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Nicholas R. Teller

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Die Führungsetagen deutscher Großbanken sind international besetzt. Auslandserfahrung ist mittlerweile obligatorisch. Wie sehen die Bildungs- und Karrierestationen auf dem Weg in das Topmanagement aus? Der karriereführer nahm Nicholas R. Teller, Regionalvorstand Nord der Commerzbank AG, unter die Lupe. von Antje Krause

Frankfurt, Commerzbank-Tower, 46. Etage. Die Aussicht ist beeindruckend und lädt zum Sinnieren ein. Wenn Zeit dafür bliebe. „Das Bild des Bankers, das noch in manchen Köpfen schwirrt“, so Nicholas Teller, „ist längst nicht mehr Realität. Das ‚Frühstücksdirektorium‘, das sich einst in getäfelten Hallen einfand, um in Ruhe die Post zu sichten, ist ausgestorben. Die Arbeit als Vorstandsmitglied ist heute vor allem eins: ein anspruchsvoller und zeitraubender Job, den Sie nur mit einer gewissen Hemdsärmeligkeit erfolgreich bewältigen können.“ – Sprach’s und legt sein Jackett beiseite.

Von Ort zu Ort
Ein Blick in den Arbeitsalltag des zweifachen Familienvaters lässt erst gar keine Zweifel aufkommen. Nicholas Teller, der das Firmenkundengeschäft von Frankfurt ab gen Norden einschließlich Skandinavien steuert, ist viel unterwegs. „Mein Lebensmittelpunkt und Dienstsitz ist Hamburg. Dort arbeite ich aber nur ein bis zwei Tage pro Woche. Hauptsächlich besuche ich die Filialen in der Region und unterstütze sie bei der Bewältigung von Problemen. Zu meinen Aufgaben gehört allerdings in erster Linie, die Bank in den Unternehmen auf höherer Ebene zu repräsentieren und mindestens einmal wöchentlich habe ich Sitzungen in der Frankfurter Zentrale. Zwangsläufig muss ich viel pendeln. Da ich eine Familie habe, die ich gerne sehe, ist mir das lieber als Übernachtungen in fremden Hotelbetten. Ich möchte meine Kinder zumindest abends noch ins Bett bringen können und nehme dafür gerne in Kauf, morgens den 6 Uhr 20-Flieger in die Finanzwelt zu nehmen.“

Mit Überzeugungskraft zur Kreativität
Naheliegend also, dass klare Prioritäten und diszipliniertes Zeitmanagement notwendige Anti-Stress-Instrumente sind. Gut organisiert zu sein ist das eine, Erfolg auch wirklich zu wollen das andere. Ohne Überzeugungskraft geht nichts. „Sie müssen die Leute mitreißen“, so Nicholas Teller. „Teamspirit zu erzeugen und damit das Bewusstsein, gemeinsam etwas bewegen zu können und Spaß daran zu haben, ist von zentraler Bedeutung. Nur so lässt sich Kreativität freisetzen, um Problemlösungen zu finden. Dabei ist sicherlich auch entscheidend, dass ich in die Welt der Inlandsbank ein Stück Internationalität hineinbringe.“

Zu Hause auf internationalem Parkett
Internationalität ist in der Biografie des 42-jährigen Briten fest verankert. In London geboren, kommt er im frühen Kindesalter mit seiner Familie nach Deutschland, besucht in Düsseldorf zunächst die britische Volksschule, dann ein deutsches Gymnasium. Nach dem Abitur zieht es ihn zurück nach England. Er entscheidet sich für ein BWL-Studium in Birmingham. „Ich wollte in England studieren, weil mir das Studium in Deutschland viel zu lange dauert. Hier wird viel mehr Fachwissen im Detail vermittelt, während das Studium in England genereller angelegt ist. Der Hochschulabschluss hat dort eher den Stellenwert eines hervorragenden Leistungsnachweises. Arbeitsspezifisches Know-how erwirbt man anschließend on the job.“ Teller steigt mit einem Traineeprogramm in die Commerzbank ein – ein Jahr in der Londoner Filiale, ein Jahr in Deutschland. Auf internationalem Parkett geht es weiter. Nach eineinhalb Jahren steigt der Junior in London zum Senior Manager auf, wechselt dann 1994 als Geschäftsführer in die Filiale Prag.

Anders denken
Neben dem „Businessbrain“ als unabdingbare Voraussetzung für eine Bankkarriere sind es vor allem aktive Sprachkenntnisse und die Auseinandersetzung mit anderen Denkweisen, die der Großbanker als wertvolle Erfahrungen mit Rückkopplungseffekt betrachtet: „Sprache hat mir ermöglicht, in ein internationales Financial Center vorzudringen und mir dort einen Hintergrund anzueignen, der auch für den Heimatmarkt unserer Banken enorm wichtig ist. Ich bringe eine Sichtweise mit, die hilft, den Horizont zu erweitern, anders vielleicht als dies bei jemandem der Fall ist, der Zeit seines Lebens ausschließlich in Deutschland gelebt und gearbeitet hat.“

Gelassenheit durch Freiräume
Dass Horizonterweiterung mehr ist als die Summe internationaler Marktkenntnisse, macht Teller unverblümt klar. „Wenn sich Ihr Interessensgebiet nur auf die Bank bezieht, werden Sie nicht nur unzufrieden, sondern auch als Ansprechpartner uninteressant. Es ist enorm wichtig, sich bei allen Verpflichtungen persönliche Freiräume zu schaffen.“ Zeitaufwändige Hobbys wie das Fliegen hat der Banker mit Pilotschein zwar vorerst auf Eis gelegt, nicht aber seine Leidenschaft für Literatur. „Lesen hält mich nicht nur à jour über Themen, die in meiner alten Welt UK und meiner neuen Welt Deutschland stattfinden. Es hilft mir auch, meinen Job so gelassen und humorvoll zu nehmen, wie es geht. Der Ernst der Sache ist für mich prinzipiell nie anzweifelbar, aber ohne Humor könnte ich den Job nicht machen.“

Interview mit Dr. Gerhard Strate

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Als Strafverteidiger ist Dr. Gerhard Strate über Hamburg hinaus als streitbarer Anwalt bekannter Mandanten prominent geworden. Mit dem karriereführer sprach er über seine Ansichten und Erfahrungen. von Martin Rath

Zur Person

Die Kanzlei „Strate und Ventzke“ besteht seit 1985, nachdem zuvor Gerhard Strate seit 1979 allein ein Anwaltsbüro betrieben hatte. Die Würde eines Doctor honoris causa wurde Gerhard Strate im November 2003 von der Juristischen Fakultät der Universität Rostock verliehen.

Ich las, dass Sie die Nachricht von der Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs im Fall Monika Weimar in Südafrika erhielten. Haben Sie berufliche Kontakte zu Südafrika?
In Südafrika war ich aufgrund des Auslieferungsverlangens gegen einen Mandanten, der dort eine Heimstatt gefunden hatte. Natürlich kenne ich eine Reihe von Anwälten in Südafrika. Meine beruflichen Kontakte dauern noch an.

Bei Wirtschaftsanwälten wird eine internationale Ausrichtung oft vorausgesetzt, in den Stellenanzeigen der Law Firms heißt es immer wieder, dass bereits der Nachwuchs Erfahrungen im Ausland gesammelt haben soll. Gilt das auch für eine Tätigkeit im Strafrecht?
Ich gehöre zwar zu keiner Law Firm, aber in diesem Punkt haben sie wirklich Recht. Sich mit dem Strafrecht und dem Strafprozessrecht in anderen Ländern zu beschäftigen, vermittelt viele gute Ideen für die eigene Praxis hier zu Lande. Ich habe mich beispielsweise mit der Rechtsprechung des U.S. Supreme Court zu den Beweisverwertungsverboten beschäftigt und darüber zusammen mit meinem Kollegen Klaus Ulrich Ventzke einen Aufsatz veröffentlicht. Das hatte dann bemerkenswerterweise fünf Jahre später auch Auswirkungen auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Bis dahin galt eine Verletzung des Paragrafen 136 Strafprozessordnung, der unter anderem vorschreibt, dass dem Beschuldigten bei der ersten Vernehmung eröffnet werden muss, jederzeit einen Anwalt konsultieren zu dürfen, als schlichte Verletzung einer Ordnungsvorschrift, die nicht revisibel ist.

Welche Station Ihres Bildungswegs ist für Ihre heutige Tätigkeit von besonderem Gewicht?
Von 1975 bis 1979 war ich für das Max- Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg tätig. Das hatte zwar nichts mit Strafrecht zu tun, war aber eine ausgezeichnete Schule wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens. Das ist wirklich ein tolles Institut – und es verfügt über die eindrucksvollste juristische Bibliothek, die ich jemals gesehen habe.

Der juristische Ausbildungsbetrieb ist als Massenstudium verschrien. Haben Sie dennoch markante Charaktere kennengelernt?
Besonders eindrucksvoll für mich war Karl August Bettermann, Zivilprozessualist und Staatsrechtler, Hochschullehrer in Hamburg. Politisch war er höchst konservativ, jedoch von großem Scharfsinn, und ein glänzender Formulierer.

Gibt es Juristen – tot oder lebendig –, die Sie bewundern?
Ja, Adolf Arndt, den „Kronjuristen“ der SPD in den 1950er- und 1960er-Jahren. Seine Kolumnen in der NJW unter der Überschrift „Umwelt und Recht“ sind auch heute noch lesenswert.

Unter welchen Umständen kann man einem Hochschulabsolventen empfehlen, sich auf das Strafrecht zu spezialisieren?
Ein hohes Maß an Leidensfähigkeit und Durchsetzungswille ist erforderlich. Die eine Eigenschaft braucht man, um das Unrecht, das die Mandanten begangen haben, aber auch das Unrecht, das ihnen die Justiz zufügt, ertragen zu können. Die andere, um sich gegen die Machtansprüche der Strafjustiz, die häufig wenig mit Rechtsanwendung zu tun haben, behaupten zu können.

Wie wahrscheinlich ist es, dass sich Berufsanfänger ausschließlich mit strafrechtlichen Mandaten „ihre Brötchen“ verdienen?
Das geht. Wer ein Mandat gut abwickelt, erhält auch heute noch fünf andere. Empfehlenswert ist es, die Spezialisierung im Strafrecht anfangs noch mit einer anderen zu verbinden, beispielsweise mit dem Ausländerrecht.

Wie gut ist die Bevölkerung mit qualifizierten Strafverteidigern versorgt?
Es trifft natürlich zu, dass im Strafrecht wie auch in anderen Rechtsgebieten mehr Kollegen tätig sind als zu den Zeiten meines Berufsanfangs: Heute sind es drei Mal so viele. Aber ich glaube schon, dass es noch genug zu tun gibt, weil sich ja auch das Strafrecht sehr ausgeweitet hat. Heute wird jeder kleinste Verstoß gegen eine umweltrechtliche Norm mit einer Strafandrohung versehen. Früher hätte man das Problem verwaltungsrechtlich geordnet. Von Anwaltschwemme würde ich nie reden. Ich finde es ganz schlimm, dass eine unserer Standesorganisationen, der Deutsche Anwaltverein, es zur Zeit tut.

Stimmt das Film-Klischee vom überforderten Pflichtverteidiger?
Das trifft partiell zu, aber es hat immer Kollegen gegeben, die ihr Geld damit verdienen, dass sie Kassiber aus dem Knast herausschmuggeln und sich im Übrigen mit Pflichtverteidigungen über Wasser halten. Aber generell: Jeder Kollege, der jung anfängt, beginnt auch mit Pflichtverteidigungen. Das ist absolut nichts Anstößiges, wenn man sie gut macht, kommt man auch an gute Anschlussmandate.

Werden Pflichtverteidiger an die Hand genommen, ähnlich wie bei den „Selbsthilfegruppen“ der Schöffen?
Nicht dass ich wüsste. Es hat früher Listen gegeben – ich weiß nicht, ob das heute noch so gemacht wird –, in die man sich eintragen konnte, wenn man Mandate übernehmen wollte. Es gibt aber sicherlich Vorlieben oder Bekanntschaften aus der Studienzeit, in denen der eine inzwischen Amtsrichter, der andere Rechtsanwalt geworden ist. Dass man sich seiner erinnert, das ist völlig klar. Hier in Hamburg haben wir den anwaltlichen Notdienst, der stark von jungen Kollegen bedient wird – rund um die Uhr. Dadurch ist es vielen Anwälten möglich, sozusagen hautnah und in flagranti an neue Mandate zu kommen. Das wird hier in Hamburg von der Polizei sehr korrekt gehandhabt: Sie weist die Beschuldigten fast immer darauf hin, dass sie die Möglichkeit haben, einen Anwalt zu konsultieren und den anwaltlichen Notdienst anzurufen.

Sind Sie ausschließlich im Strafrecht tätig?
Ja, heutzutage greift das Strafrecht allerdings in viele andere Rechtsgebiete hinein, vor allem ins Gesellschafts-, Steuer- und Umweltrecht. Ein gediegenes Halbwissen in anderen Rechtsgebieten ist die notwendige Begleiterscheinung. Daneben ist auch das Verfassungsrecht ein wichtiges und wiederholtes Betätigungsfeld.

Hätten Sie es sich jemals vorstellen können, Staatsanwalt zu werden?
Nein. Nie. Eher schon Kriminalbeamter.

Wie forensisch ist die Tätigkeit eines Strafverteidigers in den Zeiten des Strafbefehls überhaupt noch?
Ein Strafverteidiger, der nicht forensisch, sondern nur beratend tätig ist, vermag den „worst case“ und dessen Bewältigung selten richtig einschätzen. Ich verkenne allerdings nicht, dass manche Kollegen sich gerne „präventiver“ Beratungstätigkeit rühmen. Wenn Sie nur das tun, dürfte ihre Urteilskraft allerdings schnell Schaden nehmen.

Was verstehen Sie unter „präventiver Beratungstätigkeit“?
Das ist so ein neumodischer Begriff, den ich kürzlich hörte. Gemeint sind Kollegen, die Wert darauf legen, dass sie auf Wirtschaftsstrafrecht spezialisiert sind und das entsprechend auf ihre Visitenkarten drucken lassen. Das soll natürlich bedeuten: Verschone uns bitte mit irgendwelchen schwierigen Mord- und Totschlagsverfahren, denn bei Wirtschaftsstrafverfahren kann man einfach mehr verdienen. Diese Einstellung halte ich für gefährlich. Denn auch als Wirtschaftsstrafverteidiger ist man nur dann gut, wenn man das prozessuale Handwerk aus dem Effeff beherrscht – und das lernt man nur in einer ordentlichen Schwurgerichtsverhandlung.

Im Prozess gegen Alexander Falk gehen Sie öffentlich sehr offensiv mit Befangenheitsanträgen um. Sind die Tage vorbei, in denen das im Ruch der Standeswidrigkeit stand?
Die Strafjustiz ist in manchen Fällen so verrannt und ignorant, dass man ihr nicht immer vornehm begegnen kann. Kollegen, die der Konfrontation ausweichen, haben schon verloren, bevor das Urteil gesprochen ist.

Was war das kniffeligste juristische Problem, mit dem Sie zu tun hatten?
Die zweimalige und erfolgreiche Verfassungsbeschwerde für einen fränkischen Bauern, der seiner Bäuerin mit einem gefrorenen Stück Fleisch aus der Tiefkühltruhe auf den Hinterkopf geschlagen haben soll. Die starrsinnige Verweigerung eines Wiederaufnahmeverfahrens durch die Würzburger Justiz musste als Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot präsentiert werden. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass auch in einem Wiederaufnahmeverfahren das Prinzip der Wahrheitsermittlung gilt. Das ist vorher noch nie so gesagt worden, obwohl es eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist. Bis dahin war die Einstellung der Gerichte in Wiederaufnahmeverfahren, dass es im Zweifel gegen den Verurteilten geht.

Sie standen selbst einmal unter Anklage. Möchten Sie erzählen, worum es dabei ging?
Damals war ich Student. Es ging um den Vorwurf des Widerstands gegen die Staatsgewalt und versuchte Gefangenenbefreiung. Das Verfahren wurde schließlich in der vierten Instanz eingestellt. Der Vorwurf trifft allerdings auch heute noch zu.

Was halten Sie von Selbsterfahrungsexperimenten, bei denen sich Juristen zeitweilig freiwillig ins Gefängnis sperren lassen?
Ich finde das Unsinn.

Ein Juraprofessor aus Berlin behauptet, Strafvollzug gleiche dem Versuch, erwachsene Menschen ins Kindergartenalter zurückzuversetzen. Ihr Kommentar?
Er wird sich etwas dabei gedacht haben.

Sie waren in jungen Jahren Mitglied im „Kommunistischen Bund Westdeutschlands“. Bei vielen – inzwischen – etablierten Politikern hat man den Eindruck, dass die alten Netzwerke aus den Zeiten linksradikaler Kleingruppen immer noch funktionieren. Pflegen Sie noch alte Verbindungen?
Nein. Ich wurde aus dieser Gruppierung ausgeschlossen wegen Rechtsopportunismus und „Versöhnlertum“. Danach bin ich eigene Wege gegangen.

Ulrich Wickert beantwortet auf der letzten Seite unseres Heftes die Frage, von welchem Juristen er sich vor dem Jüngsten Gericht verteidigen lassen würde: Heribert Faßbender, Alfred Biolek oder Gerhard Schröder. Was würden Sie ihm raten?
Gerhard Schröder.

Nachgefragt

Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen Beruf weit ab von einer juristischen Tätigkeit, welcher wäre das?
Pilot.

Was wollten Sie am Start Ihres Berufslebens?
Stets gute Arbeit leisten.

Was ist Ihr Hauptcharakterzug?
Ungeduld.

Welche Eigenschaften schätzen Sie?
Geduld.

Was ist Ihr größter Vorzug?
Einfälle.

Was dulden Sie auf keinen Fall?
Bigotterie.

Was entschuldigen Sie sofort?
Blechschäden.

Gibt es etwas, was Sie unter allen Umständen auf eine Reise mitnehmen würden?
Zahnbürste.

Wo möchten Sie leben – wenn nicht da, wo Sie jetzt schon sind?
New York.

Wo tanken Sie auf?
Beim Lauftraining.

Was möchten Sie in fünf Jahren tun?
Dasselbe wie jetzt.

Haben Sie ein Motto?
Carpe diem.

Interview mit Udo Steffens

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Prof. Dr. Udo Steffens sanierte in Afrika Missionsruinen und steht heute einer gemanagten Business School vor. Im karriereführer spricht er über Karriereplanung, Auslandsaufenthalte und darüber, dass Unternehmertum, Geldorientierung und Entwicklungsarbeit für ihn keine Widersprüche bedeuten. Die Fragen stellte Meike Nachtwey.

Zur Person

Geboren 1950. Ausbildung zum Industriekaufmann bei einer Schiffswerft in Emden (1968-1970). Dann Studium der Wirtschaftswissenschaften, der Wirtschaftspädagogik und der Politikwissenschaften in Dortmund, Münster und Darmstadt mit anschließender Promotion. Studienreferendar und Studienrat in Oldenburg (1981-1989). Außerdem Lehrbeauftragter der Fachhochschule Wilhelmshaven sowie Dozent und Berater der Bankakademie Frankfurt (1985-1989). Auslandstätigkeit in Togo und Kamerun im Rahmen der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit; Neuaufbau und Leitung eines Buchhandels-, Verlags- und Druckereiunternehmens in Togo; Beratungsaufträge für die Evangelische Zentralstelle für Entwicklungshilfe in Kamerun (1989-1992). Eintritt in die Bankakademie als Leiter des Auslandsreferats (1992). Seit November 1996 Vorsitzender des Vorstands der Bankakademie e.V. und Präsident der HfB, die 2007 in die Frankfurt School of Finance & Management übergingen.

Ihr Berufsweg ist sehr geradlinig verlaufen: Von der kaufmännischen Ausbildung über ein Studium hin zum Vorstandsvorsitzenden. Wie gelingt eine solche Karriere?
Ich empfinde meine Karriere nicht als geradlinig oder zielorientiert. Mein Weg war immer von Energie und Dynamik geprägt, aber ich habe meine Karriere nicht geplant. Zu meiner Zeit, in den 1970ern, gab es eine andere Werteorientierung und man suchte nach beruflicher Erfüllung – nicht nach dem, was man heute „Karriere“ nennt.

Was raten Sie Hochschulabsolventen von heute in punkto Karriereplanung?
Grundsätzlich sollte jeder junge Mensch sich fragen: Wer bin ich? Was will ich? Er muss klar seine persönlichen Werte definieren und kennen. Und daraufhin seine Ziele stecken. Den Weg zu seinen Zielen sollte man in Etappen definieren anstatt für das ganze Leben. So kann man immer flexibel reagieren und den Weg immer neu ausrichten. Hochschulabsolventen sollten auf jeden Fall die Chancen, die Europa als Arbeitsraum bietet, nutzen und gestalten, gerade wenn sie in solch einer dynamischen Branche wie Finance arbeiten.

Welche Eigenschaften sollten Hochschulabsolventen heutzutage unbedingt mitbringen, um Karriere zu machen?
Auf jeden Fall eine gute Ausbildung und eine gute „Denkfähigkeit“, denn zurzeit wird durchaus nach „quer denkenden“ Menschen gesucht. Darüber hinaus sollte man sich in Netzwerken betätigt haben, beispielsweise an der Hochschule. Man sollte einschlägige Praktika gemacht haben, inklusive Auslandsaufenthalte. Und natürlich Sprachen können, soziale Kompetenz besitzen etc. – das sind Eigenschaften, die man von einem karriereorientierten Hochschulabsolventen per se erwartet. Und man sollte ein bisschen Ahnung von der Finance-Branche mitbringen. Dazu gehört, dass man weiß, in welchen komplexen Zusammenhängen sich die Branche in Deutschland und Europa zurzeit befindet.

Die Frankfurt School hat ein Auslandssemester in ihre Ausbildungsgänge integriert und Sie waren selbst länger im Ausland – was bringen Auslandsaufenthalte für die Karriere?
Sie erweitern den Horizont. Man lernt für sich, dass man auch in anderen Regionen, Ländern, Kulturen und Sprachfamilien leben und überleben kann und wird sich gleichzeitig seiner eigenen Nationalität bewusst. Nicht zuletzt erkennt man, dass es alles so furchtbar aufregend nicht ist, da man auch dort um sieben Uhr aufstehen und um acht Uhr ins Büro muss. Ein Auslandsaufenthalt ermöglicht einen anderen Blick auf die Welt und die Dinge, den man durch Kurzzeitaufenthalte so nicht erwerben kann. Von daher sind längere Auslandsaufenthalte ein biografisches Element, das sehr prägend ist und auch persönlich eine gewisse Internationalität gibt, die man auch nachher behält. Denn man ist in der Lage, sich in internationalen Communities zurechtzufinden. Das ist wichtig, wenn man Karriere machen will.

Was raten Sie Studenten, was sie bereits während des Studiums im Hinblick auf ihren Berufseinstieg beherzigen sollten?
Sie sollten sich mit den verschiedenen Kulturen verschiedener Branchen auseinandersetzen. Dazu sollten sie systematisch versuchen, Kontakt zu zwei oder drei Branchen aufzubauen, zum Beispiel zur Finance, Auto- und Beratungsindustrie. Um eine Idee zu bekommen von den unterschiedlichen Branchen-Kulturen und um herauszufinden, welche dieser Kulturen am besten zur eigenen Persönlichkeit passt und wo man sich am wohlsten fühlt. Wenn man keine dunkelblauen Anzüge mag, fühlt man sich einer Bank wahrscheinlich nicht sehr wohl, aber das ist dort die Kultur. Grundsätzlich muss man zwar Zugeständnisse an das Business machen, aber wenn es geht, so wenige wie möglich.

Wie war es, in einer Branche zu arbeiten, in der es vorrangig um Geld und dessen Vermehrung geht, und gleichzeitig in der Entwicklungszusammenarbeit tätig zu sein?
Unternehmertum, Geldorientierung und Entwicklung sind keine Widersprüche, sondern im Gegenteil. Die Entwicklungszusammenarbeit hat deshalb nur mäßige Ergebnisse, weil sie sich größtenteils an „Gutmenschen“ orientiert und nicht den ökonomischen Gesetzen Tribut zollt. Meiner Meinung nach muss sich Entwicklungszusammenarbeit deutlich kapitalistischer orientieren, als sie es in den letzten Jahren getan hat. Ich habe auch in der Entwicklungshilfe in Togo als Sanierer gearbeitet und „Missionsruinen“ saniert. Das war eine harte unternehmerische Tätigkeit. Meine Arbeit in der Entwicklungszusammenarbeit ist also kein Widerspruch zu dem, was ich heute tue. Auch in der Entwicklungszusammenarbeit geht es im Wesentlichen um Geld. Daher schließt sich der Kreis, dass ich heute einer gemanagten Business School vorstehe, die sich auf Finance fokussiert.

Lehrt die Frankfurt School auch ethischen Umgang mit Geld oder ist sie rein ökonomisch ausgerichtet?
In allen Studiengängen haben wir auch Ethik-Kurse als curriculare Bestandteile. Im Bachelor-Studiengang haben wir den Studiengang „Management, Philosophy and Economics“, in dem wir uns insbesondere den Fragen des Fortgangs der Gesellschaft, vornehmlich unter ökonomischen Gesichtspunkten, widmen.

Wie bekommt man Beruf und Familie unter einen Hut, wenn man einen so arbeitsintensiven Job macht?
Meine Lebensgefährtin und ich haben ein Abkommen: Sie managt die Familie. Das ist die klassische Aufteilung. Aber das ist unser Weg, Familie und Beruf zusammenzubringen. Jeder muss seinen eigenen Weg finden, beruflich und privat glücklich zu werden.

Wie sieht der Arbeitsmarkt für Hochschulabsolventen in Zukunft aus?
Ich bin in der finanzorientierten Bildungs- und Beratungsbranche – das ist einer der dynamischsten und sich am stärksten verändernden Sektoren in Deutschland. Hier bildet sich bereits im Moment ein Markt heraus. Bildungs- und Wissensmanagement bietet eine sehr gute Perspektive, gerade auch für Hochschulabsolventen.

Zum Unternehmen

Hervorgegangen aus Bankakademie und HfB bietet die Frankfurt School of Finance & Management umfassende Bildungs- und Beratungsleistungen zu Finanz- und Managementthemen an. Dazu gehören Weiterbildungs- und Hochschulstudiengänge, offene Seminare und Trainings sowie maßgeschneiderte Bildungs- und Beratungsangebote für Unternehmen. In ihrer Forschung adressieren die Fakultätsmitglieder aktuelle Finanz- und Managementfragestellungen. Darüber hinaus managen Experten der Frankfurt School of Finance & Management Beratungs- und Trainingsprojekte zu Financefragestellungen in Schwellen- und Entwicklungsländern, insbesondere zu Mikrofinanzthemen. Hierzu gehört auch die Beratung des Fondsmanagement des European Fund for Southeast Europe (EFSE). Die Frankfurt School of Finance & Management finanziert sich ausschließlich über Studiengebühren, Beratungshonorare sowie Stiftungsmittel. Informationen im Internet unter www.frankfurt-school.de

Interview mit Erwin Staudt

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Der Wechsel aus der Chefetage von IBM auf den Präsidentenstuhl des VfB Stuttgart war für ihn der Beginn eines neuen Lebens. Eine Fügung des Schicksals. Jetzt führt der Ur-Schwabe den Traditionsklub mit modernen Managementmethoden durch das knallharte Liga-Geschäft. Im Interview mit S-taff sprach der 60-jährige Diplom-Volkswirt über Weitblick, Teamgeist und Leistung. S-taff Ausgabe 1.2008

Zur Person Erwin Staudt

Erwin Staudt, Foto: Staudt

Geboren am 25. Februar 1948 in Leonberg. Studium der Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten Stuttgart und Freiburg. Ab 1973 bei IBM Deutschland, zunächst als Vertriebsleiter, später unter anderem als Vertriebsleiter und Vice President Marketing in der europäischen Zentrale der IBM in Paris.

Von 1998 bis 2003 Vorsitzender der Geschäftsführung der IBM Deutschland GmbH. Seit Juni 2003 erster hauptamtlicher Präsident des VfB Stuttgart. Privat: verheiratet, drei Kinder.

Schon als Bub waren Sie glühender Fan des VfB Stuttgart. Heute sind Sie dessen erster hauptamtlicher Präsident. Ist damit ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen?
So kann man das nicht sagen. Geträumt habe ich davon als Kind wohl nicht. Aber außer beim VfB hätte ich keine derartige Aufgabe angenommen.

Also eine Herzensangelegenheit?
So ist es.

Sie waren in der Jugend selbst Linksaußen des TSV Eltingen. Wollten Sie nicht auch Fußball-Profi werden?
Ich habe in den Jugendmannschaften bei TSV gespielt, aber als es dann ernst wurde für die erste Mannschaft, wollte mich keiner. Ich hatte dazu leider nicht genug Talent.

Dafür haben Sie Ihr Talent dann an anderen Stellen eingebracht: Bei IBM haben Sie in führenden Positionen gearbeitet. Jetzt führen Sie mit dem VfB einen traditionsreichen Fußballclub. Wo sehen Sie Gemeinsamkeiten, wo Unterschiede?
Die Gemeinsamkeit ist die, dass es überall um Umsatz, Wachstum, Innovationen geht, vor allem aber um das Miteinander von Menschen. Der große Unterschied ist die Öffentlichkeit, die beim Fußball sehr groß ist, und dass nach jedem Spiel abgerechnet wird. Das erzeugt einen ganz spezifischen Druck. Es ist beim Fußball charakteristisch, dass man so gut wie jeden Tag auf den Sportseiten Stoff liefern muss. Und das ist in der Wirtschaft nicht so stark ausgeprägt. Im Fußball ist das sehr direkt. Da ist man praktisch präsent im Tagesgeschäft der Sportjournalisten.

Was hat Sie 2003 bewogen, aus der Wirtschaft „auszusteigen“, um hauptamtlich einem Fußballclub vorzustehen?
Das war mehr oder weniger Zufall. Bei mir hat sich eine berufliche Weichenstellung angekündigt. Und just in diesem Moment kam der Anruf des VfB-Aufsichtsratsvorsitzenden. Das war für mich der Start in ein neues berufliches Leben.

Ein glücklicher Zufall?
Auf jeden Fall. Wenn der Anruf zwei Jahre früher oder später gekommen wäre, hätte ich Nein gesagt. In der Tat eine Fügung des Schicksals.

„Deutschland muss IT-Weltmacht werden – und das pronto!“, haben Sie 2002 anlässlich einer Buchvorstellung gefordert. Wie gut ist das Bundesland Baden-Württemberg im IT-Bereich und in der IT-Branche aufgestellt?
Das Land hat sich schon in die Richtung entwickelt, wie wir das 2002 prognostiziert haben. Lothar Späth und ich haben damals gefordert, dass zunächst einmal die Bildung herangeführt werden muss an das IT-Zeitalter und dass die Menschen insgesamt eine Revolution wie zum Beispiel das Internet in das alltägliche Leben aufnehmen müssen. All das ist passiert. Deshalb bin ich sehr glücklich mit der Entwicklung in Baden-Württemberg.

Unsere jungen Leserinnen und Leser stehen am Beginn ihrer Karriere. Geben Sie ihnen bitte drei Tipps für den beruflichen Aufstieg.
Also, gehen wir mal davon aus, dass jeder das Maximale an Ausbildung mitbringt. Dann kommt es darauf an, das Wissen mit einer ausgewogenen Persönlichkeit zu verbinden. Und um letztlich erfolgreich zu sein – davon bin ich überzeugt –, sind drei wesentliche Dinge absolutes Muss: Fleiß, Begeisterungs- und Kommunikationsfähigkeit.

Sehen Sie Parallelen zwischen Fußball und dem Berufsalltag im Wirtschaftsleben?
Natürlich. Was im Fußball ebenso wichtig ist wie im Berufsleben: Man muss viele Menschen zu einem Team zusammenbringen. Jeder muss bereit sein, sich einer gemeinsamen Zielsetzung unterzuordnen, seinen Beitrag zu leisten, ohne Eifersüchteleien oder Wichtigtuereien. Das sind sowohl im Fußball als auch in der Wirtschaft die elementaren Voraussetzungen.

Was zählt mehr: Teamgeist oder individuelle Fähigkeiten?
Beides ist wichtig. Man muss verstehen, seine individuellen Fähigkeiten in ein Team einzubringen. Darauf kommt es an.

Wie erklären Sie sich bei Fußballern die so unterschiedlichen Leistungen in den verschiedenen Spielen? Wie kann man – auch in anderen Berufen – auf ein konstantes Leistungsniveau hinarbeiten?
Wichtig ist vor allem, dass man sich über die gemeinsamen Ziele im Klaren ist. Jeder muss bereit sein, alles zu geben, um diese Ziele zu erreichen. Wichtig ist auch, dass man mit Herz bei der Sache ist. Dann entsteht das an Leidenschaftlichkeit, was das Publikum letztlich hinter eine Mannschaft bringt. Das gilt für den Sport und das Wirtschaftsleben gleichermaßen: begeistert sein, sich zerreißen für die Zielerreichung seiner Mannschaft oder seines Unternehmens. Das Wir-Gefühl ist ebenso wichtig.

Bundesländer und Regionen stehen in einem wirtschaftlichen Wettbewerb, zum Beispiel wenn es um hoch qualifizierte Arbeitsplätze geht. Nennen Sie uns drei Vorzüge, in Baden-Württemberg zu leben und zu arbeiten.
Wir haben das Glück, mit Baden-Württemberg über eine der stärksten Wirtschaftsregionen der Welt zu verfügen. Das garantiert Spitzenjobs bei Spitzenunternehmen. Viele von denen sind Weltmarktführer. Das garantiert ebenso hohe Einkommen und niedrige Arbeitslosenzahlen. Das ist die ökonomische Seite. Für Baden-Württemberg sprechen natürlich auch vorzügliche Freizeitmöglichkeiten, zum Beispiel der Schwarzwald, der Bodensee oder die Nähe zum Elsass. Hier gibt es aber auch eine hervorragende kulturelle Infrastruktur mit einer Spitzenoper und einem tollen Schauspiel, einem Weltklasse-Ballett und den besten Museen, die man sich vorstellen kann, und nicht zuletzt den VfB als wichtigen Kulturfaktor.

Sie sind in Leonberg geboren und leben auch heute noch dort. Was bedeutet das „Ländle“ für Sie?
Das ist meine Heimat, zu der ich mich immer bekannt habe und bekenne, wo immer ich war oder bin: egal ob in Paris, New York oder Berlin. Hier in Baden-Württemberg habe ich meine Erdung. Ich bin sehr stolz darauf, mit den Menschen dieser Region und in diesem Bundesland leben zu dürfen.

Weitblick braucht also einen festen Standpunkt?
Genau. Wer in der Zukunft erfolgreich sein will, braucht festen Boden unter den Füßen.

Wagen Sie einen Ausblick für die Fußball-Fans unter unseren Lesern: Wo steht der VfB Stuttgart in fünf Jahren?
Ich hoffe, dass es uns gelingt, nachhaltig Erfolg zu haben und uns unter den Top 5 in Deutschland zu etablieren. Das würde bedeuten, dass wir immer auch einen Blick auf das internationale Geschäft hätten. Das wäre schon wichtig für den VfB, für unser Selbstverständnis.

Und das Bundesland Baden- Württemberg?
Absolut da, wo es heute schon steht und auch in den nächsten Jahren bleiben wird: an der Spitze.

VfB Stuttgart

Der VfB Stuttgart hat seine Wurzeln in Bad Cannstatt. Im April 1912 schlossen sich die beiden Clubs Vereinigung FV Stuttgart 1893 und der Kronenclub Cannstatt zum VfB Stuttgart 1893 zusammen. Es folgt eine wechselvolle, von vielen Erfolgen geprägte Geschichte: 1926 erstmals württembergisch-badischer Meister, fünfmal Deutscher Meister, dreimal Deutscher Pokalsieger, einmal Deutscher Superpokalsieger.

Zweimal stand der Club im Endspiel eines europäischen Wettbewerbs. Mit einem Umsatz von knapp 78 Millionen Euro im Jahre 2006 ist der VfB Stuttgart ein wichtiger Wirtschaftspartner der Region und wird im Jahr 2007 erstmals die 100-Millionen- Euro-Umsatzmarke überschreiten.

Dr. Reinhard K. Sprenger

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Reinhard K. Sprenger has written extensively on the topic of management, including the themes of motivation, trust and personal responsibility. His latest book, “Gut Aufgestellt” (“Well Positioned”), is a comparison between football and management. In karriereführer, he discusses international teams, the European Football Championship and what managers can learn from football. Sabine Olschner posed the questions. From karriereführer europa 2008.2009

About Dr. Reinhard K. Sprenger

Dr. Reinhard K. Sprenger, Foto: Sprenger

Dr. Reinhard K. Sprenger, born in 1953, lives in Zurich, Switzerland, and Santa Fe, New Mexico. He is one of Germany’s best-known management consultants. He has published numerous books about management. Sprenger studied philosophy, psychology, economics, history and sports at the Ruhr University Bochum, receiving his PhD in 1985 from the Free University Berlin. The management author was a scientific advisor for the Ministry of Culture in the state of North Rhine-Westphalia and director of “personnel development and training” at 3M in Germany before becoming a freelance lecturer, trainer and advisor for personnel development. His clients include nearly all major DAX firms. Reinhard K. Sprenger is married and the father of three children. He has been a fan of the football club Red-White Essen since his youth.

Europe is moving closer and closer together. Does this increasing internationalisation make work more difficult for management?
Much of what we understand about globalisation is challenging. One could also say that it’s overwhelming us. In any case, we aren’t anthropologically well prepared to work with people who are and remain culturally foreign. In addition to differences in gender, age and education, there are also differences in nationality and race.

What are the implications for managing international teams?
For management, it means that you can no longer consider yourself the benchmark. We tend to manage others the way we ourselves would like to be managed. That approach was always ignorant, but it is now encountering greater resistance. We therefore have to pay diversity more respect. “One size fits all” is not appropriate for the complexity of international teams.

What should managers of EU-wide teams be aware of?
First of all, they should arrange for frequent get-togethers. Virtual relationships don’t work and don’t allow trust to develop. In other words, there is no way around intense amounts of travelling. Secondly, you have to actively ask participants who are English native speakers to calibrate their language to the comprehension and communication levels of non-native English speakers. Otherwise, they quickly wind up with a silent majority.

Do international teams perform better?
It depends on what the team is expected to deliver. If it’s really about planning for an international audience, then this complexity should also be reflected in the team. For all things relevant to national markets, that are on a deeper level or require serious thought, one’s own mother tongue is the only proven means of communication. Otherwise, the subtleties are lost.

Are there national differences within the EU that managers should be aware of when managing their employees?
Managers have to free themselves from the plague of political correctness. In other words, they have to recognise that national animosities have always existed and always will, and one is well advised to be aware of them. For example, it’s not prudent to have Belgians and Dutch work too closely together. And the French are one thing above all: different.

2008 is also the year of the European Football Championship. What can managers learn from football strategists like Klinsmann, Hitzfeld et al.?
The role of managers in the modern organisation has come closer to that of football trainers: they are coordinators that steer the talents and energies of a non-uniformly paid and varyingly talented multicultural workforce. That’s why the best football is no longer being played in the national teams, but rather when two top European teams with players from five continents take to the field. In football, as in a company, the trick is to bring out the unique qualities of the individual, but so that they serve the whole. Football is a wonderful example of why either-or is too simplistic. The sport shows us that simultaneously “creating unity” and “accepting diversity” is not a contradiction. We need both. Football also shows us that forcing players to conform impedes successful cooperation. If freedom is too restricted, then desire – and later ability – slowly dies.

How can managers as well as football trainers motivate their team to continuously perform at their peak?
The old saying “Effort equals success, poor effort equals failure” no longer holds true today. In football, as in the economy, creativity and smart teamwork count, not blood, sweat and tears. That’s not to say that motivation should be neglected. But it’s just one condition for success – and by no means the most important. “Working hard” is not as effective as “working smart”. In modern football, motivation is therefore of course required and demanded from the player. Motivation is an individual thing; you have it or you don’t. Anyone who has to motivate his players has the wrong players.

Team performance or individual performance – which is more important for success in football and the economy?
Business – it’s like team sports, it’s like football. It’s the experience of relying on others, being able to solve problems only jointly, weathering good times and bad times together. It will always remain a mystery as to how exactly team performance feeds off individual effort. However, it’s equally clear that in the long run, with the exception of some extraordinary games, the team effort determines victory and loss. The individual might determine the outcome of a tackle, the goalkeeper might even decide the outcome of a game, but the team wins the championship.

How do you account for the fact that footballers give such varying performances in different games? How can one strive for a consistent performance level?
The French philosopher Jean-Paul Sartre already came to the profound realisation that “in football, everything is complicated by the presence of the other team”. The same goes for the economy: everything is complicated by the presence of the competition. Success can’t always be achieved in the same way. Instead, one has to occasionally recognise the ebb and flow of performance. You shouldn’t merely criticise yourself for not having been well prepared and for not having tried everything. You serve yourself best when you always give your best.

What should managers especially look out for with respect to the coming European Football Championship?
How quickly the ball is passed back and forth and how quickly the team can switch from defence to offence – that will decide the European Championship. And that’s impossible without trust. If the individual player has enough selfconfidence not to have to hang on to the ball for a long time in order to move it along with precision. And if the teammate starts for the clear before the pass. In other words, trust makes the ball fast. That’s why trust is ultimately going to determine the competition.

Your personal guess: who’s going to win this year’s European Football Championship?
Italy has the most globalised league and the quality of open leagues is higher. That’s why Italy is my favourite. But football repeatedly shows us: even the strongest team can be beaten at a given moment. How? Don’t overestimate the opponent and put your heart into it. With this approach, one can win more than just a few games.

Interview mit Dr. Bernd Sprenger

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Je weiter man nach oben kommt, umso höher ist das Risiko, in einen Höhenrausch zu geraten. Sabine Olschner sprach mit Burn-out-Experte Dr. Bernd Sprenger.

Wie viele Manager befinden sich Ihrer Meinung nach in einem „Höhenrausch“?
Es wäre unseriös, hier eine Zahl zu nennen. Ich glaube jedoch, dass man in einer bestimmten Karriereentwicklungsphase anfällig ist für solch einen „Höhenrausch“. Für junge Menschen, die energiegeladen, begabt und tatkräftig sind, sind die Aufgaben, die ihnen angeboten werden, oft eine große Versuchung. Dabei kann es immer wieder zu solchen rauschhaften Episoden kommen. Wenn sie auf Dauer dem Rausch verfallen, ist es wie bei jedem anderen Rausch auch: Die Nachteile werden immer größer.

Wie viel können oder sollten sich Manager denn zumuten?
Ein guter Manager weiß, was er gut kann und was er nicht gut kann. Wenn er jedoch zu viele Dinge machen muss, die er von seiner Person und seinen Vorlieben her nicht wirklich gut machen kann, die ihm schwerfallen, dann wird es schwierig. Das bedeutet: Manager sollten ihre Stärken und Schwächen gut kennen und sich dann möglichst einen Weg suchen, auf dem sie ihre Stärken ausspielen können. Genau das vergessen jedoch viele junge Leute, wenn sie ihre Karriere planen. Sie haben keine Vorstellungen davon, wie es dort oben aussieht, und wundern sich dann über die Realität und wie schwierig es ist, seine Rolle als Top-Manager auszufüllen. Wenn Manager es also nicht schaffen, einen Karriereweg passend zu ihrer Person zu wählen und damit die Spannung, die dabei entsteht, zu groß wird, können sie krank werden.

Woran merkt man, dass man seine persönliche Grenze erreicht hat?
An ganz simplen Dingen: Hunger, Durst, Müdigkeit, ein fehlendes Gefühl von Befriedigung. Es gibt viele Menschen, die diese einfachen Körpersignale permanent ignorieren. Wenn solche Körpersignale auftauchen, sollte man unbedingt auf sie hören. Wer sie immer wieder übergeht oder – noch schlimmer – mit Drogen oder Medikamenten „zupflastert“, für den wird es gefährlich. Nicht ohne Grund liegen Burn-out und Suchtentwicklung oft nah beieinander.

Warum sind einige Menschen stressresistenter als andere?
Das liegt daran, dass jeder Organismus etwas anderes als Stress empfindet. Manche finden zum Beispiel die Vorstellung, einen Vortrag halten zu müssen, ganz schrecklich, andere blühen dabei erst richtig auf. Wer zu häufig Tätigkeiten verrichtet, die bei ihm persönlich Stress verursachen, wird anfälliger für Krankheiten.

Ist diese Reaktion auf bestimmte Dinge naturgegeben, oder kann man Stressresistenz trainieren?
Naturgegeben ist die physiologische Antwort des Organismus auf Stressoren. So friert zum Beispiel der eine schneller als der andere. Doch wie man mit der Reaktion umgeht, kann man trainieren – und zwar auch seelisch. Man kann lernen, Stressoren zu erkennen und so mit ihnen umzugehen, dass sie unschädlich werden. Auch physisch braucht man für die Hochspannungsjobs eine vernünftige Konstitution. Wer sehr anfällig für Krankheiten ist, wird sich in einem anspruchsvollen Job schwerer tun als ein physisch und psychisch robuster Mensch.

Was ist Ihr Rat an künftige Top-Manager?
Neben der Befriedigung der oben beschriebenen Grundbedürfnisse sollten sie schauen, ob sie die richtige Person für den Job sind. Manche haben mit viel Energie eine bestimmte Aufgabe angestrebt, obwohl sie gar nicht auf diese Position passen – oder die Position nicht zu ihnen passt. Das merkt man leider oft erst, wenn man schon mittendrin steckt.

Interview mit Dr. Burkhard Schwenker

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Unternehmenslenker haben Weitblick – und das nicht nur symbolisch. Die Büros der Chefs liegen meist in den oberen Etagen von hohen Häusern. Auch das von Dr. Burkhard Schwenker. Der Sprecher der Geschäftsführung von Roland Berger Strategy Consultants residiert im 14. Stock des Columbus Hauses in der aufstrebenden Hamburger Hafencity. Von hier aus reicht sein Blick bis zum Horizont, hinter dem es bekanntlich immer weitergeht. Michael Kalthoff-Mahnke sprach mit dem CEO über Verantwortung, Führung und Trojanische Pferde.

Zur Person

Dr. Burkhard Schwenker, Jahrgang 1958, ist seit 2003 Vorsitzender der weltweiten Geschäftsführung von Roland Berger Strategy Consultants. Nach BWL- und Mathematik-Studium, einer ersten beruflichen Station bei den PWA Papierwerken Waldhof-Aschaffenburg und Promotion kam er 1989 zu Roland Berger Strategy Consultants. Hier leitete er Projekte für internationale Energie- und Dienstleistungsunternehmen sowie große öffentliche Institutionen. 1992 wurde Schwenker zum Partner ernannt, 1994 übernahm er die Leitung des Kompetenzzentrums Corporate Development. Der CEO hält regelmäßig Vorlesungen und arbeitet in den Gremien mehrerer Business Schools und Universitäten mit.

Gesellschaftspolitisch engagiert sich Burkhard Schwenker in den Kuratorien des WWF World Wide Fund For Nature, der Stiftung Deutsche Sporthilfe, des Deutschen Leichtathletik-Verbands für die Weltmeisterschaft 2009, der Stiftung zur Förderung der Semperoper Dresden, der Stiftung „Lebendige Stadt“ (Hamburg), des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft, der Wertekommission – Initiative Werte Bewusste Führung e.V. und der Beruf & Familie gGmbH, einer Initiative der gemeinnützigen Hertie Stiftung; er ist außerdem Mitglied der „Atlantik Brücke e.V.“. Burkhard Schwenker ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in Hamburg.

Herr Dr. Schwenker, waren Sie während Ihrer Schulzeit Klassensprecher?
Nein.

Oder Mannschaftskapitän?
Auch das nicht. Warum fragen Sie?

Nun, vielleicht wäre das ein Hinweis darauf, dass Ihnen Verantwortlichkeit und Führen im Blut liegen.
(lacht) Da sind Sie bei mir leider auf dem Holzweg. Tatsächlich habe ich mir damals weder gewünscht noch vorstellen können, Karriere zu machen.

Dafür sind Sie aber auf der Karriereleiter ganz schön hockgekraxelt.
Stimmt. Ich habe Betriebswirtschaftslehre und Mathematik studiert und danach bei den Papierwerken Waldhof-Aschaffenburg gearbeitet. Nach der Promotion kam ich 1989 zu Roland Berger.

War der Aufstieg bis an die Spitze des Unternehmens beschwerlich?
Die Aufgaben waren sicher nicht einfach, manchmal war es aufreibend. Aber beschwerlich? Nein. Ich bin fest davon überzeugt, dass man mit den Aufgaben, die man übernimmt und möglichst gut erfüllt, ganz von selbst wächst und aufsteigt. Und wenn diese Aufgaben auch noch Spaß machen, eine ständige Herausforderung sind, dann kommt einem der Weg auch nicht besonders mühselig vor.

In 15 Jahren vom Einstieg bei Roland Berger bis zum obersten Chef – eine Bilderbuchkarriere, die dennoch in der Beraterbranche, in der der Aufstieg häufig erst über Unternehmenswechsel möglich wird, eher ungewöhnlich ist.
Nun, Ausnahmen bestätigen eben die Regel.

Ist bleiben besser als gehen?
Das kann man so pauschal nicht sagen. Bei Roland Berger stehen Leistungsorientierung und Teamfähigkeit im Mittelpunkt. Und offensichtlich habe ich meine Sache gut gemacht. Aber ich hatte auch das Glück, von Beginn meines Berufslebens an den richtigen Personen zu begegnen. In meinem Fall zwei Managern, die mich gefördert und gefordert haben. Sie hatten den Mut, mir jungem Menschen verantwortungsvolle Aufgaben zu übertragen, an denen ich mich beweisen konnte. Solche Förderung ist ein entscheidender Vorteil.

Geben Sie unseren Lesern Tipps für eine erfolgreiche Karriereplanung.
Das Wichtigste zuerst: Eine Karriere kann man nicht planen. Karrieren werden befördert, weil jemand gut ist in seinem Job und mit Freude und Engagement seine Arbeit erledigt. Natürlich muss man die Chance haben, die richtigen Aufgaben zu bekommen. Und schließlich ist auch etwas Glück dabei, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und die bestmöglichen Mentoren an seiner Seite zu haben. Und: In den ersten Berufsjahren möglichst viel Praxis kennenlernen, unterschiedliche Erfahrungen sammeln, sich Möglichkeiten und Situationen schaffen, die Einblicke in verschiedene Berufs- und Lebensbereiche ermöglichen. Deshalb, so viel Marketing sei hier erlaubt, ist Strategieberatung eine hervorragende Möglichkeit, sich zu orientieren. Es gibt wenig andere Professionen, in denen man in so kurzer Zeit so viele unterschiedliche Menschen und Unternehmen kennenlernt und vielfältige Probleme löst. Das schafft ein hervorragendes Fundament für den Aufstieg.

Was schadet der Karriere?
Wer unbedingt Karriere machen will, konzentriert sich meist viel zu sehr auf den nächsten Karriereschritt. So engt man sich ein und blendet mitunter die Fülle von Alternativen aus, die sich noch bietet. Wer schon vor dem Abitur weiß, dass er einmal Vorstandsvorsitzender werden will, macht nur selten Karriere.

Welche Rolle spielen soziale Kompetenzen?
Eine ganz große. Vor allem, wenn wir Karriere als Führungsaufgabe verstehen. Wer Menschen führen, mit ihnen zusammen Probleme lösen will, muss eine Grundeigenschaft mitbringen: Er muss Menschen mögen. Diese grundlegende Sympathie begünstigt die sozialen Kompetenzen, die für den Aufstieg nötig sind. Eine in meinen Augen zwingende Voraussetzung: Jeder, der versucht, Menschen zu führen, muss ein positives Verhältnis zu ihnen haben. Nur so geht es.

In ihrem Buch „Aufstieg für alle“ plädiert Gertrud Höhler dafür, dass Schluss sein müsse, wirtschaftliche Aufsteiger als negative Helden zu diskreditieren. Ist „Karrieremachen“ in unserer Gesellschaft nicht gut gelitten?
Erfolg produziert Neid. Aber im Neid schwingt immer auch Bewunderung mit. Genie ist zu 80 Prozent Transpiration und zu 20 Prozent Inspiration, wie es so schön heißt. Das müssen wir deutlicher hervorheben: Wer aufgestiegen ist und Erfolg hat, sollte vielmehr ein „positiver Held“ sein.

In den Medien liest man dagegen zurzeit immer wieder von Managern, die sich auf Kosten anderer gern selbst großzügig bedienen.
Das sind wenige „ethische Ausreißer“. Und die beeinflussen leider die Mehrheitsmeinung, denn der Ausreißer liefert nun mal die saftigere Nachricht. Warum aber verschweigen, dass 98 Prozent der Unternehmer und Manager sich ethisch sauber und angemessen verhalten, glaubwürdig sind und eine hohe Akzeptanz bei ihren Mitarbeitern besitzen?

Welche Werte sind für ein Unternehmen wichtig?
Unternehmenswerte wirken auf den ersten Blick wenig sexy und etwas abstrakt. Im Alltag allerdings sind sie der Kitt der Unternehmen: Bei Roland Berger stellen Entrepreneurship, Partnership und Excellence drei unserer Grundwerte dar. Unternehmertum beinhaltet die Fähigkeit, Ideen und Gelegenheiten zu erkennen, um etwas ganz Neues zu schaffen oder Dinge zu verbessern. Partnerschaft beschreibt das Verhältnis zu unseren Kunden und Lieferanten sowie den Umgang mit den Kollegen. Aber Firmengrundwerte reichen nicht. Es sind vor allem persönliche Werte, die Top-Manager auszeichnen. Dazu gehören in meinen Augen Tüchtigkeit, Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit, Integrität. Das ist der Wertekanon, den ich in dieser sich rasant ändernden Welt für ganz entscheidend halte. Denn: Mitarbeiter brauchen ebenso wie Kunden ein großes Maß an Sicherheit. Und die kann eine Führungskraft nur vermitteln, wenn sie integer und glaubwürdig auftritt.

Ehrlich sei nur der Dumme, hat Ulrich Wickert einmal geschrieben. Sind die Werte, die Sie genannt haben, nicht verstaubt?
Im Gegenteil. Es gab zwar eine Phase, in der diese Werte keine große Rolle gespielt haben. Aber: Sie sind die Grundlagen menschlichen Zusammenlebens. Deswegen freue ich mich über die Wertediskussion, die wir im Moment führen, und ganz besonders darüber, dass mehr und mehr junge Führungskräfte diese Werte wieder ernst nehmen. Die Menschen müssen schließlich ihren Unternehmern und Managern vertrauen. Das Vertrauen in die Wirtschaft und deren Repräsentanten wird maßgeblich darüber entscheiden, wie sich der Standort Deutschland weiterentwickelt. Denn wirtschaftliches Wachstum funktioniert nur mit wachsenden Unternehmen.

Der amerikanische Psychologe Dan Kindlon hat in seinem Bestseller „Alpha Girls“ herausgefunden, dass Mädchen für Führungsaufgaben wesentlich besser gerüstet sind als Männer. Wird die Zukunft in den Chefetagen weiblich?
Keine Frage, Frauen werden die Führungsetagen von morgen bereichern. Mehr als 50 Prozent der Hochschulabgänger sind weiblich – mit einem Riesenpotenzial an Kreativität, Wissen und Ideen, das unsere Gesellschaft nutzen muss. Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für den Standort Deutschland daher wesentlich. Unsere Firma und ich persönlich bringen uns bei diesem Thema sehr ein.

Beschreiben Sie bitte unseren Leserinnen und Lesern Ihren Arbeitsalltag.
(lacht) Besser nicht, wir wollen doch motivieren. Aber im Ernst: Es gibt immer mehr Aufgaben, als man erledigen kann. Deshalb braucht man einen strukturierten Arbeitsplan für den Tag. Für mich heißt das: Sehr früh ins Flugzeug zu Meetings mit unseren Klienten oder in eines unserer 33 Büros weltweit. Zwischendurch E-Mails checken und telefonieren. Termindruck und Anforderungen sind hoch. Vorteil: Sie lernen viele Menschen kennen, viele Kulturen. Das ist bereichernd. Nachteil: Sie kennen zwar viele Flughäfen dieser Welt, dann aber nur noch die entsprechenden Einfallstraßen in die Städte und zwei oder drei Bürogebäude. Deshalb ist es wichtig, gelegentlich einige Stunden dranzuhängen, um zu erfahren: Wie funktioniert diese fremde Stadt wirklich? Wie ticken die Menschen, die hier leben? Man muss ganz bewusst immer mal wieder eine Bresche schlagen, egal wie der Terminkalender drückt, damit einem die Fremdbestimmung nicht über den Kopf wächst.

Top-Manager sehen jederzeit frisch aus, auch wenn sie gerade ein stressiges Meeting hinter sich haben. Wie halten Sie sich fit?
Ich kann ganz gut auf kurzen Fahrten oder Flügen schlafen oder einfach mal abtauchen.

Manager haben oft ein bestimmtes Charisma. Was genau macht dieses „gewisse Etwas“ aus?
Es ist meiner Ansicht nach kaum zu lernen. Es entsteht zum Beispiel durch innere Begeisterung für eine Aufgabe, durch Überzeugung. Das spüren andere Menschen. Das strahlt aus.

Verlieren Führungskräfte ab einem gewissen Level ihre Fähigkeit, Kritik anzunehmen?
Die Gefahr ist groß. Es gilt deshalb, dieses Risiko zu erkennen und einen Weg zu finden, damit umzugehen. Hier kommen die eigenen Werte wieder ins Spiel: Wer glaubwürdig und verlässlich ist, wer Offenheit signalisiert, dem vertraut man auch eher seine Meinung an.

Wie halten Sie Kontakt zur „Basis“?
Ich habe ein „Büro der offenen Tür“, in das jeder eintreten kann. Ich bin für alle Kollegen direkt über E-Mail erreichbar und bemühe mich jedenfalls um eine ordentliche Antwort. Ich nutze jede Gelegenheit, um mit unseren Leuten weltweit vor Ort zu reden. Darüber hinaus gibt es Medien, mit denen die Geschäftsführung die Mannschaft darüber informiert, wo das Unternehmen steht.

Bei so viel Alltag: Was macht Burkhard Schwenker in seiner Freizeit?
Lesen. Ich kann nicht einschlafen, ohne eine halbe oder ganze Stunde zuvor gelesen zu haben. Egal, wann ich ins Bett gehe.

Lektüre zurzeit auf dem Nachttisch?
Unter anderem „Die Torheit der Regierenden“ der amerikanischen Historikerin Barbara Tuchman.

Worum geht’s?
Kurz: Warum wählen Entscheider die falsche Lösung, obwohl ihnen bessere Informationen vorlagen oder hätten vorliegen können? Konkret: Warum haben die Trojaner das Pferd in die Stadt geholt, obwohl sie eigentlich hätten wissen müssen, dass damit etwas nicht stimmte?

Lebenslauf per Homepage

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Mit einer eigenen Homepage können Bewerber ihrem künftigen Chef vorhandene Programmier- und Gestaltungskenntnisse demonstrieren, EDV-Kenntnisse und eine hohe Affinität zum Internet belegen. Für Web-Designer, Online-Redakteure und weitere dem Web nahe stehende Berufe von Programmierer bis IT-Berater ist die Homepage gleichbedeutend mit einer Arbeitsprobe. Bewerber aus anderen Branchen können sich auf diese Weise von ihren Mitbewerbern abgrenzen.

Folgende Regeln sollten beachtet werden:

Die Gestaltung der Homepage:
Die Seiten sollten professionellen Ansprüchen genügen – gut strukturiert, übersichtlich sein, ohne grelle Farben zu verwenden, aber für klare Schrifttypen, große Schriftgröße (mind. 11 P) und einen ausreichenden Kontrast zwischen Vorder- und Hintergrund zu sorgen. Weniger Begabte sollten auf vorgefertigte Vorlagen von Homepageeditoren zurückgreifen. Denn: lieber gut kopiert…

Auf die eigene Homepage hinweisen:
Machen Sie das Unternehmen auf Ihre Homepage aufmerksam. Denn nicht jeder Personalverantwortliche schaut von sich aus auf die Seiten.

Ihre Homepage schützen:
Schützen Sie Ihre Bewerbungshomepage mit einem Passwort. Sie vermeiden so unberechtigte Zugriffe auf Ihre persönlichen Daten. Dieses Passwort erhalten nur die Unternehmen, bei denen Sie sich bewerben.

Homepage auf einzelne Firmen abstimmen
Sie können Ihre Homepage inhaltlich auf die jeweiligen Unternehmen zuschneiden. Sie vergeben bei Ihrer Bewerbung verschiedene Passwörter, so dass sie Ihre Bewerbung gezielt einsetzen können.

Bilder:
Achten Sie auf eine professionelle Bildauswahl. Sie sollten keine privaten Bilder auf Ihrer Seite präsentieren.

Rechtschreibfehler:
Lassen Sie Ihre Bewerbung durch einen Dritten Korrektur lesen. Denn Fehler dürfen in einer Bewerbung nicht vorhanden sein.

 

Lesen Sie weitere Texte im karriereführer-Angebot zum Thema Bewerbung.

Zehn Regeln für die Online-Bewerbung

Es klingt einfach: Anschreiben auf dem PC verfassen, Attachements anfügen, den Button „Send E-Mail“ betätigen und schwupps: Weg ist die virtuelle Bewerbung, die über die persönliche Zukunft entscheiden kann. Doch um den größtmöglichen Effekt zu erzielen, sollten Sie zehn Regeln im Auge behalten.

Wer sich auf postalischem Wege bei einem Unternehmen bewirbt oder einfach nur weitere Informationen erhalten möchte, hält sich an anerkannte Standards, wie ein solcher Brief formuliert sein sollte: Nach festgelegten DIN-Normen beginnt der Brief nach einer korrekten Adressangabe mit Ort und Datum sowie einer Betreff- und/oder Bezugszeile. Der Text eröffnet mit „Sehr geehrte Frau Sowieso“, die direkte Anrede wird groß geschrieben, man hält sich an wohl formulierte Sätze und schließt „mit freundlichen Grüßen“. Der erste Eindruck beim potenziellen Arbeitgeber ist wichtig. Daher geben Sie sich Mühe, dass sich keine Rechtschreibungs- oder Zeichensetzungsfehler in das Geschriebene einschleichen.

Bei E-Mail-Korrespondenz sieht die Welt oft anders aus. Aus Effizienzgründen verzichten E-Mail-Schreiber häufig auf Floskeln, der Unterscheidung zwischen Groß-/Kleinschreibung und Interpunktion. Nicht selten beinhalten die Mails einen eigenen Sprachcode, der in Form von Emoticons wie :-( oder :-) oder kryptischen Abkürzungen („cu“ = see you = bis später) Anwendung findet. Ein kompletter Absender mit (echtem) Namen und Kontaktdaten fehlt häufig ganz.

Doch wie sollten E-Mails formatiert sein, die zur Kontaktaufnahme oder Bewerbung bei Unternehmen dienen? Kann oder sollte man sogar einen bewusst lockeren Ton bei jungen Start-Ups anschlagen? Kann ich beim E-Mail-Kontakt zu einer Unternehmensberatung Höflichkeitsfloskeln weglassen? Muss eine E-Mail an eine etablierte Traditionsbank denselben strengen Formatregeln entsprechen wie ein DIN-Brief?

Die Bewerbungsexperten der Karriere-Community squeaker.net haben bei Personalern in etablierten Unternehmen und jungen Internetunternehmen nachgefragt. Das Ergebnis ist der folgende Leitfaden zur Formulierung von wichtigen E-Mail-Anfragen und -Bewerbungen.

Auch wenn Sie sich noch nicht bewerben möchten: Die Höflichkeit und das Interesse an einem guten ersten Eindruck gebieten, dass Sie sich für jede Form der Kontaktaufnahme (Brief, Telefon, persönliches Gespräch oder E-Mail) Mühe geben. Eine E-Mail muss nicht den strengen DIN-Vorschriften eines Briefes folgen, dennoch sollten Sie auf folgende zehn Punkte unbedingt Rücksicht nehmen:

1. Empfänger
An wen geht der Brief eigentlich? Versuchen Sie, direkt an eine konkrete Perso, statt an eine Sammeladresse oder eine Gruppe von Personen zu schreiben. Reden Sie die Person dann auch direkt mit Namen an. Schicken Sie auf keinen Fall Massenmails ohne persönliche Anpassung an das Unternehmen. Diese werden garantiert nicht bearbeitet.

2. Format
Gewöhnlich können nicht alle Unternehmen formatierte E-Mails verarbeiten (also E-Mails, die von Programmen wie Outlook mit verschiedenen Schriftarten, Bildern, Fett-Schrift etc. versehen sind). Aus Sicherheitsgründen nutzen viele Unternehmen Nurtext-Ansichten statt HTML-Ansichten für ihre Mails. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte E-Mails also im Nurtext-Format, also ohne HTML-Elemente, verschicken.
Auf Schnörkeleien und Hintergrundbilder sollten Sie verzichten, es sei denn Sie würden für eine Briefbewerbung auch pinkfarbenes Briefpapier mit Rosen-Verzierung verwenden.

3. Attachments
Anhänge sollten Sie möglichst vermeiden, es sei denn Sie schicken verlangte Unterlagen wie den Lebenslauf mit. Attachments werden von einigen Firmen aus Sicherheitsgründen überhaupt nicht geöffnet. Daher empfiehlt sich der squeaker.net-OnlineCV, der kein Sicherheitsrisiko darstellt. Man kann ihn durch einen Link in der E-Mail (http://www.squeaker.net/cv/meinname) erwähnen.
Für alle angehängten Dateien gilt:

  • Auf die Dateigröße achten. Über 2 MB strapaziert die Geduld des Empfängers.
  • Vor dem Versenden die Anhänge auf Viren prüfen. In Word-Dokumenten Makros deaktivieren.
  • Gängige Formate verwenden: Microsoft .doc oder .docx ist gut, noch besser ist es, wenn Sie die gesamte Bewerbung mit Deckblatt, Lebenslauf und eingescannten Zeugnissen in einem Adobe PDF-Dokument zusammenfassen. Schicken Sie keine E-Mail mit fünf unsortierten Dokumenten mit nicht-beschreibenden Dokumentenamen.
  • Keine selbstausführenden .exe-Dateien, da diese häufig in den Firmen direkt rausgefiltert werden.

4. Absender-Adresse
Achten Sie darauf, dass Sie eine „angebrachte“ E-Mail-Adresse benutzen und Ihren echten Namen als Absender in Ihrem E-Mail-Client (wie z. B. Outlook, Mozilla Thunderbird etc.) oder bei Ihren Webmail-Einstellungen (wie bei Hotmail, GMX oder web.de) eingestellt haben. Absender wie drunkenbastard@hotmail.com strahlen nicht die notwendige Seriösität aus und können sogar als beleidigend empfunden werden. Nutzen Sie möglichst die Variante Vorname.Nachname@provider.de.

5. Betreffzeile
Anhand der Betreffzeile kann der Empfänger schnell selektieren, welche E-Mails wichtig für ihn sind. Hier gehört also ein kurzes Statement zum Anliegen der E-Mail hin. Außerdem können Sie versuchen, sich durch eine geschickt gewählte Betreffzeile von den anderen E-Mails im Posteingang abzuheben.

6. Anrede
Wenn es irgendwie möglich ist, sollten Sie den Namen der Kontaktperson herausfinden. Häufig können sie den Namen aus der E-Mail-Adresse ablesen (z. B. max.muster@firma.de). Kennen Sie den Namen Ihres Ansprechpartners, sollten Sie ihn auf jeden Fall in der Anrede verwenden („Sehr geehrter Herr Muster“). Konnten Sie keinen Namen herausfinden, empfiehlt sich dennoch eine höfliche Anrede („Sehr geehrte Damen und Herren“).

7. Anliegen
Bringen Sie das Anliegen der E-Mail schnell auf den Punkt. Hier können Sie etwas prägnanter als bei normalen Briefen vorgehen. Zu lange Texte liest man nicht gerne am Bildschirm. Bei zu ausschweifenden Formulierungen laufen Sie Gefahr, dass der Text nur grob überflogen wird. Bringen Sie die Sache auf den Punkt. Aber achten Sie auf jeden Fall auf die richtige Rechtschreibung (am besten nach neuen Rechtschreibregeln), Interpunktion, Groß-/Kleinschreibung und Wortwahl.

8. Verbleib
Beenden Sie die Mail mit einem Verbleib oder Dank wie „Ich werde mir erlauben, diesbezüglich in den nächsten Tagen auf Sie zuzukommen“ oder „In der Hoffnung auf eine gute Zusammenarbeit verbleibe ich mit freundlichen Grüßen“.

9. Kontaktdaten
Auf jeden Fall schließen Sie die Mail mit Ihrem vollen Namen sowie eventuell benötigter Kontaktadresse (wie Ihrer eigenen E-Mail-Adresse, Telefonnummer, ggf. mit Ländervorwahl, Adresse, Homepage).

10. Old Economy vs. New Economy
Natürlich ist der Umgangston in vielen jungen Unternehmen lockerer als in etablierten Konzernen. Eine zu formelle Kontaktaufnahme wirkt hier schnell lächerlich und überzogen. Dennoch sollten Sie daran denken, dass gerade in vielen der größeren Unternehmen der neuen Medien (mit mehr als 50 Mitarbeitern) die Personalverantwortlichen aus etablierten Unternehmen abgeworben wurden. Sie sind gewisse Höflichkeitsformen gewöhnt. Grundsätzlich gilt, dass Sie zunächst einen Tick höflicher sein sollten als Sie ursprünglich annehmen. Je nach Tonalität der Antwort können Sie Ihren Sprachgebrauch leicht anpassen, Sie sollten jedoch nie ins Umgangssprachliche abrutschen und unprofessionell werden. Bei etablierten Unternehmen gilt, dass der Sprachgebrauch in der E-Mail sich eher an Briefstandards richten sollte. Hier wird auf ein seriöses Auftreten, insbesondere vor Kunden, viel Wert gelegt.

Vor dem Abschicken sollten Sie noch einmal kurz über Ihre E-Mail lesen und überprüfen, ob Sie sich an alle Regeln gehalten haben. Das einfache elektronische Verschicken einer Mail verleitet leider immer wieder zur Unachtsamkeit.

Mit freundlicher Unterstützung der Bewerbungs-Experten von squeaker.net, der
Insider-Community für Deine Karriere (www.squeaker.net).

Interview mit Rainer Schulz

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„Rainer Schulz, guten Tag.“ Der Leiter der Bereiche Operations/Technik, Materialwirtschaft und Logistik geht direkt selbst ans Telefon. Professionell und offen beantwortet der Top-Manager von Rehau jede Frage, die Interviewer Peter Neumann ihm stellt. Selbst bei persönlichen Themen bleibt Rainer Schulz keine Antwort schuldig und steht zu dem, was er sagt.

Zur Person

Rainer Schulz ist seit einem guten Jahr Mitglied im Group Executive Board der Rehau Gruppe. Der Ingenieur der Produktionstechnik arbeitet seit Mai 2001 bei dem mittelständischen Unternehmen der Kunststoffindustrie. Das Familienunternehmen hat seinen Sitz im oberfränkischen Rehau. Nach verschiedenen leitenden Funktionen stieg Schulz im Januar 2001 in die Unternehmensspitze auf. Der 42-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Welche Hürden mussten Sie auf Ihrem Weg in die Führungsetage nehmen?
Statt Hürden würde ich es lieber als Herausforderungen bezeichnen. In meiner Karriere musste ich mich in unterschiedlichste Aufgaben einarbeiten. Dabei habe ich gelernt, dass es nicht einfach ist, sich mit Gebieten vertraut zu machen, die man nicht von der Pike auf gelernt hat. Daher ist es generell überaus wichtig, dass man sich als Mitglied des Top-Managements auf seine Mitarbeiter verlassen kann. Für mich bedeutete dies die größte Herausforderung: Personalführung – oder, wie man heute so gern sagt, Leadership-Management – zu lernen. Und mit meinen Mitarbeitern zusammen einen erfolgreichen Weg zu gehen.

Wie erlernt man so etwas?
Neben Rehau hat auch einer meiner früheren Arbeitgeber großen Wert auf dieses Thema gelegt, wir haben dort viele Trainings absolviert. Ich habe mich immer darum bemüht, einen Platz bei diesen Trainings zu bekommen, weil ich spürte, dass ich etwas für meine Entwicklung auf diesem Gebiet tun musste. Hinzu kamen das Training-on-the-Job und der Erfahrungsschatz, den man sich im Laufe der Zeit aufbauen konnte.

Welche wichtige Erfahrung haben Sie dabei gemacht?
Dass jeder Mitarbeiter eine individuelle Führung braucht – es gibt da keine Patentrezepte.

So etwas gehört ja nicht zur klassischen Ausbildung eines Ingenieurs. Wie viel von Ihrer Ausbildung können Sie heute überhaupt noch anwenden?
Das ist eine Frage, die mich sehr berührt. Obwohl ich heute als Chief Operating Officer der höchstgestellte Techniker im Unternehmen bin, muss ich mir eingestehen, dass ich viel weniger als Techniker agiere als direkt nach meinem Studium. Das heißt, man muss Entscheidungen treffen in Dingen, die man nicht so direkt durchblickt wie in seinem eigentlichen Fachgebiet.

Sie mussten sich also zusätzliche Kenntnisse und Fähigkeiten aneignen?
Ja, vor allem betriebswirtschaftliche. Und Kompetenz in strategischen Fragestellungen. Dabei hat mir sehr geholfen, dass ich im Laufe meiner Karriere auch einmal im Einkauf gearbeitet habe. Damals konnte ich an viele Aufgaben einmal aus einer anderen Perspektive als der des Technikers herangehen.

Zu welchem Anteil seiner Tätigkeit ist Rainer Schulz denn nun noch Ingenieur?
Etwa zur Hälfte. Die andere Hälfte bin ich Kaufmann.

Welche Qualifikationen muss man mitbringen, um diesen Spagat zu schaffen und gleichzeitig eine Spitzenposition auszufüllen?
Es ist sicher eine Kombination aus verschiedenen Eigenschaften. Uns Ingenieuren wird ja nachgesagt, dass wir sehr strukturiert denken, Probleme systematisch lösen und dabei detailversessen sind. Wenn man diese Eigenschaften verbindet mit dem Talent eines Generalisten, erfüllt man ideale Voraussetzungen, um auch höhere Karrierestufen zu erreichen.

Das sind Fähigkeiten, die sich erlernen lassen. Was muss man aber „genetisch“ mitbringen, um an die Unternehmensspitze aufzusteigen?
Man muss führen können und wollen. Wem in der Sportmannschaft von seinen Mannschaftskameraden die Kapitänsbinde übertragen wurde, der hat im Zweifel auch Talent für eine Führungsposition im Berufsleben.

Und wie war das bei Ihnen?
Ich habe früher Handball gespielt, war auch Mannschaftsführer. Beim Handball muss man zum einen mannschaftsdienlich spielen, zum anderen kommt es auf die Leistung des Einzelnen an. Beides zu verbinden hat mir auf meinem Berufsweg sehr geholfen.

Wann haben Sie erstmals den Wunsch verspürt, eine Top-Position anzustreben?
Ich habe immer nur die nächste Stufe auf der Karriereleiter im Auge gehabt. Als Sachbearbeiter habe ich mit dem Posten des Gruppenleiters geliebäugelt. Als das geschafft war, strebte ich den Abteilungsleiterposten an. Ein Endziel im Top-Management habe ich nicht im Visier gehabt. Also immer step-by-step.

Sie haben Ihre Karriere also nicht durchgeplant?
Karriereberater werden jetzt sicher aufschreien. Aber meine Überzeugung ist: Man kann eine Karriere nicht planen. Es kommt für den Erfolg vielmehr darauf an, dass man jeweils die richtigen Entscheidungen trifft – also, wie gesagt, step-by-step. Dazu gehört auch der Mut, von einem angestammten Aufgabengebiet in ein komplett neues zu wechseln. In meiner Laufbahn habe ich sehr unterschiedliche Aufgaben wahrgenommen, in der Arbeitsvorbereitung und als Produktionsleiter. Einkauf, Logistik, Forschung und Entwicklung waren weitere Stationen. Dieser breite Hintergrund hat mich immer weiter nach oben gebracht.

Wie dicht ist Ihr Terminkalender?
Er ist immer vier Wochen im Voraus verplant, lässt aber Raum für kurzfristige Themen. Und meine Tür ist immer offen für Anliegen von Mitarbeitern.

Wie sieht Ihr typischer Arbeitstag aus?
An meinem Arbeitsplatz in Deutschland geht es sehr häufig um Entscheidungen über neue technische Entwicklungen und um die Frage, ob wir in diese investieren sollen. Neben den großen Themen stehen aber auch viele kleine alltägliche Dinge an bis hin zu Personalentscheidungen.

Wie treffen Sie Entscheidungen?
Rehau ist ein mittelständisches Unternehmen. Ein prägendes Merkmal für diese Unternehmensform ist, dass wir versuchen, Entscheidungen kollegial und einvernehmlich zu treffen. Ist kein Konsens zu erzielen, muss einer den Ausschlag geben. Diese Verantwortung liegt dann oft bei mir. Der kollegiale Meinungsaustausch erstreckt sich übrigens auch auf die Eigentümerfamilie, die sich sehr für alle Belange des Unternehmens interessiert. Sie diskutiert ausgiebig mit uns – und hört auch zu. Das ist nicht überall üblich.

Wie ist Ihnen zumute, wenn Sie einsame Entscheidungen treffen müssen?
Konsens hat bei uns einen hohen Stellenwert. Einsame Entscheidungen versuchen wir zu vermeiden.

Sind Sie manchmal einsam?
Mit zunehmender Karriere wird man immer einsamer, das ist leider so.

Haben Sie einen „besten Freund“, den Sie Tag und Nacht jederzeit anrufen können, wenn Sie der Schuh drückt?
Einen solchen Freund hatte ich. Aber leider konnte ich die Freundschaft in letzter Zeit wegen meines beschränkten Zeitbudgets nicht mehr so pflegen, wie ich es gern getan hätte. Mein bester Freund ist jetzt meine Frau.

Wagen es Ihre Mitarbeiter, Sie zu kritisieren?
Das ist für mich sehr wichtig. Es gehört zu guter Personalführung, eine kritische Mannschaft aufzubauen. Wer nur Ja-Sager um sich hat, wird keinen Erfolg erzielen. Dennoch: Wahrscheinlich sind Mitarbeiter oft weniger zur Kritik an ihrem Vorgesetzten bereit, als man es selber wahrhaben möchte.

Was glauben Sie, wie Ihre Mitarbeiter Sie sehen?
Sie werden wahrscheinlich sagen: Er ist fair, trifft Entscheidungen, versucht zuzuhören, er fordert aber auch.

Sind Sie damit zufrieden?
Nun, das sind wichtige Eigenschaften. Ich wünschte mir, sie würden auch sagen: Er lebt das vor, was er von uns fordert.

Haben Sie im Unternehmen Freunde?
Freunde nicht. Aber ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Kollegen und ebenso zu den Mitarbeitern. Das ist typisch bei uns, aber nicht unbedingt typisch für deutsche Unternehmen – da habe ich schon andere Dinge erlebt.

Ist eine Karriere mit dem Endziel Top-Management eigentlich erstrebenswert?
Gute Frage. Jeder muss sich fragen, ob er wirklich aus seinem Innersten heraus einen solchen Weg anstrebt. Denn man muss Opfer bringen: Opfer an Freizeit, an Sicherheit, also nicht mehr der Fachmann für viele Themen zu sein. Wer Führungsaufgaben übernimmt, wird abhängig von Entscheidungen, die von seinen Mitarbeitern vorbereitet werden. Er kann immer weniger seine Entscheidungsgrundlagen selbst erarbeiten.

Welche Rolle haben Ihre Familie, Ihre Freunde bei der Karriereplanung gespielt?
Meine Familie hatte schon einen entscheidenden Einfluss. Denn ohne ihren Rückhalt und vor allem den meiner Frau wäre es nicht möglich gewesen, einen solchen Weg zu gehen. Man opfert ja auch sehr viel Freizeit für den Berufserfolg.

Wie viel Zeit verbringen Sie denn on the job?
Zwischen 50 und 60 Wochenstunden.

Und wo?
Vornehmlich in der Schweiz, wobei ich auch regelmäßig in Deutschland bin. Viel Zeit wende ich außerdem für Reisen zu unseren zahlreichen ausländischen Standorten auf.

Bleibt da überhaupt Zeit für die Familie?
Meine Kinder sind acht und zwölf Jahre alt. Und ich habe es fast immer geschafft, das Wochenende für die Familie zu reservieren. Wir wohnen in einem kleinen Dorf in der Schweiz, dort können wir wandern und segeln, im Winter Ski fahren.

Haben Sie auch ein Hobby?
Ja, die Astronomie.

Was geben Ihnen die Sterne für Ihren Beruf?
Sie sind ein schöner Gegensatz zu meiner beruflichen Tätigkeit. Die Beschäftigung mit fernen Galaxien zeigt mir immer wieder, wie winzig doch letztlich unsere alltäglichen Probleme auf der Erde sind.

Interview mit Dr. Andreas Schuessler

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Dr. Andreas Schuessler hatte eine Vision und hat sein Ziel mehr als erreicht: Er wurde zum erfolgreichen Unternehmer. Die Führungsrolle zu übernehmen, war für ihn ein selbstgestalteter Prozess, und er ist mit der Aufgabe gewachsen. Im Interview mit dem karriereführer sprach er über Erfolgsfaktoren, Prioritäten, Alternativen bei der Karriere und ermutigt Absolventen, auch nach vielen Absagen auf Bewerbungen nicht aufzugeben. Die Fragen stellte Meike Nachtwey.

Zur Person

Andreas Schuessler wurde in Burgstädt in der ehemaligen DDR geboren. Nach dem Abitur studierte er an der Bergakademie Freiberg „Entwicklung metallischer Werkstoffe“ und schloss das Studium 1981 als Diplom-Ingenieur ab. Anschließend arbeitete er als Entwicklungsingenieur bei der heutigen Firma Flender in Wittgensdorf, bevor er am 24. April 1984 in die Bundesrepublik übersiedelte.

Hier promovierte er am Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart. Nach Abschluss der Promotion ging er 1987 für ein Jahr an das Massachusetts Institute of Technology in Cambridge und untersuchte dort das Permeationsverhalten von Polyimid für integrierte Schaltkreise. Nach einer dreimonatigen Tätigkeit als Unternehmensberater ging er bis zur Gründung der Admedes Schuessler GmbH als wissenschaftlicher Mitarbeiter in das Kernforschungszentrum Karlsruhe und entwickelte Verfahren zur Laser-Mikrobearbeitung von Nitinol- Werkstoffen. Heute lebt Andreas Schuessler mit seiner Familie in der Nähe von Karlsruhe.

Herr Dr. Schuessler, seit 16 Jahren entwickelt sich Ihr Unternehmen zu einem weltweit führenden Unternehmen in der OEM-Herstellung von Komponenten für Gefäßimplantate – wie gelingt eine solche Erfolgsgeschichte?
Ich hatte eine Vision, ein Ziel, auf das ich hingearbeitet habe. Zudem hat mir die Arbeit Spaß gemacht. Der zentrale Punkt für Erfolg ist jedoch auch, die richtigen Leute zu finden und für diese Vision zu begeistern. Wichtig ist, dass man am gleichen Strang zieht. So entwickelt sich eine Unternehmenskultur, die geprägt ist von hoher Verantwortung und sehr viel Freiheit für die Mitarbeiter, so dass diese im Rahmen ihrer Verantwortung ihre Aufgaben mit hoher Selbstständigkeit wahrnehmen können. Alles zusammen führt zum Erfolg.

Sie selbst waren vorher in der Forschung tätig – was haben Sie dort für Ihre heutige Position gelernt?
Man lernt, wie man entwickelt und forscht sowie wissenschaftliche Literatur und Patente liest. Man lernt auch, sich den Dingen systematisch zu nähern und nicht bloß Bestehendes auszufeilen. Und man lernt, den eigenen Horizont ständig zu erweitern. Ich war während meiner Zeit in der Forschung ein Jahr am MIT (Massachusetts Institute of Technology) in Boston. Die internationale Prägung, die ich dadurch erfahren habe, ist sehr vorteilhaft für unser Geschäft. Über 90 Prozent unserer Kundschaft sind amerikanische Unternehmen. Es ist grundsätzlich gut, wenn man in frühen Jahren Kontakt zu anderen Kulturkreisen hat, so lernt man, sich darin zu bewegen. Und Englischkenntnisse sind heutzutage enorm wichtig. Bei uns müssen alle Englisch können, die im Kundenkontakt stehen: Projektleiter und Ingenieure.

Heute sind Sie erfolgreicher Unternehmer – wie gelang Ihnen die Umstellung auf eine Führungsrolle?
Die Führungsrolle zu übernehmen war ein Prozess, den ich selbst gestaltet habe. Die Umstellung erfolgte sukzessive, ich habe sie nicht als großen Schritt vollzogen. Die Verantwortung, und die Tatsache, dass man sich auch mit rechtlichen Dingen und Zahlen beschäftigen muss, war kein Problem, sondern eher eine Herausforderung, die ich gern angenommen habe. Ich bin mit der Aufgabe gewachsen.

Und bleibt Ihnen noch viel Freizeit in Ihrer jetzigen Position?
Eher nicht. Aber da mir die Arbeit Spaß macht, fällt das nicht ins Gewicht. Man muss eben Prioritäten setzen und sich auf die wichtigen Dinge konzentrieren, und das war bei mir der Aufbau eines Unternehmens.

2007 gehörten Sie zu den Finalisten des von Ernst & Young ausgeschriebenen Wirtschaftspreises „Entrepreneur des Jahres“. Sehen Sie sich als Vorbild für junge Ingenieure und Hochschulabsolventen?
An der Hochschule zu bleiben ist nur spannend, wenn man Professor wird. Alles andere ist in meinen Augen nicht sehr reizvoll, da die Karriere an der Hochschule sehr schnell nach oben hin begrenzt ist. Ich selbst war einige Zeit wissenschaftlicher Mitarbeiter, und als ich mich mit Mitte 30 verändern wollte, schon fast zu alt für die Industrie. Also habe ich bewusst eine Alternative gesucht und die Möglichkeit ergriffen, meine Karriere noch zu gestalten. Gerade für Hochschulabsolventen ist es interessant zu sehen, dass es noch andere Möglichkeiten gibt als eine Karriere an der Hochschule oder in der Industrie. Insofern sehe ich mich als Vorbild, den Absolventen zu zeigen, dass es immer noch mindestens eine Alternative gibt, und die heißt, sich selbstständig zu machen.

Sie sagten zu Beginn, dass Sie eine Vision hatten, als Sie sich selbstständig gemacht haben – ist sie Realität geworden?
Die Realität hat die Vision weit übertroffen. Ich hatte die Vorstellung, die Forschung in der Praxis anzuwenden, eine erfüllte Arbeit zu haben und Geld zu verdienen, aber dass es sich tatsächlich so gut und weit entwickelt, habe ich mir damals nicht vorgestellt.

Sind Visionen wichtig, um Karriere zu machen?
Unbedingt. Man sollte sich nicht nur treiben lassen. Wenn man ausschließlich nimmt, was gerade kommt, wird man nur irgendwo angespült und tut Dinge ohne innere Energie. Eine Vision aber entspringt aus der inneren Energie, etwas erreichen zu wollen. Und diese Energie braucht man auf dem Weg nach oben. Natürlich gibt es auch Tage, an denen man nicht so viel Energie hat, müde ist, gegen viele Probleme angehen muss, aber dann hilft einem die innere Energie weiterzumachen. Menschen, die keine Energie haben, können meiner Meinung nach auch keine Vision haben.

Im Rahmen der Initiative „Mutige Unternehmer braucht das Land“ wurden Ihr Engagement, Ihr unternehmerischer Geist und Ihr Mut gewürdigt – wie viel Mut braucht ein Ingenieur heute im Arbeitsleben, um erfolgreich zu sein?
Ich brauchte nur Mut dazu, die feste Anstellung aufzugeben und als Unternehmer zu arbeiten. Da man als junger Mensch aber immer viele Möglichkeiten und Alternativen hat, Dinge auszuprobieren und gegebenenfalls etwas anderes zu tun, braucht man nicht viel Mut, um Karriere zu machen.

Welche Eigenschaften braucht man dann um erfolgreich zu sein?
Um unternehmerisch erfolgreich zu sein, braucht man in jedem Fall die Bereitschaft, sich auf seine Aufgabe zu fokussieren. Man muss seine Arbeit als ganz zentrale Aufgabe betrachten, die man auch gern erfüllt. Man kann nicht auf mehreren Hochzeiten tanzen und privat noch viele Hobbys haben, das funktioniert nicht. Generell ist es wichtig, seine persönlichen Fähigkeiten und das, was man gern tut, unter einen Hut zu bekommen … das ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Es gibt nur wenige Momente, in denen ich persönlich Erfolg empfinde. Zum Beispiel bei unseren zweimal jährlich stattfindenden Betriebsfeiern, die sehr gut besucht sind. Wenn ich dann die große Mannschaft sehe, und sehe, dass sie sich vergnügt und es allen gut geht, dann bin ich wirklich zufrieden mit dem, was ich erreicht habe.

Mussten Sie auch schon einmal Krisen durchstehen?
Es ist ganz normal, dass es in Unternehmen, die wachsen, Krisen gibt. Nämlich immer dann, wenn es notwendig ist, die Organisationsstruktur aufgrund des Unternehmenswachstums umzustellen. Ein kleines Unternehmen mit 15 Leuten kann nicht strukturell genauso aufgestellt sein wie ein größeres Unternehmen mit 200 oder 300 Angestellten.

Was muss ein Hochschulabsolvent oder junger Ingenieur mitbringen, um von Ihnen eingestellt zu werden?
Er sollte in jedem Fall fachlich gut und begeisterungsfähig sein. Wir fordern ein hohes Maß an Eigenmotivation und bevorzugen Leute, die Interesse an der eigenen Weiterentwicklung haben und diese auch selbst vorantreiben. Außerdem sollte ein Hochschulabsolvent in der Lage sein, eigenständig zu arbeiten und Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. Darüber hinaus sind Teamfähigkeit wichtig und natürlich sehr gute Englischkenntnisse.

Und was tut Admedes, um als attraktiver Arbeitgeber zu gelten?
Als wachsendes Unternehmen bieten wir außergewöhnliche berufliche Perspektiven. Und neben sehr guten Sozialleistungen und Weiterbildungsangeboten haben wir eine gute Unternehmenskultur, das zeigt sich an der niedrigen Fluktuation der Mitarbeiter.

Haben Sie einen Tipp für unsere Leser?
Ich selbst habe nach meinen USA-Aufenthalt viele Bewerbungen geschrieben und zirka 50 Absagen bekommen. Ich habe aber nicht aufgegeben, sondern die Zeit mit anderen Jobs überbrückt, bis ich die Stelle am Forschungszentrum Karlsruhe bekommen habe. Das war zwar auch nicht die Wunschstelle, aber sie war das Sprungbrett für alles Weitere. Wenn ich daran zurückdenke, bin ich im Endeffekt dankbar für die Absagen. So konnte ich auf meine innere Stimme hören und den Weg gehen, den ich wirklich wollte. Meine Empfehlung ist es also, sich nicht von Absagen entmutigen zu lassen. Denn sie eröffnen andere Wege und Möglichkeiten.

Zum Unternehmen

Die Admedes Schuessler GmbH wurde 1996 von Dr. Andreas Schuessler gegründet und ist heute das weltweit führende Unternehmen in der OEM-Herstellung von hochpräzisen Gefäßimplantaten aus der Formgedächtnislegierung Nitinol. Neben Stents und Herzklappenhalterungen produziert das Unternehmen Verschluss- und Filter-Komponenten, orthopädische Implantate und Mikroinstrumentenbauteile aus superelastischen und Formgedächtnis-Legierungen sowie medizinischen Stählen, Co- Cr-Legierungen, Tantal und Titan-Legierungen.

Das Unternehmen produziert ausschließlich am Standort Pforzheim und beschäftigt dort knapp 400 Mitarbeiter, darunter Ingenieure, Techniker und Produktionshelfer. Auf die Mitarbeiter und deren Qualifikation wird besonderer Wert gelegt: So erschafft Admedes in diesem Jahr gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer ein Qualifikations-Zertifikat speziell für ungelernte Produktionshelfer.

Interview mit Matthias Schranner

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Einst verhandelte er als Polizeibeamter mit Drogendealern, Bankräubern und Geiselnehmern. Heute trainiert Matthias Schranner weltweit Führungskräfte namhafter Unternehmen und schreibt Bücher zum Thema Verhandeln. Im karriereführer spricht er über die richtige Vorbereitung von Verhandlungen, die häufigsten Fehler und die Faktoren Druck und Macht. Die Fragen stellte Christoph Berger.

Zur Person Matthias Schranner

Vor seiner heutigen Tätigkeit war Matthias Schranner vor allem in zwielichtigen und kriminellen Milieus unterwegs. Allerdings stand er immer auf der Seite der und des Guten. In den Verhandlungen ging es zum Beispiel um die Befreiung von Geiseln oder um wichtige Informationen aus der Drogenszene – manches Mal sogar um Leben und Tod. Nach seinem Studium zum Verwaltungsjuristen trainierte er Führungskräfte am Fortbildungsinstitut des Innenministeriums für eine erfolgreiche Verhandlungsführung. In einer Spezialeinsatzgruppe war er für die schwierigsten Verhandlungen sowie für die Betreuung von Verbrechensopfern verantwortlich.
Heute trainiert Schranner die Führungskräfte namhafter Unternehmen wie BMW, Nokia, Microsoft, SAP und das Wirtschaftsförderungsinstitut Italien. Er ist Autor der Bücher „Verhandeln im Grenzbereich“ und „Der Verhandlungsführer“ und Verfasser zahlreicher Publikationen.
Matthias Schranner ist Gründer und Inhaber des Schranner Negotiation Institutes in St. Gallen/Schweiz, Referent an der Universität St. Gallen und Beirat am „Center for Strategic Negotiations“ der WHU Vallendar/Koblenz.

Wie müsste ich vorgehen, wenn ich Sie von etwas überzeugen wollte?
Sie haben keine Chance. Wenn ich es nicht möchte, können Sie mir keinen Grund liefern, mich von etwas zu überzeugen.

Ist verhandeln gleichzusetzen mit verkaufen?
Nein, es handelt sich hierbei um zwei unterschiedliche Dinge. Verkaufen hat nur eine Zielrichtung: Es wird etwas entwickelt und positioniert. Dann versucht man, es zu verkaufen. Verhandeln hingegen ist ein Prozess. In dem heißt es, eine Strategie zu entwickeln.

Wie bereiten Sie sich auf Verhandlungen vor?
Ich setze mir ein ganz klares Ziel, auch ein Minimalziel, das ich erreichen möchte. Außerdem sammle ich alle Informationen, die ich nur erhalten kann. Anhand dieser Punkte entwickle ich dann eine Strategie, die ich in der eigentlichen Verhandlung dann niemals verlasse.

Auf was kommt es in erfolgreichen Verhandlungen an?
Es kommt auf die klare Zielsetzung an. Das Motto heißt: Strategie statt Intuition. Außerdem überlege ich mir taktische Schritte innerhalb meiner Strategie. Es geht in Verhandlungen auch darum, immer agieren zu können und nicht reagieren zu müssen. Man darf das Heft niemals aus der Hand legen, sondern muss immer Herr der Lage sein, selbst bestimmen können und sich niemals der Strategie des Gegenübers hingeben.

Was sind Ihrer Erfahrung nach die häufigsten Fehler in Verhandlungs- und Verkaufsgesprächen?
Ein häufiger Fehler ist, dass eine Seite nur reagiert und nicht agiert. Dazu zählt auch, dass sowohl zu starkes Zurückweichen als auch zu starkes Angreifen falsch ist – insofern sie nicht als taktisches Element im Vorfeld der Verhandlung geplant sind. Doch dies ist leider selten der Fall. Weitere Fehler sind, dass der Verkäufer das Thema nur auf eine Nutzenargumentation aufbaut, ohne die Bedürfnisse des Gegenübers im Blick zu haben. Die falsche Aufstellung des Teams, das für die Durchführung der Verhandlung verantwortlich ist, ist ein weiterer Fehler. Das Anbieten eines Kompromisses ist übrigens immer falsch.

Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Bewerbungsgespräch? Wie sollte man reagieren, wenn man in einer Verhandlung unter Druck gerät?
Tun sie nichts dagegen. Sobald sie auf den Druck des Gegenübers reagieren, geraten sie in die schwächere Position, sie reagieren und nehmen die Strategie des Gegenübers an. Fahren sie weiter ihre eigene Strategie.

Sind Sie schon einmal mit negativen Gefühlen aus Verhandlungen gegangen?
Ja.

Woran lag das?
Ich merkte, dass ich mein Ziel nicht erreichen kann, weil mir eine wichtige Information gefehlt hat.

Sie schreiben in einem Artikel über so genannte Win-Win-Situationen und vergleichen dies mit der Situation „Suicide by Cop“. In einem solchen Fall lässt sich ein Bankräuber von der Polizei erschießen, weil er keinen Ausweg mehr sieht. Warum ist es so wichtig, dass beide Seiten von dem Ergebnis etwas haben?
Am Ende einer Verhandlung gibt es immer einen Sieger und einen Verlierer. Eine wirklich ausgeglichene Win-Win- Situation wäre schön, ist aber Sozialromantik. Es gibt aber eine gefühlte Win- Win-Situation, die gilt es zu erreichen.

Sie plädieren dafür, dem Gegenüber viele Alternativen bereitzustellen und sich bei der Wortwahl durch die Verwendung von Konjunktiven nicht genau festzulegen. Ist das der richtige Weg, ans gewünschte Ziel zu kommen?
Alternativen sind sehr wichtig, gerade zu Beginn von Verhandlungen. Konkret dürfen die Dinge erst festgesetzt werden, wenn wirklich alle Informationen auf dem Tisch liegen.

Gibt es in Verhandlungen überhaupt die Möglichkeit, sein Ziel hundertprozentig zu erreichen?
Erreiche ich mein Ziel zu hundert Prozent, dann heißt das, dass ich es zu niedrig angesetzt habe.

Schranner Seminare

Der Lehrgang „Certified Global Negotiator (CGN-HSG)“ wird von der Uni St.Gallen zusammen mit dem Schranner Negotiation Institute durchgeführt.

Verhandeln hat auch immer mit Macht zu tun. Welche Dinge gibt es in diesem Zusammenhang zu beachten?
Man kann erstens seine Macht überschätzen, dann gerät man leicht in die Situation, unvorsichtig zu werden. Außerdem weiß man nicht, welche Informationen der Verhandlungspartner hat. Und im Gegensatz dazu, kann man seine Macht unterschätzen. Dabei bekommt man schnell das Gefühl, nachgeben zu müssen.

Der Vertriebsmitarbeiter steht oft zwischen zwei Stühlen. Zum einen will er zu möglichst guten Konditionen verkaufen, zum anderen muss er womöglich dem Kunden weit entgegenkommen. Wie kann er dieses Dilemma lösen?
Man muss sich von der Vorstellung befreien, dass der Kunde König ist. So kommt man zu nichts. Der Kunde ist Partner, so lautet die Prämisse. Beide Seiten verhandeln auf Augenhöhe und müssen am Ende mit der Übereinkunft und dem Ergebnis zufrieden sein. Außerdem sollte es niemals das Ziel sein, den Kunden um jeden Preis zu halten.

Was raten Sie Absolventen, die sich fit für eine Vertriebsstelle machen wollen?
Ich rate ihnen, so viel wie möglich zu lernen, vor allem von den erfahrenen Mitarbeitern. Sie sollten auf viele Verkaufsverhandlungen mitgehen, Fragen stellen und vor allem beobachten, wie geschicktes Verhandeln genau funktioniert.

Sie verhandelten als Polizeibeamter mit Drogendealern, Bankräubern und Geiselnehmern. Was konnten Sie aus dieser Arbeit für Ihre heutige Tätigkeit als Berater und Verhandlungsführer mitnehmen?
Vor allem konnte ich den Umgang mit Stress in Verhandlungen lernen. Ich habe gelernt, nicht mit Druck auf Druck zu reagieren, sondern mit Besonnenheit und Überlegungen eine Überlegenheit zu erzielen.

Zum Unternehmen

Das von Matthias Schranner gegründete Schranner Negotiation Institute in St. Gallen ist auf Verhandlungen in Extremsituation und Schulungen spezialisiert. Analysiert werden etwa die Ziele von Unternehmen. Daraufhin erhalten Führungskräfte Schulungen, um erfolgreich auf diese Ziele hinzuarbeiten. Angeboten wird auch Ghost Negotiation, die Unterstützung von Verhandlungen im Hintergrund, ohne selbst in Erscheinung zu treten. Nach einer Untersuchung der Kundenstrategie wird auch die des Gegners genau unter die Lupe genommen. Aus allen Informationen werden daraufhin die notwendigen Schritte für den Kunden abgeleitet, um erfolgreich aus der Verhandlung hinauszugehen.

Mit all diesen Kompetenzen im Angebot gliedert sich das Institut in vier Geschäftsbereiche: Public Training, Corporate Training, Ghost Negotiation, Negotiation Research. In allen Seminaren und Konferenzen steht immer die Strategie und Taktik während Verhandlungen im Mittelpunkt – von den unterschiedlichsten Perspektiven aus betrachtet und mit immer wieder neuen Schwerpunkten. Im Mai wird es bei der Veranstaltung „N-Forum, Verhandeln der Zukunft – Sales“ um das Verhandeln im Verkauf gehen.