Unter der Woche ist er vor allem Filmproduzent, dazu Buchautor, Gastgeber der NDR Talk Show, Gesellschafter des Ernst Deutsch Theaters. Und Sonntags? Da hat er Frauengeschichten – regelmäßig neue und alle öffentlich dazu. Denn: Jeden ersten Sonntag im Monat gibt es „Meyer-Burckhardts Frauengeschichten“ auf NDR Info, eine Radiosendung, in der es um die Biografien spannender Frauen geht. Der karriereführer sprach mit dem ehemaligen Medienvorstand und langjährigen Hochschulprofessor anlässlich seines neuen Buches. Das Interview führte André Boße.
Zur Person
Hubertus Meyer-Burckhardt, Foto: Olivier Favre
Hubertus Meyer-Burckhardt, Jahrgang 1956, studierte zunächst Geschichte und Philosophie in Berlin und Hamburg und wechselte dann zur Hochschule für Fernsehen und Film nach München. Nebenbei arbeitete er als Regieassistent am Theater bei Boy Gobert. 1988 stieg er als Creative Director und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Werbeagentur BBDO ein und ging danach in die Filmbranche. Als Filmproduzent erhielt er unter anderem mehrere Grimme-Preise, zuletzt 2013 für „Blaubeerblau“. Von 2001 bis 2006 bekleidete er Vorstandspositionen bei der Axel Springer AG und ProSiebenSat.1 Media AG und war anschließend bis 2013 Vorsitzender Geschäftsführer der Polyphon Film- und Fernsehgesellschaft.
Parallel dazu hielt er eine Professur an der Hamburg Media School. 2013 gab er freiwillig die Geschäftsführung bei Polyphon ab, um sich fokussiert kreativen Aufgaben zu widmen, vor allem Filme zu produzieren und Bücher zu schreiben. Im Herbst 2014 legte er seinen zweiten Roman vor. Ferner ist er seit vergangenem Jahr Mitglied der erfolgreichen NDR-Ratesendung „Kaum zu glauben“. Seit vielen Jahren ist er bekannt als Gastgeber der NDR Talk Show. Wiederum nebenbei engagiert sich der Vater von zwei Kindern im Beirat seiner Heimatstadt Kassel.
Herr Meyer-Burckhardt, Sie saßen viele Jahre lang in Vorständen und im Top-Management von Unternehmen. Mitte 2013 haben Sie die Leitung der Produktionsfirma Polyphon abgegeben. Ein großer Schritt weg vom Management. Wie geht es Ihnen?
Ausgezeichnet!
Keine Angst, ohne Posten an Einfluss zu verlieren?
Nein. Die Arbeit ist nicht weniger geworden. Ich bin Gesellschafter des Ernst Deutsch Theaters in Hamburg, habe mein zweites Buch geschrieben, produziere weiterhin Filme für die Polyphon und moderiere weiterhin die NDR Talk Show. Der Grund, warum ich all das so wunderbar finde: Ich komponiere meine Arbeit selbst, sie wird nicht mehr von Zwängen oder Tagesordnungen fremdbestimmt. Sehen Sie, ich bin heute viel seltener am Flughafen als früher, aber wenn ich dort einmal in der Lounge warten muss, dann blicke ich mit echtem Mitgefühl auf die jüngeren Menschen, die mit Augenringen in einer Ecke stehen und hektisch in ihr Smartphone sprechen. Ich war ja auch einer von denen!
Fragen Sie sich rückblickend, warum Sie dieses Spiel so lange mitgespielt haben?
Es ging nicht anders. Ein Konzern gibt den Takt vor, und es ist eine Illusion zu glauben, man könne sich diesem Takt dauerhaft entziehen.
Vergebene Liebesmüh?
So weit würde ich nicht gehen. Ich saß bei drei Konzernen im Top- Management, bei BBDO, Axel Springer und ProSiebenSat.1. Das waren alles tolle Phasen in meinem Leben, und ich möchte keine von ihnen missen. Dennoch: Alles hat seine Zeit.
Heißt das, dass junge Menschen sich einige Jahre lang geduldig takten lassen müssen, bevor sie dann später im Leben ihre Arbeit frei komponieren dürfen?
Man sollte als junger Mensch nicht nur in der Kategorie Konzern denken. Es gibt Alternativen, jedoch werden diese in Deutschland unglücklicherweise zu selten genutzt. Ich finde es ungeheuer schade, dass sich in diesem Land im Vergleich zu anderen Nationen Europas sehr wenige junge Menschen selbstständig machen. Und dass analog dazu in Deutschland deutlich weniger Risikokapital vorhanden ist, gerade mit Blick auf Länder wie Israel oder die USA.
Fehlt es in Deutschland an Risikobereitschaft? Haben wir zu viel Angst vor dem Risiko?
Ich denke schon. Es gibt nicht ohne Grund keine deutsche Übersetzung des Sprichwortes „No risk, no fun“. Daher plädiere ich sehr stark für eine Niederlagenkultur.
Was heißt das konkret?
Es darf nicht sein, dass das Image einer Person langfristig Schaden nimmt, wenn sie gefeuert worden ist oder mit einer eigenen Unternehmung insolvent gegangen ist. Im Gegenteil, das Image sollte davon profitieren, denn die Chancen stehen gut, dass man in einer Niederlage wichtige Erfahrungen sammelt. Man sollte also nicht Angst davor haben zu verlieren, denn zu verhindern ist das eh nicht.
In Ihrem neuen Roman geht es um die große Liebe, wobei immer auch die Angst vor der Liebe eine Rolle spielt. Angst und Liebe, warum denkt man das häufig zusammen?
Es gibt eine klischeebeladene Vorstellung davon, dass Liebe immer etwas mit dem Verlust der eigenen Freiheit zu tun hat. Ich habe auch so gedacht. Hätte man mich vor drei Jahren gefragt, ob ich die Liebe meines Lebens finden möchte, hätte ich mit großer Überzeugungskraft gesagt: Um Gottes Willen nein, denn mir ist meine persönliche Freiheit sehr viel lieber. Wenn man diese Liebe jedoch dann trifft, dann merkt man, dass alle Ängste und Vorbehalte reine Theorie waren. Heute sage ich: Man kann Liebe und persönliche Freiheit zusammen denken.
Kann man seine Arbeit lieben?
Schwierig. Der große Unterschied: Der Mensch, den Sie lieben, liebt Sie im Idealfall zurück. Eine Arbeit kann das nicht. Aber man kann sie mit Leidenschaft und Hingabe betreiben. Man kann, so sagt man dann ja wohl, seinen Traumjob finden. Und der steht sicherlich genauso sehr für das Lebensglück wie der Traumpartner.
Was steht der großen Liebe oder der Erfüllung des beruflichen Traums im Wege?
Die Angst davor, auf dem Weg zur Erfüllung Kompromisse eingehen zu müssen. Es gibt im Leben eines Menschen keine Gewähr dafür, dass man die große Liebe findet oder seinen Traumjob ausüben darf. Wer kompromisslos sucht, geht daher ein recht hohes Risiko ein, nicht fündig zu werden. Wer Kompromisse eingeht, leidet dagegen häufig unter diesen Kompromissen – und hat später eine gesteigerte Angst, weiter nach der Erfüllung zu suchen.
Mit Blick auf Ihre Karriere: Wie lief diese Suche bei Ihnen ab?
Ich war schon immer ein so leidenschaftlicher Produzent von Filmen, dass ich nicht meinen Beruf, sondern der Beruf mich gewählt hat. Das ist natürlich ein wunderbarer Vorgang, hat – um noch einmal den Schwenk auf Beziehungen zu machen – jedoch den Nachteil, dass man in so einem Fall selten einen 9-to-5-Job mit geregelten Urlaubszeiten hat. Wer seinen Beruf mit großer Leidenschaft ausübt, benötigt im privaten Leben einen Partner, der das respektiert.
Es gab 1980 diesen hübschen Schlager „Dann heirat’ doch dein Büro“ von Katja Ebstein.
Es ist nicht immer einfach, berufliche und private Leidenschaft in Einklang zu bringen. Aber es lohnt sich, das zu versuchen. Wobei man in den zwei Bereichen Beruf und Privatleben mit den beiden größten Formen von Zurückweisung konfrontiert werden kann: Privat mit dem Satz „Ich liebe dich nicht mehr“. Beruflich mit der Aussage „Wir brauchen Sie nicht mehr“. Beides tut sehr weh.
Nun hat Ihr Held Simon Kannstatt diesen zweiten Satz im ersten Roman „Die Kündigung“ gehört. Er hat damit seine Funktionen verloren. Im zweiten Buch erscheint er mir nun jedoch wesentlich zufriedener zu sein.
Sagen wir mal so: Er weiß jetzt um sich. Er hat gelernt, dass jede Funktion eben nur eine Funktion ist – und kein bedeutender Teil seiner Persönlichkeit. Dieses Wissen ist übrigens einer der wenigen Vorteile des Älterwerdens. Als jüngerer Mensch läuft man häufiger Gefahr, von den Erwartungen anderer fremdgesteuert zu werden und Funktionen in die Persönlichkeit einfließen zu lassen. Die Folge ist ein hohes Maß an Eitelkeit, das schließlich auch den Weg zur Liebe versperrt.
Geht das denn überhaupt, eine Karriere ohne eine gewisse Eitelkeit?
Eitel sind wir alle. Wichtig ist, dass man eine lächelnde Distanz zu sich selbst besitzt. Dann nämlich ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass im beruflichen Kontext die analytische Kraft größer ist als die Eitelkeit, die ersterer im Weg steht.
Bekommt man diese lächelnde Distanz zu sich selbst ebenfalls im Alter einfacher hin?
Ich denke schon. Man hat mehr gesehen und lässt sich nicht so schnell beeindrucken. Andererseits kenne ich auch viele Männer und Frauen, für die es der Albtraum schlechthin ist, eines Tages ersetzbar zu sein. Keine Frage, dieser Gedanke, irgendwann von einem Jüngeren oder einer Jüngeren ersetzt zu werden, tut weh. Aber so ist der Lauf der Dinge. Ich genieße es, mit jüngeren Leuten zusammenzuarbeiten, wie zum Beispiel mit der jungen Hamburger Film- und Fernsehproduktionsfirma „Hirn & Wanst“. Das ist eine wunderbare Kooperation: Ich stehe als erfahrener Produzent am Markt dafür, die Sache zusammenzuhalten, während die jungen Menschen ihren frischen Ideen freien Lauf lassen können.
Haben Sie Angst davor, eines Tages beruflich den Anschluss zu verpassen? Was ja auch bedeuten könnte, dass der Beruf, der Sie einst gewählt hat, Sie wieder verlässt…
Nein, denn dafür bin ich viel zu wissbegierig. Was ich in meinem Leben erlebt habe, das weiß ich. Was die jungen Leute auf der Pfanne haben, das weiß ich in vielen Fällen noch nicht – und das finde ich mitunter unglaublich spannend.
Warum mit der Einschränkung „mitunter“?
Weil ich eine junge Generation erlebe, die mir einen Hauch zu vernünftig erscheint. Die etwas zu strategisch denkt.
Ist diese Vernunft eine Folge von Angst?
Na ja, wir hatten damals wohl weniger Angst und waren in vielerlei Hinsicht auch weniger vernünftig. Meine Generation war aber auch privilegiert: Als ich Ende der 1970er-, Anfang der 1980er-Jahre jung war, ging es mit der Wirtschaft steil nach oben, Optimismus allerorten. Kein Mensch war arbeitslos, schon gar kein Akademiker. In der Folge haben wir die Welt als ein Labor begriffen. Wir waren sehr experimentierfreudig – wohlgemerkt in allen Lebensbereichen. Die Grundstimmung war damals eine ganz andere als heute. Heute gibt es in allen Branchen einen Verdrängungswettbewerb. Wir Europäer müssen unseren Wohlstand nicht nur verteidigen, sondern auch rechtfertigen. Arbeitsplätze wandern ins Ausland, und die Ansprüche an die hiesige Arbeit steigen ständig. Man kann schon verstehen, dass viele junge Leute ihr Leben sehr vorsichtig und sogar ängstlich gestalten. Es herrscht gerade keine Party-Stimmung. Es ist kein Swing, kein Rock’n’Roll in den Köpfen. Es geht eher verschüchtert und ängstlich zu. Dennoch: Ich halte es mit dem britischen Philosophen Karl Popper, der gesagt hat: „Es gibt keine vernünftige Alternative zum Optimismus.“
Wie können Sie, als jemand, der um sich weiß, der jungen Generation helfen? Welchen Rat können Sie ihr geben, um Angst zu überwinden?
Man sollte zumindest den Versuch unternehmen herauszufinden, was man gerne macht. Was einem Freude und Spaß bereitet. Das klingt banal, hat aber den großen Vorteil, dass man über die Suche nach einer solchen Tätigkeit erfährt, wer man selbst ist. Aufpassen muss man allerdings, dass man sich bei dieser Suche treu bleibt und dass man sich nicht reinreden lässt. Auf der Suche nach dem Glück sind nicht selten die Eltern das größte Hindernis, weil Väter und Mütter zu wissen glauben, was für ihr Kind gut ist. Daher ist es die Aufgabe junger Menschen, ohne Rücksicht auf diese Stimmen herauszufinden: Was will ich? Und was will ich nicht? Wobei ich bei der Suche nach Antworten dafür plädiere, das Visier zu öffnen: Ich persönlich finde, wir haben genug Banker, Anwälte und Konzernmanager. Es gibt genügend andere akademische und nicht-akademische Berufe. Ich kann Absolventen nur raten, in dieser Hinsicht etwas mehr Fantasie zu wagen.
Radio- und Podcast-Tipp
„Meyer-Burckhardts Frauengeschichten“, NDR Info, jeden ersten Sonntag im Monat, 16:05 Uhr. Bewegende und inspirierende Gespräche zu den Lebenswegen interessanter Frauen. www.ndr.de/info/sendungen/talk
Lesetipp
Was bleibt von der Person ohne Funktion, fragt er in seinem ersten Buch „Die Kündigung“ aus dem Jahr 2011, das zum Spiegel-Bestseller avancierte. Hubertus Meyer-Burckhardt: Die Kündigung.
Verlag Ullstein Taschenbuch.
ISBN 978-3548284576.
8,99 Euro
Gerade erschien sein zweiter Roman, der auf der Frankfurter Buchmesse präsentiert wurde. Mit ihm ist der Autor derzeit auf Lesereise.
Simon Kannstatt, bereits bekannter Protagonist aus Hubertus Meyer-Burckhardts erstem Roman „Die Kündigung“, führt heute ein völlig anderes Leben. Hubertus Meyer-Burckhardt: Die kleine Geschichte einer großen Liebe.
Bastei Lübbe 2014.
ISBN 978-3431039016.
18,00 Euro (auch als E-Book erhältlich)
Wer Angst hat, macht Fehler. Und wer Fehler macht, hat Angst. Angst davor, dass der Chef unzufrieden ist, dass die Kollegen ihn auslachen, dass er sich selber als Versager fühlt. Dabei sind Fehler in den meisten Fällen hilfreich. Denn durch sie können auch und vor allem Berufseinsteiger lernen und sich persönlich weiterentwickeln. Von Sabine Olschner.
Thomas J. Watson, langjähriger Chef von IBM, soll einmal gesagt haben: „Wenn du Erfolg haben willst, dann verdoppele deine Fehlerrate.“ Das ist die Einstellung, die man typischerweise aus den USA kennt, wo Scheitern nicht als Manko gesehen wird, sondern als Mut, es zumindest versucht zu haben. Wer dort Fehler macht, bekommt eine zweite Chance und meist auch eine dritte. Ganz anders in Deutschland: Setzt hier zum Beispiel ein Unternehmer seine Firma in den Sand, gilt er als Versager. Egal, ob es um falsche Rechtschreibung oder ein kapitales Missgeschick geht: Wem bei uns Fehler passieren, der wird von seinem Umfeld dafür gerügt. Vor allem in der Unternehmenswelt ist eine positive Fehlerkultur immer noch ein Tabuthema: Mitarbeiter, die etwas falsch machen, gelten in den Augen ihrer Vorgesetzten als inkompetent – im schlimmsten Fall, wenn Fehler wiederholt auftreten, droht ihnen gar die Kündigung.
Erst langsam erkennen die ersten Unternehmen in Deutschland, dass eine positive Fehlerkultur auch zu Innovationen führen kann, und erlauben ihren Mitarbeitern, Dinge auszuprobieren, ohne dass dabei direkt ein Erfolg erwartet wird. Nicht selten entstanden schließlich bahnbrechende Erfindungen erst dadurch, dass etwas schiefgelaufen ist. Ein Beispiel ist die Entdeckung des Penicillins in den 1930er-Jahren: Der Arzt Alexander Fleming ließ einen gefährlichen Keim unbeaufsichtigt. Bis zu seiner Rückkehr hatte sich ein Pilz mit dem Namen Penicillium notatum entwickelt, der den Keim zerstörte. Ein paar Jahrzehnte später ließ ein Canon-Ingenieur einen heißen Lötkolben zu nahe an seinem Füller liegen. Durch die Erhitzung spritzte die Tinte aus dem Stift heraus – und der Ingenieur entwickelte aus dieser Beobachtung das Prinzip des Tintenstrahldruckers.
Beim Fehlermanagement steht Deutschland ganz hinten
Von diesen glücklichen Zufällen, die auf Fehlern basieren, gibt es noch eine ganze Reihe mehr in der Geschichte der besten Erfindungen. Dass ganz oft Fehler zu Innovationen führen, hat sich hierzulande aber offenbar noch nicht herumgesprochen: Beim Fehlermanagement steht Deutschland von 62 Ländern an vorletzter Stelle, weiß Dr. Michael Frese, Professor für Wirtschaftspsychologie an der Leuphana Universität Lüneburg und Experte zum Thema Fehlerkultur. Er plädiert deswegen für eine positive Fehlermanagementkultur: „Wir sollten Fehler nicht verteufeln. Pannen sind ein wunderbares Rohmaterial, um Neues zu entdecken. Das menschliche Gehirn ist imstande, über Irrwege zu herausragenden Ideen und Innovationen zu gelangen. In unseren Fehlern schlummert ein unschätzbares kreatives Potenzial.“
Recht hat der Wissenschaftler sicherlich. Doch das eigene Ego zweifelt trotzdem an sich: Fehler sind nun mal unangenehm. Man will sie ja eigentlich gar nicht machen. Was also tun, wenn doch einmal etwas falsch gelaufen und man mit sich selbst unzufrieden ist? „Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen“, ist in dieser Situation das richtige Motto. Statt mit sich selbst zu hadern, was man hätte anders machen können, hilft es, nach vorne zu schauen und es noch einmal zu versuchen – und die Chance, dass es besser laufen wird, ist groß, weil wir ja schon wissen, wie es nicht geht.
In Fehlern schlummert unschätzbares kreatives Potenzial
„Hochscheitern“ rät auch Fernsehmoderatorin Katrin Bauerfeind, die aktuell zum Thema Fehlermachen ein Buch geschrieben hat: „Scheitern ist im ersten Moment immer schmerzhaft und fühlt sich an wie das Gegenteil von Erfolg. Ich glaube, es ist der Weg zum Erfolg, wenn man wirklich etwas will und daran glaubt, es erreichen zu können. Aus Fehlern lernt man, man entwickelt sich weiter, und oft genug sind sie im Nachhinein wichtig und richtig gewesen.“ Sie rät allen jungen Menschen, keine Angst vor dem Scheitern zu haben. „Mutig rein und wenn‘s schiefgeht, dann eben heiter weiter!“, so ihr Glaubenssatz.
Fehler sind menschlich. Trotzdem sollte man natürlich danach streben, dass so wenig wie möglich schiefgeht – für den eigenen Seelenfrieden, aber auch im Sinne des Arbeitgebers. Was also tun, damit es im Leben glatter läuft? Die häufigsten Fehlerquellen im Büro heißen „zu wenig Zeit“ und „zu wenige Informationen“, ist im neuen Buch „Fehler erlaubt“ der beiden Managementcoachs Gabriele Cerwinka und Gabriele Schranz zu lesen. Wer sich also mehr Zeit nimmt, um Aufgaben gewissenhaft zu erledigen, und dafür sorgt, dass er die richtigen Informationen zur Hand hat, bevor er mit einer Aufgabe beginnt, hat schon viel gewonnen. Unter Stress passieren zudem überproportional viele Fehler. Und in Stress gerät man oft, wenn man sich selber zu viel Druck aussetzt. Perfektionisten können ein Lied davon singen. Viel entspannter lässt es sich hingegen arbeiten, wenn man sich und anderen Fehler erlaubt – um dann zu schauen, was man aus ihnen lernen kann.
Nicht vergessen sollte man auch eine angemessene Entschuldigung, wenn etwas schiefgegangen ist. Mit der Bereitschaft, für einen Fehler geradezustehen, zeigen vor allem Einsteiger Charakterstärke. Und auch wenn es uns in unserer leistungsorientierten Gesellschaft schwerfällt, Fehler einzugestehen und zu akzeptieren: Es ist besser, sich auf das zu konzentrieren, was gut gelungen ist, als ständig mit der Angst zu leben, einen Fehler zu machen.
Buchtipps
Gabriele Cerwinka, Gabriele Schranz: Fehler erlaubt.
Aus Fehlern lernen, statt Schuldige zu suchen.
Linde Verlag 2014.
ISBN 978-3709305157.
16,80 Euro
Rolf Schmiel: Senkrechtstarter.
Wie aus Frust und Niederlagen die größten Erfolge entstehen.
Campus Verlag 2014.
ISBN 978-3593500089.
24,99 Euro
In unserer heutigen Gesellschaft stehen schon Kinder unter einem enormen Leistungsdruck. Das Resultat sind häufig Versagensängste. André Stern verspürte nie den Druck, Leistung erbringen zu müssen, denn er ging nie zur Schule und wurde auch nicht zu Hause unterrichtet. Er arbeitet heute als Musiker, Komponist, Gitarrenbaumeister, Journalist und Autor. Wie das geht? Er wurde in seinen natürlichen Neigungen unterstützt und erreichte seine Kompetenz durch Begeisterung. Mit ihm sprach Anna Beutel.
Der Vater: Arno Stern
1924 in Kassel geboren, Pädagoge und Forscher. Mit 22 Jahren nahm er eine Stelle in einem Heim für Kriegswaisen in einem Pariser Vorort an. Er sollte die Kinder beschäftigen und ließ sie malen. Sofort begriff er die Wichtigkeit dieses Spieles. Er erfand dafür eine besondere Einrichtung, die bis zum heutigen Tage weiterbesteht: den Malort. Außerdem wurde er als Experte der UNESCO zum ersten internationalen Kongress über Kunsterziehung in Bristol delegiert. Er nahm an zahlreichen Symposien teil und gastierte als Referent in vielen Universitäten, Museen, Bildungs- und Ausbildungsstätten. www.arnostern.com/de/malort.htm
In Frankreich, wo André Stern aufgewachsen ist, gibt es keine Schulpflicht. Die Entscheidung seiner Eltern, ihn nicht zur Schule zu schicken, begründete sich nicht auf einer Abneigung der Institution gegenüber. Mutter Michèle Stern, ehemalige Kindergärtnerin, und Vater Arno Stern, Forscher und Pädagoge, gingen beide zur Schule und haben glückliche Erinnerungen an diese Zeit. Stern betont: „Sie waren brillante und erfüllte Schüler. Sie haben sich also nicht gegen die Schule entschieden – sie haben sich nur für etwas anderes entschieden. Und das ist ein großer Unterschied.“ Denn es ging nicht darum, der Schule den Rücken zu kehren, sondern darum, Kindern mit Vertrauen zu begegnen und sie in ihren natürlichen Veranlagungen zu respektieren.
André Stern ist dankbar für diese Entscheidung seiner Eltern. Ein wichtiges Anliegen ist es ihm, seine Erfahrungen zu teilen. Er initiierte daher die Bewegungen „Ökologie des Lernens“ und „Ökologie der Kinder“, die daran arbeiten, die spontane Veranlagung des Kindes wiederzufinden. Künstlicher Unterricht, zerstörerischer Wettbewerb und unnatürliche Rhythmen erdrücken seiner Meinung nach diese in jedem Kind angelegte spontane Veranlagung. Die Ökologie des Lernens verzichtet hingegen auf erzieherische Betriebsmittel und stellt stattdessen als einzige Motivation die native Begeisterungs- und Spielfähigkeit des Kindes in den Vordergrund.
Dünger für das Gehirn
Der heute 43-Jährige kennt keine beruflichen Ängste: nicht die Angst zu scheitern, die Angst vor schlechten Leistungen, die Angst, im Vergleich mit den Kollegen schlechter abzuschneiden. In ihm lebt die tief verankerte Überzeugung: „So, wie ich bin, bin ich optimal. Ich bin unersetzbar und nützlich.“ Das haben viele Hochschulabsolventen und Berufseinsteiger oftmals nicht verinnerlicht. Die Wurzeln des Problems sind Sterns Ansicht nach bereits in der Kindheit zu suchen. Kinder würden in ihrer Freiheit zu spielen immer stärker eingeschränkt, so André Stern. Dabei gibt es kein besseres Werkzeug zum Lernen als das Spiel.
Das bestätigt auch Hirnforscher Prof. Dr. Gerald Hüther im Zusammenhang mit der Bewegung „Ökologie des Lernens“: „Zwanzig bis fünfzig Mal am Tag erlebt ein Kleinkind einen Zustand größter Begeisterung. Und jedes Mal kommt es dabei im Gehirn zur Aktivierung der emotionalen Zentren. Das ist der Grund, warum wir bei all dem, was wir mit Begeisterung machen, auch so schnell immer besser werden.“ André Stern hat sich sein Wissen auf diese Weise angeeignet. Alles, was ihn begeisterte und interessierte, verfolgte er weiter – mit Freude und Neugier. Lehrmeister waren Menschen, die in den jeweiligen Bereichen Kompetenzen vorweisen konnten. Seine Eltern, Freunde und Bekannte, aber auch Zufallsbekanntschaften zählen dazu.
Linktipp der Redaktion
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Stern führt weiter aus: „Ausgelebte Begeisterung hat eine Nebenwirkung: die Kompetenz. Wenn wir uns für eine Sache interessieren, werden wir magnetisch für das Wissen, das damit zusammenhängt, und unsere Kompetenz wächst ständig.“ Der Dreiklang „guter Schulabschluss, gutes Studium, guter Job“ funktioniere heute nicht mehr. Das sei eine interessante Entwicklung, die uns die Möglichkeit gebe, aus dem Angst-System auszusteigen. André Stern hat die Erfahrung gemacht, dass Ängste mit Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten schwinden.
Keine Noten, keine Vergleiche
In der Theorie klingt das sehr gut. Doch wie lässt sich das mit unserem Bewertungssystem an Hochschulen und Schulen vereinbaren? „Wir sind glücklicherweise an einem Punkt angelangt, an dem wir das System nicht mehr optimieren können“, findet André Stern. „Das ist gut, denn nun kann etwas Neues entstehen.“ Grundsätzlich gebe es nichts Schlimmeres als die Noten. Schaffe man diese ab, seien Studenten und Schüler vom Druck befreit und es fänden keine Vergleiche mehr statt. Dem stimmen tatsächlich auch viele Lehrkräfte zu, stellte André Stern bei Gesprächen an Schulen fest. Häufig jedoch, so Stern weiter, kritisieren die Eltern die Versuche, das Notensystem zu verändern – aus Angst, dass ihre Kinder nicht den gesellschaftlichen Ansprüchen und Anforderungen genügen.
Ein Kreislauf, aus dem auszubrechen sicherlich nicht einfach ist. Bis dahin lebt André Stern seinem bald fünfjährigen Sohn Antonin vor, dass über sich hinauswachsen selbstverständlich ist, wenn die angeborene Begeisterung, der Welt zu begegnen, etwas spielerisch zu lernen, ungebremst ist. Dass er es wagen kann, der Welt offen und ohne Angst entgegenzutreten und dass er in dem festen Bewusstsein aufwachsen darf: „Ich werde gesehen und wertgeschätzt.“
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Schon als Personalvorstand der Telekom war Thomas Sattelberger ein wacher Geist, immer auf der Suche nach einem neuen Denken im Umgang mit Menschen in Unternehmen. Seit seinem Ausstieg entwickelt der 65-Jährige weiter mutige Ideen und analysiert, woher die Angst kommt und was Liebe dagegen ausrichten kann. Die Fragen stellte André Boße.
Zur Person
Thomas Sattelberger, geboren am 5. Juni 1949 in Munderkingen an der Donau, studierte BWL und blickt als Manager auf fast 40 Jahre Erfahrung zurück, vor allem im Personalmanagement. Vom Daimler-Konzern, wo er 1975 seine Karriere begann, führte ihn sein Weg über die Daimler-Tochter MTU, die Lufthansa sowie den Autozulieferer Continental 2007 zur Telekom, wo er bis 2012 als Personalvorstand tätig war. Seit Mai 2012 ist Thomas Sattelberger Botschafter für das Thema Personalführung bei der „Initiative Neue Qualität der Arbeit“, die eine Verbesserung der Arbeitsqualität als Schlüssel für die Wettbewerbsfähigkeit und die Innovationskraft des Standorts Deutschland betrachtet. Er ist Vorsitzender der Initiative „MINT Zukunft schaffen“, die sich für bessere Bildung und mehr Perspektiven in den MINT-Bereichen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) einsetzt. www.inqa.de www.mintzukunftschaffen.de
Herr Sattelberger, reden wir zunächst über die Angst. Wie verängstigt ist die Generation der Einsteiger und Nachwuchskräfte von heute?
Sie ist nicht offen verängstigt, aber voll darauf getrimmt, fast sogar genormt, durch Selbstoptimierung die Erwartungen anderer zu erfüllen. Dahinter steckt wohl auch Angst. Andererseits beobachte ich junge Menschen, die mit stolzgeschwellter Brust bei elitären Strategieberatungen, Großkonzernen oder Finanzinstituten einsteigen und sagen: Hier bin ich. Zudem gibt es junge, hochbegabte Potenzialträger, die offen Angst ausstrahlen – eine Angst, die sie mit Blick auf ihre Voraussetzungen sowie das Marktumfeld eigentlich gar nicht haben müssten. Dabei scheint ihnen die Lebensfreude und der Optimismus abzugehen. Und zwar mehr als jungen Menschen in anderen Ländern.
Woran kann man das festmachen?
Schauen Sie nur auf die Anzahl der Unternehmensgründungen von Absolventen. Die deutschen Studierenden rangieren hier international auf den hintersten Rängen. Hierzulande können sich lediglich rund sechs Prozent der Absolventen vorstellen, ein eigenes Unternehmen zu gründen. In anderen Ländern sind es bis zu 45 Prozent. Rund 40 Prozent der deutschen Absolventen wünschen sich den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber. Diese Zahlen sind eine Folge der Angst, Risiken einzugehen – eine Angst, die einem in nahezu allen Bereichen begegnet. Zum Beispiel bei den Ingenieuren, die in Deutschland häufig lieber die 17.000 Risiken abschätzen, als die 17.001 Hoffnungen und Potenziale herauszustellen.
Was muss passieren, damit sich das ändert?
Dieses Land muss eine neue Einstellung zum Scheitern und zur Niederlage entwickeln. Es darf nicht sein, dass zum Beispiel nach der Insolvenz eines eigenen Unternehmens ein ewiger Makel bleibt, während man in den USA sehr schnell eine neue Chance erhält.
Mit Blick auf den Nachwuchs: Ist diese Angst Ihrer Meinung nach objektiv begründbar?
Wenn wir in Spanien oder Griechenland wären, dann schon. Mit Blick auf die Perspektive auf dem deutschen Arbeitsmarkt und die Chance, in diesem Land recht bald genug Geld zu verdienen, um eine Familie zu gründen, erschließt sich einem diese Angst objektiv nicht.
Wer erzeugt denn dann diese Angst?
Ein Aspekt ist sicherlich, dass die jeweils ältere Generation hierzulande stets sehr kritisch auf die jüngere schaut. Es fallen dann Urteile wie „nicht-ausbildungsfähig“, oder es werden Analysen gemacht wie „erhebliche Schwächen in der Sozialkompetenz“. Ich habe eine 40 Jahre lange Karriere hinter mir – ich habe dieses Aburteilen der Jüngeren dutzendfach erlebt. Hinzu kommt, dass die Älteren den typisch deutschen Normierungswahn auf die jüngere Generation übertragen. Sie geben Kategorien vor, welche Dinge man in einem bestimmten Alter bereits erreicht haben muss, um in der Wahrnehmung der anderen als erfolgreich zu gelten. Dabei wissen wir heute, dass es die ungeraden, unnormalen Wege sind, welche die Normalität des Lebens abbilden. Denn das Leben gehorcht eben keinen Normierungen. Es gibt keine DIN für den Menschen, auch wenn das einige Führungskräfte gerade in technischen Unternehmen oder dirigistisch, also staatlich reglementiert, geführten Großkonzernen gerne so hätten.
Auch für die Liebe gibt es keine DIN-Norm. Was denken Sie, hat die Liebe in Unternehmen überhaupt eine Chance?
Es gibt heute den Trend, Unternehmen nach außen hin zu schminken und attraktiv scheinen zu lassen, Stichwort „Employer Branding“. Ich hege jedoch große Zweifel, ob diese Schminke auch das Innere eines Unternehmens ändert. Sagen wir mal so: Wer in ein toll geschminktes Unternehmen einsteigt, erfreut sich häufig an einem Flirt. Doch schon bald kann es sein, dass man in einer öden Beziehung steckt, der man sich im schlimmsten Fall ein Leben lang lieblos hingibt, weil man Angst vor dem Risiko hat, der Sache ein Ende zu machen. Wo keine Liebe ist, ist es jedoch die bessere Alternative, sich rasch zu trennen.
Was sind die Voraussetzungen dafür, dass es anders kommt, dass man erst als Nachwuchs- und später als Führungskraft eine langfristige leidenschaftliche Beziehung zu seinem Arbeitgeber hat?
Gerade junge Menschen haben Leidenschaften oder Ideale. Vor Kurzem habe ich dazu einen spannenden Satz gelesen: Unternehmen müssen Financiers der Leidenschaften ihrer Mitarbeiter sein. Sprich: Jemandem, der brennt, müssen die Arbeitgeber den passenden Kontext geben, damit das Feuer nicht ausgeht. Mit Blick auf meine eigene Karriere kann ich feststellen, dass ich immer dann aufgeblüht bin, wenn ich die Freiräume besaß, um meine Ideen leidenschaftlich zu verwirklichen. Oft an der Grenze, aber immer im Sinne des Unternehmens, also nicht aus egoistischen Beweggründen. Das Gefühl in diesen Momenten war: Das Unternehmen und ich sind eins in dem, was wir uns wechselseitig zutrauen.
Was steht der Liebe im Job sonst noch entgegen?
Sehr vieles. Zum Beispiel Selbstbetrug. Ich kann weiterhin nicht nachvollziehen, wie viele junge Menschen mit großem Potenzial freiwillig ihre Welt einschränken, indem sie als Ingenieure in den Legebatterien großer technischer Konzerne in die normierte Geschäftswelt eintreten und für sich entscheiden, fortan ein eingeengtes Leben zu führen. Ich habe in meinem beruflichen Leben häufig beobachtet, wie Menschen, die sich für Schein statt Sein entschieden haben, an persönlich sehr kritische Punkte gelangt sind. Wenn die Zweifel immer wieder kamen. Wenn die Perspektiven immer geringer wurden. Wenn dann kein Sein vorhanden ist, also ein starkes Ich, sondern nur noch der Schein einer Rolle, die man zu spielen gelernt hat – na, dann bin ich eine arme Sau.
Ist dieses „Sein“ im Gegensatz zum „Schein“ heute wichtiger denn je?
Die zwei wichtigen Fragen in meinem Leben lauten: Wer bin ich? Und wo will ich hin? Wer mit allen Sinnen durchs Leben geht, wird merken, dass es heute immer weniger ehrliche, nicht von Interessen geleitete Akteure gibt, die einem bei der Antwort auf diese Fragen helfen. Eigendiagnose und Eigenverantwortung sind gefragt. Das kostet Energie, bereitet Zukunftssorge. Und mit Blick darauf entscheiden sich viel zu viele junge Menschen weiterhin für ein enges Leben ohne Liebe. Junge Menschen haben es in ihrer Hand, Täter statt Opfer zu sein. Sie sollten es nutzen. Denn wer seine Optionen in frühen Jahren massiv reduziert, wer viel ausschließt, weil es unbekannt und unsicher ist, und wer sich einem Lebensstil verweigert, der es einem erlaubt, auch mal mit dem Leben zu experimentieren, der raubt sich damit ein gutes Stück Lebensfreude. Schließlich ist es die Gnade junger Menschen, Sünden zu begehen.
Was fehlt Unternehmen, damit sie ein Ort der Liebe sein können?
Zum Beispiel eine neue Sprache. Überlegen Sie mal: Personal, Belegschaft, Arbeitnehmer, abhängig Beschäftigte – diese, pardon, bescheuerten Begriffe degradieren den Menschen zum Objekt.
Da ist dann nicht viel mit Liebe.
Nein. Das sind keine Begriffe für die Wissens- und Kreativökonomie. Viel besser gefällt mir der Begriff des „Unternehmensbürgers“. Wäre ich heute noch aktiv, würde ich ein Pilotprojekt starten, bei dem die Mitarbeiter ihre Führungskräfte selber wählen dürften. Die Mitarbeiter hätten dann Bürgerrechte, sie dürften mitbestimmen, wer sie in der oberen Etage vertritt – und damit auch, in welche Richtung ein Unternehmen geht. Sie hätten aber auch Pflichten, denn es geht gleichermaßen um Teilnahme und Teilhabe.
„Liebe macht glücklich, Angst macht krank“, sagt Diplom-Psychologin Angelika Gulder in ihrem Gastbeitrag und nennt eine der Hauptfragen, die sich jeder von uns im Leben stellt: Lebe ich so, wie es mir entspricht, oder so, wie andere es von mir erwarten und ich es im Laufe meines Lebens gelernt habe? Bedauerlicherweise beantworten die meisten Menschen sich diese Frage nicht bewusst. Dabei ist es für ein glückliches und erfolgreiches Berufsleben entscheidend, dass ich weiß, was mich antreibt und was mich glücklich – oder eben auch unglücklich – macht. Von Angelika Gulder
Buchtipp-Klassiker
Seit mehr als zehn Jahren unterstützt Angelika Gulders Buch „Finde den Job, der dich glücklich macht“ Menschen auf der Suche nach ihrer Berufung und einem erfüllten Berufsleben. Der Karriere-Navigator ist eine Orientierungshilfe auf dem Weg zu mehr Glück und Zufriedenheit im (Berufs-)Leben. Das bestätigt auch die Stiftung Warentest, die das Buch zum Testsieger unter einem Dutzend Karriere-Ratgebern erkoren hat.
Peter ist 28. Schon als Kind wollte er etwas mit Technik machen. Nach seinem Studium als Ingenieur ist er rasch aufgestiegen und nun bereits Projektleiter mit Verantwortung für ein Team von sieben Mitarbeitern. Seine Eltern sind stolz auf ihn. Seine Kollegen bewundern und beneiden ihn. Doch der „Erfolg“ tut ihm nicht gut. Warum? Peter ist ein introvertierter Typ, der Ingenieur wurde, um entwickeln zu können und mit dafür zu sorgen, dass die erneuerbaren Energien einen größeren Platz einnehmen. Stattdessen hat er es jetzt mit firmenpolitischen Themen und Mitarbeiterführung zu tun. Gar nicht sein Ding.
Stand der aktuellen Motivationsforschung ist, dass es etwa 16 verschiedene Lebens- und Handlungsmotive gibt, die bei jedem von uns unterschiedlich ausgeprägt sind. Aus Erfahrung weiß ich, dass auch die Unterpunkte dieser 16 Motive zum Teil große Bedeutung haben, daher arbeite ich in meiner Praxis mit insgesamt 27 Motiven. Diese lauten: Macht, Freiheit, Neugier, Anerkennung, Ordnung, Sparen, Ehre, Gerechtigkeit, Beziehungen, Status, Familie, Eros, Erfolg, Genuss, Schönheit, Spaß, Ruhe, Reichtum, Harmonie, Herausforderung, Ruhm, Freude, Idealismus, Sicherheit, Abenteuer, Unabhängigkeit, Aktivität. Manche dieser Motive sind angeboren, wie etwa Neugier, Freiheit, Beziehungen und Genuss. Erlernt sind Motive wie Macht, Gerechtigkeit, Ruhm oder Sicherheit. Diese Motive haben wir in früher Kindheit erlernt oder von unseren Eltern übernommen.
Neugier, Ruhe und Idealismus sind die Motive, die Peter am meisten antreiben und ihm Kraft geben. Gute Voraussetzungen für einen technischen Entwickler, nicht passend für einen Projektleiter oder eine Führungskraft. Peter arbeitet also gegen seine Motive, das ist der Hauptgrund für seine Unzufriedenheit. Ihm wird klar, dass er die Führungsposition vor allem übernommen hat, um seinen Vater stolz zu machen. Auch das höhere Gehalt hat eine Rolle gespielt. Doch das sind Motive, die nicht aus seinem Inneren kamen, sondern erlernt waren. Nach dem Coaching sucht er das Gespräch mit seinem Vorgesetzten. Er gibt die Projektleitung ab und wechselt wieder in den Entwicklungsbereich des Unternehmens. Hier kann er seine Stärken voll ausleben und fühlt sich endlich wieder am richtigen Platz.
Unternehmen kümmern sich meist zu wenig darum, ob die Motivation der Mitarbeiter mit den Anforderungen des Arbeitsplatzes tatsächlich übereinstimmt. Vielmehr wird nach dem geschaut, was ein Mitarbeiter gut kann beziehungsweise was im Unternehmen gebraucht wird. Führungskräfte täten allerdings gut daran, Menschen wie Peter dort einzusetzen, wo sie am besten aufgehoben sind. Wo ihre Leidenschaften und Fähigkeiten und vor allem auch ihre Lebensmotive mit dem Job übereinstimmen. Nur dann kann ein Beruf auch Berufung sein. Je eher der richtige Mitarbeiter am richtigen Platz ist, umso höher die Performance und umso niedriger die Fehlzeiten. Liebe macht glücklich, Angst macht krank.
Ein paar Beispiele: Wenn „Freiheit“ eines Ihrer Grundmotive ist, werden Sie vielleicht nicht immer angestellt arbeiten können, sondern die Freiheit eines Tages in der Selbstständigkeit suchen. Wenn Sie „Beziehungen“ unter Ihren ersten drei gewählten Motiven haben, dann brauchen Sie bei Ihrer Arbeit regelmäßige Kontakte zu anderen Menschen. Falls Familie unter den ersten drei Begriffen steht, sollte sich Ihr Beruf mit den Interessen Ihrer Familie vereinbaren lassen. Familie als Lebensmotiv kann auch heißen, für die Familie anderer Menschen da zu sein, zum Beispiel als Lehrer, Coach oder Therapeut.
Wer gemäß seiner Motive lebt und einen dazu passenden Job hat, kann glücklich und erfolgreich werden. Wer gegen seine Motive lebt, lebt immer in der (unbewussten) Angst, zu versagen. Nur wer tut, was er liebt, ist am richtigen Platz. Es erfordert einiges an Selbsterkenntnis, um herauszufinden, was der Traumjob sein kann. Doch ich kann Ihnen als ehemalige Bankerin und heutige Psychologin und Buchautorin versichern: Es lohnt sich.
Selbsttest
Sie wollen herausfinden, was Sie antreibt und glücklich macht, damit Sie einen Job finden, der wirklich zu Ihnen passt? Dann markieren Sie in der Liste der Motive möglichst spontan alle Worte, die Ihnen beim Lesen ein gutes, positives, intensives Gefühl geben. Alle Worte, die Sie markiert haben, bringen Sie nun in eine emotionale Reihenfolge: Das Wort, das Sie am stärksten positiv anspricht, bekommt die Eins, das nächste die Zwei und so weiter. Nun schauen Sie auf Ihre ersten drei Lebensmotive. Das sind die Dinge, die erfüllt sein müssen, beruflich und privat, damit es Ihnen wirklich gut geht . Achten Sie bei beruflichen Entscheidungen darauf, dass Ihre Motive erfüllt sind. Dass das, was Sie dort tun, wirklich zu Ihnen passt.
Ende 2013 lief Erwin Wagenhofers Film „Alphabet“ mit dem Untertitel „Angst oder Liebe“ im Kino, eine Abrechnung mit dem Bildungssystem, das in seinen Augen die Angst fördert und Liebe verhindert. Im Film heißt es außerdem, dass 98 Prozent aller Kinder hochbegabt zur Welt kommen. Nach der Schule sind es nur noch 2 Prozent. Im Interview berichtet der 53-jährige Filmemacher aus Österreich, wie sich das Thema im letzten Jahr entwickelt hat, und erklärt, was Erotik mit Wirtschaft zu tun hat. Die Fragen stellte André Boße.
Zur Person
Erwin Wagenhofer, geboren 1961 im niederösterreichischen Amstetten, drehte seine ersten kurzen Filme schon Anfang der 1980er-Jahre, als er beim Elektronikkonzern Philips in der Entwicklungsabteilung tätig war. In die Filmbranche stieg er 1983 als freier Assistent für die Regie und die Kamera ein, sein erstes Filmporträt drehte er 1987 über den Künstler Oswald Oberhuber. Zuletzt hat sich Wagenhofer als Dokumentarfilmer einen Namen gemacht. „We Feed The World“ (2005) blickt kritisch auf die Massenproduktion von Nahrungsmitteln, „Let’s Make Money“ (2008) auf die Finanzwirtschaft. Sein Film „Alphabet“ kam 2013 in die Kinos und übte mit dem Untertitel „Angst oder Liebe“ Kritik am Bildungssystem.
Herr Wagenhofer, Ihr Film „Alphabet“ lief vor einem Jahr in den Kinos und hat eine Debatte über das Bildungssystem gestartet. Hat diese Diskussion gefruchtet?
Allein, dass der Film eine Debatte in Gang gebracht hat, ist schon eine gute Sache. Seit dem Kinostart im Oktober 2013 habe ich mehr als 170 Veranstaltungen hinter mir. Bei diesen Diskussionen habe ich vor allem gelernt: Die große Bremse der Veränderung heißt Angst. Konkret haben vor allem Menschen Angst, die zu den gut Gebildeten zählen. Als Eltern haben sie Angst, dass ihre Kinder etwas versäumen oder nichts aus ihnen wird. Als Bürger haben sie Angst, einen neuen Weg einzuschlagen, weil sie glauben, es gebe keine Alternative. So ist das, was sie für neu halten, immer nur mehr vom Alten.
Junge Leute bekommen häufig zu hören: „So viel Wohlstand, so viel Freiheit, so viele Möglichkeiten: Ihr wisst gar nicht, wie gut es Euch geht.“ Warum ist die Angst dennoch ein bestimmendes Merkmal der jungen Generation?
Weil es uns nicht gelungen ist, ihr diese Angst zu nehmen. Wenn wir jedes Jahr weiter wachsen sollen, wenn drei Fremdsprachen zu wenig sind, wenn ein Studium alleine nicht ausreicht, weil man als CEO der Zukunft am besten drei Abschlüsse hat – dann ist genug nie genug. Wir reden hier jedoch lediglich von Kompetenzen, nicht von Bildung. Denn was hat ein Absolvent davon, wenn er fünf Sprachen spricht – aber nichts zu sagen hat?
Was verstehen Sie unter Bildung?
Der Sinn der öffentlichen Bildung ist in der österreichischen Bundesverfassung genau definiert: Am Ende soll dort der mündige Bürger stehen, der zum Beispiel positiv und selbstbewusst auf Herausforderungen zugeht und solidarisch mit den Mitmenschen interagiert. Aber wie soll das funktionieren, wenn die Menschen im knallharten Wettbewerb ihren Konkurrenten zur Strecke bringen müssen, damit das Unternehmen, für das sie arbeiten, bessere Zahlen schreibt? Dieses Paradoxon, das da in den vergangenen gut 30 Jahren entstanden ist, fördert eben nicht die Lebensfreude, sondern macht den jungen Menschen Angst. Dieses System stimmt also hinten und vorne nicht. Es zu verändern, würde allerdings voraussetzen, dass man selbstständig zu denken versteht. Aber genau das wird den jungen Menschen in den Schulen ausgetrieben. Das weiß und spürt die junge Generation. Deshalb hat sie zu Recht Angst. Und weil Angst eben kein guter Ratgeber ist, entsteht wirklich Neues nur in kleinen Gruppen.
Was verstehen Sie konkret unter dem Neuen, das Sie ansprechen?
Ich glaube, dass wir die Form unseres Zusammenlebens überdenken und erneuern müssen. Dazu brauchen wir zunächst einmal ein besseres Bild von uns selbst. Es hat sich der Irrglaube durchgesetzt, dass wir Menschen faul und schlecht sind, dass wir ohne Druck von außen über keinen Antrieb verfügen – und dass sich nur der Kräftigste und Stärkste durchsetzt. Heute beginnt man jedoch in Disziplinen wie der Biologie zu verstehen, dass nicht die Selektion das Leben möglich macht, sondern die Erotik – also, wenn Sie so wollen, ein Zusammenspiel. Wenn wir ein gutes Leben haben wollen, dann sollten wir niemanden mehr ausklammern, indem wir ihn bewerten. Der Mensch kommt mit Gaben zur Welt, und die möchte er auch teilen. Denn jeder von uns weiß: Geben ist schöner als Nehmen.
Die Sprache in den Unternehmen ist sehr bürokratisch. Es gibt Officers und Directors, Übernahmen und Human Resources. Wie wichtig ist es, für eine neue Unternehmenskultur auch eine neue Sprache zu finden?
Das ist einer der wichtigsten Punkte überhaupt, weil eben so vieles mit der Sprache beginnt und wir für dieses Neue, von dem ich spreche, noch keine Sprache haben. Übrigens ist das auch der Grund, warum wir den Film „Alphabet“ genannt haben: Eben weil wir mit unserem Alphabet neue Begriffe finden müssen. Ein Beispiel: In den Worten Erziehung und Unterricht stecken das „Ziehen“ und das „Richten“ drin. Ich glaube nicht, dass das noch zeitgemäß ist. Wie wäre es mit Beziehung statt Erziehung? Und mit Begleiten statt Unterrichten? Und in der Wirtschaft wimmelt es von Begriffen, die aus der Kriegsführung stammen: Es gibt Siege und Niederlagen, es ist von feindlichen Übernahmen die Rede und von Strategien, die bewältigt werden müssen. Wir sollten endlich wieder verstehen, dass die Wirtschaft für den Menschen da ist – und nicht der Mensch für die Wirtschaft.
Junge Menschen, die für ihren Hochschulabschluss büffeln oder sich bei Unternehmen bewerben, erleben häufig eine Zeit, in der Unsicherheit eine große Rolle spielt. Wie kann es gelingen, in dieser stressigen Zeit die Liebe am Leben zu bewahren?
Am besten, indem sie Menschen finden, die sie lieben. Als wir im Frühjahr 2013 den Film in Berlin fertiggestellt haben, schnappte ich in der U-Bahn eine Schlagzeile auf, die ich mir notiert habe: In Berlin leben 31 Prozent der Menschen alleine, 34 Prozent der Bevölkerung leben in einem Haushalt mit zwei Menschen. Und in Wien leben mehr Menschen mit einem Tier zusammen als mit anderen Menschen. Das scheinen mir alles in allem keine liebenden Gesellschaften zu sein.
Buchtipp
Erwin Wagenhofer, Sabine Kriechbaum & André Stern: Alphabet: Angst oder Liebe.
Ecowin 2013.
ISBN 978-3711000415.
19,95 Euro
Filmtipp
Erwin Wagenhofer (Regie): Alphabet – Angst oder Liebe? (OmU)Dokumentation.
Pandora Filmverleih (Alive AG) 2014.
Länge 113 min. 14,99 Euro
Angst kostet nicht nur Nerven, sondern die deutschen Unternehmen jährlich weit über 100 Milliarden Euro. Zeit für eine Führungskultur, die nicht länger ausschließlich Konkurrenzkampf und den Wettbewerb im Fokus hat, sondern den Mitarbeitern Sicherheit und Halt bietet. Psychologen und Ökonomen sind sich einig: Das steigert die Hingabe und Leistungsfähigkeit. Zu Wort kommen unter anderem Angstforscher Wolfgang Stegmann, Psychologe Stephan Grünewald, Personalberater Jörg Will sowie der Vorstandsvorsitzende der Metro Gruppe Olaf Koch. Von André Boße
Sie wischen über ihr Tablet, hacken E-Mails in die Notebooks und telefonieren mit Kollegen, als befürchteten sie, ihnen fällt der Himmel auf den Kopf, wenn sie ihre Geräte aus der Hand legen, um sich auch nur kurz zurückzulehnen – die Business-Menschen, die man in jedem ICE und an jedem Flughafen beobachten kann. Häufig wird man zwangsläufig zum Zuhörer ihrer Telefonate: Da ist von Problemen die Rede, die man zeitnah anpacken müsse, bevor Konsequenzen drohen. Von Kollegen, die eine Aufgabe nicht bewältigt haben. Von enttäuschten Kunden oder Projekten in der Sackgasse. Und wenn der Chef am Handy ist, wird beschwichtigt: „Wird erledigt, dürfte kein Problem sein, alles klar, ich melde mich wieder.“ Das soll souverän klingen, doch die unruhigen Augen und Hände sprechen eine andere Sprache. Eine Sprache der Angst. Von einer Liebe zum Beruf keine Spur.
Angst oder Liebe? Diese Frage stellte der österreichische Filmemacher Erwin Wagenhofer im Untertitel seiner Dokumentation „Alphabet“ (siehe Interview Seite 16). Es gibt viele Methoden, um Menschen dazu zu motivieren, eine Arbeit zu verrichten. In der Wirtschaft beliebt sind die Annehmlichkeiten: Wer lange genug dabei ist, erhält eine goldene Uhr. Wer viel leistet, bekommt einen schönen Firmenwagen, Sonderzahlungen, Incentivereisen, Einladungen zu Events – oder ein paar nette Worte. Alles Versuche, die Leistung zu steigern. Wobei sich hier wie überall zeigt: Man kann sich Leistung nicht erkaufen. Und Liebe zum Beruf schon gar nicht. Zumindest nicht langfristig. Auf der anderen Seite steht die Versuchung, mit der Angst der Mitarbeiter zu spielen: drohende Umstrukturierungen und Kündigungen, in Aussicht gestellte magere Jahre, Brandreden. Auch das motiviert. Aber auch wieder nur kurzfristig, weil Angst auf Dauer lähmt.
Man findet also unzählige Ansätze, um Menschen zu motivieren, ihr Bestes zu geben. Am Ende treiben sie zwei Konzepte an: Liebe oder Angst. Wobei man sagen muss: Beim Thema Angst kennen sich viele Unternehmen aus. Bei der Liebe eher weniger. Immer wieder hörten wir bei unseren Gesprächen mit Managern, die Liebe sei eine Sache für Hollywood-Filme. Fürs Privatleben. Für Beziehungen. Aber eher nicht für den Job. Aber stimmt das wirklich?
Nähern wir uns der Liebe anders. Der Dichter und Philosoph Khalil Gibran schrieb Anfang des 20. Jahrhunderts: „Arbeit ist sichtbar gewordene Liebe.“ Sein Gedanke: Wer seine Arbeit nur noch mit Widerwillen macht, soll es lieber lassen. „Denn wenn ihr mit Gleichgültigkeit backt, backt ihr ein bitteres Brot, das den Hunger des Menschen nur zur Hälfte stillt.“ Hermann Hesse hat es so formuliert: „Glück ist Liebe, nichts anderes. Wer lieben kann, ist glücklich.“ Ein wenig weiter gedacht: Glücklich ist, wer seine Arbeit liebt. Wer ihr mit Hingabe und Leidenschaft nachgeht. Solche glücklichen Menschen hat es schon immer gegeben. Passionierte Landwirte und Handwerker. Leidenschaftliche Künstler und Unternehmer. Je größer jedoch die Unternehmen wurden, desto schwerer hatte es die Liebe. Begriffe wie Effizienz, Organisation oder Qualitätsmanagement geben wenig Raum für echte Leidenschaft. Stattdessen fördern sie das Gegenteil von Liebe, nämlich die Angst, zum Beispiel davor, eine Leistungsvorgabe nicht zu erreichen.
Die Menschen reagieren darauf und suchen sich ihre leidenschaftlichen Tätigkeiten verstärkt im privaten Umfeld. Es entsteht eine neue Do-it-yourself-Kultur: Viele junge Leute betreiben „Schrebergärten 2.0“ und nennen es „Urban Gardening“. Und sogar gestrickt und gehäkelt wird wieder. Die Motive sind klar: Die Menschen möchten etwas Schönes tun. Eine Arbeit mit Liebe verrichten. Weil es sie beruhigt und einen Sinn erfüllt. Das ist schön und gut, aber auch ein bisschen schade, denn es wäre doch viel besser, wenn es den Unternehmen gelingen könnte, ein Umfeld zu schaffen, damit ihre Mitarbeiter die Leidenschaft auch im Job zeigen – und nicht nur am Wochenende.
Doch es mehren sich die Anzeichen, dass die Wirtschaft umdenkt. Die Hingabe soll zurückkehren. Sie muss es sogar, wenn die Branchen die großen Herausforderungen meistern wollen, vor denen sie stehen – von der Globalisierung über die Auswirkungen der Digitalisierung bis hin zum Umgang mit immer anspruchsvolleren Kunden. Hier liegen Lösungen nicht mehr auf der Hand. Sie müssen mit Leidenschaft entwickelt werden. So sagt Olaf Koch, Vorstandsvorsitzender der Metro Gruppe, einem der größten Handelskonzerne der Welt: „Unsere Branche lebt immer stärker auch von den Emotionen. Die Aufgabe von Handelsunternehmen ist es daher, den Kunden nicht nur mit logischen Argumenten, sondern auch auf der Gefühlsebene zu erreichen. Das kann nur dann funktionieren, wenn man auch als Mitarbeiter eine echte Leidenschaft und emotionale Bindung für seinen Beruf mitbringt.“ Selbst wenn sich die Unternehmen mit dem Begriff der Liebe weiterhin schwertun: Das, was Liebe auszeichnet, ist längst gefragt. Wichtig ist jedoch, dass alles, was zur Angst führt, schwindet.
Angst in Unternehmen – damit beschäftigt sich der Ökonom Wolfgang Stegmann seit Mitte der 80er-Jahre. Der Wissenschaftler von der FH Köln ist ein Pionier auf diesem Gebiet und erforscht gemeinsam mit Winfried Panse die wirtschaftlichen Folgen der Angst, oft gegen Widerstände der Unternehmen, für die das ein Tabuthema war: „Angst, bei uns, wie kommen Sie denn darauf?“ 1996 warf Stegmann dann eine erstaunliche Zahl in die Runde, die ihm Aufmerksamkeit in Fernsehen, Printmedien und Radio verschaffte: Mehr als 100 Milliarden D-Mark koste die Unternehmen die Angst ihrer Mitarbeiter jährlich. Mit dem Buch der Kölner Wirtschaftswissenschaftler „Kostenfaktor Angst“ war das Thema in aller Munde. Wie sieht es nun 18 Jahre später aus, hat die Debatte von damals etwas gebracht? Der Ökonom schüttelt den Kopf. „Wir gehen davon aus, dass sich das Thema Angst in den Unternehmen zuletzt weiter verschärft hat“, sagt er – und nennt eine Summe von weit mehr als 100 Milliarden Euro. Ein Indiz dafür sei die konstante Zunahme psychosomatischer Krankheiten, die in den Unternehmen als Grund für krankheitsbedingte Ausfälle die Herz-Kreislauf- Erkrankungen abgelöst haben. Aber auch kritische Filme wie Erwin Wagenhofers Dokumentation „Alphabet – Angst oder Liebe?“ belegen, dass die Angst sich sogar weiter ausweitet.
Um zu verstehen, warum Angst für Unternehmen so teuer ist, stellt Wolfgang Stegmann zunächst einmal das Positive dieser Emotion heraus: „Angst ist ein wichtiger Schutzmechanismus des Menschen, denn wer keine Angst kennt, begeht Fehler.“ Ein Beispiel ist die Finanzkrise: Einige Investmentbanker fühlten sich unangreifbar. Sie hatten keine Angst und überzogen das Risiko – mit fatalen Folgen. So gesehen ist Angst ein Helfer der Vernunft. Und das ist gut. „Schwierig wird es erst, wenn Angst von jemandem in einer stärkeren Position instrumentalisiert, benutzt und missbraucht wird“, sagt Stegmann. Diesen Missbrauch kann man in allen hierarchischen Strukturen beobachten, also auch in Unternehmen.
Auf Angst folgt Flucht
Das Prinzip ist simpel: Anforderungen werden von oben nach unten delegiert. Werden sie nicht erfüllt, werden negative Konsequenzen angedroht oder positive Folgen verweigert. Schon entsteht Stress. „Fühlt sich ein Mensch bedroht, versucht er über ein bewusstes oder unbewusstes Angst-Abwehrverhalten, wieder in seine Sicherheitszone zu gelangen“, sagt der Kölner Angstforscher. Dabei reagieren die Menschen verschieden: Einige sagen sich, Angriff ist die beste Verteidigung. Andere versuchen, anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben – bis hin zum Mobbing. Besonders häufig erlebt man bei Menschen mit Angst jedoch die Flucht. Und die richtet ökonomisch betrachtet den größten Schaden an. „Typische Fluchtwege sind Alkohol- oder Medikamentenkonsum oder die innere Kündigung“, sagt Stegmann. Wer auf diese Weise vor der Angst flüchtet, ist weniger produktiv und häufiger krank. Und das kommt die Unternehmen teuer zu stehen.
Nun könnte man denken, dass Angst in Unternehmen vor allem ein Thema der Älteren ist, die schon einige Jahre lang unter Belastung und in der Tretmühle gearbeitet haben. Doch hier muss der Psychologe Stephan Grünewald widersprechen. Der Bestseller-Autor legt für seine Bücher ganze Nationen, Städte und Generationen auf die Couch und analysiert sie. Bei den jungen Menschen erkennt er dabei eine bemerkenswerte Angst, die er psychologisch begründet. „Die junge Generation ist in einer zerrissenen, brüchigen Welt aufgewachsen“, sagt er. „Sie bekam mit, dass Familien auseinanderbrachen und stattdessen Patchwork-Gebilde entstanden. Dadurch wurde das Urvertrauen gestört.“ Die große Angst der jungen Generation sei also die „Angst vor dem Absturz“. Sie sucht Sicherheit. Nicht umsonst ist derzeit der öffentliche Dienst ein beliebter Arbeitgeber.
Aber woher kommt diese Angst in einer Zeit des Wohlstands? Gibt es nicht sogar in vielen Bereichen einen Fachkräftemangel? Es stimmt: Die junge Generation darf sich sehr guter Perspektiven erfreuen. Objektiv besteht also kaum ein Grund zur Angst. Doch ist Angst eben ein Gefühl. „Es deckt sich nicht mit den objektiven Wirtschafts- oder Arbeitsmarktdaten. Es wird subjektiv empfunden und gründet sich häufig auf frühkindlichen Erfahrungen“, sagt Grünewald. Im Unterschied zum Psychologen nähert sich der Personal- und Unternehmensberater Jörg Will der Angst aus ökonomisch-historischer Perspektive: Die Nachkriegsgeneration habe objektiv allen Grund gehabt, Angst zu haben, weil sie mit nichts in der Hand das Land wieder aufbauen musste, vergleicht der Chef der Kölner Beratungsgesellschaft ifp, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert. „Die gegenwärtige junge Generation hingegen startet in ihr Berufsleben auf einem deutlich höheren Niveau. Aber vielleicht ist dieser Startvorteil ja ein viel größerer Grund für Angst: Die Generation heute hat viel zu verlieren. Sie bewegt sich auf einem Niveau, auf dem man sich berechtigterweise fragt: Geht es überhaupt noch weiter nach oben?“
Liebe als Gegenmittel
Egal, ob man psychologisch oder ökonomisch argumentiert: Gegen Angst gibt es ein wunderbares Mittel – und das ist die Liebe. Zwar hat Jörg Will mit dem Begriff im Kontext der Unternehmen einige Schwierigkeiten, doch wenn der Personalberater über moderne Führung spricht, wird deutlich, dass er inhaltlich ähnlich denkt. „Jeder Mensch benötigt in seinem Leben eine Zielsetzung und eine Ordnung. Diese muss er sich erarbeiten. Einigen fällt es leicht, dies selbst zu tun. Andere dagegen benötigen dabei Hilfe – sprich Führung. Wenn also diese Ängste existieren, dann muss Führung heute Mut und Risikobereitschaft vermitteln.“ Doch dies geschieht zu selten. Für Jörg Will ist die Neigung, Risiken zu vermeiden, ein großer Trend der heutigen Gesellschaft. Die Folge: Statt auf Vielfalt zu setzen sowie Ecken und Kanten auszuhalten, entwickeln Gesellschaft und Wirtschaft vermeintlich ideale Persönlichkeitsprofile. Zum Beispiel eben von genormten Managementfiguren in Anzügen oder Kostümen. „Dabei werden im Management die Ecken und Kanten, die beispielsweise einen erfolgreichen Unternehmer häufig auszeichnen, abgeschliffen“, sagt Jörg Will. „Wer sich hingegen nicht abschleifen lässt, schafft es in vielen Konzernen womöglich nicht bis in die Top-Positionen.“
Der britische Bildungsexperte Sir Ken Robinson beobachtet dieses Abschleifen nicht nur in Unternehmen, sondern in allen Bildungsinstitutionen. „Menschen haben eine außergewöhnliche Vorstellungskraft. Jede Form menschlicher Kultur ist eine Folge dieser einzigartigen Fähigkeit. Ich glaube jedoch, dass wir diese Fähigkeit bei jungen Menschen systematisch zerstören“, sagt er im Film „Alphabet“. Ob im Kindergarten oder der Grundschule, auf den Gymnasien oder Hochschulen: Überall wird Konkurrenzverhalten und Leistungsorientierung eingeübt, statt die Vorstellungskraft zu stärken. So entsteht Druck, der die persönliche Entfaltung verhindert. Die Prioritäten sind klar gesetzt: Wettbewerb statt Freiheit. Stress statt Begeisterung. Angst statt Liebe.
Hingabe fördert Leistung
Noch immer glauben viele weiterhin, dass dieser Kurs die Produktivität steigert. Angstforscher Wolfgang Stegmann berichtet von Manager-Seminaren, in denen nach wie vor das alte Bild von Machiavelli vermittelt wird, der in seiner Schrift „Der Fürst“ schrieb, es sei als Herrscher im Zweifel besser, gefürchtet als geliebt zu werden, da Furcht einfacher herzustellen sei als Liebe und die Angst vor Strafe nie nachlasse. Und im Film „Alphabet“ sagt ein Geschäftsmann im Anzug auf die Frage, wie er sich den Top-Manager der Zukunft vorstelle: „Leistungsorientiert, alles andere ist egal.“
Steht also die Liebe in der Wirtschaft auf verlorenem Posten? Nein, sagt der Psychologe Stephan Grünewald, denn die ängstliche junge Generation fragt sie nach. „Die jungen Menschen benötigen Strukturen, auf die sie sich verlassen können. Sie müssen also Halt finden. Erst dann fühlen sie sich bereit dafür, Leistung zu erbringen.“ Anders gesagt: Das Spiel mit der Angst funktioniert auf Dauer nicht mehr. Mit Zuwendung und Vertrauen lebt es sich in den Unternehmen nicht nur besser – sondern letztlich auch erfolgreicher. „Erfolgreich führt, wer liebt und wer auf die inneren Werte und Bedürfnisse der Mitarbeitenden blickt. Das setzt ungeahnte Wachstumskräfte frei, verbindet Teams, macht kreativ und weckt fröhliche Leistung“, sagt Bruder Paulus Terwitte, Guardian des Kapuzinerklosters Liebfrauen in Frankfurt am Main und Autor diverser Bestseller zu den Themen Glück und Ethik. Um auf dieses Potenzial einer Führungskultur mit Herz aufmerksam zu machen, gründete sich 2013 „Heartleaders“, ein branchenübergreifendes Business-Netzwerk. Die Initiatoren sind überzeugt: „Wertschöpfung entsteht durch Wertschätzung. Denn Menschen, die motiviert und begeistert bei der Arbeit sind, entwickeln bessere Lösungen, haben mehr Ausstrahlung, ziehen attraktivere Kunden an.“
Und noch einen Vorteil hat diese liebevolle Art von Führung: Ein Problem der Liebe ist, dass man von ihr enttäuscht werden kann. Viele Menschen haben daher Angst vor der Liebe. Und sie haben auch Angst, ihren Traumjob anzustreben – aus Angst davor, erfahren zu müssen, dass auch hier die Wege steinig sind und Rückschläge dazugehören. Umso wichtiger ist es, in diesem Moment eine Art von Gemeinschaftsgefühl zu erleben. Also auch im Beruf nicht von Vorgesetzten umgeben zu sein, die das Spiel mit der Angst spielen. Oder von Kollegen, die längst innerlich gekündigt haben und nur noch Zynismus teilen. Stattdessen von Menschen, die diese Hingabe teilen und die Enttäuschung vielleicht ebenfalls kennengelernt haben.
„Liebe ist nur ein Wort, aber sie trägt alles, was wir haben“, hat Oscar Wilde geschrieben. Warum sollte man ausgerechnet bei der Arbeit auf diese Kraft verzichten?
Angst und Liebe: Bücher zum Thema
Heinz Bude: Gesellschaft der Angst.
Hamburger Edition, HIS 2014.
ISBN 978-3868542844.
16,00 Euro
Robert Betz:
Arbeite mit Liebe.
Heyne (ab Januar 2015).
ISBN 978-3453702127.
9,99 Euro
Technikwelten verknüpfen – IT-Absolventen sind Innovatoren in der Industrie
Vier gewinnt! Industrie 4.0 bedeutet den endgültigen Einzug der IT in die Produktion. Neue IT-Systeme helfen beim Herstellen von Strukturen, damit Maschinen miteinander kommunizieren können. Wenn alles passt, läuft die Fertigung schneller, individueller und günstiger ab. Doch jede Revolution hat ihre Risiken. Gesucht werden daher IT-Spezialisten mit Pioniergeist und Organisationstalent.
Knapp zwei Jahre ist Dr. Volker Stümpflens Unternehmen Clueda alt. Seine Firma, eine Ausgründung aus der Helmholtz-Gemeinschaft, entwickelt eine Software, die aus der Datenflut des Internets in Echtzeit businessrelevante Informationen filtert. Aus Big Data wird somit Smart Data. Volker Stümpflen beschreibt den bisherigen Weg bis heute mit vier Worten: Es war viel Arbeit. Von Christoph Berger
Ein eigenes Unternehmen zu gründen, war für Volker Stümpflen nichts Besonderes. Schon seine Eltern und Großeltern hatten ihre eigenen Betriebe. Selbstständigkeit und Verantwortung zu übernehmen, war für ihn normal. Und doch verlief sein eigener Berufsweg erst einmal anders: Stümpflen studierte Chemie an der Universität Marburg und promovierte über organische Halbleiter. Es folgten eine Postdoc-Stelle an der TU Eindhoven sowie ein Traineeprogramm und eine mittlere Managementfunktion bei einem Telekommunikationsunternehmen. Im Jahr 2002 ging er zurück in den Wissenschaftsbetrieb, ans Helmholtz-Zentrum München. Schon damals interessierten ihn semantische Analyseansätze für Suchmaschinen, Suchergebnisse, die nicht nur eine eindeutige Relevanz für die gestellte Frage haben, sondern die auch miteinander verknüpft und präzise aufbereitet werden. Die Idee war geboren, die Familientradition doch noch gewahrt: Intelligente Daten sind das hinter Clueda steckende Geschäftsmodell von Volker Stümpflens Unternehmen, das er 2012 in München gründete.
„Unser Vorteil war, dass wir in den Helmholtz-Enterprise-Fonds aufgenommen wurden“, erzählt Stümpflen. Das Start-up erhielt eine Pre-Seed-Finanzierung. Das bedeutet: Stümpflen konnte mit seinem Team einen Prototypen seiner Software entwickeln, bevor er sich tatsächlich auf dem Markt behaupten musste. So hatte er auch Zeit, sich einen Marktüberblick zu verschaffen, was sich als sehr positiv erwies. War die Software zu Beginn noch auf den biomedizinischen Bereich ausgerichtet, erkannte Stümpflen schnell ihr Potenzial für die Finanzmärkte. „In der Finanzbranche bewegen Nachrichten Märkte. Hierzu schnell brauchbare und valide Analysen zu bekommen, kann ein enormer Wettbewerbsvorteil sein“, erklärt er. Die Software bezieht ihre Daten dabei aus allen erdenklichen digitalen Quellen: Text-, Video- und Audiodaten gehören dazu, auch E-Mails werden in die Analyse einbezogen.
Filmtipp
Der Software Campus hat ein Video veröffentlicht, in dem es um die Frage geht: Was braucht man, um ein Unternehmen erfolgreich zu gründen? Jetzt anschauen!
Doch bevor es richtig losging, schrieb Stümpflen einen Businessplan. Sein Rat: „Den Businessplan sollte man auf jeden Fall selbst erstellen und nicht delegieren – auch wenn die Verlockung groß sein sollte.“ Denn die Auseinandersetzung mit den Themen Finanzierung und Markteinführung des Produkts zähle zu den Hausaufgaben, die unbedingt selbst erledigt werden sollten. Überhaupt sieht Stümpflen es kritisch, Verantwortung an externe Dienstleister abgeben zu wollen. Gerade in der Startphase müsse man die Risiken selbst einschätzen können und im Griff haben – auch wenn die Einarbeitung in neue und fremde Themen enorm viel Aufwand bedeutet, der zur Arbeit am Produkt hinzukommt. Dazu gehören auch juristische Fragestellungen, zum Beispiel die der Firmierung. Bei Clueda entschied man sich für eine AG.
Bei seinem inzwischen auf 30 Mitarbeiter angewachsenen Team setzte Stümpflen von Beginn an auf einen Mix an jungen und erfahrenen Leuten: „Im Technologiesegment haben wir einen sehr großen Anteil an jungen Leuten. Für die Bereiche Marketing und Vertrieb hatten manche Kollegen bei ihrem Einstieg hingegen schon über 20 Jahre Berufserfahrung.“ Gerade von den erfahrenen Kollegen könne man sehr viel lernen und sich noch vieles abschauen, ist der Gründer, der auf Erfahrung baut, überzeugt. Statt Gründertreffen zu besuchen, an denen sich Unternehmen auf gleichem Entwicklungsstand austauschen, geht er demnach auch lieber zu Unternehmen, die schon einige Schritte weiter sind. „Ich will sehen, wie es die anderen gemacht haben. Das bringt mir und Clueda mehr.“ Dabei stellt er immer wieder fest, wie offen andere Unternehmen sind, wie gern sie Gründer unterstützen und ihnen helfen. Derzeit interessiert ihn vor allem, wie andere Unternehmen ihre Expansion ins europäische Ausland und die USA gemeistert haben – die nächsten selbst gesteckten Ziele für seine Firma.
Und vielleicht klappt dieser Schritt ja so gut wie der in Deutschland von der Pre-Seed-Phase in die eigentliche Gründung. Hier konnte Stümpflen von Beginn an die Baader-Bank vom eigenen Softwareprodukt überzeugen. Die Investmentbank wurde nicht nur Investor, sondern gleich auch der erste Kunde, worüber sich Stümpflen freut: „Es ist gut, einen Investor zu haben, der sich auch inhaltlich für das Unternehmen und sein Produkt interessiert.“ Gemeinsam wolle man den Weg der digitalen Revolution gehen. Denn im Bereich der intelligenten Daten sieht sich der Unternehmer Stümpflen durchaus als Pionier.
Infos für Gründer
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat die Internetseite „Gründungen und Unternehmensnachfolge“ eingerichtet. Dort sind zahlreiche Informationen für die eigene Unternehmensgründung zu finden – auch Fragen zur Finanzierung werden beantwortet: www.bmwi.de/DE/Themen/Mittelstand/gruendungen-und-unternehmensnachfolge.html
Auch die Internetseite www.exist.de wird vom BMWi betrieben. Das Exist-Gründerstipendium sieht eine Förderung für Gründer aus Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen vor.
Bei einer modernen Lagerverwaltung geht es längst nicht mehr nur um das Verwalten von Stellplätzen und Informationen, die Menschen in eine Maschine eintippen. Im digitalen und smarten Zeitalter steuert die Maschine selber das Lager und die Prozesse. Sie nimmt dem Menschen Entscheidungen ab. Von Christoph Berger
Auf dem letztjährigen Zukunftskongress Logistik wurde mehrfach herausgestellt, dass der Informationstechnologie in der Logistik eine immer größere Bedeutung zukommt. Sie ist nicht nur für das Lagermanagement, sondern beispielsweise auch für das Management von Distributionsnetzwerken enorm wichtig. Zudem hieß es auf dem Kongress, die Komplexität der Branche wachse „derzeit superexponentiell“. Das bedeutet, immer größere Datenmengen müssen beherrscht werden. Ohne IT ist das nicht möglich. Daten aus der gesamten Lieferkette müssen aufgenommen, kombiniert und ausgewertet werden. Schnelligkeit und Effizienz können entscheidende Wettbewerbsvorteile für die Unternehmen sein. Und natürlich spielen für die Wirtschaftlichkeit auch noch andere IT-Trends eine wichtige Rolle: zum Beispiel die Themen Mobilität und Cloud Computing. Auch die Zusammenarbeit über das Werksgelände hinaus wird für die Logistikbranche und die Unternehmen der Distribution und Beschaffung immer entscheidender, um auf dem Markt erfolgreich bestehen zu können.
Ein Beispiel für den Einsatz von IT in der Logistik: Schnelldreher sind Artikel, die eine hohe Umschlagshäufigkeit aufweisen. Sie werden geliefert und nur kurz gelagert. Dann werden sie schon wieder weitertransportiert. Sie in der hinteren Ecke des Lagers zu positionieren, wäre daher nicht effizient. Der schnelle Zugang und eine flotte Verlademöglichkeit müssen für Schnelldreher gewährleistet sein. Wird für das Lagermanagement eine moderne Software genutzt, ein Warehouse-Management- System (WMS), dann gibt die Software den geeigneten Lagerplatz für jedes eintreffende Produkt an – und zwar direkt bei Einlieferung. Bei der Auslagerung wiederum kommen dann zum Beispiel Barcode-Scanner, RFID-Technik (radio-frequency identification) sowie insbesondere bei Kleinteilen Pick-by-Voice oder Pick-by-Light zum Einsatz. In intelligenten Hochregallagern wird die Information sogar direkt an andere Maschinen weitergegeben, die für die Beförderung zuständig sind.
Literatur
Andreas Bauer, Holger Günzel:
Data-Warehouse-Systeme: Architektur, Entwicklung, Anwendung.
dpunkt. 2013.
ISBN 978-3898647854
49,90 Euro
Von überall kontrollierbare Prozesse
„Ein modernes Warehouse-Management- System muss hochskalierbar und konfigurierbar sein. Auf dieser Basis können Unternehmen schnell auf sich ändernde Anforderungen und Prozesse reagieren“, erklärt Daniel Braß, Account Manager bei Infor, einem weltweit tätigen Anbieter von Geschäftssoftware. „Zudem sollten sämtliche Informationen jederzeit und überall auch auf Mobilgeräten abrufbar sein, um die Prozesse wie Warenein- und -auslagerungen jederzeit überwachen und steuern zu können.“
Zu den Kernfunktionen einer WMS-Software gehört auch, dass sie notwendige Lagerbedingungen oder Haltbarkeitsdaten bei verderblicher Ware berücksichtigt. Das System kann sogar die Produktion entlasten, indem es beispielsweise Montageprozesse direkt im Lager steuert – etwa vor der Auslieferung die länderspezifische Ausstattung von Elektrogeräten mit der richtigen Stromversorgung. Ein weiteres wichtiges Thema: die Rückverfolgung von Produktbewegungen bis hin zu ihrem Ursprung gemäß EU-Verordnung 178/2002. Dank einer umfangreichen Dokumentation aller Prozesse ist so Revisionssicherheit gegeben.
Web- und Datenbanktechnologien
Die Informatiker bei Infor arbeiten mit der objektorientierten Programmiersprache Java. Für die Frontends kommt unter anderem HTML5 zum Einsatz. Das garantiert die komplette Webfähigkeit der Software sowie die Bedienbarkeit über sämtliche Endgeräte. „Selbstverständlich arbeiten wir mit zeitgemäßer Datenbanktechnik, zum Beispiel Microsoft SQL und Oracle“, erklärt Daniel Braß, der selbst Nachrichtentechnik studiert hat.
Doch die Kenntnis von Programmiersprachen und tiefgehendes Technikwissen reichen für einen erfolgreichen Start längst nicht aus, will man mit und für die Logistikbranche IT-Systeme entwickeln. Neben ausgeprägten Kommunikationsfähigkeiten ist dafür vor allem Prozessdenken Grundvoraussetzung. „Mitarbeiter müssen die Hintergründe und Prozesse verstehen, um schließlich komplexe Lösungen entwickeln zu können. Dafür braucht es die richtige Herangehensweise“, sagt Braß. Sein Unternehmen testet das Potenzial der Bewerber daher nicht nur in den Vorstellungsgesprächen. Hin und wieder müssen sie auch Testszenarien bearbeiten und präsentieren. „Da erkennt man sehr schnell, wer passt und wer nicht“, so Braß.
Die von Prof. Dr. Verena Wolf entwickelten Methoden lassen sich auf viele Bereiche anwenden. Für ihre Anwendungen im Bereich der Biologie wurde sie ausgezeichnet. Was sie zur Forschung motivierte, welche Vorteile Simulationen und Modelle haben und was sie sich von Absolventen wünscht, erklärt die Informatikprofessorin im Interview. Die Fragen stellte Christoph Berger
Zur Person
Prof. Dr. Verena Wolf, Foto: Privat
Verena Wolf, geboren 1979, studierte in Bonn Informatik mit Nebenfach Mathematik auf Diplom. Ihre Promotion schrieb sie an der Universität Mannheim. Im Anschluss erhielt sie das Angebot, in einer Forschergruppe von Thomas Henzinger in der Schweiz zu arbeiten. Nach einem Jahr als Postdoc bewarb sich Verena Wolf 2009 erfolgreich auf die Stelle einer Nachwuchsgruppenleiterin am Exzellenzcluster der Universität des Saarlands. Drei Jahre später erhielt sie den Ruf zur Professorin. Wolf entwickelte einen Algorithmus, der es erlaubt, die Vorgänge in Zellen mit statistischen Methoden zu berechnen. Dadurch können diese Vorgänge erstmals simuliert werden. Für ihre Forschungen in dem Bereich wurde Verena Wolf 2013 mit dem Preis „Innovatoren unter 35“ ausgezeichnet.
Frau Wolf, wie fühlte es sich an, zu den „Innovatoren unter 35“ zu gehören?
Ich freute mich sehr über den Preis. Ich bekam ihn, als ich gerade die Babypause hinter mir hatte und sehr viel für meine Lehrveranstaltungen getan habe. Zeit für Forschungen blieb da nicht mehr viel. Der Preis motivierte mich, wieder mehr zu forschen. Er zeigte mir: Jetzt muss ich weitermachen.
Sie haben eine Methode entwickelt, mit der sich Vorgänge in Zellen berechnen und später simulieren lassen. Hatten Sie eine Ahnung davon, dass Sie an etwas so Bahnbrechendem arbeiten?
Mir war klar, dass alles bisher Gemachte irgendwie nicht richtig war. Ich war davon überzeugt, dass sich große Systeme nur mit meiner Idee eines hybriden Ansatzes berechnen lassen. Und biologische Systeme sind immer komplex und groß. Es gab einen sehr effizienten Ansatz, der die Systeme aber nicht genau genug beschreibt. Der stochastische Ansatz war im Gegensatz dazu viel zu detailliert. Daher war für mich klar, man braucht einen hybriden Ansatz, der für große Systeme skaliert wird und nur an manchen Stellen eine detaillierte Beschreibung benutzt.
Was ist der Vorteil von Ihren Modellen und Simulationen?
Ich weiß natürlich, wie die Messverfahren funktionieren, aber die Experimente machen am Ende doch die Biologen. Mit unseren Simulationen versuchen wir, das Bestmögliche aus ihren Messergebnissen herauszuholen. Ohne uns hätten sie zwar ihre Ergebnisse, könnten diese aber nicht so gut interpretieren. Mit dem Computer erstellen wir Modelle, um Hypothesen zu überprüfen. Die Messergebnisse verwendet man, um das Modell anzupassen. Mit einem guten Modell kann man dann vieles machen: Man kann hypothetische Fragestellungen beantworten, indem man das Modell beispielsweise mit anderen Parametern laufen lässt. Im Labor müsste man dafür neue Experimente machen. Im Labor kann man auch nicht nachvollziehen, wie es zu den Ergebnissen kommt. Mit dem Modell geht das.
Wie kamen Sie überhaupt zur Informatik?
Ich hatte einen sehr guten Informatiklehrer in der Schule, der uns viele Tüftelaufgaben lösen ließ. Das gab uns Einblicke in die spannenden Theorien der Informatik. Das machte mir so viel Spaß, dass ich das Studium einfach probiert habe. Ich hatte zwar Bedenken, ob ich das Programmieren hinbekommen würde, dann fiel es mir aber sehr leicht. Das Programmieren habe ich nebenbei gelernt.
War es hilfreich, dass Sie bei einer der wenigen Informatikprofessorinnen studierten?
Nein, auch männliche Professoren fördern einen, wenn man gut ist. Allerdings war ich damals sehr unsicher. Die Professorin war eine sehr herzliche und nette Person. Und sie war im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen jünger. Zu ihr traute ich mich immer zu gehen, um beispielsweise über die Diplomarbeit zu reden.
Wie haben Sie sich auf Ihrem weiteren Weg in dem ansonsten von Männern dominierten Bereich durchgesetzt?
Ich wurde während meiner Promotion selbstbewusster. Auf Vorträgen und Konferenzen stellte ich oft sehr kritische Fragen – ich kannte mich mit den Thematiken ja sehr gut aus. So wurden die Leute auf mich aufmerksam und sagten: Mensch, die hat gute Ideen und kann was. So wurde ich in der Forschungsgemeinschaft bekannt und bekam Einladungen zu Programmkomitees. Das half mir enorm.
Was sind Ihre Tipps für die heutigen IT-Absolventinnen?
Frauen müssen sich viel mehr zutrauen. Sie können oft viel mehr, als sie denken. Ich selbst habe mir auch oft zu wenig zugetraut und gedacht, das schaffe oder kann ich nicht. Und am Ende war es ganz leicht. Männliche Studenten sind hingegen oft sehr von sich selbst überzeugt. Manchmal steckt bei ihnen aber viel weniger dahinter.
Und welchen Rat haben Sie für alle Absolventen der Informatik?
Es geht immer darum, sich viel Wissen anzueignen und viel zu lesen. Nur das Nötigste zu machen, reicht nicht aus. Ich treffe wenig junge Menschen, die sehr viele Bücher lesen, die sehr viel Wissen konsumieren. Mir fehlt bei vielen der Blick über das Nötige hinaus. Denn die Probleme sind sich oft ähnlich. Man kann viele neue Dinge entwickeln, indem man Lösungsstrategien aus verschiedenen Bereichen zusammenfügt.
Mein Wechsel zu Brunel vor sieben Jahren hatte einen ganz einfachen Grund: Mir wurde versprochen, dass ich mich nicht langweilen würde. Und dieses Versprechen wurde bis heute gehalten. Von Jan Kellmer
Jan Kellmer, Foto: Brunel
Studium der Informatik, der Betriebswirtschaft sowie eines Bachelor und eines Master of Business Administration
eingestiegen im Oktober 2007
bei Brunel als Softwareentwickler in der Niederlassung Bremen
aufgestiegen 2010
zum Verantwortlichen für die Systemintegration sowie für die Einführung eines neuen Softwareentwicklungsprozesses für die Niederlassung Bremerhaven
Zuvor hatte ich nach meinem Informatikstudium kurz als Softwareentwickler im Marine-/Defence-Sektor gearbeitet. Dann machte ich meinen ersten Karrieresprung: Sechs Jahre lang war ich als Senior-Softwareentwickler in den Bereichen Computational Fluid Dynamics (CFD), also numerischer Strömungsmechanik, sowie Finite-Elemente-Methode (FEM) – das ist ein numerisches Verfahren zur Lösung von partiellen Differentialgleichungen – für Auftragsberechnungen und Optimierungen tätig. Konkret habe ich Strukturoptimierungen in der Automotive- sowie Aerospace- Industrie begleitet. In dieser Zeit merkte ich, dass ich während meines Studiums zwar wichtiges IT-Fachwissen erworben hatte, die betriebswirtschaftlichen Grundlagen dabei jedoch zu knapp abgehandelt worden waren.
Verzicht auf Freizeit
Ich wollte mich jedoch beispielsweise in Meetings mehr einbringen, um Projekte gezielter vorantreiben zu können. Also entschied ich mich 2004 für ein dreijähriges berufsbegleitendes Studium der Betriebswirtschaft an der Deutschen Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie (VWA). Das Studium hat mir von Beginn an Spaß gemacht, aber ich gebe zu: Es waren ziemlich harte drei Jahre. Zwei bis drei Abende in der Woche hatte ich Vorlesungen bis jeweils 21:15 Uhr, hinzu kamen Lernphasen an den Wochenenden und im Urlaub. Viel Freizeit blieb da nicht. Doch diese Fortbildung brachte den gewünschten Effekt: Ich betrachte meine Projekte seither aus einem ganz anderen Blickwinkel und konnte zudem neue Aufgaben übernehmen.
2007 wechselte ich dann zur Brunel- Niederlassung nach Bremen. Dort war ich als Softwareentwickler im Energy- Sektor tätig. Von Beginn an zeigte sich auch dabei, dass mein Blick über den fachlichen Tellerrand sehr hilfreich war. So entschied ich mich, mit dem Bachelor of Business Administration direkt noch ein weiteres berufsbegleitendes Studium draufzusatteln, wieder an der VWA. Dieses Mal dauerte es nur ein Jahr – und ich weihte meinen Arbeitgeber ein.
Meine Vorgesetzten fanden meine Initiative sehr lobenswert und reagierten mit voller Unterstützung – obwohl sie zunächst etwas verblüfft waren, dass ich mir erneut neben meiner Arbeit als Informatiker viele Stunden am Schreibtisch zumuten wollte. Doch zum einen fand dieses Studium vornehmlich an den Wochenenden statt, und zum anderen war es für mein berufliches Fortkommen wichtig, die Wissenschaft hinter der BWL zu kennen und entsprechende Analysen vornehmen zu können. Ich bin schließlich in einem Bereich tätig, der sich technologisch sehr schnell wandelt. Die Unternehmen, für die ich arbeite, erwarten jedoch Kontinuität sowie wirtschaftlich nachhaltige Lösungen. Diese kann ich nur anbieten, wenn ich auch betriebswirtschaftlich denke sowie die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtige.
Verantwortungsvolle Projekte
Nach Abschluss des Bachelors überlegte ich, gleich den Master anzuschließen. Doch ich zögerte, weil ich nicht sofort einen Studiengang mit ansprechendem Curriculum fand. Zudem waren die vielen Wochenenden und Abende über den Lernunterlagen eine Bewährungsprobe für mein Privatleben gewesen. Und ausreichend Arbeit hatte ich sowieso. 2010 hatte ich für einen unserer Kunden die Integrationsverantwortung sowie die Verantwortung für die Einführung eines neuen Softwareentwicklungsprozesses übernommen. Das sind Aufgaben, die gerade zu Beginn manche Überstunde und viel Energie kosteten. Doch eines Tages war der Zeitpunkt gekommen. Ich sorgte nun schon seit fünf Jahren dafür, dass die Software unseres Kunden on time mit der korrekten Funktionalität und der gewünschten Qualität ausgeliefert wurde. Daneben unterstützte ich mittlerweile auch den Vertrieb bei der Auslegung von Telekommunikationssystemen. Diese Zusammenarbeit über die Abteilungsgrenzen hinweg bewog mich 2011 dazu, ein vorerst letztes zusätzliches Studium zu absolvieren: Master of Business Administration an der Fachhochschule für Oekonomie und Managament (FOM).
Diese erneute theoretische betriebswirtschaftliche Ergänzung passte perfekt zu meinem Aufgabenfeld. Auch hier fanden die Vorlesungen und Treffen der Lerngruppen an den Wochenenden statt, wobei mir gerade der persönliche Austausch unter den Studenten sehr wichtig war: Wir konnten Recherchen aufteilen, Fragen besprechen und uns nicht zuletzt auch gegenseitig motivieren. Denn natürlich gibt es immer wieder Phasen, in denen mir etwas die Lust fehlte. Trotzdem: Ich würde es immer wieder so machen, um meine Karriere durch Aufbaustudiengänge vielfältiger zu gestalten.