaufgaben, doch das werden in Zukunft die Hauptaufgaben sein.

Was möchten Sie in fünf Jahren tun?
Mit meinen 57 Jahren bin ich ja noch jung. Daher möchte ich noch mindestens zehn Jahre arbeiten. Und zwar an etwas, was mir immer viel Freude macht: in einem internationalen Großkonzern wie Continental die Personalarbeit zu verantworten. Personalarbeit ist Menschenarbeit, und das ist meine Leidenschaft. Ich könnte mir auch vorstellen, einen mehr als nur touristischen Ausflug in die Politik zu machen. Das würde mich auch reizen.

Interview mit Thomas Sattelberger

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Thomas Sattelberger ist als Personalchef gerne auf der Höhe der Zeit. Statt von Entwicklungen überrascht zu werden, denkt der Personalvorstand der Telekom lieber voraus. Sein Credo: Wissen wird immer wichtiger, der Expertenkarriere gehört die Zukunft. Ein Gespräch über das, was die Telekom von ihren Mitarbeitern erwartet – und was diese vom Konzern erwarten dürfen. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Thomas Sattelberger ist seit Mai 2007 Personalvorstand und Arbeitsdirektor der Deutschen Telekom. Der im Juni 1949 in Munderkingen/ Donau geborene Diplom-Betriebswirt war von Juli 2003 bis zu seiner Bestellung zum Telekom-Personalvorstand in derselben Funktion Mitglied des Vorstandes der Continental AG in Hannover. Dort verantwortete und gestaltete er insbesondere die zukunftsfähige und strategische Ausrichtung der Personalarbeit, die konzernweite Personalentwicklung, das weltweite Talentmanagement sowie das Arbeitskosten und Effizienzmanagement.

Von 1994 bis 2003 war Sattelberger für die Deutsche Lufthansa in Frankfurt tätig. Seine berufliche Karriere begann Sattelberger, der sein Lehramtsstudium abbrach und danach in Stuttgart BWL studierte, 1975 bei Daimler-Benz in Stuttgart, wo er in verschiedenen Funktionen für die Führungskräfteentwicklung zuständig war. Von 1982 bis 1988 war er bei der ebenfalls zum Daimler-Konzern gehörenden MTU Motoren- und Turbinen-Union in München und Friedrichshafen unter anderem für die Führungskräfteentwicklung der MTU-Gruppe zuständig.

Herr Sattelberger, in einem neuen Positionspapier der Telekom schreiben Sie, die Wirtschaft werde immer wissensintensiver. Woran machen Sie das fest?
Gesamtgesellschaftlich hat in den vergangenen 20 Jahren der Anteil der industriellen Handarbeit dramatisch abgenommen – und zwar zugunsten der Wissensarbeit. Bei der Telekom bedeutet das beispielsweise: Für das Berufsbild des Kupfermonteurs ist das Ende eingeläutet, stattdessen sprechen wir heute von einem Systemmonteur, der auch berät und Verkaufskompetenz mitbringt. In der Folge sehen wir in vielen Branchen seit Jahren einen deutlichen Trend hin zur Akademisierung von Berufen. Egal ob Vertrieb, IT, Personal oder Kundenservice: Analytische und tiefschürfende Problemlösungskompetenz ist gefragt. Und auch wissenschaftliche Bildungsabschlüsse unterliegen einem Veralterungsprozess.

Sind die Absolventen, die die Hochschulen verlassen, sofort soweit, dass Sie Ihnen in dieser Hinsicht helfen können?
In den ersten Jahren ja. Dann aber sehen wir auf etlichen Feldern ganz deutlich den Bedarf nach wissenschaftlicher Weiterbildung. Das Hochschulsystem gibt für Berufstätige heute kaum Antworten auf die Anforderungen. Darum haben wir innerhalb des Konzerns die Förderungsphilosophie Bologna@Telekom entwickelt. Wir haben berufsbegleitende Angebote zum Erwerb von Master- und Bachelorabschlüssen geschaffen, für die sich jährlich Hunderte von Talenten bewerben – und zwar nicht allein aus individueller Lust und Laune, sondern auch angeregt durch ihre Führungskräfte. Die fordern und fördern. Zudem bieten wir jährlich 400 jungen Absolventen die Chance des dualen Erststudiums.

Wie ändert sich die Unternehmenskultur in einem Konzern, in dem immer mehr Akademiker arbeiten?
Das gestalten wir als dynamische, fließende Veränderung innerhalb der Geschäftsbereiche, nicht als „Ruck“ durch plötzliche Veränderung: Mehr Wissens- und Experten- Communities entstehen. Zudem schaffen wir neue Karrierepfade, zum Beispiel Expertenkarrieren. Führung wird offener und moderierender. Ein Blick auf die Zahlen zeigt zum Beispiel, dass sich das Verhältnis der Mitarbeiter, die raus zum Kunden fahren, und der Mitarbeiter in den Service-Centern geändert hat. Durch den technologischen Wandel lässt sich heute vieles aus der Ferne warten.

Kritiker werfen Ihnen vor, dadurch zu einem unpersönlichen Konzern zu werden…
…und übersehen dabei die moderne Fülle an Vorteilen. So muss der Kunde etwa nicht mehr zu Hause sein, wenn wir aus „der Ferne“ Probleme lösen. Von zentralen Knotenpunkten aus sehen wir, wo eine mögliche Störung liegt und beheben diese teilweise sofort. Wir werden damit auch fixer in der Problemlösung. Die alte Idee eines Telekommunikationskonzerns als Flächenorganisation verliert an Bedeutung. Stattdessen bündeln wir Talent und Fähigkeiten in zentralen Planungs- und Steuerungseinheiten, was uns noch leistungsfähiger macht.

Was bedeutet das für akademische Mitarbeiter? Was ist ihre Rolle in einem so strukturierten Unternehmen?
Wir beobachten einen deutlichen Wandel des Selbstverständnisses, den man heute noch etwas prophetisch „Enterprise 2.0“ nennt. Mitarbeiter handeln zunehmend in dem Bewusstsein: Ich bin Unternehmer meines Wissens. Ich bin Herr oder Frau der Dinge – und nicht jemand, der sich nur in formale Autoritätsstrukturen einreiht. Ich rede und handle auf Augenhöhe mit anderen Experten. Wir spüren auch, dass in wissensintensiven Bereichen die Ansprüche und Erwartungen an die Freiheit über Arbeitszeit und Arbeitsort steigen.

Wie reagieren Sie auf diese Ansprüche?
Sie werden vollkommen zu Recht formuliert. Mehr Souveränität hinsichtlich Zeit und Ort ist ein wichtiges Thema: Übrigens nicht zu verwechseln mit „Selbstausbeutung“ eines Mitarbeiters. Es geht um das persönliche Maßschneidern. Deshalb sind individuelle Work-Life-Balance-Konzepte fester Bestandteil unserer Kulturpolitik. Ein Experte möchte auch nicht in sieben- oder achtstufigen Pyramiden arbeiten, in denen eine Idee oder Konzeption Monate benötigt, bis sie abgenickt wird – von jemandem, der nichts von der Thematik versteht. Deswegen werden unsere Hierarchien flacher. Ein Wissensexperte hat das Bedürfnis nach einer neuen Form von Arbeitsorganisation. Er ist nicht in klassischen Kästchenorganisationen zu Hause, sondern in fließenden Projektorganisationen. Wir als Unternehmen müssen deshalb lernen, Projektmanagement, Projektkultur und Wissensmanagement noch besser zu ermöglichen.

Hat sich bei den Wissensarbeitern auch der Blick auf den Begriff Karriere geändert?
Zusätzlich zur traditionellen Managementkarriere tritt die Expertenkarriere: Einfluss nehmen statt Macht ausüben. Viele Wissensexperten legen keinen großen Wert auf eine Laufbahn, die in die Administration führt. Sie stellen für sich den Anspruch auf, herausragend in ihrem Fach zu werden. In den 1980er- Jahren stand die Expertenkarriere schon einmal im Blickpunkt. Sie geriet dann ein wenig in Vergessenheit, gewinnt aber heute wieder an Bedeutung.

Wie verhindern Sie, dass Expertenkarrieren in der Fachidiotie münden?
Wissensmanagement heißt ja nicht nur tiefer, sondern auch breiter, interdisziplinärer. Eine Expertenkarriere bedarf zudem ganz besonderer Führungseigenschaften. Ich muss andere Menschen für mich gewinnen können – und zwar ohne formale Macht zu besitzen. Dafür benötige ich Kommunikationskompetenzen. Ich muss mir quer durch die Disziplinen meine Leute zusammenholen und Heterogenität organisieren.

Wie und wo lernt ein Experte diese anspruchsvollen zusätzlichen Skills?
Erst einmal durch Verantwortung für komplexere Aufgaben, in denen er sich bewährt. Dann durch gute Vorgesetzte als Coaches. Flankierend haben wir einen großen Trainingsbereich, der die Mitarbeiter mit einem breiten Programm bei der persönlichen Qualifikation unterstützt, gegebenenfalls mit Hilfe von externen Spezialisten sowie ausgezeichneten Hochschulen, also mit Lehrstühlen, die keine Scheu haben, mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, und Wert auf eine praxisorientierte und ganzheitliche Lehre legen. Da hängt letztlich viel vom pädagogischen Ethos des Professors ab.

Welche Rolle spielen die Unternehmen bei der zusätzlichen Qualifikation – gerade auch mit Blick auf die zeitlich immer engeren Studienabläufe nach der Bologna-Reform?
Gute Unternehmen beklagen sich nicht ständig, dass sie eine Art Reparaturbetrieb für ein unausgegorenes Hochschulsystem sind, sondern nutzen die Chance einer gezielten, individuellen und dadurch sehr effektiven Personalentwicklung. Es muss also kein frisch gebackener Absolvent befürchten, Opfer der Reform zu sein und schlechtere Karrierechancen zu besitzen. Gibt es eine fachliche oder methodische Lücke, wird sie geschlossen – das ist nicht tragisch. Sehen Sie, die deutsche Wirtschaft beklagt sich seit 30 Jahren über die Qualität von Hochschulabsolventen. Und trotzdem ist sie in sehr vielen Bereichen Weltspitze. Das deutsche Gesamtsystem funktioniert doch ganz ordentlich.

Erkennen Sie denn Leute, die das Zeug zu einer exzellenten Expertenkarriere haben, an bestimmten, regelmäßig in Erscheinung tretenden Eigenschaften?
Nein. Rekrutierer, die das behaupten, leiden an Omnipotenzwahn. Wir sollten uns dagegen darauf verlassen, dass eine gute Unternehmenskultur Mitarbeitern das Ausschöpfen ihrer Begabungen ermöglicht. Für mich ist ein gutes Unternehmen ein Melting Pot, in dem letztlich 95 Prozent aller Mitarbeiter den richtigen Platz für ihre Fähigkeiten finden. Darauf vertraue ich. Daher schaue ich bei den Bewerbern weniger darauf, ob sie zu einem vorher definierten Standard passen, sondern ob ich Leidenschaft, Motivation und Persönlichkeit spüre. Mich interessiert, ob jemand aus seinen Stärken etwas macht. Und ob er die Abbrüche, die jeder Mensch in seinem Lebenslauf hat, konstruktiv verarbeitet.

Diese Abbrüche sind also kein Grund mehr, jemandem keine Chance zu geben.
Es gehört in einer Wissensgesellschaft dazu, immer mal wieder ins kalte Wasser zu springen. Früher war man nur einmal Lehrling, dann Geselle, dann Meister. Ich selbst war in meinem Berufsleben vier Mal Lehrling (lacht). Der Wechsel und auch das immer mal wieder Neuanfangen gehören heute dazu. Natürlich nicht das Job-Hoppen, weil da vieles unfertig bleibt. Aber drei Dinge sollte man sich auf die Fahne schreiben, wenn man in der Wissensgesellschaft als Experte eine Karriere machen möchte: lernen, lernen, lernen.

Zum Unternehmen

Die Deutsche Telekom ist weltweit eines der führenden Dienstleistungsunternehmen der Telekommunikations- und Informationstechnologiebranche. Als international ausgerichteter Konzern ist die Telekom in rund 50 Ländern vertreten. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen mit Hauptsitz in Bonn rund 260.000 Mitarbeiter (Stand vom Juni 2009).

Die Deutsche Telekom hat ihr Geschäft in drei Marken aufgeteilt. Dabei steht die Marke T-Home für Produkte für Zuhause, T-Mobile für mobile Dienstleistungen und Produkte für unterwegs. Unter der Marke T-Systems hat der Konzern Angebote für Großunternehmen. Das Unternehmen widmet sich Personalthemen wie Diversity, Work-Life-Balance sowie den Fragen zu Gender und Generation. Zudem bietet die Telekom Weiterbildungsmaßnahmen „on the job“, zum Beispiel einen berufsbegleitenden Studiengang im Rahmen des Programms Bologna@Telekom.

Interview mit Thomas Sattelberger als PDF ansehen

Interview mit Barbara Salesch

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Bis vor einigen Jahren waren es solche oder ähnliche zivilrechtliche Fälle, die sie löste. Heute trifft sie an fünf Tagen in der Woche in öffentlichen Gerichtsverhandlungen strafrechtliche Entscheidungen auf SAT.1 und hat schon 500 Sendungen hinter sich – Richterin Barbara Salesch. Und ihre Sendung ist ein echter Hit. von Gabriele Roeder

Zur Person

Über 500 Mal hat Barbara Salesch inzwischen auf dem Richtersessel vor dem deutschen TV-Publikum Platz genommen. Ihre Fernsehkarriere begann 1999 mit dem Schiedsgericht Barbara Salesch auf Sat1.

Welchen Berufswunsch hatten Sie mit 15?
Jede Woche einen anderen. Aber Jura war nicht dabei.

Was war Ihre Motivation, Richterin zu werden?
Mein Berufswunsch war immer Rechtsanwältin, weil ich unbedingt selbstständig sein wollte. Aber dann bin ich in meiner letzten Referendarstation beim OLG Hamburg auf einen Richter gestoßen, der juristisch super und zugleich witzig, chaotisch und ungemein menschlich war und der mir mein bis dahin gepflegtes Vorurteil gegenüber Staatsbediensteten gründlichst genommen hat. Da habe ich mich spontan umentschieden, damals blauäugig, denn ich wusste keinesfalls, wie mein Examen ausgeht und ob die mich überhaupt als Richterin wollen. Ich habe es nie bereut, vor allem, weil man sich alle Seiten anhören kann, ohne die Interessen einer Partei vertreten zu müssen.

Was zeichnet Ihrer Meinung nach eine gute Richterin aus?
Wichtig ist zum Beispiel Geduld und dass man sich so ausdrücken kann, dass man mit jedem ins Gespräch kommt. Zuhören können ist genauso wichtig und generell, dass die Parteien einen verstehen, ohne einen juristisch vorgebildeten Übersetzter zu benötigen. Einer meiner Ausbilder hat zudem immer gesagt, ein guter Strafrechtler hat die Pingeligkeit eines Oberbuchhalters und die Phantasie einer Puffmutter (was immer er damit gemeint hat…)

Was sehen Sie als Ihren bisher größten persönlichen und/oder beruflichen Erfolg?
Das weiß ich wirklich nicht, aber bestimmt nicht die Quoten.

Was sind Ihre persönlichen Stärken und Schwächen?
Zum Beispiel Geduld im Beruf und Ungeduld im Privaten

Wie kamen Sie zum Fernsehen?
„Beim Biertrinken“. Die damalige Präsidentin des Landgerichts Hamburg hat mich bei einem Betriebsfest darauf angesprochen, dass das Fernsehen für eine (damals) Schiedsgerichtssendung eine Richterin sucht und ob sie dafür meinen Namen weitergeben kann. Sie fände das gut. Und nach einigem Geschiebe – „… was soll ich mit Fernsehen, ich hab’ gar keinen, und was soll ich mit Zivilrecht, ich mag lieber Strafrecht, ich bekomm’ kein Wort raus, wenn eine Kamera läuft …“ – bin ich dann doch zu einem Casting nach Köln gefahren und habe in meiner Art eine Verhandlung gemacht. Und dann wollten sie mich dort unbedingt haben.

Wie erklären Sie sich den Erfolg der Sendung?
Am einfachsten gesagt, weil sie gut ist. Es ist wohl die Mischung aus Unterhaltung, Spannung, Abwechselung und Information, und das Ganze eingebettet in einen festen Rahmen.

Was war ihr ungewöhnlichster Fall als Fernsehrichterin?
Weiß ich nie. Heute der, morgen der…

Was machen Sie, wenn Sie gerade nicht als Fernsehrichterin auftreten?
Am liebsten wäre ich in einem Atelier und würde an Plastiken arbeiten, aber meistens schlaf ich nur aus, fünf Stunden Fernsehen wöchentlich bedeuten eine immense Vorbereitung.

Ihr Lebensmotto?
Braucht man eins?

Interview mit Michael M. Rüdiger

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„Die wichtigsten Befähigungen, die ein erfolgreicher Mitarbeiter im Privatbank-Geschäft braucht, sind neben einem exzellenten Fachwissen eine sehr gute Allgemeinbildung gepaart mit Wissensdurst.“ Von Martin Rath

Wenn Sie auf das Jahr 1989 zurückblicken, als Sie nach Banklehre und BWLStudium Ihre Karriere begannen: Welche Veränderungen in der Welt der Banken und Finanzdienstleistungen schnitten am stärksten ein, welche begrüßen Sie?
Die wohl massivsten Veränderungen, die nicht nur die Banken und Finanzdienstleister, sondern die Unternehmen insgesamt betroffen haben, sind aus meiner Sicht die zunehmende Entkoppelung von Finanz- und Handelsströmen, die durch die Deregulierung und Digitalisierung entstehen. Wissen ist weltweit mehr und mehr „real time“ verfügbar, der so genannte „death of distance“-Effekt wird enorme Bedeutung auch für die Finanzinstitute haben.

Was würden Sie persönlich – rückblickend – heute anders machen, was genauso wie am Beginn Ihrer Karriere?
Es gibt nicht allzu viel, was ich wirklich ändern würde – dies insbesondere auch unter der Würdigung, dass eine Laufbahn nur bedingt planbar ist. Man sollte analog zur angestrebten Laufbahn für sich die besten planbaren Voraussetzungen herausfinden und umsetzen.
Um diese Voraussetzungen zu schaffen, würde ich auch heute wieder eine Kombination aus universitärer Ausbildung und beruflicher Lehre wählen. Diese Kombination bietet ein gutes kaufmännisches Grundverständnis und gibt das richtige Handwerkszeug mit auf den Weg.

Und was sollten sich heutige Hochschulabsolventen – bezogen auf Ihren Karrierestart – von Ihnen abgucken?
Ich glaube, dass es eine grundsätzlich sinnvolle Regel ist, die Ausbildungsphase zeitlich nicht allzu sehr zu strecken. Das Studium sollte man innerhalb von vier Jahren abschließen.
Die berufliche Tätigkeit nach dem Studium zügig aufzunehmen, ist insbesondere wegen des internationalen Wettbewerbs sehr angezeigt.

Die Credit Suisse verspricht ihren Kunden ein „best select“ für ihre Portfolios. Was müssen Hochschulabsolventen mitbringen, damit Ihr Personalportfolio „best selected“ ist?
Ein sehr gutes Verständnis und einen hohen Praxisbezug zu unserem Hauptprodukt: Die Beratung von Privatiers, Entrepreneurs, vermögenden Familien ist von elementarer Bedeutung.
Diese Beratung muss auf einem guten Wissensfundament aufbauen, was die Finanz- beziehungsweise Kapitalmärkte und die sonstigen Vermögensklassen unserer Kunden betrifft, zum Beispiel Private-Equity-Beteiligungen. „Best select“ im Sinne von Rekrutierungskriterien heißt für uns aber auch, dass die Bewerber über ein entsprechendes Persönlichkeitsprofil verfügen, das sie befähigt, mit unseren Kunden den Dialog zu führen.
Dieser Dialog entfacht sich im Übrigen bei weitem nicht nur an Fragen der Finanzmärkte.
Es sind andere Themen, die den Menschen stark bewegen – diese Themen lassen sich schwerlich eingrenzen und machen unsere Aufgabe hoch interessant.

Das „Manager Magazin“ schrieb, Ihr Haus konzentriere sich „auf die Reichen der Reichen“. Ist das eine zutreffende Beschreibung, wenn ja, ergeben sich für Ihre Mitarbeiter daraus besondere Anforderungen?
Banken waren bisher in der Regel nicht allzu erfolgreich, wenn es um die öffentliche Kommunikation der Definition von „Zielkunden“ ging. Wir sprechen von „vermögenden Privatkunden“, deren Vertrauen wir für die Credit Suisse gewinnen möchten. Die Zielgruppe im Private Banking wird aber neben einer strategischen Ausrichtung der Bank sehr stark durch die Mitarbeiter der Bank und insbesondere die Kundenberater geprägt. Hier spielt neben der Fachkompetenz auch das soziokulturelle Umfeld der Mitarbeiter eine wesentliche Rolle. Die wichtigsten Befähigungen, die ein erfolgreicher Mitarbeiter im Privatbank-Geschäft braucht, sind neben einem exzellenten Fachwissen eine sehr gute Allgemeinbildung gepaart mit Wissensdurst.

Neben Ihrem Beruf kommen zahlreiche gesellschaftliche Verpflichtungen auf Sie zu – Ihre Bank fördert unter anderem Reitsport- und Tennisveranstaltungen, die Lebensmittelversorgung sozial Bedürftiger durch die „Tafeln“ und die Sangeskunst der Münchener Konzertgesellschaft. Sitzen Sie dabei auch einmal selbst im Sattel, schwingen Tennisschläger oder Suppenkelle?
Das Sponsoring-Engagement unserer Bank ist in der Tat auf mehrere Spektren ausgerichtet,zum Beispiel die Bereiche Charity, Sport, Kunst, Musik, Classic Cars. Wir haben dabei immer klare Kriterien, nach denen wir definieren, wann und wo wir uns engagieren. Um ein Engagement glaubwürdig vertreten zu können, müssen die beteiligten Unternehmensvertreter auch persönlich involviert sein – nur durch eine so erzeugte Authentizität, glauben wir, kann man erfolgreich in einem entsprechenden Umfeld agieren. Da unser Management-Team auch in dieser Hinsicht vorbildlich ist, hält sich meine persönliche „Risikoposition“ ein wenig in Grenzen.

Was können Führungskräfte in Deutschland tun, um wieder eine bessere Presse zu bekommen?
In der Vergangenheit war es für einen Manager eine „gute Presse“, wenn er erst gar nicht in der Presse erschien. Ich glaube, dass dieses Prinzip in unserer – doch so enorm auf die Massenmedien ausgerichteten – Gesellschaft kaum noch aufrecht erhalten werden kann. Eine pro-aktive, glaubwürdige Kommunikationspolitik ist daher aus meiner Sicht durchaus angezeigt. Das heißt aber keinesfalls, dass man sich allen Spielregeln der Medien unterwerfen sollte.

Was halten Sie von dem Niveau, auf dem in der deutschen Öffentlichkeit im Allgemeinen über Wirtschaftsfragen diskutiert wird?
Wie sonst auch, sollte man bei der Antwort auf diese Frage nicht pauschalisieren. Ich glaube, dass durchaus eine strenge Korrelation zwischen dem Niveau der Aussagen und dem der Kenntnisse über wirtschaftliche Zusammenhänge auf Seiten der Absender öffentlicher Stellungnahmen zu erkennen ist.

Zum Schluss gefragt: Angenommen, Ihr Dienstwagen fiele auf der Fahrt zu einem Geschäftspartner durch einen Motorschaden aus und Sie könnten nur noch auf einen VW Golf oder einen Maserati Gransport zurückgreifen – mit welchem Auto würden Sie anreisen?
Die Wahl ist einfach – der Golf war mein erster Pkw, er hat mich jahrelang gut begleitet. Ich denke, der Gransport müsste da zurückbleiben.

Schweizer Wertarbeit

Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen Beruf weit ab von einer Tätigkeit im Finanzsektor – welcher wäre das?
Schriftsteller.
Was ist Ihr Hauptcharakterzug?
Beharrlichkeit.
Welche Eigenschaften schätzen Sie?
Zuverlässigkeit.
Was ist Ihr größter Vorzug?
Derjenige, hierzu keine Antwort zu geben.
Was ist Ihnen sehr unangenehm?
Von Zusagen abweichen zu müssen.
Was dulden Sie auf keinen Fall?
Bewusste Fehlinformation.
Was entschuldigen Sie sofort?
Fehler, die unbewusst, in bester Absicht geschehen.
Gibt es etwas, was Sie unter allen Umständen auf eine Reise mitnehmen würden?
Mobiltelefon.
Wo möchten Sie leben – wenn nicht da, wo Sie jetzt sind?
An einem Ort mit deutlich niedrigerem Grenzsteuersatz.
Wo ist Ihre Grenze?
Dort, wo meine Wertprinzipien verletzt werden könnten.
Wo tanken Sie auf?
Im Sattel eines kräftig motorisierten Zweirades.
Was war Ihr größter Flop?
…da gäbe es einiges zu berichten – mein Ziel ist es aber, Fehler nicht zu wiederholen und bei Erkennen konsequent zu korrigieren.
Was möchten Sie in fünf Jahren tun?
Das Bankgeschäft ist und bleibt meine berufliche Leidenschaft.
Haben Sie ein Motto?
Carpe diem.

Welche Soft Skills zählen bei Ingenieuren?

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Immer wieder weisen Personaler und Karriereberater auf die Bedeutung von „Soft Skills“ hin. Was bedeuten sie für Ingenieure? Müssen stille Tüftler und Techniker ihre Persönlichkeit umkrempeln, um einen Job zu bekommen?

Persönlichkeit hat eigentlich jeder, oder? Was also ist genau gemeint, wenn in Stellenanzeigen von „Persönlichkeit“ die Rede ist? Personaler wünschen sich heute Bewerber, die neben ihren fachlichen Qualifikationen auch Geschick im Umgang mit Menschen mitbringen. Der neue Mitarbeiter soll sein Projekt vor Kollegen erläutern können, ohne ins Stottern zu geraten. Nachwuchskräfte sollten beim Kunden auch im Ausland um ein paar Worte Small Talk nicht verlegen sein. Nicht zuletzt wünschen sich Personaler Mitarbeiter, die bei Besprechungen ihre Argumente einbringen.

Das neue Selbstbewusstsein
Der Grund, wieso diese schlecht messbaren, „weichen“ Fähigkeiten immer mehr gefragt sind, liegt im Wandel des Arbeitslebens. Durch die Internationalisierung der Wirtschaft treten immer mehr Menschen miteinander in Kontakt. Die Kontakte werden kürzer und flüchtiger. Deshalb sind Mitarbeiter gefragt, die ihre Aussagen auf den Punkt bringen und angenehm „rüberkommen“. Ferner hat die Halbwertzeit von Fachwissen abgenommen. Wichtiger als die Kenntnisse, die ein Hochschulabsolvent mitbringt, ist seine Fähigkeit, neue Informationen rasch aufzunehmen. Er sollte schnell Wichtiges von Unwichtigem trennen können. Hier kommt die Persönlichkeit ins Spiel: Wer sich selbst viel zutraut, entscheidet schneller.

„Muss man ein vollkommen anderer Mensch werden? Die Antwort lautet: Jein.”
Kann man lernen, eine Persönlichkeit zu entwickeln, die den Anforderungen einer Nachwuchs-Führungskraft in modernen Unternehmen entspricht? Und kann man das lernen, ohne sich selbst zu verleugnen? Muss man, kurz gesagt, ein vollkommen anderer Mensch werden? Die Antwort lautet: Jein. Die schlechte Nachricht: Psychologen wie Christophe André und Francois Lelord gehen davon aus, dass das eigene Selbstbewusstsein vor allem davon abhängt, wie viel Zuwendung man als Kind in der Familie bekam. Soziologen wie der Darmstädter Professor Michael Hartmann argumentieren, dass über den Zugang zu Spitzenpositionen der deutschen Wirtschaft nach wie vor die soziale Herkunft entscheidet.

Die gute Nachricht: Wem Selbstvertrauen fehlt, kann es trainieren. Wer bei einem Vortag weiß, wie er seine Hände hält, fühlt sich sicherer. Wer vor einem Telefonat tief durchatmet, spricht nicht mehr mit gepresster Stimme. Die Beispiele ließen sich lange fortsetzen. Ein Training verändert nicht den Kern der eigenen Persönlichkeit. Das ist auch nicht Sinn der Sache, denn überzeugend auftreten können nur „authentische“ Manager, die mit sich selbst im Einklang stehen.

Zwar werden viele, teure Seminare über nahezu alle Themen rund um Soft Skills angeboten, doch ein Training in der Praxis hilft genauso gut. Beim VDE-YoungNet etwa treffen sich Studierende der Technik-Fächer, tauschen Neuigkeiten aus, organisieren Exkursionen und Tagungen. Wer sich in ein Sprecheramt wählen lässt, wird schon bald vor größeren Gruppen frei sprechen. Und was man im vertrauten Kreis der VDE-Kollegen geübt hat, fällt beim Bewerbungsgespräch gleich leichter.

Der Autor
Dr. Walter Börmann studierte an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Nach einem längeren Studienaufenthalt in den USA promovierte er in der Marktforschung und spezialisierte sich auf Technik-PR. Seit 1991 ist er beim VDE für Presse und Öffentlichkeitsarbeit zuständig.

Interview mit Jörg Rudolph

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Gut vorbereitet zu sein und die Fähigkeit zur Kommunikation gehören für Dr. Jörg Rudolph zu den Grundvoraussetzungen, die einen guten Verkäufer ausmachen. Er selbst lernte das Verkaufen von der Pike auf und ist heute zuständig für die strategische Ausrichtung von Aida Cruises. Von seinem „Produkt“ ist er so begeistert, dass er mindestens einmal im Jahr seinen Urlaub auf einem der Aida- Schiffe verbringt.

Zur Person

Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre und der Promotion begann Jörg Rudolph seine berufliche Karriere beim Otto Versand in Hamburg als Leiter Internationale Konzern- Strategie. 1994 wechselte er zur BS&K First Reisebürokette. Hier war er als Bereichsleiter und ab 1996 als Geschäftsführer für Marketing/Vertrieb verantwortlich. Anfang 1998 wurde Jörg Rudolph in die Geschäftsführung von First berufen, ein Jahr später war er in leitenden Positionen für TUI tätig. Ab 1999 war Jörg Rudolph Geschäftsführer TUI Business Travel, seit 2001 Direktor Neue Medien/E-Commerce in der TUI AG sowie in Personalunion seit November 2003 Geschäftsführer bei TV Travel Shop Germany. Seit Januar 2005 verstärkt Jörg Rudolph die Geschäftsführung von Aida Cruises und ist als Senior Vice President Marketing & Sales für alle Bereiche des Verkaufs verantwortlich.
Dr. Jörg Rudolph, 41 Jahre, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Muss ein guter Vertriebler einem Eskimo einen Kühlschrank verkaufen können?
Nein. Ein guter Vertriebler sollte nach einer effizienten Bedarfsanalyse zielgerichtet verkaufen. Ich bin vor einem Gespräch immer gut vorbereitet, habe mich mit Details und Umsatzentwicklung des Kunden vertraut gemacht. Die Vorbereitung ist das A und O eines Vertrieblers. Das eigentliche Kundengespräch und persönliche Überzeugungskraft kann man nur bedingt erlernen. Es gibt für mich nur wenige wirkliche Top-Vertriebskräfte. Diese Top-Kräfte könnten auch einem Eskimo einen Kühlschrank zu verkaufen – aber darum geht es ja nicht. Im Sinne einer langfristigen Kundenbeziehung kann ich derartige Verkäufe nicht empfehlen.

Warum sind Sie im Vertrieb tätig?
Der Vertrieb ist maßgeblich für die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens verantwortlich. Aida Cruises wird die Kapazität in den kommenden drei Jahren verdoppeln. Für mich ist es ausgesprochen reizvoll, die Auslastung der Schiffe bei steigenden Preisen mit einer leistungsfähigen Vertriebsmannschaft weiter zu erhöhen.

Haben Sie selbst „an der Basis“ angefangen und im Reisebüro Urlaubsreisen verkauft?
Ich habe diverse Praktika im Reisebüro gemacht und Urlaubsreisen verkauft. Die fachliche Ausbildung absolvierte ich mit einem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Münster. Nach dem Studium habe ich meine berufliche Laufbahn beim Otto Versand im Marketing fortgesetzt. Erst die zweite berufliche Station stellte den Einstieg im Vertrieb im Reisebereich dar.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Als Senior Vice President Marketing & Sales bin ich für die strategische Planung und Umsetzung aller Vertriebs- Aktivitäten und Budgets verantwortlich. Im Arbeitsalltag gehört dazu die ständige Beobachtung, Auswertung und Steuerung aller Vertriebskanäle sowie die Abstimmung mit externen Dienstleistern wie Agenturen. In der Praxis bedeutet dies den ständigen Austausch mit dem Vertriebs-Director und den Managern aus dem Bereich. Dieser findet in der Regel in Form von Strategiemeetings statt.

Warum sind im Vertrieb immer mehr Hochschulabsolventen gefragt?
Akademiker gehen häufig davon aus, dass der Schlüssel zur Karriere bei strategischer Planung und Marketing- Kommunikation liegt. Es ist aber der Verkauf, der die primäre Wertschöpfung eines Unternehmens generiert. Deshalb orientieren sich immer mehr Hochschulabsolventen in Richtung Vertrieb. Der Außendienst bietet Akademikern interessante Einstiegsmöglichkeiten, aus denen gute Chancen auf Positionen im Kundenmanagement und in der Vertriebssteuerung hervorgehen können.

Welche Qualifikationen sollten Hochschulabsolventen mitbringen, wenn sie im Vertrieb erfolgreich sein wollen?
Wer im Vertrieb tätig ist, sollte verkaufen können. Dazu gehört in erster Linie eine gute Kenntnis des Produkts, Kontaktfreudigkeit und eine große soziale Kompetenz in der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern. Des Weiteren sollten Kundenverantwortliche in der Lage sein, mit Kosten und Budgets umzugehen, und ein Gespür für neue Vertriebswege und Märkte mitbringen. Eine zentrale Führungsposition im Vertrieb besetzt der Key Account Manager. Er betreut die wichtigsten, umsatzstärksten Kunden, entwickelt Konzepte zu Marktpotenzialen, pflegt die Geschäftsbeziehungen und damit die Kundenzufriedenheit.

Gibt es ein ideales Studium, das auf den Vertrieb vorbereitet?
Generell steht der Praktiker mit entsprechender Verkaufs- und Branchenerfahrung mit dem Hochschulabsolventen im Wettbewerb. Das klassische Studium für eine Tätigkeit im Vertrieb ist die Betriebswirtschaft. Ideal ist eine Verbindung von kaufmännischen Qualifikationen mit branchenspezifischen Kenntnissen. Interdisziplinäre Studiengänge, zum Beispiel im Tourismusmanagement, werden bundesweit an Hochschulen angeboten.

Wie krisensicher sind Jobs im Vertrieb?
Aida Cruises ist hervorragend aufgestellt, wir haben ein ausgesprochen motiviertes Team. Der Umsatz von Aida Cruises ist von 375 Millionen Euro im Jahr 2005 auf letztes Jahr 408 Millionen Euro gewachsen. Zumindest bei Aida sind die Jobs im Vertrieb absolut krisensicher.

Wie fördern Sie die Motivation der Vertriebler?
Für die Motivation im Vertrieb entscheidend sind eine positive Grundstimmung im Unternehmen, zu Vorgesetzten und Kollegen, ein gerechtes variables Vergütungssystem, Lob und gute allgemeine Rahmenbedingungen.

Was sollten Absolventen beherzigen, wenn sie es in die Führungsetage eines Unternehmens schaffen wollen?
Neben fachlichen Qualifikationen sind Durchsetzungsfähigkeit, Leistungsbereitschaft, Ausdauer, die Bereitschaft zur kontinuierlichen Weiterbildung und Spaß an der Arbeit wichtige Voraussetzungen.

Müssen Sie in Ihrem Job viel reisen?
Vertrieb bedeutet auch eine häufige Reisetätigkeit. In der Regel besuchen wir unsere Kunden beziehungsweise Vertriebspartner.

Wie schaffen Sie es, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen?
Familie und Beruf in Einklang zu bringen, stellt eine große Herausforderung dar. Durch die hohe berufliche Belastung und die große Reisetätigkeit kommen insbesondere die Kinder manchmal leider zu kurz. Umso wichtiger ist für mich, dass ich im Urlaub nicht gestört werde und Zeit für die Familie habe.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Soweit die Zeit bleibt, treibe ich Sport, besuche Theateraufführungen oder Konzerte und lese gerne.

Wie machen Sie selbst Urlaub?
Einmal im Jahr reise ich mit Aida – denn ich bin von dem Produkt begeistert. Als Mitarbeiter im Vertrieb sollte man von dem, was man verkauft, überzeugt sein. Zusätzlich fahre ich im Winter in die Skiferien. Neben Aida erhole ich mich bei dieser Urlaubsform am besten.

Zum Unternehmen

Seit 1996 bietet Aida Cruises als Reiseveranstalter und Reederei in einem Schiffsreisen in Destinationen wie Mittelmeer, Kanaren, Nord- und Ostsee, Karibik, Mittelamerika und Dubai.

Die Flotte besteht aus vier Clubschiffen: AIDAcara, AIDAvita, AIDAaura und AIDAblu. Mit den vier Schiffen und einer Kapazität von insgesamt 5400 Betten ist Aida Cruises Marktführer für Seereisen in Deutschland.

Das zur Carnival-Gruppe gehörende Unternehmen mit Sitz in Rostock beschäftigt derzeit 2400 Mitarbeiter aus 25 Nationen. Mit dem Bau neuer Schiffe wird die Kapazität der Aida- Flotte bis zum Jahr 2010 mehr als verdoppelt. Die Zahl der Beschäftigten wird sich aufgrund dieses Wachstums bis 2010 auf circa 4000 erhöhen.

Im Konflikt mit dem eigenen Ich

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Um als Persönlichkeit überzeugen zu können, müssen Konflikte wahrgenommen und bewältigt werden: Dies gilt sowohl für das Arbeitsleben als auch für die Bewerbung und den Berufseinstieg. Im Gespräch mit den Beraterinnen Beate Amrhein und Beate Ahrends vom Coelner Consulting Team (CCTeam) ermittelte der karriereführer wie Betroffene Konflikten mit einigen Tricks wirksam begegnen können.

Inhalt:

In einem mehrstöckigen Haus am vielbefahrenen Kölner Salierring liegt das Büro des CCTeams. In der Ecke des Gesprächsraums steht die für einen Coach unentbehrliche Flip-Chart-Tafel, die große Fensterfront bietet einen weiten Blick über die Dächer Kölns. Die Stadt macht einen friedlichen Eindruck – hinter manchem Fenster in den umliegenden Bürohäusern dürften jedoch Konflikte schwelen.

Defizite zählen nicht!
Amrhein und Ahrends machen schnell deutlich, welcher Konflikt bei der Bewerbung am häufigsten ist: der Konflikt mit dem eigenen Ich. Die hohen Anforderungen, die in Stellenbeschreibungen verlangt werden – gesucht werden meist junge, berufserfahrene und bestens ausgebildete Mitarbeiter – schüchtern viele Arbeitssuchende ein. Doch Ahrends und Amrhein geben Entwarnung: „Das sind Maximalforderungen, mit denen Personalverantwortliche prüfen wollen, was der Markt hergibt.“ Manchmal sei es ausreichend, wenn nur 30 bis 50 Prozent der Voraussetzungen zuträfen. Denn beim Bewerbungsgespräch sei das zwischenmenschliche Element sehr wichtig. Eingestellt werde letztlich der, „dessen Nase gefällt“. Probleme haben manche Bewerber mit der Selbstdarstellung: „Im Vorstellungsgespräch zählen die Dinge, die man zu bieten hat, nicht die Defizite“, betont Ahrends. Selbstkritik sei fehl am Platz.

Auf Formulierungen achten
Der Umstand, dass viele Bewerber lange studiert haben und nun nicht mehr das ideale Eintrittsalter haben, drückt ebenfalls bei vielen auf das Selbstbewusstsein. „Das ist aber kein Grund, sich als Opfer zu sehen und zu resignieren. Zunächst sollten sich Stellensuchende folgendes vor Augen führen. Erstens: Ich kann an meinem Lebenslauf nichts verändern und Zweitens: Das ist mein Leben und ich stehe auch dazu“, zählt Ahrends auf.

Um einen guten Eindruck zu machen, seien die Formulierungen wichtig. Wer erklären könne, dass der Lebensweg bewusst gewählt wurde und die gemachten Erfahrungen die eigene Entwicklung vorangetrieben hätten, könne auch damit überzeugen. Amrhein und Ahrends haben allerdings immer wieder die Erfahrung gemacht, dass ältere Bewerber ihre bisherigen beruflichen Tätigkeiten herunter-spielen statt zu berichten, was sie bei diesen Jobs „gelernt und gewonnen“ haben. „Wer während des Studiums Taxi gefahren ist, hatte Kundenumgang und konnte Menschenkenntnis sammeln – das ist nicht zu unterschätzen,“ betont Amrhein.
„Darüber hinaus kennen viele Arbeitgeber die Vorteile von ältereren Bewerbern,“ ist sie überzeugt und Ahrends ergänzt: „Sie verfügen über mehr Lebenserfahrung, sind belastbarer und loyaler. Außerdem scharren sie nicht ständig mit den Füßen und fragen, wann es mit ihrer Karriere weitergeht. “ Um bei der Bewerbung zu punkten, raten die beiden Consulter älteren Bewerbern dazu, zuerst in den Personalabteilungen anzurufen, dort ihre Chancen auszuloten und im Gespräch offensiv mit dem eigenen Leben umzugehen. Amrhein: „Das spart auch Kosten.“

Berufseinstieg: Fragen, Fragen, Fragen
Beim Berufseinstieg stehen Konflikte mit Kollegen oder dem Chef im Mittelpunkt. Eine ungeschriebene Regel, die so genannten Hol- und Bringschuld, bietet viel Zündstoff. Dabei geht es um die Frage, wie viel Initiative sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer für eine reibungslose, effiziente Zusammen-arbeit aufbringen sollten. Amrhein: „Berufseinsteiger sollten ihren Arbeitsbereich sehr genau beobachten, um zu erfahren, welche Informationen sie selbst beschaffen müssen und an wen sie sich hierfür wenden können.“ Fakt sei jedoch, betont Amrhein, dass Berufseinsteiger meist nicht darum herumkämen, sich einen Teil des benötigten Wissens selbst anzueignen. „Dafür müssen sie viele Fragen stellen und gleichzeitig darauf achten, dass der Vorgesetzte nicht den Eindruck bekommt, dass sie zu unselbstständig sind.“

Von der Banalität zum Streit
Im Arbeitleben gibt es vielfältige Konfliktsituationen wie persönliche Antipathien, Interessenkonflikte und Mobbing, um nur einige zu nennen. Eines haben sie jedoch Ahrends zufolge gemein: „Konfliktsituationen im Arbeitsleben entstehen meist aus Banalitäten heraus. Konflikte entflammen darüber, ob geraucht werden darf, die Kaffeetasse nach der Arbeit gespült wird, das Fenster offen bleibt oder Arbeitskollegen sich morgens grüßen – die Gründe sind fast immer zwischenmenschlicher Natur.“ Ist der Konflikt erst einmal ausgebrochen, schaukelt er sich schnell hoch. Doch dann greift die Grundregel der Konfliktbewäl-tigung: „Sprich das Problem an“ – dann wird aus dem Konflikt vielleicht schnell wieder eine Banalität, die nicht der Rede wert ist.

Das CCTeamBeate Amrhein, Beate Ahrends und Rüdiger Estorf leiten das Coelner Consulting Team (CCTeam). Sie coachen Führungskräfte und Arbeitnehmer bei zwischenmenschlichen Problemen am Arbeitsplatz und bieten Unternehmen Prozessbegleitung, Konflikt-Workshops und supervisorische Unterstützung an. Dabei greifen sie als „Beobachter“ beispielsweise in Teambildungs-prozesse ein und bringen sie dadurch in Gang. Neben ihrem Engagement bei CCTeam leiten Amrhein und Ahrends Seminare zu Konfliktbewältigung und Bewerbung, unter anderem beim bundesweiten Weiterbildungsveranstalter WBS Training AG, vormals Klett WBS.

 

Interview mit der Berufsfindungsexpertin Uta Glaubitz

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Wie findet man den passenden Beruf? Über dieses Thema sprach der karriereführer mit der Berufsfindungsexpertin Uta Glaubitz. Sie bietet seit fünf Jahren Workshops an, die bei der Suche zu einer kreativen Lebenserfahrung werden können.

Uta GlaubitzUta Glaubitz arbeitet als Berufsfindungsberaterin und Autorin. Sie veranstaltet Workshops, Seminare und Konferenzen und veröffentlicht Bücher zur Berufsfindung. Sie ist Jahrgang 1966, hat einen Studienabschluss in Philosophie und lebt in Berlin.

Bücher zum Thema Berufsfindung von Uta Glaubitz

Kontakt: www.berufsfindung.de

Die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit wird ständig gekürzt. Lohnt sich denn der Aufwand einer persönlichen Berufsfindung überhaupt?
Ich glaube kaum, dass es eine Alternative gibt. Letztendlich wird die Zeit auf der Arbeit immer einen großen Teil unseres Lebens einnehmen. Auch definieren wir uns über das, was wir dort leisten. So muss jeder für sich einschätzen, was für ihn sinnvoll ist und mit welcher Art von Tätigkeit er diese Zeit füllen möchte.

Wo ist dann die Grenze zwischen Beruf und Freizeit?
Die klassische Zweiteilung hat unsere Generation weitgehend aufgehoben. Mittlerweile rücken Fragen wie: „Was motiviert mich wirklich, was finde ich toll und wie kann ich daraus einen Beruf machen?“ immer mehr in den Vordergrund.

Wie sieht Ihre Arbeit als Berufsfindungsexpertin aus?
Ich setze mich mit vier Teilnehmern ein bis zwei Tage lang zusammen und wir arbeiten gemeinsam für jeden einen individuellen Plan für seine berufliche Zukunft aus.

Wie funktioniert das konkret?
Wir schauen uns die bisherige Biografie der Teilnehmer an und suchen beispielsweise Situationen, in denen jemand sehr motiviert war. Außerdem werden Blockaden abgebaut, die sich im Kopf eingenistet haben. Darunter verstehe ich Gedanken wie: „Das ist kein richtiger Beruf! Du spinnst! Damit kann man kein Geld verdienen! Das kannst du doch gar nicht!“ Dabei lasse ich mich auf jeden Teilnehmer neu ein und nehme damit ihn und seine Wünsche ernst. Wir suchen dann gemeinsam nach Hinweisen, die den versteckten Berufswunsch zu Tage fördern. Wenn zum Beispiel jemand lieber Fitnessmagazine liest als seine juristischen Fachzeitschriften, dann kann das bedeuten, dass er sich in Richtung Sport, Bewegung, Wellness weiterentwickeln möchte.

Das klingt nach psychologischer Erfahrungsgruppe.
Natürlich habe ich es mit lauter psychologischen Phänomenen zu tun. Mit Angst, Blockaden und Motivationen. Daher ist es naheliegend, so etwas zu denken. Aber nein, meine Seminare sind keine therapeutischen Maßnahmen. Vielmehr ist es die positive und offene Grundatmosphäre im Seminar, die die Teilnehmer weiterbringt. Auf den richtigen Spirit kommt es an.

Erfahren Sie, was Ihre Teilnehmer aus dem Seminar gemacht haben?
Ich ermutige die Teilnehmer immer zur Rückmeldung – egal ob zwei Wochen später oder zwei Jahre. Erfahrungsgemäß schicken eher diejenigen eine Mail oder eine Karte, die viel verändert haben.

Fällt Ihnen dazu ein besonderes Beispiel ein?
Ich hatte einmal eine 35jährige Krankenschwester als Teilnehmerin. Heute fährt sie ihr Kapitänspatent auf und ist auf großer Fahrt nach Neuseeland. Natürlich sind nicht alle Fälle so spektakulär.

Welche Zielgruppe sprechen Sie an?
Ursprünglich wollte ich mich an Geisteswissenschaftler wenden, auch weil ich die Probleme der Berufswahl nach dem Studium aus eigener Erfahrung kenne. Mittlerweile gibt es keine Berufsgruppe mehr, die noch nicht in meinem Seminar war. Zum Beispiel kam eine Zahnärztin mit Doktortitel und eigener Praxis zu mir und sagte: „Zahnärztin ist ein toller Beruf. Aber nicht für mich …“

Was halten Sie von dem Satz: „Wer den Beruf fürs Leben schon im Kindergarten wusste, ist am Ende noch zu bedauern.“?
Ich denke, dass das Modell des Berufes fürs Leben nicht mehr in das Konzept der heutigen Arbeitswelt passt. Es ist normal, alle paar Jahre etwas anderes zu machen. Das ist eine ungeheure Entlastung. Denn egal in welchem Alter ich eine Berufsentscheidung treffe, in den seltensten Fällen passt sie nach 20 Jahren immer noch.

Wie war Ihr eigener Berufsfindungsweg?
Ich habe früher in einem Wirtschaftsverlag gearbeitet und einiges zum Thema Karriere, Personalwesen und Bewerbungen veröffentlicht. Irgendwann fiel mir auf, dass die Frage „Was will ich überhaupt mit meinem Leben machen?“ gar nicht in meiner Arbeit auftauchte. Daraus entstand die Idee für das erste Berufsfindungsseminar vor über fünf Jahren. Später habe ich viele Bücher dazu geschrieben.

Macht Ihr Beruf ständig Lust auf etwas Neues?
Sicher. Doch dem jetzigen Thema werde ich mich bestimmt noch ein paar Jahre widmen. Erst wenn ich wieder neue Herausforderungen suche, werde ich mich um einen eventuellen Kurswechsel kümmern. Ein Neuanfang ist dann auch wesentlich leichter, weil ich schon einmal einen Laden von Null auf Hundert aufgebaut habe.

Was macht das Kreative an Ihrem Beruf aus?
Das Kreative ist, immer neue Ideen zu haben. Wir können im Seminar keine 08/15 Konzepte ausarbeiten, denn es ist wichtig, sich immer wieder auf jeden Teilnehmer neu einzulassen. Durch die Fragen und das Beobachten kommen die Ideen.

Sie sprechen in Ihren Büchern ein Zehn-Schritte-Programm an. Beschreiben Sie damit Ihre Seminare?
Die angeführten zehn Schritte sind die Grundlage, auf die das Prinzip der Berufsfindung aufbaut. Ich habe den Workshop in meine Bücher mit aufgenommen, weil das manche gerne zu Hause machen. Manchmal bekomme ich Mails mit seitenweisen Ausarbeitungen geschickt. Ich gebe dann gern meine Meinung dazu.

Die Leser Ihrer Bücher finden am Ende ein Wörterbuch. Warum fanden Sie das wichtig?
Die Texte in meinen Büchern, die auf bestimmte Arbeitsfelder hinweisen, brauchen das. Ohne die Fachbegriffe fehlt der nötige Stallgeruch.

Arbeiten Sie mit anderen Beratern zusammen?
Manchmal. Zum Beispiel entstand das Buch „Jobs für Filmfreaks“ in Zusammenarbeit mit Andrea Dornseif. Darin habe ich den Rahmen und sie ihr Fachwissen für die Filmthemen zur Verfügung gestellt. Die Seminare und die Beratung führe ich alleine durch. Im Büro hilft mir eine Sekretärin, die ich aber lieber als Lebensretterin bezeichne, weil sie hier schon mehr als einmal Erste Hilfe geleistet hat.

Aussprache: Der Klang vom Ich

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Sie kann streicheln und schmeicheln, donnern und grollen – die Stimme. Ein kleiner Fehler beim „S“, beim „SCH“ kann charmant wirken, aber auch stören. Das virtuoseste Instrument der Natur macht Eindruck mit Ausdruck. Mit Nachdruck wollten wir es wissen: karriereführer sprach mit Matthias Halmheu über die „As“ und „Os“ des Sprechens.

Herr Halmheu, welchen Stellenwert ordnen Sie den Faktoren Sprechen und Stimme bezogen auf die Ausstrahlung eines Menschen zu?
Wir spielen als soziale Wesen in der Gesellschaft verschiedene Rollen. Die jeweilige Situation erfordert entsprechende Anpassungsfähigkeit von uns. Sie zum Beispiel sprechen jetzt mit mir anders als im Kreis ihrer Familie oder bei Freunden. Die Art, wie ein Mensch sich bewegt, äußert und gebärdet, spiegelt sich in seiner Persönlichkeit wider. „Persona” kommt von „personare” – durchtönen, durchklingen – und zeigt deutlich, welches Gewicht der Stimme zugesprochen wird, dass sie Spiegel und Ausdruck des Menschen ist. Um nicht aus der Rolle zu fallen, müssen Spielregeln eingehalten werden, die das Sprechen selbst, aber auch besonders die Stimme betreffen. Sprache und Stimme verleihen der Rolle Ausdruck, ebenso wie Gestik und Mimik.

Wie wirken sich Sprechen und Stimme auf Ausstrahlung aus?
Um es mit Shakespeare zu sagen: „Die ganze Welt ist eine Bühne und alle Frauen und Männer bloße Spieler…” Nicht nur Schauspieler und Marktschreier bedienen sich ihrer Stimme und der Sprache, um eine bestimmte Wirkung zu erzeugen. Jeder Mensch versucht es täglich, nur gelingt es nicht allen gleich gut. Dabei muss gutes Sprechen für niemanden ein Luxus sein, sondern es ist der Schlüssel zum zwischenmenschlichen Kontakt. Unökonomische Sprechweise führt nicht nur zur frühen Erschöpfung des Sprechers, sondern auch zu Konzentrationsmangel beim Zuhörer. Jeder erinnert sich sicher an quälend lange Unterrichtsstunden: Monoton vortragende, heisere oder verhauchte Sprecher sind fast immer die Ursache. Andererseits ist es sehr schwierig, sich dem Bann eines mitreißenden Redners zu entziehen, wie positiv oder negativ der Inhalt auch sein mag.

Was ist ein Sprachfehler?
Hier muss man zwischen organischen Stimmerkrankungen beziehungsweise durch Zahn- oder Kieferfehlstellungen verursachtes undeutliches Artikulieren und dem fehlerhaften Stimm- oder Sprachgebrauch differenzieren. Es gibt zahlreiche Fehler, die auch meist nicht alleine auftreten: mangelnde oder übertriebene Artikulation, Verschlucken der Endsilben, unangepasste Mimik und Gestik, verhauchtes, gepresstes oder näselndes Sprechen, Knödeln, zu hohes oder zu tiefes Sprechen, mühsame und geräuschvolle Atmung. Und natürlich das, was landläufig als Lispeln oder Zischeln bezeichnet wird — der Sigmatismus in all seinen Erscheinungsformen.

„Verliert” man mit einem Sprachfehler an Wirkung?
Das kommt natürlich auf den Fehler an, aber auch auf den Zuhörer. Fehlerhaften Stimmgebrauch erlebe ich oft gerade in den so genannten Sprechberufen. Die verhauchte, tiefe Stimme der ehemaligen Südwestfunk-Sprecherin Sabine Müller „verhalf“ ihr aber immerhin zu Dutzenden von Heiratsanträgen und dem Sender zu dem Beinamen „Süßvoicefunk“.

Was bewirkt meine Stimme bei meinem Gegenüber?
Als Zuhörer wollen Sie einen Sprecher akustisch verstehen und seinen Worten folgen können. Dazu gehört eine deutliche Artikulation, eine tragfähige Stimme und vor allem eine Gestaltungsweise, die interessiert, besser mitreißt, vielleicht sogar ergreift, aber auf keinen Fall ermüdet oder gar belastet.

Schwingt meine Verfassung in der Stimme mit?
Stimme und Stimmung hängen – wie die Begriffe schon sagen – eng zusammen. Wenn ich müde, deprimiert, wütend oder ausgeruht, bester Stimmung, frisch verliebt bin, so wird sich dies in meiner Stimme widerspiegeln.

Kann eine andere Sprechweise, ein anderer Umgang mit meiner Stimme meinen Erfolg steigern?
Mit der Intention, eine Liebeserklärung machen zu wollen, sollte man einen Unteroffizierskasernenhofton vielleicht besser lassen. Man muss sich bewusst machen, in welcher Rolle man sich gerade befindet. Beherrscht man Stimme und Sprache, hat man selbstverständlich hohen Einfluss auf sein Gegenüber.

Welche Sprachfehler muss man therapieren? Sollte man in jedem Fall einen Logopäden aufsuchen?
Der wichtigste Punkt ist hier natürlich der persönliche Leidensdruck, also wenn ich wahrnehme, dass meine Stimme schnell ermüdet, schnell heiser wird und ich oft an Atemwegserkrankungen laboriere. Aber auch wenn ich merke, dass immer wieder nachgefragt wird, Zuhörer schnell abgelenkt werden und unruhig sind, ich um lauteres Sprechen gebeten werde etc. Dem Gang zum Logopäden sollte der Besuch eines HNO-Arzt vorausgehen, um eventuelle organische Störungen auszuschließen.

Wie kann man an seiner Stimme arbeiten?
Die Behandlung von Stimmstörungen umfasst verschiedene Bereiche. Der Bereich Persönlichkeit umschließt alle folgenden Bereiche, die sich wechselseitig beeinflussen. Man arbeitet an der Intention, der Verbesserung der Körperwahrnehmung, an der Beeinflussung der Körperspannung, an der Ruhe- und Phonationsatmung, an der Phonation und Artikulation.
Ziel ist die physiologische Stimmgebung.

Und wer hilft, wenn man an Aussprache oder Stimme etwas tun möchte?
Am schnellsten findet man Kolleginnen und Kollegen wohl über die Suchmaschine auf der Internetseite des deutschen Bundesverbandes für Logopädie unter www.dbl-ev.de. Aber auch im Branchenbuch ihrer Stadt oder durch Nachfragen bei Ärzten oder Krankenhäusern sollten Sie fündig werden.

Haben Sie ein Tipp, wie jeder für sich selbst Sprache und Stimme verbessern kann?
Nein. Man muss wirklich auf jeden Einzelnen schauen und sich erst einmal ein Bild davon machen, wo seine Stärken und Schwächen beim Sprechen liegen. Zu viele Faktoren greifen hier ineinander, der ganze Mensch ist zu berücksichtigen. Einen Rat aus dem Ärmel zu schütteln, wäre da unseriös. Allerdings gibt es einen allgemeingültigen Tipp, wie Sie Ihre Stimme schonen können: Räuspern Sie sich nie, husten Sie stattdessen.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Halmheu.

Weitere Informationen:

Logopäde Matthias HalmheuMatthias Halmheu ist Logopäde und therapiert tumorbedingte Stimm- und Funktionsstörungen. Er unterrichtet Logopädie-Schülerinnen und –Schüler in seinem Fachbereich und führt Seminare zur Stimmbildung durch.

Was kann ich und was bin ich?

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Gut vorbereitet räumt man die meisten Hürden auf dem Weg ins Berufsleben beiseite, noch bevor der erste Schritt getan ist. Zu einer guten Vorbereitung gehört das Wissen über die persönlichen Wünsche und Träume, die zugleich Motivation und Wegweiser sein können. Beschäftigen Sie sich deshalb mit sich selbst und versuchen Sie, soviel wie möglich über Ihre Ziele in Erfahrung zu bringen. Lernen Sie Ihre Stärken von Ihren Schwächen zu unterscheiden, und finden Sie Antworten auf die Fragen „Was kann ich?“ und „Was will ich?“.

Erkenntnis ist der erste Schritt
Doch bevor Sie zu viel Zeit einsam grübelnd auf der Wohnzimmercouch verbringen: Lesen Sie sich unseren Beitrag Welches Berufsfeld passt am besten zu mir? durch. Er hilft der Erkenntnis was Sie können und wollen auf die Sprünge. Fragen Sie außerdem Ihre besten Freunde nach einer Einschätzung Ihrer Person – die kennen Sie besser, als Sie annehmen. Fixieren Sie Ihr persönliches Profil schriftlich, damit keines der Ergebnisse verloren geht. Bald werden Sie sich anhand dieses Profils auf Ihr erstes Bewerbungsgespräch vorbereiten können.

Wunsch-Arbeitsplatz
Bevor es soweit ist, überlegen Sie sich, welche Anforderungen Sie an Ihren Wunsch-Arbeitsplatz stellen: Soll es ein „nine-to-five“-Job mit wenigen Überstunden sein oder verbringen Sie gerne jede zweite Woche im Ausland? Sehen Sie sich als Projektverantwortlicher oder Hinterbänkler? Soll das Unternehmen mit dem Fahrrad erreichbar sein oder sind Sie bereit, für eine interessante Tätigkeit ein paar Kilometer zu fahren? Wenn sich in einem Bewerbungsgespräch ergibt, dass sich Ihre Erwartungen nicht mit dem Angebot des potenziellen Arbeitgebers decken, können Sie eine Mitarbeit ruhigen Gewissens ablehnen. Denn Sie wissen, was Sie wollen.

Überblick und Neugierde
Verschaffen Sie sich im Internet, in Fachzeitschriften und Tageszeitungen frühzeitig einen Überblick über den Arbeitsmarkt. Aber lesen Sie nicht ausschließlich die Personalanzeigen: Informationen sind in diesem Stadium der Jobsuche das A und O. Jeder Fachartikel über ein Produkt und jede Unternehmensmeldung können Sie auf neue Ideen bringen. Seien Sie beim Durchforsten der Stellenmärkte offen für Neues: Mitarbeiter mit Ihren Kenntnissen und Ihrem persönlichen Profil werden möglicherweise auch in Unternehmen und Branchen gesucht, von denen Sie es nicht erwartet hätten – und viele Ihrer Mitbewerber auch nicht. Vielleicht ergeben sich daraus besonders gute Chancen.

Erfolg ist planbar
Wenn Sie sich für ein Stellenangebot interessieren, recherchieren Sie zusätzliche Informationen auf der Homepage des Unternehmens, in Fach- und Verbandszeitschriften oder Wirtschaftslexika. Keine Scheu vor einem Anruf in der Personalabteilung: Dort „werden Sie geholfen“, über weitere Details informiert und gegebenenfalls mit Unternehmensbroschüren versorgt. Und Sie fangen eine Handvoll Fliegen mit einer Klappe: Bei dieser Gelegenheit ist der erste persönliche Kontakt hergestellt, der Ansprechpartner ist ermittelt und die Anforderungen des Unternehmens an eine schriftliche Bewerbung sind erfragt.

Nur die Ruhe
Lassen Sie sich bei Ihren Vorbereitungen nicht hetzen – auch nicht von sich selbst. Fangen Sie frühzeitig an, die Weichen für Ihre berufliche Zukunft zu stellen. Dann klappt´s auch mit dem Job.

Infos:
Jürgen Hesse und Hans Christian Schrader, Autoren zahlreicher Karriere-Buchtitel, haben ihre eigene Website: