Dr. Patrick Adenauer ist Enkel des ersten deutschen Bundeskanzlers und leitet zusammen mit seinem Bruder das Kölner Unternehmen Bauwens. Der karriereführer sprach mit dem promovierten Betriebswirt über Unternehmensstrategie, Großfamilie und ein nicht immer leichtes Erbe. Von Anne Thesing
Trotz Krise geht es Ihrem Unternehmen gut. Wie ist das möglich? Tatsächlich sind wir im Geschäftsjahr 2001 um zirka 20 Prozent gewachsen und konnten das erreichte Niveau 2002 halten. Gelungen ist uns das zum einen, weil wir uns auf bestimmte Kunden und Segmente spezialisiert haben. Zum anderen haben wir die klassische regionale Struktur aufgegeben und statt dessen Spezialteams aufgebaut, die überregional – also bundesweit – arbeiten. Und durch die Kompetenz in Spezialgebieten – zum Beispiel Einkaufszentren, Baumärkte, Bürogebäude oder Wohnungen – konnten wir ein besonders gutes Verhältnis zu unseren Stammkunden entwickeln. Insofern sehe ich zuversichtlich ins Jahr 2003. Ihr Bruder übernahm in den 80er Jahren das Unternehmen und bot Ihnen an, das Geschäft mit ihm zusammen zu führen. War es für Sie selbstverständlich, dieses Angebot anzunehmen? Ich hatte zwar zu dem Zeitpunkt schon vier Jahre in anderen Bereichen gearbeitet und wollte eher Wirtschaftsprüfer werden oder ins Bankgeschäft gehen. Aber als mein Bruder mir das Angebot machte, bin ich gerne in das Unternehmen eingestiegen. Ihr Bruder ist ausgebildeter Architekt, Sie sind promovierter Betriebswirt. Wie bewerten Sie diese Fächerkombination in der Geschäftsleitung? Wir teilen uns die Geschäftsleitung noch mit zwei Bauingenieuren und arbeiten insofern in einer idealen Konstellation, die meiner Meinung nach nur Vorteile hat. Denn es wird sowohl die technische als auch die kaufmännische Seite abgedeckt. Dieses gemischte Prinzip halten wir übrigens auch in allen anderen Geschäftsbereichen durch – bis in die Projektteams. Wie sieht die Aufgabenverteilung in der Geschäftsführung aus? Die wichtigsten Themen wie strategische Entwicklung, Personalentwicklung und Kunden bearbeiten wir gemeinsam. Natürlich kümmere ich mich stärker um die kaufmännische Seite, aber auch aus diesem Bereich hält sich mein Bruder nicht ganz raus. Und es gibt regelmäßige Zusammenkünfte, bei denen wir alles besprechen. Also klappt die Zusammenarbeit unter Brüdern gut? Ja, denn wir verstehen uns sehr gut. Wir schätzen Situationen ähnlich ein und haben keine Geheimnisse voreinander. Vielleicht liegt das auch daran, dass wir in einer Großfamilie aufgewachsen sind. Das gemeinschaftliche Miteinander ist für uns normal. Es gab in unserer Familie keine Firma oder etwas anderes, auf das man hätte schielen können. Daher gab es auch kein Konkurrenzdenken. Außerdem könnte keiner von uns diese Arbeit alleine bewältigen. Insofern ist die gute Zusammenarbeit auch sehr zweckmäßig. Familiäre Streitereien in einer Geschäftsführung sind wahrscheinlich nur da möglich, wo das Geschäft selbst sehr einfach funktioniert, sodass die Inhaber zu viel Zeit haben, sich über andere Dinge Gedanken zu machen. 1995 fand eine Umstrukturierung bei Bauwens statt. Was hat sich seitdem geändert? Vor der Umstrukturierung hatten wir sehr viele gewerbliche Mitarbeiter für die Erstellung von Rohbauten. Ein Niederlassungsleiter führte damals neben 20 technischen und kaufmännischen Mitarbeitern zirka 80 Poliere und Bauarbeiter. Diese Kapazität musste er auslasten. Unsere handwerkliche Leistung war jedoch wegen der Lohnkosten nicht mehr konkurrenzfähig. Schließlich sah es so aus, dass Aufträge nur noch hereingeholt wurden, um die Leute zu beschäftigen. Das war in hohem Maße unwirtschaftlich. Im Rahmen der Umstrukturierung haben wir unsere gewerblichen Mitarbeiter bis auf einen ganz kleinen Stamm entlassen und kaufen seither auch den Rohbau ein. Heute konzentrieren wir uns auf komplette Problemlösungen für unsere Kunden. Und wir nehmen nur noch Aufträge an, bei denen wir Einfluss auf die Ausführungsplanung haben. Mittlerweile konnten wir wieder sehr viele neue Mitarbeiter einstellen, allerdings mit anderen Qualifikationen – insbesondere studierte Bauingenieure, Architekten und Kaufleute. Von den heute knapp 300 Beschäftigten ist mindestens die Hälfte neu dabei. Wir haben also eine gute Mischung aus erfahrenen und jungen Mitarbeitern – und einen relativ niedrigen Altersdurchschnitt. Wie erklärten Sie damals den Betroffenen ihre Entlassung? Wir machten ihnen klar, dass wir es mit der Neuorientierung wirklich ernst meinten und dass es so nicht weiterginge. Es gehört nun einmal zu den Aufgaben eines Unternehmenslenkers, auch unpopuläre Dinge zu tun, wenn er davon überzeugt ist. Für die Zukunft streben wir jedoch einen kontinuierlichen Anpassungs- und Verbesserungsprozess an, bei dem so massive Einschnitte nicht mehr nötig sind. Welche Anforderungen stellen Sie an Bauingenieure, die sich bei Ihnen bewerben? Sie sollten eine gute Auffassungsgabe haben. Und da sie in der Woche viel unterwegs sind, um die Projekte vor Ort zu betreuen, müssen sie mobil und flexibel sein. Wir würden am liebsten, das gebe ich zu, neue Mitarbeiter einstellen, die schon etwas Berufserfahrung haben. Das machen wir auch dann und wann. Doch oft merken wir, dass Leute aus großen Konzernen nicht unseren Ansprüchen genügen, da sie meist ein sehr ausgeprägtes Abteilungsdenken haben. Wir bilden unsere Mitarbeiter dagegen allumfassend aus. Sie sollen das Ganze sehen, nicht nur das Einzelne einer Abteilung. Als Enkel von Konrad Adenauer tragen Sie einen prominenten Namen. In welchen Fällen nutzt Ihnen dieser Name, in welchen Fällen schadet er? Der Nachteil ist, dass ich mit diesem Namen nie ein Leben ganz für mich führen kann. Ich fühle mich dem Namen verpflichtet und stehe immer unter Beobachtung. Meine Arbeit wird immer mit anderem Maß gemessen als die anderer. Und es wird immer erwartet, dass alles gut läuft. Der Vorteil ist, dass ich als Unternehmer mit diesem Namen zu vielen Dingen einen leichteren Zugang habe. Haben Sie das Gefühl, in Ihrer Arbeit heute etwas von den Idealen und Vorstellungen Ihres Großvaters weiterzuführen? Mein Großvater wollte seinen eigenen Weg gehen. Es war ihm wichtig, für etwas einzustehen, seinen Beruf gut zu erfüllen, Köln und später sein Vaterland voranzubringen und die Gesellschaft nach seiner Vision positiv zu verändern. Dem sind auch mein Bruder und ich heute verpflichtet und wir glauben, es durch unsere Unternehmensführung zu erfüllen. Darüber hinaus engagieren wir uns durch vielfältige Mandate in Aufsichtsgremien und Verbänden und auch allgemein in der Gesellschaft. So bin ich zum Beispiel Vizepräsident der Wirtschaftsvereinigung der Bauindustrie in Nordrhein-Westfalen. Was erhoffen Sie sich für die Zukunft Ihres Unternehmens? Natürlich hoffe ich, dass wir mit unserer Strategie die momentane Branchenkrise gut überstehen, ja sogar gestärkt daraus hervorgehen. Die Voraussetzungen dafür sind jedenfalls da. Herr Dr. Adenauer, vielen Dank für das Gespräch.Interview mit Dorothee Blessing
Die Führungsfrau. Die Welt des Investmentbankings ist eine Männerdomäne, doch Dorothee Blessing hat es bis nach ganz oben geschafft. Die 42-Jährige ist Partnerin der ruhmreichen Bank Goldman Sachs und gilt weltweit als eine der Top- Expertinnen für Corporate Finance. Im Gespräch verrät die dreifache Mutter, wie es gelingen kann, Familie und Karriere zu kombinieren, und wie wichtig es ist, auf dem Weg nach oben Ziele zu erkennen und zu formulieren. Die Fragen stellte André Boße.
Frau Blessing, was war aus Ihrer Sicht die wichtigste Weichenstellung zu Beginn Ihrer Laufbahn? Dass ich einen Beruf und ein Unternehmen gewählt habe, in dem ich eine sehr abwechslungsreiche Arbeit habe, mit spannenden und immer neuen Herausforderungen inmitten des globalen wirtschaftlichen Geschehens – und das in einem Team von interessanten und ebenso hoch motivierten Kollegen. Daraus resultieren meine Motivation und natürlich auch der Spaß an der Arbeit. Und wenn dies dann noch in einem Umfeld stattfindet, in dem gute Leistungen schon in frühen Jahren mit mehr Verantwortung honoriert werden, dann ist das ein sehr guter Grundstein. Eine weitere wichtige Erkenntnis bereits zu einem frühen Zeitpunkt in meinem beruflichen Werdegang war, dass jeder Mensch seine Karriereplanung selbst in die Hand nehmen sollte. Das klingt zunächst banal, aber es reicht eben oftmals nicht, nur Spitzenleistungen zu bringen und darauf zu hoffen, dass die persönlichen Ziele irgendwann eintreten. Hier ist jeder Einzelne gefragt, sich aktiv einzubringen, seine persönlichen Ziele auch gegenüber anderen zu formulieren und dabei unter Umständen auch Rückschläge in Kauf zu nehmen. Ich hatte mir zum Beispiel nach meinem Einstieg bei Goldman Sachs im Investment Banking in Frankfurt vorgenommen, dass ich unbedingt für längere Zeit in unserem New Yorker und auch unserem Londoner Büro arbeiten wollte. Das habe ich deutlich als mein Ziel genannt – und auch begründet, warum ich dies für meine Weiterentwicklung für sinnvoll erachte. Ab welchem Zeitpunkt war Ihnen bewusst, dass Sie über einen so langen Zeitraum Ihren Werdegang in der Finanzindustrie suchen würden? Und kamen Ihnen auf dem Weg nach oben mitunter Zweifel? Ich habe mir über meinen längerfristigen beruflichen Werdegang nie wirklich größere Gedanken gemacht. Ich habe mich immer den anstehenden Herausforderungen gestellt und dabei natürlich auch nach vorne geschaut. Natürlich kommen einem auch immer wieder Zweifel, gerade zum Beispiel, wenn man den Schritt von einem arbeitenden Ehepaar hin zu einer größeren Familie macht und auf einmal neben den beruflichen Herausforderungen vor vielen neuen familiären Herausforderungen steht und versucht, dies alles unter einen Hut zu bekommen. Sie sind verheiratet und haben drei Kinder. Wie gelingt es, Spitzenjob und Familie erfolgreich unter einen Hut zu bringen? Leider gibt es dafür kein Patentrezept. Als unsere Kinder zur Welt kamen, wusste ich nicht genau, wie es funktionieren würde, aber ich wollte immer eine große Familie haben – und nun hatte ich mittlerweile auch einen Job, der mir viel Spaß machte. Das heißt, ich hatte für mich eigentlich ganz klar den Willen, einen Weg zu finden, beides miteinander zu vereinen. Sicherlich gehört dazu auch etwas Mut, ins kalte Wasser zu springen und es auszuprobieren. Ich musste viel lernen und mir vor allem auch eingestehen, dass man eben doch nicht alles haben kann, sondern dass man Entscheidungen treffen muss. Immer wieder steht man vor Entscheidungen, man muss von Fall zu Fall wieder Prioritäten setzen. Und man muss dabei gegenüber sich selbst ehrlich sein. Flexibilität und Teamarbeit gelten nicht nur im Büro, sondern auch in der Familie und mit den erforderlichen Unterstützungskräften. Die Zeit mit der Familie mag knapp bemessen sein, aber sie gewinnt dadurch umso mehr an Bedeutung, und mir ist wichtig, dass die Zeit im Kreis der Familie dann auch wirklich der Familie gehört. Investmentbanking gilt unverändert als Männerdomäne. Trifft diese Außenwahrnehmung noch zu? Wenn man die nüchternen Zahlen betrachtet, könnte man natürlich zu dem Eindruck kommen. Trotzdem stelle ich in den vergangenen Jahren ein wachsendes Interesse vieler junger Absolventinnen an einer Karriere im Investmentbanking fest, und wir wünschen uns natürlich, dass junge Frauen sich für einen solchen Berufsweg entscheiden, und ermutigen sie auch dazu. Was würden Sie jungen Frauen raten, die sich für eine Karriere im Investmentbanking interessieren? Grundsätzlich wäre mein Rat – und zwar erst einmal unabhängig von der Entscheidung für einen bestimmten Berufszweig –, sich gewissenhaft mit dem Unternehmen und dessen Kultur auseinanderzusetzen und seine eigene Motivation im Hinblick darauf zu überprüfen, warum eine Absolventin gerade dort ihre berufliche Laufbahn beginnen will. Worauf sollten Frauen generell bei der Planung ihrer Karriere achten: Wann zählt besonders das Fachwissen, wann die Führungskompetenz, wann strategisches Geschick? Im Prinzip kommt hier alles zusammen. Es ist meines Erachtens wichtig, dass sich Frauen im Vorfeld klarmachen, für welche Art von Organisation sie arbeiten möchten. Ob sie dort ihre persönlichen Ziele verwirklichen und wie sie sich als Mitarbeiterin von Anfang an einbringen können. Ein Arbeitgeber wird zunächst einmal auf die fachliche Qualifikation und den „personal fit“ seiner Mitarbeiter schauen. Gerade für Frauen ist es zunehmend wichtig zu wissen, dass sie in einem Umfeld arbeiten, in dem der berufliche Karriereweg weiblicher Mitarbeiter gezielt gefördert wird – auch im Hinblick auf Persönlichkeitsentwicklung und Führungsfähigkeiten. Würden Sie sagen, dass Sie in Ihrem Berufsalltag in bestimmten Situationen bewusst anders handeln oder ein Problem anders lösen als Ihre männlichen Kollegen? Natürlich gibt es individuelle Unterschiede, mit bestimmten Situationen umzugehen. Ich weiß nicht, ob dies wirklich eine Frage von dezidiert „männlicher“ oder „weiblicher“ Betrachtungsweise ist. Wichtig scheint mir, in einer Organisation zu arbeiten, in der Entscheidungsprozesse transparent sind und es eine offene Gesprächs- und Problemlösungskultur gibt. Dies sind immens wichtige Faktoren für eine erfolgreiche Zusammenarbeit, intern wie extern. Das ist übrigens auch der Grund, warum Teamarbeit so wichtig ist. Unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichem Background, sei es akademisch, kulturell oder erfahrungsbasiert, bringen zwangsläufig unterschiedliche Aspekte und Betrachtungen in einen Lösungsprozess ein. Gerade in der miteinander vernetzten Finanzwelt ist Kommunikation ein hohes Gut. Viele Frauen sehen in diesem Bereich ihre Stärke – besitzen sie dadurch auch einen heimlichen Vorteil? Ich glaube, man sollte sich bei der Bewertung dessen, wie Frauen und Männer arbeiten, nicht von Klischees leiten lassen. Schlussendlich kommt es auf die persönliche Motivation, Erfahrung und Leistung an. Wenn wir über Kommunikation reden, bedingt das eine Unternehmenskultur, die einen konstanten Dialog über alle Hierarchiestufen hinweg ermöglicht und alle zu Wort kommen lässt. Ich habe es in meiner bisherigen beruflichen Laufbahn immer als großen Vorteil wahrgenommen, in einer Organisation zu arbeiten, die auf eine offene, professionelle Kommunikation großen Wert legt. Gab es auf Ihrem Karriereweg eine Mentorin oder ein weibliches Vorbild, das Ihnen geholfen oder Sie geprägt hat? Interessanterweise gab es für mich bisher immer Mentoren und männliche Vorbilder, die mich in meinem Werdegang begleitet haben. Wahrscheinlich ist das dann doch der Tatsache geschuldet, dass wir in der Vergangenheit wenige Frauen auf Partnerebene oder in Führungsverantwortung hatten. Dies hat sich heute geändert, und es macht mir sehr viel Spaß, Mentorin für eine Reihe von erfolgreichen Kolleginnen, intern oder auch extern, zu sein und mich regelmäßig mit ihnen auszutauschen. Auf welche Art und Weise fördern Sie Ihre Kolleginnen? Ich bin Mentorin oder einfach Gesprächspartnerin für die jungen Kolleginnen aus unterschiedlichen Büros. Wir verfügen zudem über ein umfangreiches Angebot an Trainingsmaßnahmen für alle Mitarbeiter, besonders aber auch für weibliche Nachwuchskräfte, sowie regionale und globale Netzwerke speziell für Frauen, bei denen der aktive Erfahrungsaustausch im Vordergrund steht. Wie beurteilen Sie die Chancen, dass wir in 20 Jahren deutlich mehr Frauen in Spitzenpositionen, Vorständen und Aufsichtsräten großer Unternehmen finden? Frauen müssen im Berufsleben nicht nur als Einsteiger eine Selbstverständlichkeit sein – das sind wir ja schon –, sondern sollten dies auch in Führungspositionen und Aufsichtsgremien werden. Der Weg dorthin führt zum einen über entsprechende Qualifikation und Leistung, zum anderen aber auch über die Offenheit der Unternehmen, Frauen den Weg in Spitzenpositionen zu eröffnen. Dies ist also wesentlich eine Frage der Unternehmenskultur. Ändert sich diese nachhaltig, und dafür gibt es einige positive Anzeichen, dann sehe ich nichts, was dagegen spricht, dass wir in Zukunft mehr große, internationale Unternehmen sehen, die von Frauen geführt werden.Zur Person
Dorothee Blessing, 42 Jahre, studierte BWL in St. Gallen und Paris. Nach ihrem Studienabschluss begann sie ihre Tätigkeit bei Goldman Sachs 1992 als Analystin im Frankfurter Büro der Bank und leistete in den Folgejahren einen erheblichen Beitrag zum Aufbau des Geschäfts von Goldman Sachs in Deutschland. Darüber hinaus war Dorothee Blessing für Goldman Sachs auch in verschiedenen Positionen in London und New York tätig. Sie hat umfassende Erfahrung in den Bereichen Corporate Finance, Finanzierung und im Geschäft mit Fusionen und Übernahmen über verschiedene Industrien hinweg. Dorothee Blessing wurde 2001 zum Managing Director und 2005 zur Partnerin bei Goldman Sachs berufen. Sie ist verheiratet und hat drei Kinder.
Zum Unternehmen
Die international aufgestellte Investmentbank Goldman Sachs mit Hauptsitz in New York gehört zu den traditionsreichsten und exklusivsten Bankhäusern der Welt und gilt an der Wall Street als Vorzeigebank. Gegründet wurde das Unternehmen 1869 vom deutschen Auswanderer Marcus Goldman. Schon früh galt die Bank als Spezialist für Börsengeschäfte und Investmentfonds, heute ist sie als Finanzdienstleister für große Unternehmen, Institutionen und ausgewählte wohlhabende Privatkunden tätig. Das Unternehmen unterhält Dependancen an allen wichtigen Finanzplätzen der Welt, in Deutschland hat die Investmentbank ihr Büro in Frankfurt am Main. Es gibt weltweit rund 400 Partner. Viele ehemalige Goldman-Sachs-Manager machten anschließend große Karrieren in der Politik oder standen an der Spitze anderer Großunternehmen.
Interview mit Claus Horstmann
Er war weder Fußballer noch Kölner. Damit erfüllte Claus Horstmann zwei notwendige Voraussetzungen für seinen damaligen Einstieg als Geschäftsführer des 1. FC Köln. Seinen Job machte er immer mit Erfolg – auch wenn er längst Fan geworden war. Als ehrgeizigen Menschen bezeichnet er sich nicht. Wenn man die berufliche Laufbahn ansieht, mag man es kaum glauben. Mit dem karriereführer sprach der gelernte Maschinenbau-Ingenieur über Disziplin, Spaß und Erfolg im Beruf und im Profi-Fußball. Aus karriereführer ingenieure 1.2009
Herr Horstmann, Sie sind sehr beliebt. Selbst bei den Berg- und Talfahrten des FC hat Ihr Ansehen bei den Fans oder in den Medien nicht gelitten. Was bedeutet Ihnen das? Für das, was ich hier mache – und gerne mache – ist es kein Maßstab, ob man beliebt ist oder nicht. Entscheidend ist, ob man einen guten Job macht. Wir arbeiten im Team und es liegt mir vollkommen fern, mir irgendetwas auf die Fahne zu schreiben, was eigentlich dem Team gebührt. Warum bleiben Sie lieber im Hintergrund? Das Umfeld eines Fußballvereins ist viel öffentlichkeitswirksamer und transparenter als das eines normalen Unternehmens. Und natürlich freue ich mich, wenn ich Anerkennung bekomme für Dinge, die ich ordentlich gemacht habe. Aber für mich ist entscheidend, wie wir hier im Team arbeiten, wie wir in den Beziehungen zu unseren Partnern und Fans arbeiten, und nicht, was in der Zeitung steht. Sie hatten vorher beruflich nichts mit Sport oder Fußball zu tun. Waren Sie denn zumindest Fußballfan? Fan wäre übertrieben. Ich komme aus dem Sauerland, und da ist man klassisch schwarz-gelb (Borussia Dortmund) oder blau-weiß (FC Schalke 04). Meine Familie war blau-weiß, so bin ich als Kind ab und zu mit meinem Vater in die Glückauf-Laufbahn und hinterher auch ins Parkstadion gefahren. Das hat sich aber nach dem Abitur erledigt. Bis ich zum FC gewechselt bin, hatte ich mit Fußball nichts mehr zu tun. Und jetzt? Jetzt ist das hochemotional. Spieltage sind ein Wechselbad der Gefühle. Im ersten Jahr beim FC konnte ich noch ganz entspannt zum Spieltag fahren, das hat sich verändert, muss ich sagen. Erfolg wird im Profifußball meist am Tabellenstand gemessen. Der kann sich innerhalb von Wochen stark verändern. Was bedeutet da Beständigkeit? Das habe ich über meine Jahre hier gelernt: Der Erfolg eines Fußballvereins misst sich NUR am Tabellenstand. Man kann seinen Job machen, wie man will, aber das Ergebnis des Unternehmens 1. FC Köln, was da in 90 Minuten passiert, kann man nicht beeinflussen. Da fragt man sich schon mal: Ich bin zwar der Geschäftsführer, aber wie stark bestimme ich den Erfolg des Unternehmens? Es ist aber auch toll. So ein spannendes und interessantes Arbeitsumfeld gibt es nicht wieder. Welche Bedeutung hat Karriere für Sie? Die Frage ist, was man unter Karriere versteht. Wenn ich im Tourismus geblieben wäre, würde ich heute vielleicht eine Position bekleiden, bei der man sagen würde: „Der hat’s geschafft“. Wenn Sie den Weg in den Fußball gehen und mit 34 Geschäftsführer sind und das mit 44 auch noch sind – haben Sie dann Karriere gemacht? Nee, dann sind Sie immer noch das Gleiche. 2007 haben Sie sich trotz anderweitiger Angebote aus der Wirtschaft dazu entschieden, beim 1. FC Köln zu bleiben. Was war ausschlaggebend für diese Entscheidung? 2007 hatte ich eine kleine Identitätskrise, besonders mit den Auf- und Abstiegen. Ich dachte: „Mensch, du bist jetzt über 40. Verstehst du das jetzt unter Karriere oder musst du nicht doch noch mal zeigen, dass du mehr kannst?“ Als ich dann vor der Entscheidung stand und drei konkrete Angebote hatte, gab es so viele Argumente für den Verbleib beim FC. Vor allem die Emotionen und das Herz, das mit dranhängt. Ich habe versucht, das so rational wie möglich anzugehen. Aber letzten Endes war es eine emotionale Entscheidung. Was haben denn Fußball und Karriere gemeinsam? Was die Charaktereigenschaften angeht, die man mitbringen muss, wird ein Profifußballer sicher vergleichbare brauchen: ganz vorne weg Disziplin. Man muss natürlich ein gewisses Können mitbringen – ob am Ball oder im fachlichen Bereich – aber das Thema Disziplin ist bei beiden entscheidend. Was haben Sie aus Ihrer Zeit als Zeitsoldat mitgenommen? Ich habe eine hervorragende Ausbildung gehabt, ob universitär oder an den Offizierschulen. Man hat uns Entscheidungsvorgänge eingebläut, von denen ich heute noch profitiere. Entscheidend war, als ich mit 29 ins kalte Wasser gesprungen bin und bei Center Parcs angefangen habe, dass ich wusste, was Menschenführung bedeutet: Verantwortung für seine Mitarbeiter zu übernehmen, zu wissen, wie wichtig es ist, dass das Team funktioniert. Wie wichtig der eine für den anderen ist, das haben wir dort gelernt. Warum haben Sie nach dem Maschinenbau- Studium auf BWL umgesattelt? Ich habe mich für Maschinenbau entschieden, weil ich eine mathematische und naturwissenschaftliche Begabung hatte. Während ich studierte, habe ich gemerkt, dass der spätere Beruf mich eigentlich nicht interessiert. Sie haben als Technik-Manager beim Aufbau der ersten deutschen Center- Parcs-Anlage gearbeitet. Fehlt Ihnen der technische Aspekt bei Ihrer Arbeit manchmal? Nein, ich vermisse das nicht. Aber wenn ich mit Beispielen aus meinem Maschinenbaustudium hier im Tagesgeschäft landen kann, freue ich mich (lacht). Könnten Sie sich vorstellen, irgendwann wieder im Engineering-Bereich zu arbeiten? Ich glaube, der Schuh ist anders. Wenn ein Unternehmen eine interessante Stelle im Engineering-Bereich zu besetzen hätte, würde es sich nie für jemanden entscheiden, der aus dem Fußball kommt. Sie sind von einer Recruiting-Agentur für den FC angeworben worden. Wie ist man auf Sie gekommen? Der damalige FC-Präsident Caspers hatte sich nach dem Abstieg zur Aufgabe gesetzt, den Verein neu zu strukturieren. Mit Hilfe von McKinsey und Headhuntern hat man geguckt, wen man holt. Man wollte weg von der klassischen Managerposition. Sie wollten einen Kaufmann und einen Fachmann für den Freizeitbereich haben. Der Kaufmann sollte, neben fachlichen Dingen, zwei Eigenschaften mitbringen: kein Kölner, kein Fußballer. Haben Sie einen Karrieretipp für unsere Leserinnen und Leser? Ich glaube, man muss immer die Offenheit haben für andere Felder und sich auf Dinge einlassen. Wichtig ist vor allem, dass man Spaß dabei hat und nicht mit 40 schon ein Magengeschwür. Wundert es Sie eigentlich, dass wir Sie gar nicht zum Podolski-Transfer befragt haben? Das ist doch erledigt (lacht)! Da gibt’s ja nichts Neues mehr. Der Junge kommt im Sommer und fertig, aus.Zur Person Claus Horstmann
Claus Horstmann, Foto: 1. FC Köln Claus Horstmann wurde am 14.12.1964 in Iserlohn geboren. Nach dem Abitur verpflichtete er sich als Zeitoffizier bei der Bundeswehr. Dort studierte er Maschinenbau. Nach Abschluss des Studiengangs entschied sich der Diplom-Ingenieur für ein berufsbegleitendes Aufbaustudium der Betriebswirtschaftslehre, das er aufgrund seines Ausscheidens aus der Bundeswehr nicht abschließen konnte. Mit 29 Jahren stieg er 1994 als Technik-Manager bei Center Parcs ein und betreute den Bau der ersten deutschen Center-Parcs-Anlage. 1997 wurde er General Manager dieser Anlage, ein Jahr später Geschäftsführer von Center Parcs Deutschland. 1999 wechselte er zum 1. FC Köln, nachdem ein Headhunter ihn von Center Parcs abwerben konnte. 2013 verließ er den Bundesligaverein. Claus Horstmann ist verheiratet und hat einen Sohn.
Interview mit Hans-Joachim Stuck
Hans-Joachim Stuck ist einer der bekanntesten und erfolgreichsten Rennfahrer Deutschlands. „Striezel“ siegte in Le Mans, gewann die DTM und ist Langstreckenweltmeister. Aber Stuck ist nicht nur im Cockpit aktiv: Seit Januar 2008 arbeitet er als Motorsport-Repräsentant für Volkswagen. Die Fragen stellte Arne Olerth.
Sie sind seit dem Jahresbeginn für Volkswagen tätig. Welche Tätigkeiten üben Sie dort aus? Meine Aufgabe ist es den Volkswagen-Vorstand auf Konzernebene in allen Belangen des Motorsports zu beraten. Wir machen uns Gedanken, wie wir die einzelnen Marken in Zukunft im Motorsport entwickeln können und in welchen Rennserien wir sie einsetzen. Natürlich gilt es auch zu beachten, dass die einzelnen Konzernmarken möglichst nicht gegeneinander antreten. Wie kompatibel sind Motorsport und Umweltschutz? Motorsport und Umweltschutz vertragen sich sehr gut. Gerade in den Rennserien der Deutschen Tourenwagen-Masters (DTM), den Rallyes und Tourenwagenrennen hat sich Einiges in Sachen Umweltschutz getan. Die Nutzung und Umsetzung von alternativen Energien sowie Energierückgewinnung werden zukünftig sehr wichtig sein. Nur dann können wir unser liebes Kind, den Motorsport, auch weiter vernünftig betreiben. Wir können durch die Nutzung dieser Energien einen Vorsprung erreichen, der auch in die Serie umgesetzt werden kann. Sogar in der Formel 1 wird das Reglement gerade in Richtung Energierückgewinnung ausgerichtet. Die Serienfahrzeuge profitieren enorm von diesen Entwicklungen, schließlich ist der Motorsport immer noch das härteste und schnellste Prüffeld der Welt. Was bedeutet die Absage des Rallye-Klassikers Paris-Dakar für das Jahr 2008 wegen einer Drohung des Terrornetzwerks Al-Kaida? Die Absage der Dakar war für mich persönlich eine sehr große Enttäuschung. Zum einen wäre die Rallye mein erster großer Einsatz für Volkswagen gewesen. Zum andern war es eine ganz brutale Erfahrung zu sehen, wie groß die Enttäuschung unter den Fahrern war. Das Teilnehmerfeld besteht zu mehr als 60 Prozent aus Amateuren, die sich mit viel Zeit und Geld auf diese Rallye vorbereitet haben. Die Absage war für viele Fahrer ein harter Schicksalsschlag. Alles in allem war das kein schöner Einstand für mich. Dennoch: Aufgrund der aktuellen Sicherheitslage erfolgte die Absage völlig zu Recht. Welche Konsequenzen wird die Absage der Rallye Dakar für den Motorsport haben? Die Rallye Dakar ist vorerst gestorben, das ist klar. Es gibt aber einige Ersatzveranstaltungen, wie zum Beispiel im April in Ungarn. Dort wird auch ein Großteil der Fahrerteams der Paris-Dakar mitmachen. Volkswagen hat dazu noch keine Entscheidung getroffen. Auch die Austragung der Veranstaltung in Argentinien und Chile 2009 wurde noch nicht entschieden. Wir werden erst einmal abwarten, inwiefern das realisierbar ist und wo die Reise hingeht. Wir sind diesbezüglich gerade im Entscheidungsprozess. Was sind Ihre Visionen für den Motorsport? Der Motorsport muss in seinen jetzigen Formen erhalten werden. Er ist für mich als Automane das liebste Kind. Dieser Sport hat immer noch einen unglaublich hohen Unterhaltungs- und Identifikationswert, besonders was Rallye- und Tourenwagen angeht. Aber wir müssen auch ganz eindeutig Verantwortung übernehmen und unseren Beitrag zum Umweltschutz leisten. Wir müssen alternative Energien mit einbinden und entsprechende Regularien entwickeln, um diese vernünftig einsetzen zu können. Sie haben unzählige Siege eingefahren, unter anderem als Langstreckenweltmeister, zweimal in Le Mans und haben einmal die DTM gewonnen. Bedeutet der Einstieg bei Volkswagen nun das Ende Ihrer aktiven Fahrerkarriere? Nein, mit Sicherheit werde ich weiter aktiv am Rennzirkus teilnehmen. Dieses Jahr werde ich beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring wieder dabei sein, ich werde beim neu geschaffenen Jetta-Biodiesel-Cup in den USA mitfahren und wie letztes Jahr auch am Truck-Grand-Prix auf dem Nürburgring auf MAN teilnehmen. Aber Sie sind auch auf einer anderen sportlichen Ebene, dem Wintersport, aktiv. Das ist richtig. Seit mehreren Jahren bin ich für die Ausrichtung der Disziplinen der Fulda-Challenge verantwortlich, ein Extremsport-Event in den kanadischen Yukon-Territories. Ich habe die einzelnen Disziplinen wie Eisklettern und Mountainbiken im Schnee mitentwickelt und auch ausprobiert. Aber natürlich habe ich in meinem heutigen Alter keine Chance gegen die dort antretenden Top-Athleten. Diese Veranstaltung übt einen besonderen Reiz auf mich aus, da ich sehr naturliebend bin. Unter solchen Bedingungen dort einen Wettkampf auszutragen mit Hundeschlittenrennen, Snowmobil fahren und Ähnlichem ist wahnsinnig interessant. Seit einigen Jahren lassen wir die Athleten zusammen mit VIPs starten, das macht sehr viel Spaß. Welches war der bedeutendste Erfolg Ihrer Motorsport-Karriere? Der letzte Erfolg ist natürlich immer der schönste, und das war das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring vor drei Jahren auf BMW. Mein Titelhighlight war sicher der Gewinn der Langstreckenmeisterschaft 1985 mit einem Weltmeistertitel. Am meisten gefreut haben mich aber die gemeinsamen Siege mit meinem ältesten Sohn Johannes auf dem Nürburgring bei Langstreckenrennen. Soll das Stuck´sche Fahrerteam in der Zukunft noch häufiger zum Einsatz kommen? Aber ja. Wir haben fest im Visier, 2009 oder 2010 mit beiden Söhnen als Stuck-Trio am 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring teilzunehmen. Das wäre dann für mich auch der richtige Zeitpunkt zu sagen: Jungs, jetzt könnt ihr selber fahren. Und damit würde ich das Lenkrad dann weitergeben. Wie definieren Sie Karriere? Karriere bedeutet nicht nur Erfolg zu haben, sondern über einen langen Zeitraum erfolgreich zu sein. Es ist aber genauso wichtig, sich einen guten Ruf aufzubauen und diesen zu bewahren. Welchen Tipp geben Sie einem Hochschulabsolventen beim Start ins Berufsleben? Wir haben alle die gleichen Voraussetzungen. Jeder muss versuchen, für sich das Beste aus seinen Neigungen und Fähigkeiten zu machen. Wenn ich bei mir auf 38 Jahre Erfahrung im Motorsport und Geschäftsleben zurückblicke, so muss ich feststellen, dass es immer wichtig war, Visionen und Ziele zu haben. Man muss dann auch mutig sein und diese anpacken. Wenn ich ein Sättigungsgefühl bekomme, weil es mir zu gut geht, so ist das ein schlechtes Zeichen. Man muss immer beißen, dann bringt man es auch zu was.Zur Person
Hans-Joachim Stuck wurde am 1. Januar 1951 in Garmisch-Partenkirchen als Sohn eines Rennfahrers geboren. Er bestritt 1969 im Alter von 18 Jahren sein erstes Rennen auf dem Nürburgring und legte damit den Grundstein zu unzähligen Siegen. 1970 gewann er das erste 24-Stunden-Rennen in der grünen Hölle. In den 1970er-Jahren startete Stuck in 74 Formel 1-Grand Prixs. 1985 wurde er Langstrecken-Weltmeister und gewann 1986 und 1987 in Folge die 24-Stunden-Rennen von Le Mans und im Jahr darauf die amerikanische TransAm-Tourenwagen-Weltmeisterschaft. Stuck holte sich 1990 den Titel der Deutschen Tourenwagenmeisterschaft DTM. 1998 gewann er als erster Rennfahrer das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring auf einem Diesel und wiederholte den Sieg auf einem Benziner 2004. Stuck war über viele Jahre Werksfahrer für BMW, Ford, Porsche und Audi und arbeitet seit Januar 2008 als Motorsport-Repräsentant des Volkswagen-Konzerns.
Interview mit Henrie W. Kötter
Henrie W. Kötter ist bei ECE, dem europäischen Marktführer für innerstädtische Shopping-Center, für das Management der Einkaufsmeilen verantwortlich. Sein Job: den manchmal widersprüchlichen Interessen von Mietern, Kunden, Investoren und den Politikern und Bürgern der Stadt gerecht werden – und dafür sorgen, dass in den Shopping-Centern der Handel blüht. Im Interview erzählt der 37-Jährige, worauf es dabei ankommt und was letztlich die wichtigere Schule war: das BWL-Studium oder seine Zeit als Obst- und Gemüseverkäufer auf dem Markt. Die Fragen stellte André Boße.
Herr Kötter, was zeichnet eigentlich ein gutes Shopping-Center aus? Die einfachste Antwort lautet: Alle Beteiligten müssen es lieben. Kompliziert wird die Sache, wenn man sich die Vielzahl der Beteiligten vergegenwärtigt. Da sind ja nicht nur die Endkunden, sondern auch die Mieter, die Verantwortlichen in den Kommunen oder die Investoren – wobei diese Beteiligten teilweise gegenläufige Ziele haben, die zu Interessenskonflikten führen können. Die hohe Kunst des Center-Managements ist es dann, hier einen Ausgleich zu finden. Dabei müssen wir zum Beispiel den Gestaltungswillen der Politiker und vor allem der Bürger einer Stadt respektieren. Entscheidend sind also Kompromisse. Aber wie findet man diese? Indem man schon in der Planungsphase mit allen Beteiligten offen redet und schließlich die Argumente abwägt, um herauszubekommen, was für einen bestimmten Standort gewünscht wird und wichtig ist. Da wir in der Regel in Innenstädten bauen, ist die Analyse des Ist-Zustands entscheidend: Wo liegen die Probleme und was sind die gegenwärtigen Angebote des Einzelhandels? Wie ist die städtebauliche Situation, welche Konkurrenten sind vor Ort und wie ist die Verkehrsanbindung? Das sind nur einige Fragen, auf die wir in der Planung Antworten finden müssen. Wobei wir nicht das Ziel haben, mit unseren Shopping-Zentren die Kaufkraft in einer Stadt umzuverteilen, sondern neue Kaufkraft aus dem Umland in die Stadt zu holen. Und das geht nur mit hoher Attraktivität. Wie bewerten denn Kunden heute die Attraktivität eines Shopping-Centers Einkaufen bedeutet nicht mehr, sich mit dem Nötigsten einzudecken. Shopping ist heute eine Freizeitaktivität. Es reicht daher schon lange nicht mehr, ein Einkaufszentrum hochzuziehen, ein paar Mieter ins Haus zu holen, morgens die Tür zu öffnen – und schon brummt es. Wir haben den Anspruch, den Leuten einen Marktplatz zu bieten: kommen, sehen, Menschen treffen, sich inspirieren lassen. Ob die Leute in unsere H&M-Filiale oder in eine andere gehen, liegt weniger am Laden selbst als an dem Umfeld. Ihr Tipp für Einsteiger in diesem Bereich: Gibt es eine vermeintliche Handelsweisheit, die sich in Ihren Augen als falsch herausgestellt hat? Ich erkenne die angebliche Preissensibilität der Deutschen nicht. Schauen Sie sich die Coffee-Shops an: Dort holen sich die Leute einen Latte Macchiato für 3,60 Euro. Das ist ein Pappbecher mit warmer Milch und einem Schuss Espresso, Warenwert vielleicht 30 Cent. Aber darum geht es nicht, denn ich hole mir in diesem Moment nicht nur den Kaffee. Ich kaufe mir urbanes Lebensgefühl. Ein Stück New York. Durch diese Beobachtung werden die Preise nicht unwichtig, ich muss mir aber im Klaren sein, dass das Drumherum mindestens den gleichen Stellenwert besitzt. Wie wichtig ist Menschen- und Milieu- Kenntnis, um im Bereich Shopping-Center-Management Karriere machen zu können? Es geht nicht ohne. Unsere Center-Manager kennen ihre Kunden – und zwar nicht nur durch ihre Arbeit. Sie wohnen in der Stadt oder in dem Viertel, gehen dort selber einkaufen, sind Mitglied im Sportverein und vernetzen sich innerhalb der Community, in der sie leben. Man muss sich klar werden, dass Center-Manager eine sehr hervorgehobene Position einnehmen. Sie sind der erste Ansprechpartner für alle Mieter – und das können schnell mehr als 100 sein. Sie müssen zudem mit den Einzelhandelsverbänden der Kommunen sowie der Verwaltung und Politik zusammenarbeiten können. Schließlich geht es eben nicht darum, sich nur auf den innerstädtischen Wettbewerb zu fokussieren. Viel wichtiger ist es, im Wettbewerb der Städte Erfolg zu haben. Wie beurteilen Sie die Perspektive für Shopping-Center, ist der Markt gesättigt oder besteht weiterhin Bedarf? Der Markt ist weiterhin da, aber er ist in gewisser Weise endlich, weil es immer weniger Flächen gibt, auf denen neue Shopping-Center einen Mehrwert bringen können. Gefragt ist jetzt die Kreativität, um Einkaufszentren mit Luft nach oben durch Umstrukturierungen, Umbauten, neue Konzepte und Investitionen attraktiver zu machen. Dafür benötigt man eine Idee und das Know-how. Wer diese beiden Sachen mitbringt, wird im Center-Management gute Chancen haben. Was zeichnet dieses Know-how konkret aus? Eine Leidenschaft für den Einzelhandel, eine Affinität für Marketing sowie die Fähigkeit, mit Menschen auf unterschiedlichsten Ebenen umgehen zu können. Der Kontakt zur Reinigungsfrau ist wichtig, ebenso der zum Bürgermeister. Das spezifische fachliche Know-how, das über das an der Uni vermittelte betriebswirtschaftliche Wissen hinausgeht, bringen wir Einsteigern in unserer internen Akademie bei. Haben Sie sich eigentlich schon immer für Einkaufszentren interessiert? Ich bin meine Karriere in diesem Bereich nicht gezielt angegangen, hatte aber zwei gute Grundvoraussetzungen, nämlich ein Faible für Architektur sowie ein Interesse an Marktplätzen. Ich habe bereits als Teenager einige Jahre lang auf einem Markt Obst und Gemüse verkauft.Zur Person
Henrie W. Kötter (37) wurde in Bünde in Ostwestfalen geboren. Er absolvierte zunächst eine Bankausbildung und studierte dann Internationale Betriebswirtschaftslehre an der European Business School mit Auslandssemestern an der Universidad Argentina de la Empresa in Argentinien und der Richard Ivey School of Business in Kanada. Nach Abschluss seines Studiums begann er 2000 als Business Development Manager bei einem IT-Unternehmen und wechselte 2001 in die Unternehmensberatung zu Roland Berger. 2004 ging Henrie W. Kötter als Development Manager zu ECE. Von 2006 bis 2009 baute er als Geschäftsführer die bulgarische Tochtergesellschaft des Unternehmens in Sofia auf. 2009 wurde er stellvertretender Geschäftsführer Center-Management, bevor er 2011 die alleinige Verantwortung für das Center-Management in der Geschäftsführung der ECE-Gruppe übernahm.
Interview mit Henrie W. Kötter als PDF ansehenWas war denn rückblickend die wertvollere Lerneinheit für Ihre Karriere, das BWL-Studium oder die Erfahrung als Marktverkäufer? (lacht) Das ist eine etwas gemeine Frage, weil Sie natürlich nicht jeden Obst- und Gemüsehändler zum Center-Manager machen können. Das Geheimnis ist eine gute Balance zwischen Theorie und Praxis. Theoretisches Wissen ist dann wichtig, wenn es dabei hilft, die Praxis zu analysieren. Und je mehr praktische Erfahrung ich gesammelt habe, desto sicherer werde ich im Umgang mit meinem theoretischen Wissen, weil ich dann feststellen kann, warum Dinge nicht immer nach dem Modell verlaufen, das ich mir überlegt habe. Theoretisches Wissen gibt mir einen Werkzeugkoffer an die Hand, die Erfahrung lehrt mich, welches Werkzeug in welcher Situation das richtige ist.
Zum Unternehmen
Das Unternehmen ECE – kurz für Einkaufs- Center Entwicklungsgesellschaft – wurde 1965 vom Otto-Versand-Gründer Werner Otto ins Leben gerufen. Seit 2000 wird es von dessen Sohn Alexander Otto geführt und ist heute europäischer Marktführer für innerstädtische Shopping-Center mit Fokus auf Deutschland und Länder Osteuropas. Zudem entwickelt und realisiert die Gruppe Verkehrsimmobilien, Logistikzentren, Firmenzentralen, Bürokomplexe und weitere Immobilien für die Industrie. Derzeit arbeiten rund 3000 Beschäftigte im In- und Ausland im Unternehmen. Dabei managt ECE aktuell 132 Shopping-Center, die zusammen einen Umsatz von jährlich rund 15 Milliarden Euro erzielen und pro Tag von durchschnittlich rund 3,2 Millionen Kunden besucht werden.
Interview mit Prof. Dr. Michael Backes
Der Mann für die Sicherheit. Dr. Michael Backes ist nicht nur einer der besten Informatiker Deutschlands, sondern auch einer der führenden Forscher des Landes – und das mit 32 Jahren. Die Zeitschrift Capital ernannte ihn 2010 zum besten Forscher Deutschlands unter 40 Jahren, die Computerwoche zu einem der 50 wichtigsten IT-Köpfe Deutschlands. Ein Gespräch über den Stellenwert von IT und Sicherheit in der heutigen Gesellschaft sowie über die Qualitäten eines guten Informatikers. Das Gespräch führte André Boße.
Herr Dr. Backes, als der Bundesinnenminister einen „Radiergummi fürs Internet“ forderte, standen Sie parat und sagten: Genau den entwickeln wir gerade. Wie wird das Produkt funktionieren? Es ist kein Radiergummi im klassischen Sinne, denn diese Software kann keine Daten ausradieren, die bereits im Internet sind. Das ist technologisch unmöglich, denn wenn die Daten auf einem Server liegen, über den Sie keine Kontrolle haben, dann kommen Sie da auch nicht ran. Aber User können mit der Software, die wir entwickeln, ihren Daten beim Einstellen ins Internet ein Verfallsdatum verpassen. Eine Idee, die Politik und Medien begeistert. Die Resonanz ist überragend. Ich habe zu dem Thema mehr als 100 Interviews gegeben, doch noch schöner ist das Feedback von den Leuten auf der Straße, die zu mir sagen: Das ist genau das, was wir brauchen. War Ihnen eigentlich schon immer klar, dass IT-Themen einmal so relevant sein werden, dass man mit den Entwicklungen Politiker glücklich machen kann? Als ich Ende der Neunzigerjahre mit meinem Informatikstudium begann, erlebten wir gerade den ersten großen Internet-Hype, und IT war überall ein großes Thema. Mir war damals klar, dass das Thema Computersicherheit jeden Nutzer begeistern wird. Ein Anzeichen dafür ist, dass zu diesem Thema jeder eine Meinung hat. Wie geht es weiter: Verkaufen Sie die Software für viel Geld einem Anbieter? Oder stellen Sie sie als Share- oder gar Freeware online? Wir haben einerseits die Verpflichtung, die Software für alle erschwinglich zu machen. Daher entwickeln wir derzeit einen wissenschaftlichen Prototyp, der kostenlos sein wird und mit dem die Leute die Grundfunktionen ausprobieren können. Im Rahmen der Uni ist es uns aber gar nicht möglich, auch das kommerzielle Produkt zu entwickeln. Daher werden wir es unter dem Namen X-pire! im Rahmen eines Spin-Offs entwickeln. Als Informatiker mit dem Schwerpunkt Sicherheit ist es Ihre Aufgabe, immer wieder das Thema Security ins Spiel zu bringen. Haben Sie einen Tipp für junge Informatiker, wie es gelingt, dabei nicht als Spielverderber wahrgenommen zu werden? Man sollte das Thema nicht von der schlechten Seite betrachten, sondern versuchen, sich als ein Bestandteil dieser neuen Entwicklung zu sehen. Es ist ja nicht so, dass Sicherheitsexperten sich vornehmem: „So, jetzt machen wir eure schönen Sachen kaputt.“ Bei jeder Innovation gibt es eine Vision. Die Entwickler bringen ein Puzzlestück mit, die Sicherheitsleute ein anderes – und nur, wenn man beide optimal zusammensetzt, kann das neue Produkt funktionieren. Von daher ist es wichtig, sich zu jeder Zeit als komplementäres Glied in der Kette einer Produktinnovation zu sehen. Und je höher die Innovationsgeschwindigkeit, desto mehr Angriffsfläche biete ich Leuten, die nach Sicherheitslücken suchen. Sehen Sie diese Leute als Gegner – oder als nützliche externe Mitarbeiter, die Ihnen zeigen, wo die Schwachstellen sind? Das hängt von ihrer Intention ab. Wenn derjenige Geld damit verdienen möchte, kann man das in keiner Weise akzeptieren. Tut er es aber nur, um Probleme aufzeigen, und richtet er damit keinen Schaden an, sehe ich den Lerneffekt. Auch ich habe schon ab und an Sicherheitslücken aufgedeckt. Das muss man manchmal einfach tun, denn Informieren gehört zum Job. Wichtig ist nur, dass man den Leuten die Möglichkeit gibt, das Problem zu beheben – und zwar bevor ich damit an die Öffentlichkeit gehe. Aufklärung also bitte erst dann, wenn der Fehler behoben ist und ihn keiner mehr ausnutzen kann. So viel Idealismus muss ein Informatiker in der Forschung mitbringen, man muss sich schon ein wenig als Weltverbesserer sehen. Klingt, als müsse der Informatiker auch ein Informationsexperte sein. Kommunikation. Mein Tagesablauf besteht – neben der Beantwortung von E-Mails – aus Meetings und Teamwork. Dazu gehören Gespräche mit den Medien und Ministerien, mit anderen Forschern oder Studenten. Das Bild, dass Informatiker den ganzen Tag lang am Computer sitzen und vor sich hinprogrammieren, ist absolut nicht stimmig. Unter meinen Studenten gibt es junge Leute, die vor ihrem Studium noch nie in ihrem Leben programmiert haben. Und das ist völlig okay, denn das Programmieren kann man Ihnen in kurzer Zeit beibringen. Man muss für den Job abstrakt und logisch denken können. Ohne das geht es nicht – und das kann Ihnen auch niemand mehr beibringen. Und wie sind die Karrierechancen dieser Experten in logischem Denken? Bestens. Während meine Doktoranden in den meisten Fällen eine akademische Karriere bevorzugen, finden meine Bachelor- und Masterstudenten sehr leicht gute Jobs in der freien Wirtschaft. Die Chancen für Informatikabsolventen sind deshalb so gut, weil man sie in den Unternehmen als Problemlöser benötigt. Klassische Branchen sind Banken oder Versicherungen, also Bereiche, in denen es darum geht, komplexe Probleme zu lösen, an denen andere scheitern. Und solche Probleme wird es immer geben, weil sich alles, was der Mensch in der Praxis ohne Hilfe tut, mathematisieren und abstrahieren lässt. Genau das kann ein Informatikabsolvent nach seinem Studium – und deshalb sind seine Qualitäten gefragt.Zur Person
Nach seinem Mathematik- und Informatikstudium in Saarbrücken (1998-2001) sowie seiner Promotion direkt im Anschluss, forschte Michael Backes, 32 Jahre, drei Jahre lang im IBM-Forschungszentrum in Zürich, bevor er 2005, im Alter von 26 Jahren, in Saarbrücken zum Professor für Informationssicherheit und Kryptografie auf Lebenszeit berufen wurde – als damals jüngster Informatik-Professor Deutschlands. Er ist Mitverfasser von mehr als 100 internationalen Veröffentlichungen zu den Themen Sicherheit und Kryptografie. Zudem wurde er 2007 für seine herausragende wissenschaftliche Arbeit in der Informationstechnologie zu einem Fellow der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ernannt. Mit der Auszeichnung verbunden ist die Leitung einer Arbeitsgruppe am Max-Planck-Institut für Softwaresysteme an der Uni Saarbrücken. Er wurde 2008 mit dem IBM Faculty Award und 2009 mit einem ERC Starting Grant ausgezeichnet. 2009 ernannte ihn das MIT Technology Review als ersten Deutschen zu einem der TR35 – den 35 besten Forschern der Welt unter 35 Jahren.
Zum Unternehmen
Hauptarbeitsgebiet der Arbeitsgruppe unter der Leitung von Michael Backes an der Uni Saarbrücken ist die Grundlagenforschung im Bereich der Computersicherheit und der Kryptografie, insbesondere der Entwurf, die Analyse sowie die Verifikation von Sicherheitsprotokollen, Privacy (Datenschutzaspekte) und die Software- und Netzwerksicherheit. Backes und sein Team beschäftigen sich mit der Frage, wie neuartige kryptografische Verfahren und Beweistechniken das Internet und die mobile Datenübertragung sicherer machen können. Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich auch mit Anfragen aus der Wirtschaft und Industrie, sofern ihre Beantwortung auch von wissenschaftlichem Interesse ist. Derzeit sind neun Mitarbeiter in der Gruppe tätig: acht Doktoranden und ein Post-Doc.
Interview mit Hans Rudolf Wöhrl
Ein Talent für den Handel wurde Hans Rudolf Wöhrl in die Wiege gelegt: Sein Vater gründete 1933 das Unternehmen Wöhrl-Modehäuser, heute eine der erfolgreichsten Modeketten in Deutschland. Hans Rudolf Wöhrl hat den Beruf des Einzelhandelskaufmanns gelernt, und er handelt nicht nur mit Textilien: Seine zweite Leidenschaft ist die Fliegerei, seine Businessaktivitäten in der Luftfahrt haben den Markt nachhaltig verändert. Mit dem karriereführer sprach er über die Grundregeln erfolgreichen Handels und sein Rollenverständnis als Händler. Die Fragen stellte André Boße.
Herr Wöhrl, erfolgreicher Handel hat immer auch mit Kommunikation und mit Geschäftsbeziehungen zu tun. Wie bewerten Sie in dieser Hinsicht das Internet? Das Internet verändert die Beziehung zwischen Händler und Kunden nicht, aber es beschleunigt sie und gibt die Möglichkeit des schnellen Austauschs von Bildern und sonstigen Informationen. Voraussetzung aber ist ein überlegter und zielgerichteter Einsatz. Wer seine Kunden mit überflüssigem Zeug nur zuschüttet, wird am Ende eine negative Reaktion erleben. Bestellen Sie selbst Waren im Internet? Ich kaufe nichts für meinen persönlichen Bedarf im Internet, aber meine Mitarbeiter nutzen es für die Bestellung zum Beispiel von Büroartikeln oder Büchern. In einigen Branchen versuchen Händler, Nähe herzustellen – zum Beispiel, indem sie jeden Kunden ungefragt duzen. Befürchten Sie, dass der respektvolle und distanzierte Umgang zwischen Händler und Kunde verloren geht? Diese Befürchtung habe ich schon, aber es stellt sich die Frage, ob das wirklich schadet? Der Stil und der Ton im geschäftlichen Miteinander sind einem ständigen Wechsel unterworfen, und was gestern noch unmöglich war, kann morgen schon tägliche Praxis sein. Das Duzen aber finde ich eine echte Unsitte, die mich wirklich stört. Da rutscht mir dann schon mal ein Satz raus wie: „Haben wir schon im Sandkasten miteinander gespielt?“ Eine Ihrer Grundregeln lautet: „Verhalte dich so, wie du es von anderen erwartest!“ Ist das nur ein Ehrenkodex – oder auch ein Garant für erfolgreichen Handel? Diese Regel ist zutreffend, wenn man sie auf das Fairplay im geschäftlichen Umgang miteinander bezieht. Aber ein auch noch so ungehobelter Mensch kann durchaus in seiner Arbeitsweise ehrenhaft sein. Daher beziehe ich Höflichkeit und Erziehung darauf, den Umgang zwischen Menschen Unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Alters und gesellschaftlichen Standings zu ermöglichen. Welches Verhalten eines Menschen, mit dem Sie an einem Handel interessiert sind, stört Sie besonders? Ich mag keine Leute, die feilschen und mit einem gewaltigen Wortschwall Dinge anpreisen, die entweder nichts Besonderes oder zu teuer sind. Das beleidigt mich einfach, denn wenn jemand glaubt, mich über den Tisch ziehen zu können, dann hält er mich ja wohl auch für dumm oder zumindest unerfahren. Wie reagieren Sie dann? Sehr einfach: Entweder sage ich gleich ab, oder ich packe meine Trickkiste aus und zeige ihm, wo der Barthel den Most holt. Umgekehrt gilt bei mir, dass mein erstes Angebot immer auch mein Bestes, also ein besonders faires ist. Mir ist immer an schnellen und einfachen Geschäftsabschlüssen gelegen, denn Zeit ist mir kostbar. Daher schätze ich auch langatmiges Erklären und ausufernde Gesprächsrunden nicht. Sie haben mit Erfolg sowohl Kleidung als auch Flugtickets verkauft – zwei völlig verschiedene Dinge. Sind die Grundregeln eines erfolgreichen Händlers überall gleich? Mit Sicherheit hat jede Branche ihre eigenen Spielregeln, und diese weichen auch noch von Land zu Land voneinander ab. Aber man kann schon sagen, dass die Basisdaten immer die gleichen sind. Ein Mensch sollte sich für das entscheiden, was er gerne tut, denn nur wenn ihm eine Arbeit auch Spaß macht, besteht die Chance, dass er damit erfolgreich sein wird. Ich für meine Person verstehe mich als Dienstleister, weil mir der Umgang mit Menschen, also wirklich das „Dienen“, Freude bereitet. Daher habe ich zum Beispiel niemals eine Fabrik besessen. Und das Thema Zusatzleistungen? Grundsätzlich kann ich nichts Verwerfliches daran finden, wenn man ein Geschäftsmodell entwickelt, bei dem die Leistungen aus dem Paket „Basispreis plus Zusatzleistungen“ besteht. Gerade bei einer Fluggesellschaft summieren sich die Zusatzleistungen zu einem erheblichen Posten. Warum sollte aber jemand, der von A nach B fliegt, sein Ticket im Internet kauft, den Boardingpass selbst ausdruckt, kein Gepäck mitnimmt und im Flugzeug auch nichts zu essen oder zu trinken will, den gleichen Preis bezahlen, wie jemand, der all die anderen Dienstleistungen in Anspruch nimmt? Gerade auf Kurzstrecken ergeben sich daraus erhebliche Einsparungen, und ein Durchschnittswert ist alles andere als gerecht. Das Modell von zum Beispiel Ryanair setzt klar auf Kostenführerschaft – und das tut das Unternehmen so konsequent, dass es am Ende wirklich die günstigsten Nurflugpreise anbieten kann – und trotzdem ordentliche Gewinne einfährt Was halten Sie von dem mitunter rauen Ton in Geschäften? Den rauen Ton höre ich sehr oft sogar in Fachgeschäften – also dort, wo man ihn gar nicht erwartet. Wer glaubt, mit seinen Kunden rau umgehen zu können, der will damit oft nur den Eindruck erwecken, dass er so gut ist, dass er auf die Kunden gar nicht einzugehen braucht, weil diese sowieso im Unrecht sind. Das geht aber immer nur eine gewisse Zeit gut. Angenommen, Sie haben die Gelegenheit, mit einer Gruppe junger Berufseinsteiger aus der Handelsbranche einen Tag zu verbringen. Wie würden Sie den Tag gestalten, um ihnen etwas mit auf den Weg zu geben? Solche Tage veranstalte ich hin und wieder, und die kommen auch recht gut an. Die Hälfte der Zeit verbringe ich damit, die Leute mit Fragen dazu zu bringen, die Dinge einmal von einer ganz anderen Seite anzugehen. Die zweite Hälfte erzähle ich aus meinem Erfahrungsschatz. Und am Abend? Zeige ich, dass es wichtig ist, durch ein geselliges Miteinander Vertrauen zu schaffen.Zur Person
Hans Rudolf Wöhrl, 62 Jahre, ist zweiter Sohn des Textilunternehmers Rudolf Wöhrl. Nach einer Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann übernimmt er im Alter von 23 Jahren die Wöhrl-Modehäuser. 2002 wird das Unternehmen in eine Familien-AG umgewandelt. Neben dem Handel ist die Luftfahrt Wöhrls zweite Leidenschaft. Er macht Ende der Sechzigerjahre den Pilotenschein und lässt sich zum Berufspiloten ausbilden; später erwirbt er auch die Fluglizenz für große Passagiermaschinen. 1974 gründet er den Nürnberger Flugdienst (NFD), manches Mal sitzt Wöhrl selber im Cockpit einer seiner Maschinen. 1992 verkauft er seinen Anteil an dem Unternehmen. 2003 übernimmt Wöhrl die marode Fluglinie Deutsche BA und tauft sie in dba um. 2004 schreibt die dba erstmals in ihrer Geschichte schwarze Zahlen; 2006 wird der Verkauf der dba an Air Berlin bekanntgegeben. Auch die von Wöhrl neu ausgerichtete Ferien-Fluggesellschaft LTU wird 2007 an Air Berlin verkauft. Insgesamt ist Wöhrl über sein Investmentunternehmen Intro Group an mehr als 50 Firmen beteiligt.
Zum Unternehmen
Das 1933 von Rudolf Wöhrl gegründete Unternehmen erlebte sein erstes rasantes Wachstum während des Wirtschaftsbooms in den Fünfzigerjahren. Aus dem Geschäft Zetka (kurz für „Zuverlässige Kleidung“) entwickelt sich eine Modehauskette mit Filialen in bayerischen Städten. Im Jahr 1970 wurde das Unternehmen von den beiden Söhnen Gerhard und Hans Rudolf Wöhrl übernommen und bis 2002 in zweiter Generation geführt. Mit der Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft im Jahr 2002 wechselten Gerhard und Hans Rudolf Wöhrl in den Aufsichtsrat und zogen sich damit aus dem operativen Geschäft zurück. Zwei Jahre später erwarb Gerhard Wöhrl die Aktienmehrheit und leitete die erfolgreiche Neuausrichtung des Unternehmens ein. Von 2007 bis April 2010 bekleidete der ältere Sohn des Unternehmensgründers Rudolf Wöhrl die Position des Vorstandvorsitzenden. Bis heute umfasst die Wöhrl-Unternehmensgruppe in Deutschland 40 Standorte mit rund 2.625 Beschäftigten. Der Jahresumsatz betrug im Geschäftsjahr 2009/2010 rund 362 Millionen Euro. Interview mit Hans Rudolf Wöhrl als PDF ansehen
Pi mal Gaumen
Innerlich scheint er die Ärmel immer hochgekrempelt zu haben, äußerlich sind sie es meistens. Schnell folgt engagiertes Handeln auf präzises Denken – und umgekehrt. Bevor Christian Rach 1991 in den Kreis der Michelin-Sterneköche aufgenommen wurde, studierte er Philosophie und Mathematik. Mitten im Examen entschied er sich, Koch zu werden, behielt aber Sokrates und Archimedes im Sinn. Den Beweis, dass er rechnen und abstrahieren kann, hat er als Unternehmer erbracht. Der Philosophie, seiner „Freundin der Weisheit“, fühlt er sich auch im Alltag nah. Zum Beispiel, wenn er als „Rach, der Restauranttester“ kurzzeitig fremde Betriebe führt, als wären es seine eigenen, oder Jugendlichen mit ungeradem Lebenslauf in „Rachs Restaurantschule“ eine berufliche Perspektive bietet. Koch, Coach, Unternehmer, Berater, Ausbilder, Nachwuchsförderer, Buchautor und Lebensmitteltester – Viola Strüder interviewte den visionären Multiberufler am virtuellen Küchentisch.
Herr Rach, der Schriftsteller Joseph Conrad soll gesagt haben: „Streng genommen hat nur eine Sorte Bücher das Glück unserer Erde vermehrt: die Kochbücher.“ Sie haben bislang drei davon geschrieben. Wie sieht das Glück aus, das Ihre Kochbücher den Lesern verheißen? Joseph Conrad irrt. Es gibt wunderbare Literatur, die über die gesamte Welt verteilt Glück bringt. Kochbücher sind in der Regel Bilderbücher, die beim Betrachter hoffentlich Lust erzeugen. Voltaire wird der Satz zugeschrieben: „Ich habe gefunden, dass Menschen mit Geist und Witz auch immer eine feine Zunge besitzen, jene aber mit stumpfem Gaumen beides entbehren.“ Wie beschreiben Sie die Verbindung zwischen Geist und Gaumen? Da hat Voltaire natürlich vollkommen Recht. Der liebe Gott hat uns Geschmack verliehen, das heißt Essen und Trinken ist mehr als reine Nahrungsaufnahme. In vielen Ländern ist es fast das höchste Kulturgut. In Deutschland, dem Land der Dichter und Denker, galt Essen und Trinken dagegen jahrhundertelang tatsächlich lediglich als reine Nahrungsaufnahme. Wir befinden uns allerdings auf dem besten Weg dahin, dass sich das endlich ändert. Als Mathematiker kennen Sie die Welt der Zahlen, als Koch die der kreativen Genüsse. In welcher Welt ist es schwieriger, die wichtigsten Grundlagen zu lernen? Kochen fängt im Kopf an, genau das ist die Verbindung zur Mathematik. Ein Koch, der seinen Kopf nicht einschaltet, wird niemals ein guter Koch sein. Grundlage beider Berufe ist das zu erlernende Handwerk. Hat man einen natürlichen Zugang, sprich Freude an der Materie, wird es einem sowohl in der Mathematik als auch in der Kochkunst einfach fallen, sich kreativ zu betätigen. Das will nicht heißen, dass der Unbegabte es nicht auch zu einer gewissen Kunstfertigkeit bringen kann. Wenn Sie Ihr Berufsleben in ein Menü übersetzen würden: Wie viele Gänge hätte es, und nach welchen Gewürzen würde es – mal fein, mal ausgeprägt – schmecken? Das Berufsleben in ein Menü zu übersetzen ist natürlich relativ schwierig. Einfach ausgesprochen könnte man sagen Vorspeise, Hauptgang, Dessert, wobei ich als erfahrener Gastronom weiß, dass der Espresso das Wichtigste ist, denn der bleibt im Kopf der Menschen hängen – und ich hoffe, dass man innerhalb eines Berufslebens viele verschiedene Espressi trinken kann. Gewürzt werden sollte jeden Tag neu, damit das Ganze spannend bleibt. Einen festen Karriereplan erachte ich übrigens für äußerst schwierig, weil er einem die Spontaneität und die Kreativität verbaut. In Ihrer TV-Sendung „Rach, der Restauranttester“ kämpfen Sie gegen die Veränderungsresistenz der Inhaber. Ähnlich geht es vielen Führungskräften, sie verlieren dabei Zeit und Energie. Was ist Ihr Konzept, um den Widerstand möglichst schnell zu brechen? Klare und schnelle Analyse auf Augenhöhe – aber bitte erst dann, wenn ein Ausweg auch erkennbar ist. Eine Lösung muss also im Kopf vorskizziert sein, ansonsten wirkt die Klarheit verletzend und vorführend, und ich erreiche das Gegenteil. Es kommt darauf an, den Mitstreitern in der Führung, Kommunikation und Analyse Schwächen zu offenbaren und einen Zustand aufzuzeigen, um am Ende zielgerichtet handeln zu können. Ein Teil der Nachwuchskräfte strebt heute von Anfang an nach Work-Life-Balance. Sie haben nun 23 Jahre lang die 80-Stunden- Arbeitswoche gelebt und sind fast immer auf Betriebstemperatur. Ihr Ratschlag an Einsteiger mit hohem Engagement: Wie behält man die Frische? Eine 80-Stunden-Arbeitswoche sollte natürlich nicht die Regel sein. Ein selbstständiger Unternehmer kommt meistens mit nicht weniger Stunden davon. Das Risiko, das man als Unternehmer trägt, ist nicht in einer 35- bis 40-Stunden- Woche zu meistern, aber eine gesunde Work-Life-Balance ist natürlich das A und O. Auch der erfolgreiche, strebsame Unternehmer sollte immer auf Ausgleich bedacht sein. Ob in die Natur blicken, Yoga oder Sport treiben: Es gibt vielfältige Möglichkeiten, die nicht in einem festen Rhythmus passieren müssen, die man aber immer wieder zur Entspannung und vor allem zur geistigen Erfrischung nutzen sollte. Der Mensch kann ohne Gold, nicht aber ohne Salz leben. Was ist für Sie das Salz des Berufslebens, um langfristig erfolgreich zu sein? Das Salz eines Berufslebens ist die Vision, ist der Traum. Nun kann man natürlich einwenden, dass man an einem Fließband schlecht träumen kann, das ist vollkommen richtig. Aber nicht jedermanns Lebensglück hängt von der beruflichen Erfüllung ab. Wenn ich als Unternehmer tätig bin, sollte ich nie aufhören zu träumen und Visionen zu haben. Wenn ich die habe, sollte ich sie mit Pünktlichkeit, Fleiß, Disziplin und kompetenten Partnern umsetzen. Gibt es eigentlich eine Formel für gelungene neue Rezepte? Ich kann nur Rezepte entwerfen, deren Resultat ich später selber gerne esse. Umgekehrt herum: Ich mag keinen Grießbrei, keinen Vanillepudding, also kann ich mit diesen Zutaten auch kein erfolgreiches Rezept entwickeln. Sicher ist aber auch: Rezepte passieren nicht am Reißbrett, es sei denn in der Molekularküche. Rezepte bewähren sich über einen längeren Zeitraum und müssen dann den Beweis erbringen, dass sie die Langstrecke beherrschen. Stellen wir uns einen Einsteiger vor, der in seinem neuen Job erste Erfolge feiert. Was empfehlen Sie, um als „Dessert“ diesen Erfolg auch genießen zu können? Gelassenheit und Bodenständigkeit sind die wichtigsten Eigenschaften, um Erfolg genießen zu können. Erfolg um des Erfolges willen ist mit solchen negativen Vorzeichen besetzt, dass er zur Gier führt. Zu wissen, woher man kommt, wo man steht und wohin man will – das sind die Grundlagen. Angenommen, Sie übernehmen das Regiment in einer Küche unter echten Küchenphilosophen, die bekannt dafür sind, dass sie beim Kochen gern viel reden. Wann ist der Moment, in dem in Ihrer Küche absolut keiner mehr etwas sagen darf? In dem Moment, wenn Gäste kommen, um das philosophische Dinner zu genießen, muss absolute Ruhe herrschen. Es gibt dann keine Diskussionen, keine philosophischen Ergüsse – stattdessen muss es laufen wie in einem Uhrwerk. Es wird dann nur das gesprochen, was mit dem Kochen und Herstellen der Speisen zu tun hat. Zum Schluss gefragt: Auf dem Holodeck von Star Trek beamen Sie sich zurück in die Antike und können als Koch und Philosoph visionär in die Geschichte eingreifen: Was erfinden Sie, damit die Menschheit es schafft, die Weisheit mit Löffeln zu fressen? Vielleicht wäre es sinnvoll, Geld zwar zu erfinden und als Tausch- und Zahlungsmittel zuzulassen, aber die Existenz von Banken oder zumindest ihre Macht als Geldverleiher zu begrenzen.Zur Person
Sturm und Drang. Die Küche – als Kind sein Lieblings-, später sein Arbeitsplatz. Christian Rach wurde am 6. Juni 1957 in St. Ingbert/Saarland geboren. Sein Vater war Ingenieur, die Mutter Hausfrau. Das Elternhaus war katholisch geprägt, Rach elf Jahre lang Messdiener. Mit 20, als junger Freigeist im Hippie-Look, verlässt er die Heimat und wählt Hamburg als sein Tor zur Welt. Nach dem Zivildienst nimmt er das Studium der Philosophie und Mathematik auf, das er mit Kochen finanziert. 1983, im Examenssemester, entschließt er sich, Koch zu werden, lernt in Grenoble, wird Souschef in Wien, reist durch die Welt und eröffnet 1986 in Hamburg sein erstes Restaurant. www.christianrach.de
Bücher von Christian Rach
Das Kochgesetzbuch. Die Grundregeln erfolgreichen Kochens. Edel 2008. ISBN 978-3941378032. 29,95 Euro (Gibt es auch als iPhone-App!) Das Gästebuch. Kochen für besondere Anlässe. Edel 2009. ISBN 978-3941378292. 14,95 Euro Rach kocht. Morgens, mittags, abends – lustvoll und gesund. Edel 2010. ISBN 978-3941378889. 24,95 EuroExpertise
Christian Rach ist der Typ Schaffer mit Feinsinn, und diese Mentalität verleiht ihm Glaubwürdigkeit. 1988 baut, hämmert, schraubt und streicht er eigenhändig eine alte Fernfahrerkneipe zum Restaurant um und eröffnet es 1989 als Tafelhaus. 1991 erhält er den begehrten Michelin-Stern und nachfolgend diverse Auszeichnungen der edlen Gastronomieführer. Nebenbei baut er weitere Lokale auf, darunter die Cantina Milano und das Rach & Ritchy. Ganz bodenständig Restaurants von Grund auf zum langfristigen Erfolg zu führen, war offenbar ein Fingerzeig zu seinem zweiten Job als TV-Coach, mit dem er 2005 einem größeren Publikum bekannt wurde. Jenseits von Powerpoint-Folien basiert das Sendekonzept Rach, der Restauranttester auf angewandter Unternehmensberatung mit Rachs Kernkompetenz Kochen. Alle Restaurants haben den gemeinsamen Nenner, dass sie vor dem Ruin stehen, ehe Rach antritt. Der Gastronomieberater plädiert für das Echte, Ehrliche und individuell Machbare – und gegen bequeme Convenience-Lösungen. Nach seiner Analyse erstellt er ein neues Konzept und motiviert die Inhaber zum Wandel. Innerhalb von einer Woche räumt er auf, sorgt für Hygiene, ändert radikal Inneneinrichtung und Speisekarte, übt geduldig mit dem Personal kochen, verschafft den Betrieben ein neues Image und begleitet die Wiedereröffnung. Ob sich seine Ideen bewährt haben, schaut sich Rach bei seinen Wiederbesuchen der Restaurants an. Gut sechs von zehn Wirten haben mit seiner Unterstützung den Turnaround geschafft, so Rach. Die RTL-Sendung wird in der Spitze im Durchschnitt von sieben Millionen TV-Zuschauern gesehen. Die neue Staffel läuft 2012. Auszeichnungen: Goldene Kamera, 2010 Deutscher Fernsehpreis, 2010. Interview mit Christian Rach als PDF ansehen
Interview mit Wilfried Porth
Der Treue. Seit 1985 ist Wilfried Porth bei Daimler. Zunächst als Planungsingenieur, später als Fertigungsleiter in Brasilien und jetzt als Personalvorstand. Im Interview mit dem karriereführer erzählt der 52-Jährige, wie er Karriere definiert und was er als Personalchef eines Weltkonzerns von jungen Absolventen erwartet. Die Fragen stellte André Boße.
Herr Porth, machen Sie jemandem, der kurz vor dem Einstieg ins Berufsleben steht, Mut: Was bietet die moderne Arbeitswelt von heute, was zu der Zeit, als Sie Ihre Karriere begannen, noch undenkbar war? Ganz sicher ist es heute so, dass man den Beruf, den man als junger Erwachsener ausgewählt hat, nicht mehr bis zur Rente ausübt. Das Schöne daran ist, dass es viel mehr Weiterentwicklungsmöglichkeiten gibt als damals. Das gilt auch, wenn man Beruf und Familie vereinbaren möchte. In den vergangenen Jahren sind die Arbeitszeiten flexibler geworden, Betreuungsangebote wurden ausgebaut. Das war Mitte der 80er-Jahre, als ich ins Berufsleben eingestiegen bin, noch deutlich schwieriger. Wie hat sich in Ihren Augen die Bedeutung des Begriffs Karriere in den vergangenen Jahren gewandelt? In meinen Augen war der Begriff früher noch stärker mit einem hierarchischen Aufstieg verbunden. Heute kann eine erfolgreiche Karriere auch bedeuten, eine Aufgabe zu haben, die einen ausfüllt – unabhängig von der hierarchischen Ebene. Gab es in Ihrer eigenen Karriere einen Umweg den Sie gehen mussten, der sich aber rückblickend gelohnt hat? Nicht direkt einen Umweg, aber ich habe einige unterschiedliche Funktionen auf ein und derselben Führungsebene ausgeübt. Das war rückblickend der richtige Schritt, auch wenn ich es mir in dem Moment damals anders gewünscht hätte. Dadurch konnte ich aber mehr Erfahrung sammeln und mein Netzwerk ausbauen. Was war im Verlauf Ihrer Karriere Ihre heftigste Niederlage? Meine erste große Personalverantwortung hatte ich als Fertigungsleiter unseres Omnibuswerks in Brasilien. Als Niederlage habe ich empfunden, dass wir das Werk aus wirtschaftlichen Gründen schließen mussten. Das hat mich aber auch geprägt, bei Investitionen immer im Sinne einer nachhaltigen Wirtschaftlichkeit zu entscheiden. Was erwarten Sie von einem Hochschulabsolventen, der bei Daimler seine Karriere startet? Die Bewerber sollten natürlich unsere Leidenschaft für das Automobil teilen. Eine wichtige Rolle spielen auch unsere Unternehmenswerte: Wertschätzung, Integrität, Disziplin und Begeisterung. Mit ihnen sollten sich die Bewerber identifizieren können. Weil bei uns Teamarbeit im Mittelpunkt steht, sollten sie außerdem Kommunikations-, Team- und Konfliktfähigkeit mitbringen. Angenommen, ein Hochschulabsolvent, der sich bei Ihnen bewerben möchte, hat zwischen seinem Abschluss und dem Ende der Bewerbungsfrist noch zwei Monate Zeit und möchte diese Tage sinnvoll nutzen. Welchen Ratschlag würden Sie ihm geben? Ich würde dem Absolventen raten zu schauen, welches Engagement für die Wunschstelle hilfreich sein könnte und vielleicht noch im Lebenslauf fehlt. Das kann ein Praktikum sein Nachwuchs oder eine Sprachreise, um Sprachkenntnisse aufzufrischen oder zu erlernen. Die Autobranche ist im Kern oft eine eher konservative Branche. Wie wichtig sind bei Daimler heute noch Seriosität und Etikette? Ich denke, Etikette ist grundsätzlich wichtig, nicht nur bei Daimler, sondern in allen Lebensbereichen. Sie regelt den respektvollen Umgang der Menschen untereinander. Worte wie „Bitte“ und „Danke“ oder das Grüßen auf dem Flur sollten selbstverständlich sein. Was die Seriosität angeht: Im Sinne ethischen Handelns ist sie aktueller denn je und bei uns ein ganz zentraler Unternehmenswert. Bei Personalentscheidungen ist heute oft von Diversity die Rede: Geschlecht, Herkunft, Lebensläufe. Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile dieser Vielfalt? Und wie gewährleisten Sie, dass der Daimler-Konzern tatsächlich vielfältig aufgestellt ist? Wir brauchen die besten Köpfe – unabhängig von Geschlecht, Alter oder Herkunft –, um unsere führende Rolle in der Automobilindustrie weiter zu stärken. Unterschiedliche Kompetenzen, Persönlichkeiten, Erfahrungen und Sichtweisen tragen maßgeblich zu unserer Wettbewerbsfähigkeit und unserem wirtschaftlichen Erfolg bei. Bereits vor fünf Jahren haben wir deshalb ein Diversity-Office eingerichtet. Ein Handlungsschwerpunkt liegt dabei auf der Förderung von Frauen. Bis 2020 sollen zum Beispiel 20 Prozent der Führungskräfte in unserem Konzern Frauen sein. Weitere Handlungsschwerpunkte sind Generationenmanagement und Internationalität. Diese wollen wir zukünftig noch stärker in unserer Unternehmenskultur verankern. Auch ein Konzern wie Daimler muss sich heute dem Wettbewerb stellen, um topqualifizierte Einsteiger und damit Führungskräfte von morgen zu gewinnen. Was ist dabei Ihre Strategie? Daimler ist immer noch ein attraktiver Arbeitgeber, auch wenn der Wettbewerb zugenommen hat. Wir sind innovativ, zukunftsorientiert und fördern unsere Mitarbeiter. Um so auch in der Außenwirkung wahrgenommen zu werden, haben wir unseren Arbeitgeberauftritt neu ausgerichtet. Außerdem haben wir unsere Rekrutierungsstrategie an das Medienverhalten der Zielgruppen angepasst und zum Beispiel unseren Einsatz in den sozialen Medien verstärkt. Sie können uns auf Twitter folgen oder über Facebook Kontakt mit uns aufnehmen. Wie schätzen Sie die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt für topqualifizierte Fach- und Führungskräfte ein? Auch wir spüren den verstärkten Wettbewerb um qualifizierte Kräfte. Wir sind jedoch gut gerüstet, bisher können wir alle Stellen mit hochqualifizierten Kandidaten besetzen. Dabei bauen wir auf zwei Säulen: die Nachwuchsförderung und die Qualifizierung der Stammbelegschaft. 2010 haben wir über 2000 Auszubildende und über 500 Nachwuchskräfte eingestellt. Aber es ist für uns nicht nur wichtig, die besten Fach- und Nachwuchskräfte zu gewinnen, sondern auch, unsere Stammbelegschaft kontinuierlich weiterzuentwickeln und zu qualifizieren. Aus- und Weiterbildung sind ein Grundstein wirtschaftlichen Erfolgs. Wie fördert Daimler seine Berufseinsteiger mit akademischem Hintergrund? 2007 haben wir CAReer gestartet. Das ist unser Traineeprogramm für Absolventen und Berufseinsteiger mit erster Praxiserfahrung. Unsere Trainees durchlaufen während des Programms mehrere Projekteinsätze und haben in den Bereichen jeweils persönliche Betreuer. Darüber hinaus bieten wir begleitende Qualifizierungsmaßnahmen an. Durch die verschiedenen Projekte können die CAReer-Teilnehmer über den Tellerrand ihrer späteren Zielstelle schauen und sich ein persönliches Netzwerk im Konzern aufbauen. Wer heute als Akademiker in die Berufswelt einsteigt, bringt nicht selten sehr eigene Vorstellungen mit in den Job: Er engagiert sich zwar gerne für das Unternehmen, möchte aber individuelle Lebensentwürfe nicht aufgeben. Wie reagiert Daimler auf diesen Trend? Im letzten Jahr haben wir zusammen mit Partnern ein Forschungsprojekt zur Work-Life-Balance gestartet. Ziel des Projekts ist es, das Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Privatleben sicherzustellen. Um Familie und Beruf vereinbaren zu können, bieten wir schon heute viele verschiedene Arbeitszeitmodelle an. Darüber hinaus werden wir bis 2012 in unseren Sternchen-Kinderkrippen an 14 deutschen Standorten Betreuungsplätze für Null- bis Dreijährige einrichten. Und wer gerne sportlich aktiv ist, kann sich unserem Betriebssportverein „SG Stern“ mit mehr als 80 Sportarten anschließen. Wie schätzen Sie die Autobranche von morgen ein? Welche besonderen Chancen bietet sie – und welche Herausforderungen stellt sie an neue Fach- und Führungskräfte? Das Bedürfnis nach individueller Mobilität ist heute größer als je zuvor, daher wird unsere Branche auch weiterhin eine Schlüsselrolle in der Weltwirtschaft einnehmen. Gleichzeitig ändern sich die ökonomischen, ökologischen und sozialen Rahmenbedingungen sehr stark. Unser Ziel ist es, grüne Autos faszinierend und faszinierende Autos grüner zu machen. Das ist vor allem eine technologische Herausforderung. Ausbildungsberufe und Studiengänge müssen weiter auf die neuen Technologien ausgerichtet werden. Aber der technologische Wandel ist auch eine wunderbare Chance: Wir erfinden das Automobil sozusagen ein zweites Mal – und die Nachwuchskräfte können von Anfang an daran mitarbeiten.Zur Person
Wilfried Porth, 52 Jahre, wurde in Baden-Baden geboren. Von 1981 bis 1985 studierte er Maschinenbau an der Universität Stuttgart und schloss sein Studium als Diplom-Ingenieur ab. 1985 kam er als Planungsingenieur zu Daimler. Nach einigen Stationen als Fach- und Hauptreferent führte ihn seine Karriere im Konzern 1994 nach Brasilien, wo er die Leitung eines Werkes für Omnibusse übernahm, das dann jedoch aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden musste. 1997 ging er dann als Management Board Member Manufacturing nach Südafrika. Eine der weiteren Stationen war Japan, wo er 2003 als Executive Vice President der Daimler-Tochter Mitsubishi Fuso arbeitete. Im April 2009 rückte er in den Daimler-Vorstand auf. Dort ist er verantwortlich für das Ressort Personal, gleichzeitig ist er Arbeitsdirektor des Unternehmens und verantwortlich für den Bereich IT sowie den Einkauf von Nichtproduktionsmaterial und Dienstleistungen.
Zum Unternehmen
Mit den Geschäftsfeldern Mercedes-Benz Cars, Daimler Trucks, Mercedes-Benz Vans, Daimler Buses und Daimler Financial Services gehört Daimler zu den größten Anbietern von Premium-Pkw und ist der größte weltweit aufgestellte Nutzfahrzeughersteller. Daimler vertreibt seine Fahrzeuge und Dienstleistungen in nahezu allen Ländern der Welt und hat Produktionsstätten auf fünf Kontinenten. Zum heutigen Markenportfolio zählen neben Mercedes-Benz unter anderen die Marken Smart, Maybach, Freightliner, Western Star und Fuso. Im Jahr 2010 setzte der Konzern insgesamt 1,9 Millionen Fahrzeuge ab und erwirtschaftete einen Umsatz von 97,8 Milliarden Euro. Daimler beschäftigt weltweit mehr als 260.000 Mitarbeiter. Interview mit Wilfried Porth als PDF ansehen
Interview mit Herbert Hainer
Herbert Hainer ist seit März 2001 Vorstandsvorsitzender der adidas AG. Im karriereführer spricht er darüber, worauf es in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ankommt, was man jetzt für eine erfolgreiche Karriere braucht und was adidas für seine Nachwuchskräfte tut. Die Fragen stellte Christiane Martin.
Herr Hainer, treiben Sie regelmäßig Sport? Ja. Ich laufe regelmäßig zwei- bis dreimal die Woche, um mich fit zu halten. Das kann ich auch gut tun, wenn ich auf Reisen bin. Zudem fahre ich im Winter Ski und spiele im Sommer Golf. Ich bin ein leidenschaftlicher Sportler, seit ich ein kleiner Bub war. Wir waren eigentlich fast immer draußen und haben Sport getrieben. Als Kind und Jugendlicher habe ich vor allem Fußball gespielt. Ich habe es bis in die höchste Amateurliga Bayerns geschafft und konnte so über den Fußball mein Studium finanzieren. Ein Leben ohne Sport kann ich mir daher überhaupt nicht vorstellen. Ich interessiere mich eigentlich auch für alle Sportarten und könnte Ihnen jetzt auch alle deutschen Dressur-Olympiasieger der letzten vier Jahrzehnte aufzählen. Gibt es etwas, das Sie als Manager von Spitzensportlern lernen können? Aber natürlich. Es gibt zahlreiche Parallelen zwischen Spitzensport und Management. Die Wichtigste ist sicherlich, dass man, um Erfolg zu haben, in Sport und Unternehmen gleichermaßen klare Ziele haben muss, auf die man mit Talent, Leidenschaft und Ehrgeiz hinarbeitet. Dabei muss man auch in der Lage sein, Niederlagen zu verkraften und Rückschläge wegzustecken, ohne sich von seinem Weg abbringen zu lassen. Und zum ganz großen Erfolg gehört auch immer ein Quäntchen Glück. Was sind die wichtigsten Eigenschaften, die ein Manager braucht? Glaubwürdigkeit. Langfristige Denke. Kompetenz. Kommunikationsfähigkeit. Und worauf kommt es jetzt in wirtschaftlich eher schwierigen Zeiten an? Auf die oben genannten Eigenschaften, denn diese gelten ja nicht nur für gute, sondern wahrscheinlich sogar noch mehr für schwierigere Zeiten. Gerade jetzt müssen wir langfristig denken, denn auch diese Krise wird vorübergehen, wir wissen nur noch nicht genau, wann. Für unsere Industrie heißt das: Die Menschen werden auch in Zukunft weiter Sport treiben und sportliche Produkte kaufen. Deshalb müssen wir uns bei adidas jetzt so aufstellen, dass wir gestärkt aus dieser Krise hervorgehen. Dies gelingt uns, indem wir auf der einen Seite Kosten abschneiden, die nicht unbedingt zum Geschäftserfolg beitragen, auf der anderen Seite aber in unsere Zukunft investieren. Um dies an einem Beispiel zu verdeutlichen: Wir sparen zwar 2009 externe Fortbildungen ein, gleichzeitig lassen wir aber unsere Talent und Nachwuchsprogramme unverändert weiterlaufen, um unsere wichtigen Nachwuchsführungskräfte im Unternehmen zu halten und für die Zukunft fit zu machen. Was empfehlen Sie Hochschulabsolventen, die auf Jobsuche sind? Was ist jetzt wichtig? Wir achten neben den üblichen Kriterien vor allem darauf, ob ein Bewerber oder eine Bewerberin sich über das übliche Maß hinaus engagiert hat, eine besondere Erfahrung vorzuweisen hat. Wir sind also weniger an dem schnellen, geradlinigen Lebenslauf interessiert, sondern achten auf die interessanten Facetten unserer Kandidaten. Im Zweifelsfall ist uns ein guter Student, der in seinen Semesterferien ein Sportprojekt in Afrika betreut hat, lieber als ein Einser-Absolvent. Viele Unternehmen verlangen von jungen Nachwuchskräften vor allem Belastbarkeit. Ist das eine Eigenschaft, die auch bei adidas wichtig ist? Die Frage ist natürlich, wie man Belastbarkeit definiert. Natürlich müssen unsere Talente in der Lage sein, ihre Leistung zu bringen und Projekte erfolgreich umzusetzen. Ich denke allerdings nicht, dass dies von kompetenten und gut ausgebildeten Nachwuchsmanagern als Belastung empfunden wird, sondern als positive Herausforderung. Wie gut ausgebildet sind Ihrer Meinung nach junge Akademiker heutzutage? Die Bewerbungen, die wir erhalten, zeigen, dass junge Akademiker heute gut ausgebildet sind. Die Studienreform mit den neuen Bachelor und Masterabschlüssen hat einiges bewegt, da die Studiengänge der Hochschulen nun international besser vergleichbar sind und mehr Flexibilität bieten. Allerdings haben gleichzeitig die Vielzahl an Studiengängen und damit eine Spezialisierung rasant zugenommen. Deshalb ist nicht der Abschluss allein entscheidend. Wir betrachten vielmehr den Studieninhalt und die Relevanz für die jeweilige Position in unserem Unternehmen. Insgesamt zählt für uns immer das Gesamtbild eines Bewerbers, das sich aus vielen Dingen zusammensetzt, wie unter anderem dem Studieninhalt, Sprachkenntnissen, relevanter Praxis- und Auslandserfahrung oder Interesse für Sport. Wie bilden Sie bei adidas Ihre Nachwuchskräfte fort? Für Nachwuchskräfte mit erster Berufserfahrung, Auslandserfahrung und MBA-Abschluss gibt es die Möglichkeit, in das Business Management Program (BMP) einzusteigen, das sich aus vier sechsmonatigen Einsätzen zusammensetzt, davon mindestens zwei im Ausland. Die BMP-Teilnehmer erhalten dabei einen Überblick über die verschiedenen Marken und Geschäftsbereiche der adidas Gruppe und legen den Grundstein für eine Managementkarriere. Und für Leute, die frisch von der Hochschule kommen? Für Hochschulabsolventen ist das Functional Trainee Program (FTP) eine interessante Einstiegsmöglichkeit. Es wird für die Bereiche Finance/Controlling, Sales/Retail, Marketing, Supply Chain Management, Human Resources, IT und Product Creation angeboten. Im gewählten Funktionsbereich absolvieren die Trainees in 12 bis 18 Monaten sechs Einsätze in verschiedenen Abteilungen, wovon mindestens einer ins Ausland führt. Die Trainees können sich ein Netzwerk aufbauen und werden von einem erfahrenen Mentor betreut. Darüber hinaus bieten wir natürlich auch die klassische Ausbildung, duale Studienprogramme in Zusammenarbeit mit Berufsakademien und Praktika an. Für unsere besten Praktikanten haben wir das „ReBound-Programm“ eingeführt, um mit ihnen über den weiteren Verlauf des Studiums hinweg in Kontakt zu bleiben. Welche Investitionen wird adidas im Jahr 2009 tätigen? Wir investieren weiter dort, wo wir Geschäftschancen sehen. So werden wir auch im Jahr 2009 weiter eigene Einzelhandelsgeschäfte eröffnen, insbesondere in Wachstumsmärkten wie China oder Russland. Wir investieren in langfristige Sportsponsoringverträge, die unsere Position als führendes Sportartikelunternehmen der Welt festigen wie zum Beispiel in den Vertrag mit dem Welt-Leichtathletik – verband IAAF. Und wir investieren nicht zuletzt in unsere Mitarbeiter, unter anderem wie beschrieben durch unsere Talentprogramme und durch den Neubau eines hoch modernen Bürogebäudes für 1500 Mitarbeiter am Unternehmensstandort Herzogenaurach. Es wird 2010 bezugsfertig sein. Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, würden Sie … 1. das Ende der Finanzkrise für das 2. Halbjahr 2009 vorhersagen, 2. Deutschland bei der Fußball-WM 2010 in Südafrika siegen sehen, 3. diese Frage nicht weiter beantworten.Zur Person
Herbert Hainer wurde 1954 im bayerischen Dingolfing geboren. Er studierte in Landshut Betriebswirtschaftslehre und stieg kurz nach seinem Abschluss 1979 als Diplom- Betriebswirt bei dem Konsumgüterkonzern Procter & Gamble ein. Im Jahr 1987 wechselte er zu adidas, wo er verschiedene Positionen innehatte. Seit März 2001 ist er Vorstandsvorsitzender der adidas AG. Außerdem ist Hainer Mitglied des Aufsichtsrats der Allianz Deutschland in München, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern München und Aufsichtsratsmitglied der Firma Engelhorn in Mannheim. Herbert Hainer wurde in den vergangenen Jahren vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Bambi für Wirtschaft 2003, dem Titel „Unternehmer des Jahres“ 2005 und dem deutschen Image-Award 2006. Herbert Hainer ist verheiratet und hat eine Tochter.
adidas Gruppe
Die adidas Gruppe ist einer der weltweit führenden Anbieter in der Sportartikelindustrie und unterhält ein sehr umfassendes Produktportfolio um die drei Kernsegmente adidas, Reebok und TaylorMade-adidas Golf. Die Gruppe mit Sitz in Herzogenaurach beschäftigt mehr als 37.000 Mitarbeiter weltweit und generierte im Jahr 2007 einen Umsatz in Höhe von 10,3 Milliarden Euro.
Interview mit Hans-Joachim Watzke
Bevor Hans-Joachim Watzke im Jahr 2005 das Ruder bei Borussia Dortmund übernahm, stand der Verein finanziell am Abgrund und in der Tabelle im grauen Mittelmaß. Jetzt ist der BVB nicht nur saniert, sondern auch Deutscher Meister – und zwar mit der jüngsten Meistermannschaft der Bundesligageschichte. Im Interview erzählt Watzke, warum der Erfolg ein Resultat des Sparzwangs ist, warum er die junge Profigeneration für besonders intelligent hält und wieso Vertragstreue und Bescheidenheit heute der beste Garant für eine große Fußballerkarriere sind. Das Interview führte André Boße.
Zur Person Hans-Joachim Watzke
Hans-Joachim Watzke, 52, ist wie so viele überzeugte Borussen ein Kind des Sauerlands. In Marsberg im Hochsauerland gründete er 1990 das Unternehmen Watex, das Schutzkleidung und Feuerwehruniformen herstellt. Seinen ersten Posten beim BVB nahm Watzke in turbulenten Zeiten 2001 als Schatzmeister an. Nach dem Rücktritt der alten Vereinsführung wurde er im Februar 2005 zum Geschäftsführer bestellt. Watzke, der 1966 zum ersten Mal mit seinem Vater ein BVB-Spiel im alten Stadion „Rote Erde“ besuchte, ist verheiratet, hat zwei Kinder und spielt als Vorsitzender des sauerländischen Vereins Rot-Weiß Erlinghausen selbst noch Fußball: bei den „Alten Herren“ und unter dem Spitznamen Aki.