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Interview mit Judith Holofernes

Seit Beginn ihrer Musikerkarriere kennt man Judith Holofernes als meinungsstarke Interviewpartnerin. Ob in Talkshows oder Magazinen: Die Sängerin und Texterin der Band „Wir Sind Helden“ macht sich seit Jahren für die Themen Ethik und Selbstverantwortung stark. Im Gespräch definiert sie ihren Führungsstil und erklärt, warum sie lieber auf den Bauch als auf den Kopf hört. Ein Interview von André Boße

Zur Person

Judith Holofernes, geboren 1976 in Berlin, war Mitgründerin, Gitarristin, Songschreiberin und Sängerin der Band „Wir Sind Helden“. Als die Gruppe 2012 beschloss, auf unbestimmte Zeit zu pausieren, begann die zweifache Mutter mit der Arbeit für das Solo-Album „Ein leichtes Schwert“, das im Februar erschien. Für das Thema Ethik und Führung interessiert sie sich von Hause aus: Ihr Vater arbeitet als Coach und Berater für Top-Manager.

Gedichte von Judith Holofernes:
www.judithholofernes.com/artikel/blog/gereimt

Warum ist Führung für Sie als Musikerin ein Thema?
Ich stand ja schon zusammen mit den drei Jungs meiner Band acht Jahre lang an der Spitze eines kleinen Unternehmens namens „Wir Sind Helden“. Jetzt habe ich eine Solo-Platte herausgebracht – und leite diese Unternehmung alleine und eigenverantwortlich. Und das funktioniert nicht, ohne sich Gedanken zum Thema Führung zu machen.

Wie definieren Sie Ihren Führungsstil?
Ich musste zunächst einmal lernen, alleinige Chefin zu sein. Ich hatte ein Problem, das auch viele andere Frauen haben: Ich wollte immer, dass alle glücklich sind. Das hat jedoch mit Führung nichts zu tun. Entwickelt habe ich meinen Stil, nachdem mir klar war, wie zufrieden ich mit meinem Solo-Album bin. Also mit meinem Produkt, um es in der Unternehmenssprache zu sagen. Bei der Arbeit an der Platte bin ich keine Kompromisse eingegangen. Ich hatte eine klare Vision und habe diese umgesetzt. Und genau das hilft mir nun beim Führen, weil meine Leute spüren: Die Chefin weiß, wo es hingehen soll. Das macht die Arbeit für alle entspannter, denn Klarheit in der Führung entlastet.

Wie haben Sie Ihr Team für diese Unternehmung zusammengesucht?
Es sind nur Leute dabei, deren Input ich schätze. Er stößt bei mir auf offene Ohren – wobei aber auch klar ist: Ich bin diejenige, die letztlich die Entscheidung trifft.

Könnten Sie als Führungskraft Ihrer eigenen Unternehmung Dinge verantworten, hinter denen Sie nicht persönlich stehen?
Auf Dauer nicht, nein. Die Kraft dafür habe ich nicht, ich würde ausbrennen. Ich verliere Energie, wenn sich etwas falsch anfühlt. Ich kann wahnsinnig viel leisten, wenn ich im Fluss bin. Wenn alles passt. Beobachte ich jedoch ein paar Dinge, die mir grenzwertig erscheinen und mit denen ich mich nicht wohlfühle, merke ich sofort, wie ich an Energie verliere. Plötzlich fühlt sich mein Beruf, den ich sehr liebe, falsch an. Ich kann dann zwar eine Zeitlang professionell bleiben und meinen inneren Kompass ignorieren. Aber bald merke ich, wie mir die Puste ausgeht.

Wie wichtig ist dieser innere Kompass, wenn man Entscheidungen trifft?
In welcher Weise hilft Ethik beim Führen? Es ist wesentlich einfacher, ein komplexes Unterfangen zu steuern, wenn man so weit wie möglich mit seinen Wertvorstellungen im Reinen ist. Es ist dann einfacher für mich, die führt. Aber auch einfacher für diejenigen, die ich führe.

Schützt dieser innere Kompass davor, Fehler zu machen?
Fehler macht man immer, das können auch kopfgesteuerte Pro-und-Kontra-Listen nicht verhindern. Fehler, die man aus dem Bauch heraus begeht, fühlen sich aber besser an, weil man sich bei der Entscheidung gut gefühlt und nicht so viel Energie verloren hat. Ich rate daher allen, die führen, dem Bauchgefühl mehr zu vertrauen. Auch sollte man sich als jemand, der führt, nicht davor scheuen, ab und an mal den leichteren Weg einzuschlagen. Das spart nicht nur Kraft, sondern führt – wenn man weiß, wo es hingehen soll – mindestens genauso häufig ans Ziel wie kräftezehrende Hindernisläufe.

Ihr Vater ist Management-Coach. Wie hat er Ihre Sicht auf die Ethik in Unternehmen geprägt?
Wir tauschen uns viel über dieses Thema aus, und er bestätigt, dass ethische Fragen auch bei den Top-Managern eine immer größere Rolle spielen. Er berichtet mir davon, dass viele Leute ganz oben verstanden haben, dass Chefsein und Geldverdienen nicht im Widerspruch dazu stehen, gute Dinge in der Welt zu bewegen.

Aus BerufSZiel 1.2014 – www.berufsziel.de

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