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Interview mit Tim Bendzko

Nur noch kurz die Welt retten? Noch 148 Mails checken? Sänger Tim Bendzko weiß, wie schnell man abgelenkt ist und den Fokus verliert. Warum bei ihm keine gute Idee verloren geht und er so genau weiß, was er will, erzählt er im Interview mit André Boße.

Zur Person Tim Bendzko

Tim Bendzko besuchte ein Sportgymnasium und spielte auf hohem Niveau Fußball bei Union Berlin.

Ersten Gitarrenunterricht nahm er mit 16, doch statt direkt seine Traumkarriere in Angriff zu nehmen, studierte er und arbeitete als Auto-Auktionator, bis er diesen Job wegen einer Stimmbandentzündung kündigte und sich auf die Musikkarriere fokussierte. Er nahm auf eigene Faust ein Demotape auf und bekam einen Plattenvertrag bei Sony.

Im Mai 2011 erschien seine erste Single „Nur noch kurz die Welt retten“, die ihn auf Platz 2 der Charts führte. Auch das Album „Wenn Worte meine Sprache wären“ verkaufte sich glänzend, mit dem Titelsong gewann er 2011 den Bundesvision Song Contest.

Tim, heute schon die Welt gerettet?
Ne, aber ich lasse mich immerhin nicht mehr so leicht von den wichtigen Dingen ablenken. Mein Tagesablauf ist heute strukturierter als früher. Es gibt klare Zeiten, zum Beispiel für Interviews. Was in dieser Zeit geht, mache ich gerne. Was darüber hinausgeht, muss aber leider abgesagt werden.

Als Songwriter schwirren Ihnen wahrscheinlich immerzu Worte und Melodien durch den Kopf. Woran erkennen Sie, dass eine Idee einen echten Wert besitzt?
Das Schöne an der Musik ist ja, dass man den Wert einer Idee nicht mathematisch berechnen kann. Es gibt nur Indizien – und eines ist, wenn mich eine Idee lange verfolgt. Ich setze mich eigentlich nur dann an den Rechner und schreibe einen Song auf, wenn er mich ein paar Wochen lang nicht in Ruhe gelassen hat. Dadurch gehen wohl auch Ideen verloren – aber ich bin zuversichtlich, dass die wirklich guten über genügend Stärke verfügen, noch einmal auf sich aufmerksam zu machen.

Lassen Sie sich bei der Umsetzung Ihrer Ideen von anderen reinreden?
Nachdem ich meinen ersten Plattenvertrag unterschrieben hatte und das erste Album anstand, habe ich verschiedene kreative Arbeitsweisen ausprobiert. Dazu gehörte auch, mit anderen Leuten zusammen Songs zu schreiben. Grundsätzlich kann das sehr inspirierend sein, da man neue Einflüsse erhält. Aber für das zweite Album werde ich voraussichtlich alles alleine schreiben. Und dann bin ich auch sehr konsequent. Wenn die Leute in meiner Band denken, ein bestimmtes Wort passe nicht in den Text, ich dieses Wort aber gut finde, dann bleibt es auch. Und bislang lag ich mit meinen Entscheidungen meistens richtig.

Bleibt zu hoffen, dass entweder Ihr Bauchgefühl oder gute Freunde Alarm schlagen, wenn sich das mal ändern sollte.
Ich bin zuversichtlich, dass ich mich selber dabei erwischen werde, falls ich mal eine falsche Richtung einschlage. Mein Bauchgefühl ist erstens ehrlich, und zweitens dominiert es. Das war schon so, als ich mich mit zwölf dafür entschied, Musiker zu werden.

Sie haben sich so früh entschieden?
Für mich war das damals schon klar, ja. Ich wusste, dass ich irgendwie auch andere Berufe hinbekommen würde, wenn ich mich anstrenge. Aber ich wollte etwas machen, was ich richtig gut kann und was mich erfüllt e. Deshalb fiel so früh die Entscheidung fürs Singen und Liederschreiben.

Haben Sie sofort die ersten Songs geschrieben?
Ich habe angefangen, Gitarre zu lernen, und auch erste Songs geschrieben. Aber erst einmal ohne Band und ohne das Ziel, direkt die Chance auf eine Karriere zu suchen. Damit habe ich bewusst gewartet, weil ich zunächst andere Sachen machen und erleben wollte. Ich habe nach dem Abi evangelische Theologie und nichtchristliche Religionen studiert und als Auto-Auktionator gejobbt, und ich denke, es tut mir und meinen Liedern gut, dass ich einige Jahre lang am normalen Leben teilgenommen habe.

Kamen denn im Laufe der Jahre Zweifel, dass es mit der Musik doch nicht klappen könnte?
Ich hatte schon Zweifel, weil mir klar war, dass eine Karriere in der Popbranche eine ziemlich schwachsinnige Idee ist. Schließlich will das jeder – aber kaum einer schafft es. Aber immer, wenn die Zweifel am größten waren, setzte sich das Gefühl einer inneren Sicherheit durch, dass das eben doch klappt.

Woher rührte dieses Gefühl?
Ich hatte in diesen Momenten die Bilder vor Augen, wie es sein wird, wenn ich zum Beispiel meine Lieder vor vielen Leuten spiele. Und weil ich glaube, dass alles, was ich mir bildlich vorstellen kann, auch möglich ist, habe ich mir eingeredet, dass das mit der Musikkarriere tatsächlich klappen wird.

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