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Mehrheit der Berufstätigen an Feiertagen erreichbar

Die große Mehrheit der Berufstätigen ist über die Weihnachtsfeiertage und zwischen den Jahren selbst dann beruflich erreichbar, wenn sie Urlaub haben. Mehr als drei Viertel (76 Prozent) geben an, nicht nur auszuspannen, sondern auch für Kollegen, Kunden oder Vorgesetzte per E-Mail oder Telefon ansprechbar zu sein.

Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Hightech-Verbands BITKOM. Die Erreichbarkeit trotz Ferien bleibt damit auf dem hohen Niveau der Vorjahre. Allerdings beantworten weniger Berufstätige dienstliche Anrufe, dafür werden häufiger die Arbeitsmails gecheckt. So sind nur rund zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) per Telefon erreichbar, zur Weihnachtszeit 2013 waren es noch drei Viertel (74 Prozent). Ebenso viele (64 Prozent) lesen berufliche E-Mails, das ist eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr (55 Prozent).

„Durch die Verbreitung von Smartphones erreicht eine E-Mail genauso direkt ihren Empfänger wie ein Anruf, gleichzeitig wird sie aber als weniger störend empfunden“, sagt BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf. „Grundsätzlich bleibt es wichtig, dass Beschäftigte in ihrer Freizeit auch komplett abschalten können – das sollte im Interesse der Mitarbeiter wie auch der Unternehmen liegen.“

Gerade einmal jeder vierte Urlauber (24 Prozent) ist über die Weihnachtstage überhaupt nicht dienstlich zu erreichen. Jüngere lassen es dabei grundsätzlich deutlich entspannter angehen als die Älteren. Mehr als jeder Zweite der unter 30-Jährigen (51 Prozent) klinkt sich komplett aus. Am häufigsten beantworten die 30- bis 49-Jährigen E-Mails und Anrufe – gerade einmal 14 Prozent schalten komplett ab. Zwischen den Geschlechtern gibt es nur geringe Unterschiede. Männer (28 Prozent) schalten etwas häufiger ganz ab als Frauen (21 Prozent).

Allerdings stellt sich in diesem Jahr längst nicht für jeden Berufstätigen die Frage nach der Erreichbarkeit über die Feiertage. Jeder Vierte (25 Prozent) hat zwischen Weihnachten und Neujahr keinen Urlaub (2013: 18 Prozent).

In eigener Sache

Wir trauern um Dietrich Schirmer, den Gründer des karriereführer, in dessen Schirmer Verlag bis 2002 die karriereführer-Reihe erschien.

Unser Mitgefühl gilt seinen Angehörigen.

Geschäftsführung und Mitarbeiter der Transmedia Verlag GmbH und Co. KG.

Bewerbungen heute

Worauf müssen Bewerber bei Bewerbungen heute besonders achten? Und warum sollten Sie sich einen anderen Arbeitgeber suchen, wenn Sie im Vorstellungsgespräch nach Ihren Schwächen gefragt werden? Prof. Dr. Jutta Rump, Direktor für das Institut für Beschäftigung und Employability der Hochschule Ludwigshafen am Rhein, gibt Tipps für die Bewerbung und zu aktuellen Bewerbungstrends. Die Fragen stellte Sabine Olschner.

Prof. Dr. Jutta Rump, Foto: Venustas Fotografie & Kommunikationsdesign
Prof. Dr. Jutta Rump, Foto: Venustas Fotografie & Kommunikationsdesign

Wie schätzen Sie die aktuelle Situation für Bewerber ein?
Bewerber sind heutzutage in einer denkbar günstigen Situation, die es so in den letzten Jahrzehnten nicht gegeben hat. Viele haben die Möglichkeit, sich ihren künftigen Arbeitgeber auszusuchen. Das bedeutet aber nicht, dass Bewerber jetzt nur noch eine Loseblattsammlung abzugeben brauchen und schon einen Job bekommen. Qualität ist noch immer sehr wichtig, denn Unternehmen prüfen nach wie vor, ob die Bewerbung sorgfältig erstellt wurde. Die Art und Weise, wie Sie sich bewerben, sagt natürlich schon viel über Ihre Grundeinstellung aus. Mit einer sehr professionellen Bewerbung und einem sehr guten Auftreten können Sie sogar einen Teil Ihrer möglichweise schlechten Noten wettmachen.

Was halten Sie von den Mustervorlagen und -anschreiben im Internet, mit denen man sich schnell eine eigene Bewerbung erstellen kann?
Wenn Sie auf einer solchen Seite gute Unterstützung für Ihre Bewerbung bekommen und sie damit ordentlich aussieht – warum nicht? Bevor Sie an der Technik verzweifeln, können Sie sich aus meiner Sicht hier gern technische Hilfestellung holen. Dabei sollte Ihre Bewerbung natürlich weiterhin individualisiert sein und nicht aus einem 08/15-Schreiben bestehen.

Wie kann ich denn meine Individualität am besten zeigen? Auslandsaufenthalte und Praktika kann doch heutzutage fast jeder vorweisen.
Indem Sie sich zivilgesellschaftlich und ehrenamtlich engagieren. Viele tun das bereits, bringen das in ihrer Bewerbung aber zu wenig rüber. Ehrenamtliche Tätigkeiten zeigen, dass Sie ein hohes Maß an Sozialkompetenz haben, was man oft an Zeugnissen gar nicht so ablesen kann.

Was halten Sie von den Bewerbungsratgebern mit ihren zahlreichen Tipps, zum Beispiel zu typischen Antworten auf Fragen im Vorstellungsgespräch?
Seien Sie lieber offen und bleiben Sie sie selbst. Spielen Sie keine Rolle. Und vor allem sollten Sie eine klare Vorstellung davon haben, was Sie wollen. Leider wissen nur wenige eine Antwort auf die Frage, was ihre wahren Stärken und Talente sind. Aber ein Unternehmen kann seine Mitarbeiter doch nur dann gut einsetzen, wenn es weiß, welche Talente und Stärken die Bewerber mitbringen. Fragen nach den Schwächen zu stellen, halte ich übrigens für sinnlos – denn diese bekommt man als Arbeitgeber sowieso schnell mit. Wenn Sie als Bewerber auf ein Unternehmen treffen, das nach Ihren Schwächen fragt, suchen Sie sich lieber einen anderen Arbeitgeber aus. Denn diese Frage sagt auch eine Menge über das Unternehmen aus. Die Konzentration auf die Schwächen hat in einem modernen Management nichts mehr zu suchen. Sollten Sie trotzdem danach gefragt werden, stellen Sie am besten die Gegenfrage, was das Unternehmen denn zur Entwicklung Ihrer Stärken tut.

Wie wichtig ist Storytelling im Vorstellungsgespräch?
Wenn Sie Ihre Fähigkeiten mit bestimmten Erlebnissen verknüpfen können, ist das eine super Sache. Viele Personaler mögen gute Geschichten, denn diese zeigen vor allem die Persönlichkeit eines Menschen. Mit Storytelling kommen Sie in einen Redefluss hinein, und das Gespräch mit dem Personaler wird leichtfüßiger.

Welche weiteren Trends sehen Sie im Bereich der Bewerbung heute?
Bewerber suchen heutzutage keinen Arbeitgeber mehr auf Lebenszeit, sondern eher für einen Lebensabschnitt. Nach einer Phase als Führungskraft geht man vielleicht mal eine Weile in eine Fachlaufbahn, um dann wieder eine Führungslaufbahn einzuschlagen. Karrieremodelle sind heutzutage viel durchlässiger als früher. Darauf sollten sich Bewerber und Unternehmen einstellen.

Meyer-Burckhardts Frauengeschichten

Diesmal ist Eva Wlodarek zu Gast bei Hubertus Meyer-Burckhardt, der wie immer am ersten Sonntag des Monats auf NDR Info zu „Meyer-Burckhardts Frauengeschichten“ einlädt.

Eva Wlodarek im karriereführer
Hubertus Meyer-Burckhardt im karriereführer

Eva Wlodarek hat hunderte Psychotests entworfen und war jahrzehntelang die Psychologin der Zeitschrift Brigitte. An der Seite von Jörg Pilawa beeindruckte sie als Expertin in der ARD-Show „Der große Partnertest“ und schrieb zahlreiche Bücher – über Selbstvertrauen, Ausstrahlung, Lebenskrisen und Partnersuche. In dem Gespräch mit Hubertus Meyer-Burckhardt geht es um Psychotherapie, um Lebenshilfe und um das Glück – denn Eva Wlodarek promovierte 1987 in Hamburg über das Thema Glücklichsein.

NDR Info – Der Talk – 07.12.2014 16:05 Uhr Autor/in: Hubertus Meyer-Burckhardt

karriereführer bauingenieure 2014.2015

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Cover karriereführer bauingenieure 2014.2015

Building Information Modeling (BIM) – Bauingenieure verknüpfen Fach- und IT-Wissen

Planen in fünf Dimensionen. Die Zukunft auf dem Bau gehört dem BIM: Das Building Information Modeling steht für eine neue Methode, mithilfe von Software große Projekte zu planen. Die Methode begleitet die Vorhaben vom architektonischen Entwurf über den ersten Spatenstich und weit über die Schlüsselübergabe hinaus. Bauingenieure erhalten damit ein digitales Werkzeug, um ihr Fachwissen anzuwenden.

Hoher Bedarf an Absolventen

Trotz steigender Studienanfänger- und Absolventenzahlen bleibt die Suche nach Fachkräften von Unternehmen des deutschen Bauhauptgewerbes angespannt. Für Absolventen beinhaltet das die gute Nachricht: Die Berufsaussichten für Bauingenieure sind sehr gut. Von Christoph Berger

Nach einem Dämpfer im Jahr 2012 setzte sich der positive Trend aus den vorangegangen Jahren bei den Studienanfängerzahlen im Studienfach Bauingenieurwesen im darauffolgenden Jahr wieder fort. Demnach wurden 2013 rund 11.900 Studienanfänger verzeichnet, 480 mehr als noch 2012. Das Niveau des Jahres 2011 wurde aber noch nicht wieder erreicht, in dem bedingt durch die Aussetzung der Wehrpflicht und die Doppelabiturjahrgänge die Studienanfängerzahl mit rund 12.900 auf das höchste Niveau seit der Wiedervereinigung geklettert war. „Der befürchtete Einbruch bei den Studienanfängern ist ausgeblieben. Das Bauingenieurwesen gehört weiterhin zu den beliebtesten technischen Studiengängen an deutschen Hochschulen und kann sich mit dem Maschinenbau, der Informatik und der Elektrotechnik messen“, sagte RA Michael Knipper, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, bei der Vorstellung der Zahlen im Oktober diesen Jahres.

Mehr Angebot als Absolventen
Parallel dazu haben sich auch die Absolventenzahlen im Fach positiv entwickelt. Knapp 7900 Absolventen stehen den Unternehmen und Institutionen des Bauarbeitsmarkts aktuell zur Verfügung – das sind gut 1200 mehr als im Vorjahr. Allerdings ist diese Zunahme für Knipper nur auf den ersten Blick eine gute Nachricht, denn: „Die deutsche Bauwirtschaft hat zwar nur einen jährlichen Bedarf an Jungingenieuren von rund 4000, aber nicht alle Absolventen stehen den Unternehmen tatsächlich zur Verfügung.“ Einige würden den Weg in Ingenieurbüros suchen, andere in die öffentliche Verwaltung streben. So übersteige schließlich der Bedarf der Branche das Angebot.

Auch die hohe Abbrecherquote von 50 Prozent macht der Branche zu schaffen. Bewahrheitet sich die Prognose, schließen in fünf bis sechs Jahren von den heute etwa 12.000 Studienanfängern nur die Hälfte ihr Studium auch tatsächlich ab. „Die Berufsaussichten für Bauingenieure sind also als sehr gut zu bezeichnen“, erklärte Knipper.

Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. | Kraus | Stand: 10/2014
Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. | Kraus | Stand: 10/2014

Der Frauenanteil liegt bei 30 Prozent
Gleichzeitig mahnte Knipper die Unternehmen, die Sicherung des Führungsnachwuchses aktiv zu verfolgen. Ansatzpunkte gäbe es beispielsweise bei der Förderung von Frauen: „Das Bauingenieurwesen hat im Vergleich zu anderen technischen Fächern mit rund 30 Prozent einen sehr hohen Frauenanteil. Hier ist die Bauwirtschaft gefragt, Modelle für die Vereinbarkeit von Karriere und Familien zu entwickeln und dies so früh wie möglich an den Universitäten zu kommunizieren. Denn wer als Frau eine Perspektive auf eine angemessene Work-Life-Balance hat, bleibt auch im Job.“

Angeklickt

  • Branchenbericht: „Der Arbeitsmarkt im Bausektor“ unter: www.bauindustrie.de/downloads
  • Informationen zum Beruf Bauingenieur unter www.werde-bauingenieur.de
  • Orientierungshilfen Bachelor/Master Bauingenieurwesen und Studienstandards Bauingenieurwesen unter www.asbau.org

Bauingenieure verdienen mehr denn je

Was bekomme ich später als Bauingenieur für mein hartes Studium? Wie hoch ist das Einstiegsgehalt und welche Entwicklungsmöglichkeiten bieten sich? Fragen zum Thema Gehalt dominieren klar die Diskussionen in der Branche. Das Branchenmedium bauingenieur24 ermittelt regelmäßig das aktuelle Gehaltsniveau. Von Fabian Hesse, Redakteur des Berufsportals bauingenieur24

Seit 2008 liefert das Berufsportal in regelmäßigem Abstand eine Übersicht, die das Einkommen der Bauingenieure miteinander vergleicht. Unter den analysierten Berufen befinden sich Geschäftsführer, Freiberufler und Angestellte. Die nicht repräsentativen Zahlen erhält der Onlinedienst durch anonyme Leserumfragen auf seiner Seite.

In der Erhebung geben die Befragten jeweils das Bruttojahreseinkommen inklusive aller zusätzlichen Entgelte und Einmalzahlungen an. 2014 wurde dabei eine grundsätzliche Gehaltssteigerung gegenüber dem Resultat von 2012 festgestellt. Der durchschnittliche Verdienst der an der Umfrage beteiligten Bauingenieure liegt demnach bei 57.143 Euro brutto im Jahr. 2012 lag der Wert noch mehr als 3000 Euro niedriger, damals waren es 53.688 Euro.

Auffallend ist, dass der Prozentsatz der sehr gut verdienenden Bauingenieure, mit einem Bruttojahreseinkommen über 90.000 Euro, im Vergleich zur letzten Umfrage um über drei Prozentpunkte gestiegen ist. Tatsächlich hat er mit gut acht Prozent einen absoluten Höchststand innerhalb der bisherigen Erhebungen erreicht. 2012 lag der Wert bei fünf, 2011 bei sechs und 2008 bei nur 1,8 Prozent.

Mehrheit verdient über 50.000 Euro
Demgegenüber scheint sich die Zahl der vergleichsweise wenig verdienenden Kollegen innerhalb des Bauingenieurwesens mehr und mehr zu verringern. In der aktuellen Umfrage markierten gerade einmal 3,4 Prozent der Teilnehmer den Bereich „unter 30.000 Euro“. 2012 waren es noch 6,5 Prozent, ein Jahr zuvor 6,8 Prozent und 2008 sogar 34 Prozent gewesen.

Nach wie vor liegen die meisten Bauingenieure jedoch im mittleren Bereich, also zwischen 40.000 bis 50.000 Euro Bruttojahresgehalt. Zum Zeitpunkt der ersten Umfrage befand sich noch etwa ein Drittel der Befragten in dieser Gehaltsklasse. Der Wert ist inzwischen auf ein Viertel, 25,8 Prozent, gesunken, die Einkommensverhältnisse haben sich deutlich nach oben verschoben. So verdienen heute 59 Prozent der befragten Bauingenieure mehr als 50.000 Euro im Jahr. 2012 lag der Wert im Vergleich dazu noch bei 49 Prozent, 2008 bei 18 Prozent.

Bezüglich der Einkommensverhältnisse von Bauingenieuren wird häufig die schlechte Datenlage kritisiert. Vor diesem Hintergrund ist die regelmäßige Gehaltsumfrage auf bauingenieur24 unter Bauingenieuren eine informative Quelle.

Stressmanagement

Bauleiter gehören zu den wichtigsten Mitarbeitern in einem Bauunternehmen: Sie sind zum einen für die Baustelle, zum anderen für das wirtschaftliche Ergebnis der Firma verantwortlich. Dieser Druck kann für manche zuviel werden. Von Sabine Olschner

Der Job eines Bauleiters ist nicht einfach: Die Anforderungen an die Qualität seiner Arbeit sind hoch; er muss sich ständig auf neue Herausforderungen einstellen; er trägt eine hohe Verantwortung für Menschen und Sachwerte; er steht unter starkem Termindruck; er befindet sich oft in einer „Sandwichposition“ und muss die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten ausgleichen. Kein Wunder also, dass viele Bauleiter gestresst sind und nicht selten kurz vor dem Burnout stehen.

Diesem Problem haben sich die Bergische Universität Wuppertal (Baubetrieb und Bauwirtschaft), das Berufsförderungswerk der Bauindustrie NRW sowie die conpara Gesellschaft für Unternehmensberatung angenommen. Gemeinsam haben sie das Projekt „Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit von Baustellen-Führungskräften“ (EBBFü) ins Leben gerufen. Zunächst befragten die Projektleiter die Mitgliedsunternehmen der Baugewerblichen Verbände Nordrhein und Westfalen zu den zeitlichen, psychischen und sozialen Belastungen der Bauleiter und interviewten Baustellen-Führungskräfte und Geschäftsführer zur Arbeitsgestaltung, zu ihren persönlichen Bewältigungsstrategien und dem Zusammenhang von Arbeits- und Familienleben. Aus den Umfrageergebnissen wurden zwei Modelle für Verbesserungsmaßnahmen entwickelt, eines für mittelgroße Unternehmen der Bauindustrie, eines für kleinere Unternehmen des Bauhandwerks. Parallel dazu wurden Weiterbildungsmodule entwickelt, die den Baustellen- Führungskräften sowie der Geschäftsführung zusätzliche Kompetenzen vermitteln. Das EBBFü-Projekt ist nun nach 24 Monaten ausgelaufen, ein Folgeprojekt, in dem es darum geht, Bauleitern eine Assistenz zur Seite zu stellen, die sie unterstützt, ist derzeit in Planung.

Eine der Projektleiterinnen ist Maria Emig, Referentin im Berufsförderungswerk der Bauindustrie NRW e.V. und Trainerin in den Bereichen Stress-, Zeit- und Selbstmanagement. Die gelernte Bauingenieurin bietet für Bauleiter Seminare zur Stressbewältigung an – für Einzelpersonen, Gruppen oder als Inhouse-Seminar in den Bauunternehmen selber. „Bauleiter zeigen eine überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft und sind sehr zielorientiert. Die vielfältigen Herausforderungen können sich jedoch verselbständigen“, weiß Maria Emig. Weil sie ohnehin schon unter Druck stehen, wollen die Bauleiter Methoden kennen, die schnell funktionieren und leicht umzusetzen sind, so die Erfahrung der Trainerin.

Entsprechend lernen die Bauleiter in den Workshops zur Stressbewältigung viele Übungen, die sie unterwegs im Auto, auf der Baustelle oder auch zu Hause anwenden können. „Am beliebtesten ist die Ruheatmung, mit der man ganz schnell einen Gang zurückschalten kann“, sagt Maria Emig. Auch einfache Tipps, zum Beispiel über den Tag das Wassertrinken nicht zu vergessen, sind erstaunlich effektiv. Dass solche Trainings für Bauleiter dringend notwendig sind, erkennen auch die Baufirmen mittlerweile – denn schließlich sind sie auf die Einsatzfähigkeit ihrer Bauleiter angewiesen.

Linktipp

Mehr zum EBBFü-Projekt unter:
www.ebbfue.de

„Ich habe mein Ding durchgezogen“

Mit gerade einmal 27 Jahren übernahm Renate Dittgen 1974 den elterlichen Betrieb. Sie musste sich gegen die männliche Belegschaft und Vorbehalte der Bank durchsetzen. Wie sie das geschafft hat, erzählt sie im karriereführer-Interview. Die Fragen stellte Sabine Olschner.

Zur Person

Renate Dittgen, Foto: Brigitte Krauth
Renate Dittgen, Foto: Brigitte Krauth

Renate Dittgen hat zunächst an der Uni Tübingen Biochemie studiert. Nach einem Semester wechselte sie zur Betriebswirtschaftslehre an die Universität Saarbrücken und machte 1971 ihren Abschluss als Diplom-Kaufmann. Anschließend arbeitete sie ein Jahr lang als Assistentin an zwei Lehrstühlen der Universität Saarbrücken. Nach einem schweren Unfall übernahm sie mit 27 Jahren das Unternehmen ihres Vaters, der in der Zwischenzeit erkrankt war und 1974 verstarb. Unter ihrer Leitung hat sich das mittelständische Unternehmen Dittgen mit seinen 200 Mitarbeitern zu einer der erfolgreichsten Baufirmen an der Saar entwickelt. Renate Dittgen wurde 2013 für ihr vorbildliches und ehrenamtliches Engagement sowie für die hervorragende Ausbildung und Lehre in ihrem Betrieb mit dem Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Frau Dittgen, hatten Sie schon immer geplant, das Familienunternehmen einmal von Ihrem Vater zu übernehmen?
Nein, ich wollte viel lieber eine Universitätslaufbahn einschlagen oder in einen Konzern einsteigen – mein Studium war auch viel mehr in diese Richtung ausgelegt. Auch mein Vater hatte mich niemals für die Übernahme seines Unternehmens vorgesehen. Aber ich war damals, als mein Vater plötzlich starb, die Einzige, die in etwa geeignet war, die Nachfolge anzutreten. Außerdem war ich nach einem schweren Unfall ohnehin in der Phase einer beruflichen Neuorientierung, sodass es passte, in den elterlichen Betrieb zu gehen. Aber unter anderen Umständen hätte ich das wohl kaum gemacht.

Wurde zu Hause viel über das Unternehmen gesprochen, sodass Sie wussten, was auf Sie zukommt?
Ich war schon immer nah dran an unserem Unternehmen, denn Wohn- und Geschäftshaus waren früher unter einem Dach untergebracht. Ich habe als Kind auf dem Bauhof gespielt und die Mitarbeiter gekannt. Mit meinem Vater bin ich immer auf die Baustellen mitgefahren. Und auch in der Familie war das Geschäft immer Tagesgespräch. Ich bin sozusagen mit der Firma groß geworden.

Und wie war das dann, als Sie tatsächlich Chefin wurden? Haben die Mitarbeiter Sie als junge Frau akzeptiert?
Ich hatte gar nicht so auf dem Schirm, dass ich als Frau in eine Männerdomäne eingestiegen bin. Ich hatte genug damit zu tun, dafür zu sorgen, dass die Firma überlebt. Unserem Unternehmen ging es damals nicht gut, und die Bank hatte mir alle Kredite gekündigt. Weil ich eine Frau war, wollte sie zusätzliche Sicherheiten von mir haben. Zum Glück habe ich dann eine andere Bank gefunden, die uns geholfen hat. Ein weiteres Problem war: Die Mitarbeiter – alles Männer – waren alle gegen mich. Nur einer von ihnen stand auf meiner Seite, und zusammen haben wir das durchgezogen. Wir haben uns von den Rädelsführern getrennt und nach und nach Facharbeiter eingesetzt, die unsere Firma unterstützten.

Wie haben Sie es geschafft, sich trotz all dieser Widrigkeiten als Frau im Unternehmen durchzusetzen?
Ich habe einfach mein Ding durchgezogen, hatte damals auch einen sehr autoritären Führungsstil – heute ist mein Führungsstil eher zielorientiert. Mein Überlebensdrang und der Wille, alles in der Firma zu ordnen, haben mir auf dem Weg geholfen. Gottseidank habe ich es nach ein paar Jahren geschafft, den Betrieb aus dem Sumpf herauszuholen.

Befinden sich mittlerweile auch Frauen in Ihrer Belegschaft?
Im gewerblichen Bereich haben wir nach wie vor nur Männer – obwohl wir eine Initiative gestartet haben, auch Frauen den Beruf schmackhaft zu machen. Leider ist das fehlgeschlagen: Junge Mädchen sind nicht an den Berufen Straßenbauer oder Baugeräteführer interessiert. Das ist nach wie vor schwierig. In der Verwaltung arbeiten einige Frauen, im mittleren Management sind eine Einkäuferin und eine Disponentin tätig. Auch eine Bauingenieurin hatten wir schon, die uns aber leider wieder verlassen hat, weil sie sich von den Männern gemobbt fühlte.

Was glauben Sie, warum sich so wenige Frauen für den Einstieg in die Baubranche entscheiden?
Die Zahl der Studentinnen im Bauingenieurwesen ist ja gar nicht mal gering. Aber viele von ihnen gehen dann eher in den Bereich Statik und in Ingenieurbüros, weniger in den Tief- und Straßenbau. Auch unter den Bauzeichnern befinden sich überwiegend Frauen. Aktuell machen jedoch zwei Studentinnen aus dem Bauingenieurwesen bei uns ihr Praktikum – vielleicht können wir die halten.

Was müsste denn die Branche tun, um attraktiver zu werden und noch mehr Frauen anzuziehen?
Da muss sich noch einiges in den Köpfen der Männer ändern. Vor allem in ländlichen Regionen, wie bei uns im Saarland, gibt es noch viele Vorbehalte gegenüber Frauen in der Baubranche. In größeren Städten mag das schon anders sein. Ich selber finde gemischte Teams gut, weil die Stimmung im Unternehmen durch Frauen ganz anders wird.

Würden Sie nach all den Jahren im Unternehmen noch einmal den gleichen Weg gehen?
Im Grunde war mir dieser Job auf den Leib geschneidert, ich habe mich hier immer wohlgefühlt. Ich bin gern mit Leuten zusammen, beeinflusse gern die Dinge und bin kreativ. Deshalb mache ich die Arbeit ja immer noch, obwohl ich schon 67 bin. Als meinen Nachfolger wünsche ich mir die beste Besetzung – egal, ob es ein Mann oder eine Frau ist.

Suffizienz am Bau

Suffizienz gehört zum großen Themenkomplex der Nachhaltigkeit. Der Begriff beinhaltet Verzicht im Sinne einer Drosselung von Konsum und Verbrauch – und in ihm steckt auch der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen. Für den Bau, auf den 40 Prozent des weltweiten Ressourcenverbrauchs fallen, wird die Auseinandersetzung mit dem Thema daher immer mehr zu einer Schlüsselherausforderung. Von Christoph Berger

Die weltweit zur Verfügung stehenden Ressourcen sind endlich. Für Alice Wildhack wird daher die Frage, auf was wir als Menschen verzichten können, zu einer immer entscheidender werdenden Schlüsselherausforderung – sowohl im Privaten als auch in ihrem Job. Wildhack ist Leiterin des Bereichs Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Technische Gebäudeausrüstung bei der Bilfinger Bauperformance GmbH und beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Thema Nachhaltigkeit: „Der Anspruch von Suffizienz im Vergleich zu Nachhaltigkeit im Allgemeinen ist höher, weil die Analyse des Verbrauchs viel genauer erfolgt. Und von den positiven Folgen der Suffizienz profitiert weniger der Einzelne als vielmehr die Gesellschaft ins gesamt“, erklärt sie. Suffizienz sei daher auch weit mehr als ein Geschäftsmodell. Vielmehr könne man von einer Einstellung, von Werten, von einer Haltung sprechen – mit dem strategischen Vorteil, dass Ressourcen erhalten bleiben oder wieder aufgebaut werden können.

Wenn Wildhack von einer „Analyse des Verbrauchs“ spricht, dann meint sie die Ökobilanz jedes einzelnen Bauteils – von der Gebäudehülle bis zum Bodenbelag. Betrachtet werden die Umweltauswirkungen von Herstellung, Nutzung und Rückbau, also der gesamte Lebenszyklus des Bauteils. „Wir haben einen erheblichen Einfluss darauf, welche Emissionen letztendlich in die Atmosphäre gehen“, sagt Wildhack. Auch darauf, was in der Nutzungsphase produziert wird und im Gebäude verbleibt. „Wenn ein Gebäude energieeffizienter als der Standard ist, produziert es auch weniger CO2-Emmissionen. Darüber sollte ich mir im Vorfeld Gedanken machen, auch im Hinblick darauf, welche Materialien ich einbaue, um zum Beispiel weniger Sonderdeponiematerial und mehr Recyclingmaterialien wie Holz zu verwenden. Das sind Gedanken, die beim Bauen eine immer wichtigere Rolle spielen“, sagt sie. Auch Politik, Gesellschaft, Bauherren und Investoren erwarten, dass sich die Bauunternehmen mit dem Thema auseinandersetzen und zum Beispiel die Anforderungen der sich ständig verschärfenden Energieeinsparverordnung und die von der Bundesregierung formulierten Energieeinsparziele umsetzen. „Große Immobiliengesellschaften zeigen in ihren Nachhaltigkeitsberichten, wie sie in nachhaltige Gebäude investieren beziehungsweise wie ressourcenschonend sie ihre Portfolios bewirtschaften. Des Weiteren ist das Thema Carbon Footprint, das ist der CO2-Verbrauch eines Produkts über seinen gesamten Lebenszyklus, nach wie vor in aller Munde“, sagt Alice Wildhack. Vieles dreht sich also um das Thema Suffizienz. Allerdings, auch das fügt die Nachhaltigkeitsexpertin an, sei trotz aller Erwartungen bisher nur ein Bruchteil der Projekte unter dem reinen Suffizienzgedanken gebaut worden. Der Wunsch nach Nachhaltigkeitszertifikaten für Gebäude sei dagegen bereits in vielen Bauausschreibungen enthalten. Zukünftig werde sich dann eher die Frage stellen: Wer hat ein Zertifikat und ist gleichzeitig auch dem Suffizienzgedanken gefolgt?

„Wenn wir uns mit Nachhaltigkeitsprojekten befassen, beginnen wir im Idealfall mit der Beratung zur Zieldefinition und unterstützen beim Aufsetzen des Prozesses für das Projekt“, erklärt Wildhack die Vorgehensweise bei Bilfinger Bauperformance. „Im weiteren Projektverlauf müssen wir dem Kunden die richtigen Alternativen zum Standard aufzeigen können.“ In der Projektsteuerung müssen diese Ziele dann beibehalten und gegebenenfalls nachgebessert werden. Als Hilfsmittel in der Planung spielt neben der Ökobilanzierung auch die thermische Simulation, also die zeitliche Simulation der thermischen Vorgänge in Räumen und Gebäuden, eine ganz wesentliche Rolle. Mit ihr ist die Analyse komplexer Systeme und technischer Problemstellungen möglich.

Allerdings muss für diese Vorgehensweise auch Überzeugungsarbeit bei vielen Kunden geleistet werden. „Gerade die intensive und zeitaufwendigere Planungsphase ist natürlich auch teurer. An dieser Stelle kann es zu Zielkonflikten kommen“, sagt Wildhack. Nicht alle Kunden hätten diese Kapazitäten, manche nur enge Zeitfenster zur Umsetzung ihrer Projekte. Später, im weiteren Verlauf des Lebenszyklus eines Baus, zahle sich die Anfangsinvestition allerdings wieder aus. Dann wird auch klar: Plant man richtig, muss am Ende auch kaum auf etwas verzichtet werden. „Die Baubranche ist so weit entwickelt, dass es für fast sämtliche Standards inzwischen Alternativen und andere Lösungen gibt. Es geht also um die Beratung zum Verzicht an den richtigen Stellen“, erklärt Wildhack. Einbußen in Komfort, Lebensdauer oder Gebrauchstauglichkeit dürfen nicht in Kauf genommen werden, denn es zählt immer der Mensch, welcher sich im Gebäude befindet.

Für Bauingenieure bedeutet die Auseinandersetzung mit dem Thema Suffizienz schließlich, sich nicht mit dem Standard des Planens und Bauens zufriedenzugeben. „Studierende und Absolventen sollten immer weiterdenken und neue Wege gehen, um weitere Suffizienzlösungen zu finden“, rät Alice Wildhack. „Immer wichtiger werden in diesem Zusammenhang die Materialkenntnisse und die Auswirkungen auf den Lebenszyklus von Bauten.“ Bauingenieure sollten das Thema also so breit gefächert wie möglich und nicht nur aus einer Richtung betrachten.

Zur Person

Alice Wildhack studierte Architektur an der TU Darmstadt und arbeitete einige Zeit im Architekturbüro. Sie merkte jedoch schnell, dass ihr der rein architektonische Blick auf das Bauen zu begrenzt ist. Daher absolvierte sie berufsbegleitend das Masterstudium „Real Estate Management and Construction Project Management“ in Wuppertal – ein bauingenieurwissenschaftliches Studium, das auch die immobilienwirtschaftlichen Aspekte beinhaltet. 2009 kam Wildhack zu Bilfinger – damals in das im Bilfinger Hochbau angesiedelte „Building Technology Center“. Inzwischen ist sie bei der Bilfinger Bauperformance, einer 100-prozentigenTochter der Hochbau- Sparte, mit etwa 200 Mitarbeitern. Hauptaufgaben sind das Planen, Beraten und Steuern mit Ingenieur-Know-how. Wildhack ist Auditorin für die Zertifizierungssysteme LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) und BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Methodology). Seit Januar 2014 ist sie Leiterin der Abteilung Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Technische Gebäudeausrüstung (TGA) bei Bilfinger Bauperformance.

Neue Verkehrswege

Haltestellen werden von der Oberfläche in den Untergrund verlegt, Tunnelröhren gebohrt und Rampen, die Ober- mit Untergeschossen verbinden, geschaffen sowie ein unterirdisches Gleisdreieck gebaut: In Karlsruhe befindet sich das Projekt „Kombilösung“ gerade in der Umsetzung. Von Christoph Berger

In der Kombilösung von Karlsruhe werden zwei Einzelprojekte zu einem zusammengefasst – daher der Projektname. Im ersten Teilprojekt sollen von 2018 an zwei Stadtbahntunnel für Straßenbahnen die in der Innenstadt gelegene Kaiserstraße entlasten – eine Einkaufsmeile, auf der bisher auch Straßenbahnen fuhren. Im Süden der Innenstadt sollen zudem moderne, sichere und komfortable U-Bahnhaltestellen entstehen. Im zweiten Projekt soll auf einer anderen Straße, der Kriegsstraße, bis 2019 eine Straßenbahntrasse entstehen. Unter dieser wird ein Autotunnel mit Ein- und Ausfahrten für den City- und Anliegerverkehr gebohrt. Das Gesamtprojekt besteht aus diversen Hoch- und Tiefbaumaßnahmen. Ziel der Kombilösung ist es, das Infrastrukturnetz leistungsfähiger zu machen – denn seit 1985 ist allein die Zahl der Nutzer des Karlsruher Verkehrsverbunds von 55 Millionen Menschen auf 178 Millionen im Jahr 2012 gestiegen. Das vorhandene Netz stieß an den Rand seiner Kapazitäten. Für die Kombilösung wurde Ende 2008 das Baurecht erteilt, Anfang 2010 fand der Spatenstich statt. Direkt anschließend wurden vorbereitende Maßnahmen für den Bau der unterirdischen Haltestelle am Europaplatz durchgeführt.

Um das Projekt umzusetzen, wird ein 2,4 Kilometer langer Stadtbahntunnel mit einem ein Kilometer langen Abzweig gebohrt. Sieben Haltestellen werden dabei integriert. Für diese werden tiefe Baugruben benötigt – alle im städtischen Umfeld. Gebaut werden sie nach der sogenannten Deckelbauweise. Bei dieser Methode werden der Straßenbahn- und Anlieferverkehr sowie die Fußgängerpassagen zunächst auf eine Seite der Kaiserstraße verlegt. Auf der anderen, der gesperrten Seite, werden circa 20 Meter tiefe Schlitze ausgehoben beziehungsweise Bohrpfähle gebohrt. In diese werden Bewehrungskörbe eingebaut, die anschließend ausbetoniert werden. Die so hergestellten Wände dienen als Baugrubensicherung für die unterirdischen Stationen. Anschließend wird die Straße bis zu einer Tiefe von etwa vier Metern halbseitig geöffnet und ein Betondeckel gegossen, der auf den Bohrpfahlwänden ruht: die Decke der künftigen Haltestellen. Der Verkehr kann nun auf den Deckel umgelegt werden. Dann erfolgt die gleiche Prozedur auf der anderen Seite. Nach Fertigstellung der Betondeckel kann der Verkehr an der Oberfläche wie gewohnt weiterfließen, während die restlichen Bauarbeiten unterirdisch weitergeführt werden.

Bauen im Innenstadtbereich
Der neue Stadtbahntunnel befindet sich direkt unter der Shoppingmeile. Er wird künftig vier U-Bahnhaltestellen miteinander verbinden. Auch hier soll der Bau das Innenstadtleben so wenig wie möglich belasten – die Bauzeit soll möglichst kurz gehalten werden. Deshalb kommt beim Tunnelbau das Schildvortriebverfahren zum Zug. Dabei gräbt sich die Tunnelbohrmaschine – an der Oberfläche unbemerkt – unter der Stadt durch. Die Stadt- und Straßenbahnen fahren oben ganz normal weiter, die Fußgänger können trotz unterirdischer Bauarbeiten die Geschäfte in der Kaiserstraße weiter besuchen. Die Schildmaschine, die den neuen Stadtbahntunnel gräbt, ist über 70 Meter lang und weit über 100 Tonnen schwer, der Bohrkopf hat einen Durchmesser von über neun Metern. An einem Tag legt die gigantische Maschine circa zehn Meter zurück und hinterlässt eine mit Betonringen fertig ausgekleidete Tunnelröhre.

Der zweite Tunnel, der Südabzweig, erschließt drei weitere U-Bahnhaltestellen für den Citytunnel und bindet damit die südlichen Stadtteile besser an das Zentrum an. Aufgrund der Kürze der Strecke wird dieser im herkömmlichen bergmännischen Vortrieb mit Druckluftsicherung durchgeführt. Mit der Eröffnung des Stadtbahntunnels, die für 2016 geplant ist, wird sich das Bahnaufkommen in der Kaiserstraße bereits um 70 Prozent reduzieren. Der Straßentunnel unter der Kriegstraße sowie die dazugehörigen Rampenbauwerke werden in Abschnitten über die offene Bauweise erstellt. Die Fertigstellung der Kombilösung ist für 2019 geplant.

Insgesamt kommen bei den Arbeiten somit die unterschiedlichsten Bauverfahren zum Einsatz: Schildvortrieb, Deckelbauweise sowie die bergmännische und offene Bauweise. Das Projekt ist somit auch eine ganz besondere Herausforderung für Bauingenieure.

Daten und Fakten

Teilprojekt 1:
Stadtbahntunnel unter der Kaiserstraße mit Südabzweig Ettlinger Straße

Gesamtlänge Ost-West: ca. 3200 m
Länge Stadtbahntunnel Kaiserstraße: ca. 2200 m (ca. 2600 m mit Rampen)
Gesamtlänge Nord-Süd: ca. 1300 m
Länge Stadtbahntunnel Südabzweig: ca 800 m (ca. 1100 m mit Rampen)
Unterirdische Haltestellen: 7
Breite des Tunnels: ca. 8,20 m
Länge schienenfreie Fußgängerzone: ca. 1000 m
Spezialtiefbauleistungen:
Verbauwände: ca. 82.000 m2
Dichtsohlen: ca. 39.000 m2
Aushub: ca. 660.000 m3
Fertigstellung: 2018

Teilprojekt 2:
Stadtbahntrasse Kriegsstraße mit Straßentunnel

Länge Straßentunnel: ca. 1400 m (ca. 1700 mit Rampen)
Länge Bahntrasse: ca. 1500 m
Oberirdische Haltestellen: 3

Spezialtiefbauleistungen:
Verbauwände: ca. 62.000 m2
Dichtsohlen: ca. 39.000 m2
Aushub: ca. 300.000 m3
Fertigstellung: 2019

Quelle: KASIG – Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft mbH

Virtuelles Arbeiten in interkultureller Realität

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Das deutsche Bauunternehmen Züblin und das amerikanische Bauunternehmen Gilbane bewerben sich derzeit gemeinsam um den Neubau eines Krankenhauses in Ramstein. Um die Zusammenarbeit während der Angebotsbearbeitung und im Auftragsfall optimal zu gestalten, tauschten die beiden Unternehmen Mitarbeiter aus. Dabei lernten insgesamt fünf junge Bauingenieure mehr als nur die Organisation und Arbeitsweise des Kooperationspartners kennen. Von Christoph Berger

Als Nikolas Früh im April 2013 in Boston ankam, wurde er bereits nach kurzer Zeit aktiv in Bauprojekte des US-Unternehmens Gilbane eingebunden. Nikolas Früh ist in Deutschland bei Züblin in der Zentralen Technik für die Modellerstellungskoordination und die Weiterentwicklung der modellbasierten Arbeitsweise mitverantwortlich. Dabei geht es vor allem um den Einsatz von Building Information Modeling (BIM): Mit seinen Kollegen entwickelt der 27-Jährige die 5-D-Arbeitsweise für Bauprojekte. Dass die Amerikaner die gleichen Softwarewerkzeuge und ähnliche Herangehensweisen an BIM-Projekte haben wie die Deutschen, erleichterte Früh den dortigen Einstieg. „Nikolas arbeitete direkt sehr gut bei uns mit“, bestätigt John Myers von Gilbane. Gegenseitig zeigten sie sich in den ersten Tagen in Trainings ihre jeweiligen Arbeitsprozesse. Das klappte so gut, dass die Vorgesetzten entschieden, Myers im Januar dieses Jahres nach Stuttgart reisen zu lassen – man wollte das gut funktionierende Team nicht trennen.

Nikolas Früh hatte am Institut für Technologie in Karlsruhe (KIT) Bauingenieurwesen studiert und stieg kurz nach seinem Abschluss bei Züblin als Projektingenieur ein. Der 26-jährige Myers hat einen Master of Architecture von der University of Kansas. Er begann im Februar 2012 als Virtual Design and Construction Engineer bei Gilbane. Hinzu kam Simon Jagenow – er arbeitet in der Direktion Stuttgart, einer operativen Einheit von Züblin, und kam bereits während seiner Bachelorthesis 2012 als Praktikant zu dem deutschen Baukonzern. Damals arbeitete er an dem Leitprojekt „Mefisto“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Forschungsprogramm „IKT 2020 – Softwaresysteme und Wissenstechnologien“ mit. In diesem Projekt forschten zwölf Partner aus Wissenschaft und Industrie an neuen Lösungen für das IT-gestützte Planen und Bauen. Heute arbeitet Jagenow an der Einführung der BIM-Methodik im Züblin-Konzern mit und ist ebenfalls mitverantwortlich für die modellbasierte Planung. Er war von April bis Juni dieses Jahres in Phoenix, Boston und San Francisco.

Die beiden Deutschen erhielten in den jeweils drei Monaten Einblicke in die modellbasierte Ausführungsplanung für verschiedene Projekte – vor allem in die integrierte Projektabwicklung. Dabei geht es um die Anwendung von Managementmethoden in Kombination mit digitalen Technologien. Sie lernten den Aufbau und die Organisation einer 5-D-, BIM- und VDC-Abteilung (Virtual Design and Construction) sowie die US-Projektformen kennen. Sie knüpften Kontakte zur Industrie und Baubranche, erlebten die Landes- und Arbeitskultur und verbesserten nicht zuletzt ihre Sprachkenntnisse. „Die sehr gute Integration in das Arbeits- und Sozialleben wurde sicher durch unser gleiches Alter begünstigt“, sind sich Früh und Jagenow sicher. Doch auch die gegenseitige Sympathie stimmte.

Allerdings stellten die beiden auch manche Unterschiede fest: „Während in den USA eher schneller gearbeitet wird, ist man in Deutschland langsamer, dafür aber etwas vertiefter“, sagt Früh. In Deutschland habe man eine sehr forschungsbasierte Herangehensweise an neue Technologien mit fokussierten Einstiegen in Teilproblematiken. In den USA integriere man neue Techniken im Vergleich dazu schnell ins Tagesgeschäft und entwickle sie nebenher laufend weiter. Diese Beobachtung machte auch der Amerikaner Myers: „Ich fand, dass die 5-D- und VDC-Teams sowohl strategisch als auch auf langfristige Ziele sehr gut ausgerichtet sind. Von der taktischen Seite scheinen die Amerikaner aber ein besseres Verständnis für die täglichen Anwendungen von Software und Workflows zu haben.” Durch die Kenntnis der jeweils anderen Mentalität dürfte zukünftig sicher die goldene Mitte gefunden werden.

Voll im Einklang sind sich die drei schon jetzt bei der Bewertung ihrer Zusammenarbeit: Früh, Jagenow und Myers sprechen von einem Erfolg, der über die reine Arbeitsatmosphäre längst hinausgewachsen ist und sich zu einer Freundschaft entwickelt hat. Sie verbrachten auch viel Freizeit miteinander und luden sich gegenseitig nach Hause ein. Der regelmäßige berufliche Austausch über den Besuch hinaus ist längst Normalität geworden. Schließlich sind alle drei auch Experten für virtuelle Realitäten mithilfe neuer Technologien – da spielt die räumliche Distanz nach dem Kennenlernen keine Rolle mehr.

Der Züblin-Gilbane-Mitarbeitertausch

Ziel:
Kennenlernen der jeweils anderen Organisation, Arbeitsweise und Art der Projektumsetzung sowie Entwicklung eines interkulturellen Verständnisses und Verbesserung der Sprachkenntnisse
Mögliche Anwendungen:
Großprojekte US-amerikanischer Bauherren mit deutsch-amerikanischer Zusammenarbeit
Projektlaufzeit:
Seit Oktober 2012