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Mit Daten zur Baustelle der Zukunft

Seit April 2020 arbeiten im Rahmen des ESKIMO-Projekts zwölf Partner aus Wissenschaft und Industrie an innovativen Konzepten für die Baustelle der Zukunft. Im Herbst 2021 lagen die ersten Ergebnisse der Basistechnologiemodule vor. Und es wurde mit der Umsetzung der darauf aufbauenden Projektpiloten begonnen. Von Christoph Berger

Das Ziel des ESKIMO-Projekts ist klar definiert: Es soll ein effizientes Baumanagement realisiert werden. Vor allem in den Bereichen der automatisierten Unterstützung der technischen Qualitätssicherung, der kaufmännischen Qualitätssicherung sowie der Baulogistik. Ein zentraler Teil aller Projektpiloten sind Bilderkennungsalgorithmen. KI-Algorithmen interpretieren von Kamerasystemen, Smartphones oder Tabletcomputern aufgenommenes Bildmaterial. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat dazu beispielsweise ein Modul zur Bilderkennung bereitgestellt, das unterschiedliche Situationen auf der Baustelle erkennt und mit einem Soll-Zustand abgleicht. So lassen sich zum Beispiel Mängel schnell finden, die daraufhin im Modell angezeigt und entsprechend weiterverarbeitet werden. Auch die Bauleitung bekommt die Mängel direkt auf ihre Mobil Devices übertragen. Hierfür wurde sogar eigens eine Helmkamera konzipiert, die bereits auf einer Großbaustelle in Darmstadt zum Einsatz kam. Beim Durchlaufen des Bauwerks erkennt die Kamera ihr Umfeld und nimmt quasi im Vorbeigehen die Mängel auf. Zum Beispiel Risse in den Wänden oder falsch montierte Türgriffe.

Doch für einen solchen Soll-Ist-Abgleich beziehungsweise für das Erkennen solch komplexer Bilderkennungsverfahren braucht es als Voraussetzung ausreichend große Trainings- und Testdaten. Die Bauunternehmung Karl Gemünden GmbH & Co. KG und die Ed. Züblin AG haben dafür eine große Bilddatenbank mit annotierten Bildern erstellt, die die Grundlage bildet. Zur Halbzeit des Projekts, im März 2021, hatte die Bauunternehmung Gemünden alleine über 100.000 Bilder zur Verfügung gestellt, tausende Bilder sortiert und verschlagwortet sowie rund 55.000 Labels erstellt. Insgesamt standen damals über 200.000 Bildaufnahmen zur Verfügung.

Wir können unser Personal viel effizienter einsetzen, wenn der Polier die Materialbestände nicht mehr per Hand erfassen muss und der Bauleiter Mängel per Knopfdruck an Handwerksfirmen weiterleiten kann.

Künstliche Intelligenz wird darüber hinaus auch zur Orientierung im Bauwerk genutzt. Die Wissenschaftler vom Fraunhofer IOSB und der Hochschule Darmstadt haben das Thema der Echtzeitpositionserkennung bearbeitet. Das IOSB beschäftigte sich hierbei insbesondere mit einem Modul zum topologischen Abgleich von BIM-Modell und Realität. Bei einem BIM-Modell handelt es sich um einen digitalen Zwilling des entstehenden Bauwerks. Die Hochschule Darmstadt arbeitet an der Echtzeit-Positionsermittlung mithilfe von Sensortechnik zur Optimierung der Bauabläufe. Beide Forschungspartner konnten seit dem letzten Projektupdate im März erste Prototypen ihrer Arbeit fertigstellen, die bereits vielversprechende Ergebnisse liefern.

Derzeit arbeiten die Projektbeteiligten daran, die entwickelten Module zu den drei Projektpiloten zusammenzuführen. Danach sollen auch bereits erste Erprobungen auf der Baustelle und mit echten Daten durchgeführt werden. Für die Baubranche könnte das „ESKIMO“-Projekt einen Quantensprung bedeuten, wie Bauunternehmer Tim Gemünden in einer von der Hochschule Darmstadt veröffentlichten Mitteilung sagt. Demnach sei zwar jede Baustelle anders, was die Sache mit den automatisierten Prozessen wesentlich komplizierter als beispielsweise in der industriellen Fertigung mache. Doch mit Künstlicher Intelligenz ließen sich sämtliche Baustellenprozesse optimieren, Kosten sparen und – „ganz wichtig in unserer vom Fachkräftemangel geprägten Branche: Wir können unser Personal viel effizienter einsetzen, wenn der Polier die Materialbestände nicht mehr per Hand erfassen muss und der Bauleiter Mängel per Knopfdruck an Handwerksfirmen weiterleiten kann“.

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