Karriere: Mit Coaching ganz nach oben

Persönlicher Auftritt, Stärken, Überzeugungskraft, Kundenkontakt, Teambildung, Einstellungsgespräche, Mitarbeiterführung, berufliche Konflikte – all das sind Themen, mit denen sich Absolventen nicht nur zu Beginn ihrer Berufstätigkeit auseinandersetzen müssen. Sie begleiten einen auf dem Karriereweg nach oben – als Consultant genauso wie in anderen Berufen. Ein Coaching kann dabei helfen, Unsicherheiten und Probleme in diesen Bereichen zu überwinden. Der karriereführer hat erfahrene Coachs gefragt, wie sie arbeiten und hat sich die einzelnen Coaching-Ansätze erklären lassen.

Eberhard Hauser und Martin Hagen, Foto: Andreas Brücklmair/Deluxe Images
Eberhard Hauser und Martin Hagen, Foto: Andreas Brücklmair/Deluxe Images
Eberhard Hauser & Martin Hagen, Gründer und Inhaber der hauserconsulting, sind international erfahrene Executive Coaches und bilden seit mehr als 15 Jahren Coaches aus. www.hauserconsulting.com
Die Zeitmaschine. Wäre es nicht herrlich, wenn jemand Sie einladen würde, Sie auf eine ungewöhnliche und inspirierende Reise in Ihre eigene Zukunft zu begleiten? Wären Sie nicht neugierig zu erkunden, wer Sie in der Zukunft geworden sind, wie Sie denken und vor allem, was Ihnen besonders wertvoll erscheint? Vielleicht gibt es auch eine Frage in Ihrem Leben, die Sie trotz aller Versuche bislang für sich nicht wirklich beantworten konnten. Lassen Sie sich einladen in diese wundersame Zeitmaschine, die Sie mühelos in die Zukunft trägt! Sie dürfen auch selbst vor dem Start wählen, welche Punkte Ihrer eigenen Zukunft bei Ihnen besondere Neugier auslösen. Vielleicht der erste Tag von Ihrem Ruhestand? Vielleicht der Tag einer wichtigen Beförderung? Vielleicht der Tag der Geburt Ihres Kindes? Ihres Enkels? Unmittelbar geht diese wundersame Reise los. Mühelos kommen Sie am ersten Punkt Ihrer Zeitreise an. Sie schauen aus dieser überraschenden Perspektive auf Ihr Leben. Zuerst orientieren Sie sich ein wenig an diesem neuen Platz: Was ist mir gerade wichtig in meinem aktuellen Leben – nach all den vielen Erfahrungen, die ich in meinem Leben angesammelt habe – was mache ich gerade besonders gerne, besonders gut? Wie blicke ich zurück auf mein bisheriges Leben – welche besonderen Stationen fallen mir auf – welche bedeutsamen Weichenstellungen fallen mir auf? Und wie schauen Sie auf die Periode zurück, von der Sie losgestartet waren auf die Zeitreise – welchen Rat könnten Sie aus der Zukunft geben – welche Werte haben Bestand – was ist heute noch wichtig, was haben Sie schon längst vergessen? Wenn Sie möchten und Sie sich ausführlich umgeschaut haben, dann sind Sie eingeladen weiterzureisen. An einen anderen Ort. In eine andere Zeit. Wenn Sie am Schluss wieder zurückreisen ins Jetzt: Lassen Sie sich überraschen, was all diese faszinierenden Betrachtungen bei Ihnen auslösen. Vielleicht verändert es den Blick auf die eine oder andere Frage? Vielleicht entsteht ein neuer Impuls in Ihnen? Oder die ursprüngliche Frage verändert sich, entwickelt sich weiter. Und vielleicht mögen Sie nach dieser Erfahrung dann auch mal im Alltag einfach ein wenig umschalten – raus aus dem Klein-Klein des Alltags – und rein in die unendlichen Weiten des Zeit-Raumes.
Jürgen Kugele, Foto: privat
Jürgen Kugele, Foto: privat
Jürgen Kugele ist Psychoanalytiker, Coach und Inhaber eines Beratungsunternehmens für Successful Leadership. Neuestes Buch: „Handbuch Karriereberatung“. www.kugele.org
Die Heldenreise. Als Kind haben Sie sich sicherlich für spannende Geschichten interessiert und sich mit den Helden darin identifiziert. Vielleicht wollten Sie Kapitän, Lokführer, Astronaut, Forscherin, Entdeckerin oder Abenteurer werden. Mit dem Erwachsen- und Vernünftigwerden haben Sie dann Abschied genommen von den „unrealistischen Karrierewünschen“ aus Kinderzeiten – und damit leider auch von Ihrem zugrunde liegenden inneren Ruf. Allzu oft dominieren pragmatische Entscheidungen oder unrealistische Wunschvorstellungen Ihr Leben und Ihre Berufswahl. Aber was ist eigentlich ein innerer Ruf? Die Helden und Heldinnen in den Geschichten und Mythen aller Kulturen stellen sich ihm und folgen dem Abenteuer ihrer inneren Bestimmung, um ihr Volk von bösen Mächten oder anderem Unbill zu befreien und in eine neue, bessere Zukunft zu führen. Dabei muss der Held unterschiedliche Prüfungen bestehen. Durch Niederlagen und Scheitern wächst er über sich hinaus und erreicht das unmöglich Erscheinende. Dadurch entwickelt er eine neue Ebene des Bewusstseins. Und mit dieser neuen Einstellung kann er sein Volk in eine verheißungsvolle Zukunft führen. Der Held geht also keinen Ego-Trip, sondern er dient seinen Leuten – verbunden mit dem Einsatz des eigenen Lebens und großen Opfern. Die Storyline Ihrer Heldenreise sollte also die Frage beantworten: Welcher Beitrag für das Ganze erfordert Ihre volle Kraft? Die Entwicklung von Ihrer eigenen Berufung hin zu Ihrer Lebensaufgabe ist vergleichbar mit der Struktur einer Heldenreise. Sie ist eine Matrix für die Herausforderungen, die auf dem Weg in das Abenteuer Leben mit der zu Ihnen passenden Aufgabe Orientierung geben kann. Die Schritte der Heldenreise sind: der Ruf – der Widerstand – sich auf den Weg machen – die Prüfungen – das Scheitern – die Demut – das Gelingen – die Belohnung – die Rückkehr. Es geht nicht darum, dass Sie zum Helden werden. Vielmehr ist der Held eine symbolische Figur, die für eine innere Kraft steht, die es Ihnen ermöglicht, Ihrem inneren Ruf zu folgen und an Ihre Vision zu glauben, um diese mit der Anforderung der Welt zu verbinden.
Christian Maier, Foto: Sybille Straube
Christian Maier, Foto: Sybille Straube
Christian Maier, Trainer und Coach, begleitet seit vielen Jahren Führungskräfte dabei, mit mehr Gelassenheit erfolgreich zu sein. www.innergame.de
Inner Game – Coaching in Bewegung. Dieser Coaching-Ansatz basiert auf der Erkenntnis, dass sich unser „inneres Spiel”, also die Vorgänge in unserem Inneren, erheblich auf unser „äußeres Spiel”, unsere Handlungen, auswirkt und diese im Positiven wie im Negativen beeinflusst. Durch den Einsatz von bewegenden Elementen im Coaching-Prozess können Sie Antworten und Lösungen wesentlich leichter finden. Einige Beispiele: Beim Jonglieren erfahren Sie, wie Sie mit Komplexität umgehen und Prioritäten setzen. Beim Bogenschießen merken Sie, was es heißt, einen Standpunkt einzunehmen, und wie viel Spannung Sie brauchen, um Ihr Ziel zu erreichen. Beim Bumerangwerfen lernen Sie, wie und wodurch Sie das Ergebnis beeinflussen. Beim Schwertkampf benötigen Sie – ebenso wie in Entscheidungssituationen – Richtung und Klarheit. Beim Fahrradfahren erfahren Sie, wie Sie optimalen Krafteinsatz mit einem runden Tritt verbinden. Das Skilaufen zeigt Ihnen, wie Sie Sicherheit im Umgang mit Unsicherheit erlangen. Beim Golf finden Sie zu Ihrem richtigen Schwung. Und beim Gehen finden Sie Ihren Weg. Beim Einsatz dieser Medien geht es nicht darum, ein Ziel zu erreichen oder eine Sportart zu erlernen. Es geht auch nicht um eine Wertung Ihrer Leistung. Es geht einzig darum, dass Ihnen deutlich wird und Sie verstehen zu lernen, dass das Verhalten und das nach außen sichtbare Handeln eines Menschen seinen Ursprung im Inneren hat. Wenn Sie sich bewegen, können Sie sehr viel über sich selbst erkennen, wenn Sie daran interessiert sind. Eine Führungskraft, die konstant über die Zielscheibe hinwegschießt und dann sagt, die Scheibe müsse höher stehen, wird in der Realität entsprechend viel Veränderung von ihren Mitarbeitern fordern, ehe sie bereit ist zu sehen, welche kleine Korrektur sie selbst vornehmen könnte. Und wer den Ball einfach nicht loslässt und vorwurfsvoll sagt „Der Ball fliegt nicht“, braucht vermutlich noch einige Unterstützung, um zu erkennen, wofür er selber Verantwortung trägt und wofür nicht.
Barbara Pachl-Eberhart, Foto: Nina Goldnagl
Barbara Pachl-Eberhart, Foto: Nina Goldnagl
Barbara Pachl-Eberhart ist Autorin und Dialogprozessbegleiterin nach David Bohm. www.dialogikum.at
Dialog nach David Bohm. „Ich muss mit dir reden.“ Ein Satz, der oft Herzklopfen macht. Seltsam: Obwohl es kaum etwas gibt, wonach wir uns mehr sehnen als nach einem guten Gespräch, trauen wir uns kaum zu, ein solches „gutes Gespräch“ bewusst zu gestalten – vor allem dann, wenn es um Konflikte oder um Themen abseits der Oberfläche geht. Gute Gespräche initiieren: Was braucht es dafür? Der Dialog nach David Bohm setzt den Rahmen dafür, abseits von Debatte und Diskussion. „Dialog“. Dieses alltägliche Wort wird oft mit „Zwiegespräch“ übersetzt. Doch seine wahre Bedeutung lautet: „durch das Wort hindurch“. Es ist diese Haltung des Innehaltens, die alles verändert. Stress, Machtkampf der Argumente, Sieg und Niederlage nach Punkten? Nein: Echter Dialog schafft einen Raum, in dem langsam gedacht, geschwiegen, in dem sogar die Meinung geändert werden darf. Wie? In der klassischen Form des Bohmschen Dialogs durch radikale Entschleunigung: durch den Einsatz eines Sprechsymbols, aus den Gesprächskreisen aller alten Kulturen bekannt. Ein Redestab oder auch ein Bierdeckel: Wer das Symbol hält, ist am Wort, die anderen hören zu. Es ist kaum zu glauben, wie diese simple Intervention jedes Gespräch zu konstruktiver Ruhe bringt. Wo das nicht geht, kann schon eine kleine Veränderung der inneren Haltung Berge versetzen. Der Verzicht auf das „Ja, aber…“, das so viele Gespräche dominiert. Oder eine Verschiebung der Zielsetzung: Muss ein einzelnes Gespräch denn immer zu Lösungen führen? Oder könnte es auch um ein gemeinsames Erkunden gehen, das erst etwas später zu neuen Gedanken und Lösungen inspiriert? „Danke. Lass uns weiter denken und morgen weiterreden“ – dieser „Geheimcode“ funktioniert, wo Eskalation droht. Ein gutes Gespräch braucht Zeit. Und auch das Schweigen zwischen den Worten, hier taucht das Unbekannte, das Neue auf – scheu, schimmernd, ein edler Ehrengast. Wir müssen nicht alles wissen. Das gute Gespräch hilft uns, zu erfahren, was kein Mensch alleine entdecken kann.
Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun, Foto: Toni Gunner
Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun, Foto: Toni Gunner
Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun, Psychologe und Kommunikationswissenschaftler sowie Gründer des „Schulz von Thun-Instituts für Kommunikation“. www.schulz-von-thun.de
Das Innere Team. Beim Coaching mit dem Inneren Team geht es um die Suche nach einer stimmigen Antwort auf eine Herausforderung. Stimmig ist eine Lösung, wenn sie Ihnen entspricht und wenn sie Ihrer Situation gerecht wird. Wie können Sie aber erkennen, ob Sie bei der Handhabung eines Problems in Übereinstimmung mit sich selbst sind? Wenn Sie in sich hineinhorchen, gibt es meistens viele Stimmen, und fast immer sind sie sich uneinig – auch und gerade wenn es schwierig wird im Leben. Sie müssen also bei einer Problemlage mit vielen inneren Wortmeldungen rechnen. Das Modell des Inneren Teams legt es darauf an, aus dem zerstrittenen Haufen ein gut aufgestelltes Team zu bilden. Wenn es zum Beispiel um einen schwierigen Mitarbeiter geht, mag da einer in Ihnen sein, der diesen Mitarbeiter sofort rauswerfen würde. Ein anderer in Ihnen hat vielleicht Verständnis für den armen Kerl. Ein Dritter fürchtet den Konflikt mit dem Betriebsrat … Weitere Wortmelder folgen. Beim Coaching mit dem Inneren Team erheben wir als erstes Ihren äußeren Kontext als Führungskraft, denn die Lösung soll ja auch rollen- und kontextgerecht werden. Anschließend kommt jeder im Inneren Team nach und nach zu Wort, mit seinen Gedanken, Gefühlen, seiner Weltsicht und seinem Willen. Er wird als Strichmännchen auf ein Blatt Papier gezeichnet und erhält einen Namen (etwa „der Verständnisvolle“). Seine Botschaft wird in eine Sprechblase geschrieben (zum Beispiel: „Als Chef sollte ich Mitarbeiter unterstützen, wenn sie am Ende sind!“). Am Schluss sehen Sie gut, wer für oder gegen wen ist, wer sich breit macht und wer schüchtern am Rande steht. Oder wer sogar hinter eine Schandmauer verbannt ist, weil sein Besitzer ihn peinlich findet. Aber gerade diese Außenseiter sind oft ein Schlüssel für die Lösung des Problems. Sodann werden Sie als Coachee zum Chef Ihres Inneren Teams ernannt. Sie sollen jetzt eine innere Teamkonferenz leiten, um eine Lösung zu (er)finden, die von allen mitgetragen wird – ohne dass sich einer stark übergangen fühlt. Diese Suche nach stimmigen Lösungen dient zugleich einer vertieften Selbstreflexion. Denn: Wer sich selbst versteht, entscheidet und kommuniziert besser!

Welle der Veränderung auslösen

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In Köln nennt man es Büdchen, in Berlin Späti, im Ruhrgebiet Trinkhalle. Und in Afrika ist es ein Solarkiosk. Jurist Andreas Spiess und Architekt Lars Krückeberg hatten die Idee zu diesen kleinen Verkaufsbuden, wo Kunden ihre Handys aufladen und Lebensmittel kühlen können, kalte Getränke und Sitzgelegenheiten gibt es auch. André Boße sprach mit Sasha Kolopic, Leiter der Geschäftsentwicklung der Solarkiosk AG.

Zur Person

Sasha Kolopic, Foto: Solarkiosk AG
Sasha Kolopic, Foto: Solarkiosk AG
Leiter der Geschäftsentwicklung Solarkiosk AG
Wie entstand die Idee, in entlegenen Regionen Afrikas Solarkioske zu errichten? Unser CEO Andreas Spiess hatte bereits in Äthiopien Erfahrungen mit Solarprojekten gemacht und festgestellt, dass die meisten Solarprodukte ihre Zielgruppe nicht erreichten. Daher hatte er die Idee von einem solarbetriebenen Kiosk. Der E-Hubb ist genau auf die Bedürfnisse der lokalen Nutzer ausgerichtet. Was war im Vorfeld die größte technische Herausforderung? Da die lokale Transportinfrastruktur in vielen afrikanischen Ländern nicht sehr gut entwickelt ist, wäre der Umbau eines Verschiffungscontainers in einen solarbetriebenen Kiosk keine gute Lösung gewesen. Stattdessen haben wir mit Architekten eine modulare Lösung entwickelt, um die Einzelteile auch in sehr abgelegene Gebiete transportieren zu können. Andreas Spiess ist Jurist, Lars Krückeberg Architekt: Wie haben sie sich das Ingenieur-Know-how ins Unternehmen geholt? Als erfolgreicher Architekt hatte Lars Krückeberg gute Kontakte zu Ingenieuren, Technikern und Technischen Hochschulen. Dank eines guten lokalen Netzwerks waren gute Ingenieure schnell gefunden. Solarkioske in Afrika – bei der Geschäftsidee gab es doch bestimmt Leute mit Bedenken. Wie überzeugt man Skeptiker? Wir stellen ihnen einfach die Tatsachen vor: Es gibt in Afrika einen großen Markt für alternative Energien und Produkte, es wird sich in nächster Zeit viel dort ändern. Und wir wollen die Ersten sein, die die Verfügbarkeit vieler Solarenergieprodukte und Energiedienstleistungen in Afrika anstoßen und fördern. Auf welches Feature im Solarkiosk sind Sie besonders stolz? Ich finde, das ganze Produkt ist uns gut gelungen: Der E-Hubb hat ein tolles Design und kann überall schnell und problemlos aufgebaut werden – in der Großstadt ebenso wie auf dem entlegenen Land. Mit Afrikas Wirtschaft wächst auch der Energiehunger. Was muss geschehen, damit dort eine Energiewirtschaft im Sinne der Menschen entsteht? Wir möchten mit den Kiosken auf lokaler Basis einen Unterschied machen und für mehr saubere Energielösungen sorgen. Afrika braucht alternative Lösungen – und Sonne haben sie dort ja genug. Wie erleben Sie den Austausch mit den Ingenieuren aus Afrika, die für Sie tätig sind? Wir können von den afrikanischen Ingenieuren genauso viel lernen wie sie von uns. Die Zusammenarbeit läuft sehr erfolgreich. Vor Kurzem fand sogar ein panafrikanischer Solarkiosk-Workshop mit Ingenieuren aus den verschiedensten afrikanischen Ländern statt. Welche Rolle sollen Solarkioske in Afrika in der nahen Zukunft im Idealfall spielen? Wir möchten das Energie-Steinchen sein, das eine Welle der Veränderung in Afrika auslöst. Ihr Ratschlag an junge Ingenieure: Welche Eigenschaften benötigt man unbedingt, um ein eigenes Unternehmen mit ungewöhnlicher Idee zum Erfolg zu bringen? Man muss sehr ambitioniert sein und an seine Ideen glauben. Außerdem ist es wichtig, die Ideen an das Team zu kommunizieren. Denn Erfolg funktioniert nur gemeinsam mit einem guten Team.

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karriereführer hochschulen 2.2015

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Cover karriereführer hochschulen 2.2015

Hirn in Hochform – Kulturwandel für die grauen Zellen

Mitgedacht. Mitarbeiter, die mit Begeisterung zur Arbeit gehen und im Job ihr ganzes kreatives Potenzial entfalten – was wie eine Utopie klingt, ist kein Hexenwerk. Gefragt sind Führungskräfte, die die Gehirne ihrer Mitarbeiter zu Höchstleistungen anspornen. Die Folge: Innovationen und zufriedene Mitarbeiter. Der Kulturwandel hin zu einer Führung mit Hirn ist also für alle lohnenswert.

Spielt und seid achtsam

Die moderne Hirnforschung kennt die Voraussetzungen dafür, dass die grauen Zellen in Schwung kommen. Zwar wirken Impro-Theater, musikalische Spiele oder Achtsamkeitsübungen im Geschäftsleben zunächst seltsam, aber die Wissenschaft belegt: Wer achtsam ist und im Austausch mit anderen Menschen steht, dessen Gehirn ist besonders kreativ und innovationsfreudig. Von André Boße

Sebastian Purps-Pardigol ist als Coach für Führungskräfte tätig. Er besucht Unternehmen und durchleuchtet sie, spricht mit Mitarbeitern und Top- Managern. Dabei treibt ihn die Frage an: Wie kann es gelingen, dass die Menschen, die für das Unternehmen arbeiten, zufriedener sind? Manchmal ist dieser Job nicht einfach. Vor kurzem war er bei einem Konzern zu Gast, und als die Geschäftsleitung ihn vorstellte, tat sie das mit den Worten „Dieser Herr ist unsere letzte Chance!“. Er hat den Auftrag dann nicht angenommen, denn wenn ein Coach die letzte Chance ist, dann kann die Geschichte nicht gut ausgehen. Dann ist die Chance zum Kulturwandel schon vertan. Häufig bekommt es Sebastian Purps-Pardigol zudem mit Managern zu tun, die den Begriff des „Wandels“ sehr lange vor allem technokratisch betrachteten. Veränderungen, ja. Aber bitte nur solche, die nichts mit Menschen zu tun haben. Also werden Effizienzprogramme aufgelegt, um auch noch das letzte Schräubchen zu optimieren. Das bringt zwar am Ende kaum noch zählbare Verbesserung, ist aber bequemer, als sich mit den Menschen auseinanderzusetzen. „Was in der deutschen Arbeitswelt lange fehlte, war die Notwendigkeit, sich mit dem Denken anderer zu beschäftigen“, sagt Purps-Pardigol. „Stattdessen wurden immer weitere technische Projekte gestartet, um die Effizienz zu optimieren.“ Burnout bleibt Thema Was die Optimierungen betrifft, ist in vielen Fällen also das Ende der Fahnenstange erreicht. Zeitgleich wird deutlich, dass in einem anderen Feld einiges im Argen ist. „Mitarbeiter melden sich immer häufiger krank, das Thema Burnout verschwindet nicht, die Überlastungen lassen sich nicht mehr mit Hilfe von Programmen zur Work-Life- Balance abfangen“, erläutert der Coach. Nach und nach setzt sich daher bei den Unternehmen die Erkenntnis durch: Wandeln muss sich der generelle Umgang mit Menschen im Unternehmen. Damit das gelingt, benötigen die Unternehmen Führungskräfte, die in der Lage sind, bei ihren Leuten Begeisterung zu entfachen und aus Teams lebendige Gemeinschaften zu machen. Warum dies so wichtig ist, zeigt die Hirnforschung: Ist ein Mensch leidenschaftlich und mit anderen zusammen bei der Sache, läuft das Gehirn zur Hochform auf. Dann entfaltet sich das gesamte kreative Potenzial der Mitarbeiter. Und das ist für Unternehmen viel wertvoller als das hundertste Effizienzprogramm. „Gelingt der Wandel in der Unternehmenskultur, dann kommen die Mitarbeiter wieder gerne zur Arbeit“, fasst Sebastian Purps-Pardigol zusammen und prognostiziert, dass die Zahl der psychisch bedingten Krankheitsfälle dann deutlich zurückgehen werde: „Wir erleben das heute schon bei Unternehmen, die man als Best-Practice-Beispiele bezeichnen kann: Den Menschen dort geht es einfach besser.“ Aber wie funktioniert Führung mit Hirn? „Zum Beispiel, indem man Achtsamkeit ins Unternehmen bringt“, sagt Purps-Pardigol. Übungen zur „Mindfulness-based Stress Reduction“ – kurz MBSR, auf Deutsch „Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion“ – geben dem Gehirn Impulse, damit ein Mensch Dinge anders wahrnimmt als gewöhnlich. Sich selbst. Die anderen. Aber auch die anstehenden Aufgaben. „Es kann somit gelingen, Menschen aus einem subjektiv erlebten permanenten Bedrohungszustand zu befreien“, sagt Purps-Pardigol. „Der Mensch kann sein Gehirn also darin trainieren, Impulsen von außen nicht mehr automatisch eine ungünstig behaftete Bedeutung zu geben, sondern sie auf eine günstige Art neu zu bewerten.“ Der Coach weiß: Dieser Ansatz klingt beinahe esoterisch – doch selbst harte Managertypen begreifen so langsam, wie wichtig das Thema ist. „Wenn ich Investmentbankern zu Beginn eines Trainings auf wissenschaftlicher Ebene erläutere, dass Menschen ein inneres Bedürfnis nach Verbundenheit in sich tragen, erlebe ich häufig, dass sich diese Business- Menschen tatsächlich trauen, Verbundenheit zueinander zu entwickeln. Sie sind dann selbst von sich überrascht und geben offen zu, dass sie einen Begriff wie Verbundenheit im Business- Meeting niemals gebrauchen würden, weil er eben zu esoterisch klingt.“ Feuerwerk fürs Hirn Dass es bei der Führung mit Hirn um sehr einfache und bekannte Dinge geht, zeigt Christoph Quarch. Gemeinsam mit dem Hirnforscher Gerhard Hüther (siehe Interview ab Seite 14) widmet sich der Philosoph in seinem neuesten Buch, das 2016 erscheinen wird, dem Spiel. „Ich beobachte in den Unternehmen ein wachsendes Interesse am Geist. Gute Führungskräfte brennen darauf zu erfahren: Was sind das eigentlich für Menschen, die ich führe? Und wie kann ich sie darin unterstützen, ihre Potenziale zu entfalten? Wir stehen zwar noch am Anfang einer Bewegung, doch gehe ich fest davon aus, dass Themen wie Führung und Spiel weiter an Bedeutung gewinnen.“ Der Grund dafür liegt auf der Hand. In engen Märkten mit globaler Konkurrenz sind Unternehmen auf kreative Mitarbeiter angewiesen. Diese machen den Unterschied, sie sind Garanten für Innovationen. „Philosophie und Hirnforschung lehren uns in erstaunlicher Einheit, dass sich das kreative Potenzial eines Menschen am besten im Spiel entfaltet“, sagt Quarch. Als Spieler könne der Mensch neue Optionen erproben. „Er kann sich öffnen und zeigen, wie es im normalen operativen Geschäft gar nicht möglich wäre.“ Quarch plädiert tatsächlich für Spielzeit in Unternehmen. Beispiele dafür sind Impro-Theater-Runden oder auch musikalische Spiele. „Ich erlebe immer wieder, wie Menschen im Spiel neue Kommunikationsformen erproben. Für das Gehirn ist das wie ein Feuerwerk, weil dadurch vollkommen neue Verschaltungen und Verbindungen entstehen.“ Wichtig sei jedoch, dass das Spiel nicht für wirtschaftliche Zwecke missbraucht wird. „Es darf nicht für das Geschäft instrumentalisiert werden“, sagt Quarch, der es daher als „Oase der Zwecklosigkeit“ definiert. „Man spielt um des Spielens willen, das Spiel bleibt folgenlos.“ Nur, wenn das Gehirn weiß, dass diese Regel eingehalten wird, läuft es zur Hochform auf.

Redaktionstipps:

In seinem neuen Buch berichtet der Coach Sebastian Purps-Pardigol von seiner Arbeit mit Führungskräften. Er zeigt Best-Practice-Beispiele aus Unternehmen, die den Kulturwandel bereits geschafft haben, und kombiniert dabei wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Hirnforschung mit konkreten Fragen aus der Arbeitswelt. Sebastian Purps-Pardigol: Führen mit Hirn. Mitarbeiter begeistern und Unternehmenserfolg steigern. Campus, September 2015. ISBN 978-3593503394. 34 Euro Dr. Henning Beck ist Neurobiologe, Biochemiker und Deutscher Meister im Science Slam. Er stellt auf humorvolle Art die neuesten Erkenntnisse aus der Hirnforschung vor. Henning Beck: Hirnrissig. Die 20,5 größten Neuromythen – und wie unser Gehirn wirklich tickt. Carl Hanser Verlag 2014. ISBN 978-3446440388. 16,90 Euro. Website des Autors Witzige Rätsel und Tests liefern interessante Erkenntnisse über die eigene Persönlichkeit, Intelligenz, moralische Werte und vieles mehr. Ben Ambridge: Das Psycho-Test-Buch. Knaur 2015. ISBN 978-3426655641. 19,99 Euro

Interview mit Rolf Sellin

Rolf Sellin ist hochsensibel. Das heißt: Er nimmt Dinge wahr, die anderen verborgen bleiben. Eigene Gefühle und die der anderen. Aber auch riskante Folgen von Entscheidungen. Man schätzt, dass bis zu 20 Prozent aller Menschen zu den Hochsensiblen zählen. Sellin unterstützt sie als Coach und weiß: In Unternehmen haben es Hochsensible nicht immer einfach. Dabei sind ihre Fähigkeiten sehr wertvoll. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Rolf Sellin, geboren 1948, studierte Architektur in Darmstadt und schloss das Studium als Diplom-Ingenieur ab. 13 Jahre lang war er als Redakteur für architektonische Fachzeitschriften tätig, dann nutzt er seine eigene Hochsensibilität, um als Heilpraktiker für Psychotherapie anderen hochsensiblen Menschen (highly sensitive persons, HSP) zu helfen. Er betreibt dafür in Stuttgart das HSP-Institut und ist Autor von drei Büchern zu dem Thema. www.hsp-institut.de
Herr Sellin, was zeichnet einen hochsensiblen Menschen aus? Hochsensible Menschen nehmen mehr Dinge wahr als andere Menschen – und haben damit auch mehr zu verarbeiten. Als Hochsensibler schaue ich nicht nur weiter über den Tellerrand hinaus, sondern auch tiefer in die Suppe hinein. In die eigene, aber oft auch in die Suppen der anderen – selbst, wenn das gar nicht erforderlich ist. Das hat zur Folge, dass ein Hochsensibler sich manchmal mit Problemen belastet, die über seine eigenen Belange weit hinausgehen. Das kann auch positiv sein, weil Hochsensible dadurch andere sehr gut verstehen und Trends oder Gefahren frühzeitig erkennen. Eine Kompetenz, die in den Unternehmen heute sehr wichtig ist. Und nicht nur dort. Ursprünglich waren die Hochsensiblen diejenigen, die in der Steinzeit Gefahren aus der Natur besser und früher erkannten als andere. Ihre Überlebensstrategie war dann der vorsichtige und umsichtige Rückzug. Während andere weiter nach vorne preschten, waren Hochsensible die Warner der Horde. Kann man diese Rollen aus der Steinzeit auf die Berufswelt übertragen? Durchaus. In den Unternehmen sind die Hochsensiblen häufig die Bedenkenträger, die Hindernisse identifizieren. Sie erkennen zum Beispiel die für andere kaum ersichtlichen negativen Begleiterscheinungen von neuen Strategien. Damit machen sich Hochsensible in Teams nicht unbedingt beliebt, oder? Stimmt, denn während die anderen enthusiastisch bei der Sache sind, bringen die Hochsensiblen Dinge ins Spiel, die schiefgehen könnten. Das kommt nicht immer gut an. Klar ist aber: Wenn ein Team diese Bedenken aufgreift und in ihre Strategien mit einbezieht, dann ist es flexibler und für alle Eventualitäten besser gerüstet. Wie kommen die Hochsensiblen mit dieser Rolle zurecht? Ein Hochsensibler muss lernen, mit seiner Wahrnehmung umzugehen, um sich nicht alle möglichen Probleme auf die Schultern zu laden. Er muss lernen, Prioritäten zu setzen. Und er muss damit umgehen, dass nicht alles, was er tut und anstößt, bis ins Detail vollkommen sein muss. Hochsensible machen sich Aufgaben häufig schwerer, als sie sind. Sie wollen es so gut erledigen, dass keinerlei Kritik möglich ist. Interessant ist: An der Uni kommt eine solche Arbeitsweise häufig gut an. In Unternehmen jedoch nicht mehr. Da heißt es dann: Verzettele dich nicht! Denn in der Wirtschaft ist Effektivität gefordert. Dennoch: Die Empathie der Hochsensiblen ist auch gefragt. Auf jeden Fall. Es gibt Unternehmen, die sehr viel Geld für Marktuntersuchungen, für eine Verbesserung der Schnittstelle zwischen Produkt und Benutzer oder eine optimale Kundenbeziehung ausgeben – die Potenziale ihrer Hochsensiblen aber gar nicht einbeziehen. Diese spüren nämlich sehr genau, was die Kunden wünschen, wo sich Probleme aufbauen, wohin der Trend geht. Man schätzt, dass 15 bis 20 Prozent aller Menschen zu den Hochsensiblen zählen. Es gibt also in jedem Unternehmen garantiert solche Mitarbeiter. Die Hochsensiblen müssen lernen, sich verständlich zu machen und ihre Erkenntnisse so zu kommunizieren, dass sie auch von den anderen angenommen werden. Erst wenn sie ihre Fähigkeiten bewusst und zielgerichtet einsetzen, zeigen sich ihre Qualitäten. Und dann werden die Eigenschaften der Hochsensiblen für ein Unternehmen zu einem Vorteil.

Redaktionstipp:

Hochsensibilität Deutscher Informations- und Forschungsverbund Hochsensibilität www.hochsensibel.org Online-Tests: Bin ich hochsensibel? www.hochsensibilitaet.org/online-test.html Kompetenzzentrum für Hochsensibilität www.aurum-cordis.de

Interview mit Prof. Dr. Gerald Hüther

Ein Hirn ist gut, zwei und mehr sind besser. Der Neurobiologe Prof. Gerald Hüther glaubt fest daran, dass es sich in Gemeinschaft besser denkt. Wie Co-Kreativität entsteht und welcher Führungsstil wichtig ist, damit sich Potenziale entfalten, erklärt er im Gespräch mit André Boße.

Zur Person

Prof. Dr. Gerald Hüther, geboren 1951 in Gotha, studierte in Leipzig Biologie und absolvierte dort nach seinem Diplom ein dreijähriges Forschungsstudium in Neurobiologie. Nach seiner Promotion 1977 zog es ihn von der DDR in die BRD, wo er von 1979 bis 1989 am Max-Planck-Institut in Göttingen ein Forschungsprojekt zur Entwicklungsneurologie leitete. Heute ist Gerald Hüther Professor für Neurobiologie an der Uni Göttingen, Autor von Sachbüchern zum Thema Hirnforschung und Leiter der Akademie für Potentialentfaltung.
www.gerald-huether.de
www.facebook.com/geraldhuether
www.akademiefuerpotentialentfaltung.org
www.kulturwandel.org

Herr Professor Hüther, warum entfaltet unser Gehirn sein ganzes Potenzial vor allem in der Begegnung mit anderen Menschen?
Das Gehirn selbst ist eine Art Netzwerk. Gut vergleichen kann man es mit einer großen Stadt. Dort existieren Straßen und Straßenbahnlinien. Es gibt Stadtviertel und Szenen, die mal mehr, mal weniger ins Stadtleben integriert sind. Wer eine lebendige Großstadt betrachtet, merkt schnell: Es gibt hier keine Zentrale, es handelt sich vielmehr um ein sich selbst organisierendes System, das von Individuen gestaltet wird.

Und etwas Ähnliches geschieht im Gehirn?
Genau. Nur, dass man dort keine Personen antrifft, sondern individuelle Nervenzellen. Aber auch diese kommunizieren miteinander. Sie bilden Bahnen und Vernetzungsmuster. Auch im Gehirn gibt es Bereiche, die stark in die Kommunikationsstrukturen eingebunden sind und einen großen Einfluss auf andere Bereiche besitzen.

Städte entwickeln sich. Gehirne auch?
Ja. Wobei wir das häufig nicht mitbekommen, man sieht es ja nicht. Wenn in einer Stadt wie Leipzig innerhalb weniger Jahre viele neue und lebendige Szenen entstehen, erkennt das der Besucher sofort. Beim Gehirn ist der Deckel drauf. Daher sind diese Entwicklungen nicht so offensichtlich.

Können sich Gehirne – wie Städte – auch in eine negative Richtung verändern? Brach liegen, aussterben?
Natürlich, zum Beispiel, wenn ein Mensch nach vielen Jahren in den Ruhestand geht, nachdem sich sein ganzes Leben um den Beruf gedreht hat. Nun sitzt dieser Mensch tagsüber auf der Couch, und er fühlt sich dabei ziemlich nutzlos.

Einsteiger erleben im Idealfall das Gegenteil: Es gibt viele neue Impulse und Herausforderungen.
Genau, und es handelt sich um eine sehr spannende Phase, wenn sich viele Dinge neu formieren. Im besten Fall kann daraus eine Begeisterung für den neuen Lebensabschnitt entstehen, ein enormer Schwung, der den jungen Menschen dabei hilft, neue Aufgaben zu meistern. Kurz gesagt: Man erlebt einen Flow.

Was passiert da im Gehirn?
Begeisterung stellt sich immer dann ein, wenn man etwas richtig gut hinbekommen hat. Im Gehirn werden dann die emotionalen Zentren aktiviert und schütten bestimmte Botenstoffe aus. Der wichtigste und bekannteste ist Dopamin. Es folgt eine positive Kettenreaktion – und am Ende befindet man sich tatsächlich in einer Art Rauschzustand.

Nun erfährt man diese Begeisterung im Alltag nicht sehr häufig. Wer oder was hindert unser Gehirn daran, uns häufiger zu begeistern?
Da würde ich gerne etwas weiter ausholen. Die Menschen haben sehr lange in repressiven und autoritären Systemen gelebt, in Monarchien oder Feudalsystemen, später in Diktaturen aller Art. Den größten Teil unserer Geschichte haben wir mit Kriegen zugebracht. Die meisten Menschen waren Opfer der Verhältnisse und besaßen kaum Möglichkeiten, ihre Situation zu verändern. Das hat sich seit gut 50 Jahren in Westeuropa und den USA sehr gewandelt. Die Menschen erleben sich heute als Gestalter ihres eigenen Lebens. Aus Objekten sind Subjekte geworden. Diese Subjekte begegnen sich nun – und die Wissenschaft hat erkannt, dass diese Begegnung die Voraussetzung dafür ist, dass sich Menschen weiterentwickeln und ihr Potenzial entfalten.

Was passiert denn, wenn sich Subjekte begegnen?
Es entsteht eine Co-Kreativität, eine Co-Evolution: Wenn Menschen einander als Subjekte begegnen, teilen sie ihr Wissen und Können. Sie verbinden sich im Denken. Auf diese Art entfalten die beiden Subjekte jeweils ihr ganzes kreatives Potenzial. Es entsteht eine Dynamik, die nicht nur die Individuen voranbringt, sondern auch die Organisationen, in denen sie tätig sind.

Dazu zählen auch Unternehmen.
Genau. Es ist daher die Aufgabe eines Unternehmens, eine Kultur zu schaffen, die solche Begegnungen von Subjekten fördert.

Wie weit sind die Unternehmen in dieser Hinsicht?
Der historische Umstand, dass wir in Deutschland seit mehr als fünf Jahrzehnten in einer Demokratie leben, bedeutet nicht, dass die alten hierarchischen Objekt-Subjekt-Beziehungen keine Rolle mehr spielen. Es gibt sie noch. Auch in der Wirtschaft, wo Führungskräfte weiterhin Machtpositionen einnehmen und ihre Autorität ausspielen. Zum Beispiel, indem sie ihren Leuten vorschreiben, was sie zu tun haben, um sie dann später zu belohnen oder zu bestrafen. Bonus und Kündigung – das sind zwei Seiten derselben Medaille.

Zuckerbrot und Peitsche – schon Bismarck hat so gedacht…
… und an den Unis nennt man das heute neudeutsch Credit Points. Diese Art von Dressur mag sinnvoll sein, wenn es ums bloße Funktionieren geht. Doch die Unternehmen haben heute andere Themen. Sie benötigen keine Leute mehr, die brav auf ihre Chefs hören. Sie brauchen stattdessen engagierte Einsteiger und junge Führungskräfte, die Lust haben, sich eigene Gedanken zu machen – und diese dann gemeinsam mit anderen umsetzen. Denn dann erhalten die Unternehmen das, was sie von ihren Mitarbeitern am dringendsten benötigen: ihre Kreativität und ihr Mitdenken, ihre Empathie und Freundlichkeit, ihre Loyalität und ihr Verantwortungsbewusstsein.

Wie können Unternehmen ihre Talente in dieser Hinsicht fördern?
Es gilt, eine Kultur zu schaffen, in der sich die Mitarbeiter als wertgeschätzt und geachtet erleben. Jeder, der schon einmal verliebt war, weiß, wie sich das anfühlt: Man entdeckt plötzlich eine neue Kraft in sich als Subjekt, und käme es darauf an, für eine neue Liebe eine weitere Fremdsprache zu lernen, würde man das auch in Rekordzeit hinbekommen. Sprich: Das eigene Potenzial wird um ein Vielfaches erhöht, wenn man Subjekt sein darf – und nicht wie ein Objekt unter Autoritäten und Hierarchien leidet.

Wie sollte man führen, damit sich diese Potenziale entfalten?
Jede junge Führungskraft sollte sich klarmachen: Will ich in meinem Team den Chef spielen? Oder will ich als Teil des Teams mit meinen Leuten zusammenarbeiten? Das sind zwei völlig verschiedene Haltungen, aus denen sich jeweils andere Führungsstile ergeben. Beglückender ist natürlich die zweite Variante. Es entsteht eine Kultur des gegenseitigen Einladens innerhalb der Gemeinschaft. Man wächst als Gruppe von Subjekten zusammen. Keiner wird in eine Tonne gesteckt und gedeckelt, alle fühlen sich inspiriert, aus sich selbst heraus etwas Neues zu entwickeln. Diese Teams kommen häufig zu fantastischen Ergebnissen.

Das neue Buch: „Etwas mehr Hirn, bitte“

Cover
Gerald Hüther: Etwas mehr Hirn, bitte.

In seinem aktuellen Buch spricht Gerald Hüther eine „Einladung zur Wiederentdeckung der Freude am eigenen Denken und der Lust am gemeinsamen Gestalten“ aus, wie es im Untertitel heißt. Hüther plädiert für die Freiheit des denkenden Menschen – und gegen eine gehorsame Anpassung an die häufig hierarchisch und autoritär gestaltete Welt. Sein Credo: Sein ganzes kreatives Potenzial entfaltet der Mensch nur dann, wenn er sich in einer Gemeinschaft erlebt. Durch einen Kulturwandel diese Gemeinschaften zu fördern – das ist nach Hüther eine der großen Aufgaben von Unternehmen.
Gerald Hüther: Etwas mehr Hirn, bitte.
Vandenhoeck & Ruprecht 2015. ISBN 978-3525404645. 19,99 Euro

Interview Jörg Will

Jörg Will ist Geschäftsführer der Kölner Unternehmens- und Personalberatung ifp. Für das Buchprojekt „Haltung zeigen. Gut führen“ beschäftigte er sich intensiv mit dem Thema Haltung – in seinen Augen ein wesentlicher Aspekt, um den Erfolg von Führungskräften zu verstehen. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Jörg Will übernahm 1996 die Leitung des Kölner Instituts für Personal- und Unternehmensberatung (ifp). Das Unternehmen für die Suche, Auswahl und Beurteilung von Führungskräften wurde von seinem Vater Horst Will gegründet. Jörg Will hat eine Lehre als Bankkaufmann gemacht und im Anschluss BWL an der Universität Passau studiert, bevor er sich mit dem Unternehmen seines Vaters selbstständig machte. Mehr zum Buch „Haltung zeigen. Gut führen“: www.ifp-online.de/50-jahre-ifp/haltung-zeigen-gut-fuehren
Herr Will, Sie haben ein Interviewbuch zum Thema Haltung veröffentlicht. Wie kamen Sie auf diesen Begriff? Bei der Frage, was eine gute Führungskraft auszeichnet, befassen wir uns in der Regel mit Kompetenzen und Potenzialen. Doch allein damit lässt sich der Erfolg einer Führungskraft nicht herleiten. Wir stellten fest, wie wichtig die Grundeinstellung ist, wie bedeutsam es ist, wie ein Mensch den Sachverhalten und anderen Menschen gegenübersteht. Kurz: welche Haltung er mitbringt. Welche Formen von Haltung gibt es? Haltung besitzt drei Dimensionen: Es gibt die Haltung gegenüber der Funktion und Aufgabe. Dann die Haltung gegenüber den Menschen, die einem im Beruf begegnen. Und schließlich noch die Haltung sich selbst gegenüber. Dabei ist Haltung in meinen Augen nicht angeboren und nicht unveränderlich. Sie bestimmt den Kern eines Menschen und wird geformt durch seine Erfahrungen. Es ist fast unmöglich, seine Haltung zu verstellen. Warum ist Haltung eine wichtige Kompetenz für Führungskräfte? Wer in Unternehmen Verantwortung für Menschen und Aufgaben trägt, der muss sich zeigen. Haltung äußert sich in Handlungen. Ein Top-Manager zum Beispiel muss vorangehen und zum Ausdruck bringen, wofür er persönlich, aber auch wofür das Unternehmen steht. Wer Führungskraft werden will, muss sich daher damit auseinandersetzen, wie er mit Menschen umgehen will. Das funktioniert häufig automatisch, aber es lohnt sich, sich das bewusst zu machen. Wobei dieser Prozess auch zur Folge haben kann, dass man erkennt: Eigentlich liegt mir das Führen nicht. Oder noch nicht. Wie sollte eine Führungskraft Haltung für sich interpretieren? Eine spannende Aussage in unserem Buch ist, dass eine Führungskraft weniger Halt geben als vielmehr zur Haltung bevollmächtigen sollte. Dieser Ansatz führt zu einem ganz anderen Rollenverständnis und auch Menschenbild, als es die gängigen Führungstheorien vermitteln. Ich finde, es lohnt sich, diesem Gedanken zu folgen. Ihr Rat an eine junge Führungskraft: Wie zeigt man Haltung? Man sollte versuchen, als junge Führungskraft für seine Überzeugungen einzustehen und sich nicht von den Unternehmen und Konzernen einschüchtern zu lassen. Große Organisationen neigen dazu, immer die gleichen Typen auszusuchen. Es ist aber lohnenswert, eigene Überzeugungen auszutesten, um zu erfahren, was für eine Reaktion sie auslösen.

Kommunikation ist, wenn man trotzdem spricht

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Von Thomas Rose, Business Coach und Europameister im Redewettbewerb von Toastmasters International

Die Welt dreht sich definitiv schneller als noch vor ein paar Jahren, und an einem einzigen Tag geschieht heute mehr als im ganzen Leben unserer Großeltern. Wir rennen von einer Aufgabe zur nächsten, haben hier ein Meeting, dort einen Jour Fixe, und zwischendurch führen wir die wichtigsten Telefonate im Laufen: „Hast Du kurz Zeit?“ – „Ja, ja. Aber nur zwei Minuten. Ich habe einen harten Anschlusstermin und muss dann in eine TelKo …“ Willkommen auf der Erde.

Zur Person:

Rede-Europameister Thomas Rose, Foto: Thomas Rose
Rede-Europameister Thomas Rose, Foto: Thomas Rose
Thomas Rose ist freiberuflicher Unternehmensberater und Business Coach, der seinen Kunden in Konflikt- und Krisensituationen hilft. Außerdem spricht er als Hauptredner bei Veranstaltungen großer Unternehmen über Themen wie Mitarbeitermotivation oder persönliche Entwicklung. Seit 2008 ist Thomas Rose Mitglied bei Toastmasters International, einer internationalen Non-Profit-Organisation mit aktuell 313.000 Mitgliedern in 14.650 Clubs in 126 Ländern. Die Clubmitglieder treffen sich regelmäßig, um ihre Redefähigkeiten zu verbessern und Führungsfähigkeiten zu entwickeln. Weitere Infos zu Toastmasters International: www.toastmasters.org
Sind die langen und ausführlichen Gespräche passé? Gehören spannende Präsentationen der Vergangenheit an? Werden wir nie wieder am Lagerfeuer sitzen und uns Geschichten erzählen? Ich glaube, die Welt braucht bessere Redner und Erzähler. Menschen, die fesseln können. Moderatoren, die ihre Gesprächspartner als wertvolle Quellen des Wissens wahrnehmen. Teamleiter, die motivieren. Visionäre, die inspirieren. Oder schlicht: Menschen, die mit Worten begeistern. Und wenn wir uns schon darüber einig sind, was dieses Universum braucht – warum nicht selbst einen Beitrag zu einer besseren Welt der Rhetorik leisten? Warum nicht selbst die Änderung sein, die wir in dieser Welt sehen wollen? Warum nicht selbst motivieren, inspirieren und begeistern? Gelegenheiten gibt es genug. Wie wäre es mit dem nächsten Bewerbungsgespräch, der nächsten Powerpoint-Präsentation oder der nächsten Afterwork-Party?

Das Bewerbungsgespräch

Viele Unternehmen haben Probleme: zu wenig Umsatz, zu wenig Gewinn, zu geringe Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen, zu hoher Krankenstand, zu viele Rückläufer oder zu hohe Kündigungsquoten. Zur Lösung dieser Probleme benötigen Unternehmen Problemlöser. Ihr Lebenslauf und Ihre Zeugnisse dienen dem Unternehmen nur als Mittel zum Zweck, um eine einzige Frage zu beantworten: Sind Sie ein Problemlöser – oder würde sich das Unternehmen mit Ihrer Einstellung nur ein weiteres Problem einhandeln? Ihre einzige Aufgabe im Bewerbungsgespräch besteht also darin, Ihren Gesprächspartner davon zu überzeugen, dass Sie ein Problemlöser sind. Nur aus diesem einen Grund fragt Sie der Personaler nach Ihrem größten Erfolg und nach Ihrem größten Misserfolg. Wie sind Sie damit umgegangen, und was haben Sie daraus gelernt? Im Gespräch mit Ihrem künftigen Arbeitgeber zeigen Sie sich also interessiert und stellen Sie viele kluge Fragen. Verpacken Sie Ihre Erfahrungen in Geschichten und halten Sie diese kurz und knackig. Kommen Sie auf den Punkt und enden Sie Ihre Ausführungen immer mal wieder mit einer anschließenden Frage, zum Beispiel: „Wäre eine solche Erfahrung für Ihr Unternehmen interessant?“ Wenn Sie Ihrem Gesprächpartner zuhören, nicken Sie hin und wieder. Lehnen Sie sich eher nach vorne als nach hinten und halten Sie Augenkontakt, ohne Ihr Gegenüber anzustarren. Sie wollen ja nicht als Psycho rüberkommen …

Die Powerpoint-Präsentation

Geschafft! Sie haben den Job und wollen Ihre Kollegen zu einem Meeting einzuladen. Hier präsentieren Sie Ihre neuesten Ideen, Analysen und Schlussfolgerungen. Und natürlich zeigen Sie sich State-of-the-Art und kommunizieren nicht einfach Ihre Einsichten. Nein, Sie geben eine Powerpoint-Präsentation. Welche Schriftgröße Sie verwenden, können Sie an vielen anderen Stellen nachlesen. Mir geht es hier vor allem um eines: Benutzen Sie Ihre Präsentation nicht als Krücke, um sich an Ihren Text zu erinnern. Schreiben Sie so wenige Wörter wie möglich auf die Folien. Wer liest, hört nicht zu, und Sie sind als Redner das Transportmedium für das gesprochene Wort. Wenn Sie Zahlen, Daten, Fakten präsentieren müssen, dann zeigen Sie auf der Folie allenfalls ein Diagramm. Die genauen Daten bieten Sie als Handout oder zum Download an. Oft ist es auch klug, solche Details im Vorfeld zu verschicken, und in der kurzen Zeit, die Ihnen zur Verfügung steht, nur das große Bild zu zeichnen. Reden Sie zum Publikum, nicht zur Leinwand. In einer Präsentation spielen Sie als Redner immer die Hauptrolle. Transportieren Sie Ihr Wissen in Form von Geschichten. Ihre Zuhöher vergessen sehr schnell, was Sie sagen. Aber sie vergessen nie, wie sie sich während Ihrer Präsentation gefühlt haben. Spielen Sie mit Emotionen, auch – und gerade wenn – Sie Zahlen, Daten und Fakten präsentieren.

Die Afterwork-Party

Feierabend – ab in den Club. Jetzt machen Sie sich zunutze, was Geschichtenerzähler schon immer wussten: Erzählen Sie nur die Hälfte. Natürlich sollten Sie hauptsächlich Fragen stellen, aber wenn Sie selbst mit Reden dran sind, bleiben Sie für andere interessant, indem Sie immer ein bisschen mysteriös bleiben. Freizeit ist wie Business: Wer fragt, der führt. Und wollen wir nicht alle in der ersten Reihe stehen? Das schafft man aber nicht mit einem großen Mundwerk. Jedenfalls nicht dauerhaft.

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