Ideen-Coaching: Kultur-, Buch- und Linktipps

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Graffiti mit Hochdruckreiniger

Foto: Bernd Nörig
Foto: Bernd Nörig
„Umgekehrte Graffiti“ nennt sich die Kunst von Klaus Dauven aus Kreuzau in der Eifel. Statt Wände mit Farbe zu besprühen, bearbeitet er sie mit Hochdruckreinigern. Mit Hilfe der Geräte zeichnet Dauven scherenschnittartige Motive in vorher schmutzige Oberflächen – zum Beispiel auf Staumauern, Brücken oder Wände. Der Künstler gilt als Pionier der „Reverse Graffiti“. Sein neues und bislang größtes Werk ist ein Waldmotiv auf einer Staumauer im französischen Vouglans. Er und sein achtköpfiges Team setzten 2500 Lasermesspunkte, bevor sie mit der Arbeit beginnen konnten. Manche Werke bleiben mehrere Jahre bestehen, andere verschwinden schnell wieder unter neuem Schmutz und Patina.

Upcycling in Schulen

Zwölf junge Menschen (und ein Hund) haben sich als Save Nature Group zusammengetan und das Kunststoff-Recycling-Mobil ins Leben gerufen. Die Pädagog*innen und Ingenieur*innen der Thüringer Naturschutzorganisation gehen in Schulen, um den Teilnehmenden mit ihrer mobilen Recyclingsmaschine auf interaktive Weise einen nachhaltigen Umgang mit Kunststoff und unserer Umwelt nahezubringen. Die Schüler*innen lernen Verfahren zum Recycling und zur Mülltrennung kennen und Kunststoffe zu unterscheiden. Anschließend sammeln alle gemeinsam Müll auf dem Schulhof und gestalten daraus Neues – ganz im Sinne des Upcycling.

Karrieremythen entlarvt

Cover Eines TagesDer Chef ist ein mieser Typ, das Unternehmen rücksichtslos, und für eine Beförderung braucht man das „richtige“ Vitamin B. Ist das wirklich so? Diese und andere Karrieremythen entlarven die Topmanagement-Beraterinnen Dorothea Assig und Dorothee Echter in ihrem neuen Buch „Eines Tages werden sie sehen, wie gut ich bin!“. Sie haben zahlreiche Menschen dabei unterstützt, die Ursachen für ihren Karrierestillstand zu finden. Meistens haben sich kleine Rückschläge zu handfesten Karrieremythen verhärtet. Assig und Echter zeigen in ihrem Buch, wie aus Karrieremythen Karrierestrategien werden. Dorothea Assig und Dorothee Echter: „Eines Tages werden sie sehen, wie gut ich bin!“: Wie Karrieremythen Ihren Erfolg blockieren und Sie dennoch weiterkommen. Ariston Verlag 2022. 20 Euro

Mit der Astronautin ins Musik-All

Foto: www.marekbeier.de
Foto: www.marekbeier.de
Fördert Klavierspielen die Intelligenz? Warum ist Singen gut fürs Immunsystem? Kann man das absolute Gehör trainieren? Und wie klang eigentlich der Urknall? Die Astrophysikerin Suzanna Randall, die gerade für ihren ersten Aufenthalt im All trainiert, ist auch ein leidenschaftlicher Musik-Fan und erforscht nun wissenschaftllich die Welt der Klänge. In ihrem Podcast „Kosmos Musik“ mit Suzanna Randall befragt sie Expert*innen aus Hirnforschung, Medizin, Archäologie, Soziologie, Psychologie und Philosophie zu den großen Rätseln der Musik und den neuesten Forschungen auf diesem Gebiet.

Methangas ernten

Methan, Kohlendioxid und Stickstoff gehören zu den natürlichen Treibhausgasen, die für die Klimaveränderung verantwortlich sind. Um den Ausstoß des schädlichen Methans zu verringern, hat das Labor für Wasser und Umwelt (LWU) an der Technischen Hochschule Köln einen Prototyp zur Methangasernte aus Stauseen weiterentwickelt. Getestet wurde er auf der Wuppervorsperre in Hückeswagen im Bergischen Land. Die Anlage zur Methangasernte wirbelt das Sediment am Gewässergrund mithilfe von Hochdruckdüsen auf und leitet es über eine Tauchpumpe in einen Gasabscheider auf einer Arbeitsplattform. Auf der Arbeitsplattform messen die Forscher*innen die Gasmenge, die Zusammensetzung und die Menge des verlagerten Sediments. Quelle: Technische Hochschule Köln

Die Welt der Technik in 100 Objekten

Cover Die Welt der TechnikWas uns ein Mikroskop aus dem 17. Jahrhundert über den Aufbruch in eine neue Zeit berichten kann, wie auf der Pariser Weltausstellung von 1900 gezeigte Teerfarbstoffe die Entstehung der modernen Malerei beeinflussten und was eine aus alten Safttüten gefertigte Umhängetasche über das Anthropozän verrät: All das beschreibt der Generaldirektor des Deutschen Museums, Prof. Dr. Wolfgang M. Heckl, in seinem reich bebilderten Buch „Die Welt der Technik in 100 Objekten“. Jedes Objekt wird auf mehreren Ebenen vorgestellt: was zu seiner Erfindung führte; für welche Zeit es geschaffen wurde; wie es die Beziehung des Menschen zur Wirklichkeit und nicht zuletzt diese Wirklichkeit selbst verändert hat; wie sein Lebenslauf aussah und schließlich auch, auf welchen Wegen es in das Deutsche Museum fand. Wolfgang M. Heckl: Die Welt der Technik in 100 Objekten. C.H. Beck Verlag 2022. 39,95 Euro

Das letzte Wort hat Theodor Golditchuk, Gründer von buycycle

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Die drei Ingenieurabsolventen Florian Senoner, Jonas Jäger und Theodor Golditchuk (von links) haben nach ihrem Hochschulabschluss und einigen Jahren in der Unternehmensberatung buycycle gegründet, einen Online-Marktplatz für gebrauchte Mountainbikes, Rennräder und Gravel Bikes. Sabine Olschner sprach mit Theodor Golditchuk über die Gründungsphase des Münchener Unternehmens.

Wie kamt Ihr auf die Idee, Euch selbstständig zu machen? Wir drei kennen uns über das Rennradfahren und haben für unser Hobby neue Rennräder gesucht. Auf den Kleinanzeigenportalen gab es zwar eine Menge gute Angebote, aber es blieben viele Fragen offen: Was muss man beim Online-Kauf von gebrauchten Rennrädern beachten? Wie erkenne ich aus der Ferne, ob das Rad in Ordnung ist? Wie kommt das gewünschte Rennrad aus einem anderen Bundesland zu mir? Wir haben gemerkt: Das Potenzial des Gebraucht-Fahrrad-Marktes ist riesig, aber die Abwicklung für teure Räder funktioniert einfach nicht richtig. Die Situation war zudem günstig: Neue Rennräder sind bei den Händlern seit Corona-Zeiten kaum noch zu bekommen, daher boomt der Handel mit Gebrauchträdern. Das war der letzte Schubs, den wir gebraucht haben, um durchzustarten. Vor einem Jahr haben wir also einen Marktplatz für gebrauchte, Rennräder, Gravel Bikes – also geländegängige Fahrräder – und Mountainbikes gegründet. Wir bringen Käufer und Verkäufer zusammen, kümmern uns um die Versandabwicklung, den Geldfluss und eventuelle Rückabwicklungen. Außerdem bieten wir optional einen Werkstatt-Check für die Räder an, und wir bereiten alte Räder auf und verkaufen diese selber. Wie hat Euch das Ingenieurstudium und die Arbeit bei der Unternehmensberatung beim Sprung in die Selbstständigkeit geholfen? Wir haben gelernt, wie man strukturiert und effizient Probleme angeht. Und das auch bei Themen, in denen man noch keine langjährige Expertise hat. Wie lief die Startfinanzierung für Euer Unternehmen? Wir hatten für den Anfang etwas eigenes Startkapital angespart. Außerdem haben wir einen Förderkredit der KfW-Bank mit besonders günstigen Konditionen für Unternehmensgründer in Anspruch genommen. Allerdings haben wir den Anspruch, der führende Marktplatz für gebrauchte Fahrräder in Europa zu werden. Daher wollen wir noch schneller wachsen und mehr professionelle Services anbieten. Also haben wir externe Investoren an Bord geholt, mit denen wir uns auch fachlich austauschen können. Wo habt Ihr Euch als Ingenieure die notwendigen kaufmännischen Kenntnisse angeeignet? Ich habe im Master den Schwerpunkt auf Wirtschaftsthemen gelegt. Und bei der Arbeit in der Unternehmensberatung haben wir alle auch viel kaufmännisches Wissen erlernt. Alles andere geschieht durch Learning-by-doing im eigenen Unternehmen. Im Internet gibt es unendlich viele Informationsquellen, darüber haben wir uns vieles selber beigebracht. Außerdem haben wir uns von Anfang an einen Mentorenkreis aufgebaut, mit dem wir uns austauschen. Zu unseren Mentoren zählen unter anderem E-Commerce- und Finanzierungsexperten. An der Universität München haben wir zudem an einem Start-up-Accelerator teilgenommen, bei dem man Mentoren als Ansprechpartner hat, Kurse besucht und einen Coworking-Space nutzen kann. Das Angebot für angehende Gründer ist in München grundsätzlich sehr gut. Was ist Euer Tipp für Ingenieurstudierende, die ebenfalls gründen wollen? Der wichtigste Schritt: Man muss sich trauen. Vor allem, wenn man schon ein festes Einkommen und damit eine gewisse Sicherheit hat, ist es oft nicht so leicht, das aufzugeben. Ich sage mir: Egal, ob buycycle erfolgreich wird oder nicht – das erste Jahr war für mich so lehrreich, dass ich es auf keinen Fall missen möchte. Mein zweiter Tipp: Wenn man eine gute Idee für ein eigenes Unternehmen hat, sollte man nicht zu stark an dieser ersten Idee festhalten, sondern offen dafür sein, sie auch anzupassen und weiterzuentwickeln.

E-Paper karriereführer ärzte 2022.2023 – Digitale Chancen: Trends im Gesundheitswesen

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karriereführer ärzte 2022.2023 – Digitale Chancen: Trends im Gesundheitswesen

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Cover karriereüehrer ärzte 2022-2023

Digitale Chancen: Trends im Gesundheitswesen

Endlich kommt die Digitalisierung auch im Gesundheitswesen an – allerdings langsam. Immer noch wird sie hier skeptisch betrachtet, doch die Vorteile werden deutlicher und beschleunigen den Trend. Patient*innen, Mediziner*innen und die Kostenstruktur des gesamten Systems können durch digitale Infrastrukturen nur gewinnen. Gefragt ist nun die junge Ärzt*innen-Generation, die mit ihrem digitalen Mindset die Vorteile der neuen Techniken mit der notwendigen Sorgfalt bei Diagnosen und Datenschutz verbindet. Wie genau die Herausforderungen dabei aussehen und wie angehende Mediziner*innen darauf reagieren sollten, zeigt ihnen die vorliegende Ausgabe des „karriereführer ärzte“.

Digitale Chancen

Die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens schreitet voran – wenn auch recht träge. Dabei liegen die Vorteile auf der Hand – für Patient*innen, Mediziner*innen und die Kostenstruktur des gesamten Systems. Gefragt ist nun die junge Ärzt*innen-Generation, die mit ihrem digitalen Mindset die Vorteile der neuen Techniken mit der notwendigen Sorgfalt bei Diagnosen und Datenschutz verbindet. Ein Essay von André Boße

Verschiedene Entwicklungen haben in den vergangenen Jahren die Digitalisierung im Arbeitsbereich von Ärzt*innen vorangetrieben. Eine davon war gewollt: 2019 verabschiedete der Bundestag das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG), das im Dezember 2019 in Kraft trat und unter anderem dafür sorgte, dass nun Gesundheitsapps verschrieben werden können und die Kosten von den gesetzlichen Krankenversicherungen übernommen werden. Das politische Ziel des Gesetzes: die Innovationskraft des Gesundheitssystems zu fördern. Dies passierte darüber hinaus als Folge eines Weltereignisses, das nicht geplant war. 2020 brach das Coronavirus aus, von heute auf morgen wurden im gesundheitlichen Bereich digitale Services notwendig. Video-Sprechstunden, digitales Termin-Management, Entwicklung neuer Apps – was jahrelang nur schleppend voran ging, legte von Covid-19 angetrieben ein neues Tempo vor. „Das Auftreten des Corona-Virus und die damit verbundenen erheblichen Einschränkungen im öffentlichen Leben und des direkten Kontaktes haben auch im Gesundheitssektor vielfältige Rückstände bei der Digitalisierung aufgezeigt und in einigen Bereichen als Katalysator für eine massive Aufrüstung und Weiterentwicklung beim Einsatz von Informationstechnologie und digitalen Übertragungsformen gedient“, heißt es dazu in der Einführung der Studie „Ärztinnen und Ärzte im Zukunftsmarkt Gesundheit 2021/22“ der Stiftung Gesundheit.

Nur wenige Apps in der Anwendung

Konkret widmet sich die Befragung den Erfahrungen und Erkenntnissen, die Ärzt*innen in der Praxis mit Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGa) sammeln konnten. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass in weiten Teilen der Ärzteschaft weiterhin eine Grundskepsis gegenüber der Anwendung medizinischer Apps vorherrscht: Zwar geben mehr als 80 Prozent der Teilnehmenden an, DiGa bereits eingesetzt zu haben oder dies bald tun zu wollen. Jedoch sagten auch 71,3 Prozent der befragten Ärzt*innen, ihren Patient*innen bisher noch nie eine App empfohlen zu haben. Zwar glaubt die deutliche Mehrheit der Studien-Teilnehmer*innen, dass gezielt eingesetzte Apps „überaus hilfreich“ sein können (rund 66 Prozent) und dass die den Arbeitsalltag von Ärzt*innen mittelfristig verändern werden (rund 60 Prozent) – und wenn Patient*innen dies wünschten, würden knapp 60 Prozent ihnen „mit Augenmaß“ Apps verschreiben. Im Praxisalltag jedoch spielen DiGa weiterhin eine kleine Rolle: Der Anteil der Ärzt*innen, die eine vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geprüfte App auf Rezept verschrieben haben, liegt bei lediglich 14,3 Prozent.

eRezept: Stufenweiser Roll-out

Seit dem 1.9.2022 testet die Kassenärztliche Vereinigung in der Region Westfalen-Lippe das eRezept für verschreibungspflichtige Arzneimittel. „Der Rollout wird dabei eng begleitet, um Probleme schnell identifizieren und lösen zu können“, heißt es auf der Homepage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Verläuft der Test erfolgreich, folgen zunächst sechs weitere Regionen. Danach wird das eRezept flächendeckend in allen Regionen der Kassenärztlichen Vereinigung umgesetzt. Seit Beginn des Rollouts mussten sich alle Apotheken in Deutschland bereithalten, elektronische Rezepte anzunehmen und zu verarbeiten.
Wo liegen die Gründe für diese Zurückhaltung? Das Ergebnis der Studie legt nahe, dass hier auch finanzielle Aspekte eine Rolle spielen: Laut Befragung stimmen 60,3 der Befragten der Aussage zu, dass Apps sich nur durchsetzen würden, wenn Ärzt*innen für ihren Einsatz auch angemessen bezahlt würden. Bei den potenziellen Risiken, die letztlich für Hemmnisse bei der Umsetzung verantwortlich sind, liegen laut Studie datenschutzrechtliche Bedanken mit 70,6 Prozent deutlich an erster Stelle, es folgen Zweifel an der Wirksamkeit der Apps (47,4 Prozent) und an der Motivation der Patient*innen, diese zu nutzen (45,6 Prozent). Häufig genannt wurden auch die mangelnden Möglichkeiten, als Behandelnder diese Apps zu testen.

Politik pocht auf digitale Transformation

Diese Vorbehalte sind verständlich. Aber: Es muss daran gearbeitet werden, sie zu überwinden. Das gilt auch im Bereich der Kommunikation der Akteure untereinander: Die Unternehmensberatung McKinsey hat in ihrem aktuellen eHealth-Monitor, der die Fortschritte im Digitalisierungsgrad des deutschen Gesundheitswesens analysiert, festgestellt, dass das System an einigen Stellen noch weitestgehend anlog tickt, „insbesondere beim Datenaustausch zwischen ambulanten und stationären Einrichtungen“, wie es im Report heißt, „die Kommunikation zwischen Arztpraxen und Krankenhäusern erfolgt zu 95 Prozent immer noch in Papierform.“ Vor allem das Fax hält sich beharrlich, der Glaube jedoch, das Gesundheitssystem könnte es sich erlauben, sich den Vorteilen der Digitalisierung zu entziehen, wird schon bald von der Realität überholt werden. Schon allein deshalb, weil die politischen Weichenstellungen eine klare Richtung vorgeben.
Wir haben in Deutschland beim Thema eHealth im letzten Jahr einige Fortschritte gemacht, sind aber noch lange nicht am Ziel.
Neben den DiGa haben die Gesetzgeber auch der elektronischen Patientenakte (ePA), die seit Anfang 2021 alle gesetzlich Versicherten erhalten können, sowie dem eRezept, das seit September 2022 stufenweise realisiert wird, den Weg bereitet. „Wir haben in Deutschland beim Thema eHealth im letzten Jahr einige Fortschritte gemacht, sind aber noch lange nicht am Ziel“, wird McKinsey-Partnerin Laura Richter, Co-Autorin des eHealth-Monitors, in einer Zusammenfassung der Studie auf der Homepage der Unternehmensberatung zitiert. „Die größten Herausforderungen sind der flächendeckende Datenaustausch von Leistungserbringern insbesondere über ambulant-stationäre Grenzen hinweg sowie die Skalierung von ePA und eRezept in Richtung Patienten durch eine umfassende Informationskampagne.“ Wie wichtig diese ist, belegen die Zahlen der Studie: So zeige sich jeder zweite Patient digitalen Gesundheitsangeboten gegenüber aufgeschlossen, „doch es fehlt den Befragten eigenen Angaben zufolge an Information und Aufklärung über die digitalen Angebote“, heißt es in der Zusammenfassung.

Evidenz-Studien geben Vertrauen

Nachholbedarf gibt es auch bei den Evidenz-Studien zu medizinischen Apps in Forschungspublikationen. Solche Analysen sind es, die Ärzt*innen grundlegende Informationen über Wirksamkeit der digitalen Technologien geben. Zwar habe sich die Zahl der Veröffentlichungen zu App-Entwicklungen im Beobachtungszeitraum 2020 versechsfacht, im internationalen Vergleich hinke Deutschland jedoch weiter hinterher. So gab es in Großbritannien doppelt so viele publizierte Evidenz-Studien. Was die Beurteilungen der App-Wirksamkeit angeht, weisen – so der McKinsey-Report – 84 Prozent der Publikationen einen positiven Nutzeneffekt der digitalen Anwendungen nach, bei drei Viertel davon war das konkret ein verbesserter Gesundheitsstatus der Patient*innen. Zehn Prozent der Studien belegten höhere Kosteneffizienz, 14 Prozent eine Zeitersparnis für Ärzt*innen. „Diese Zahlen zeigen, dass eHealth-Anwendungen das Potenzial haben, Patienten bei nachhaltigen Verhaltensänderungen zu helfen – und Ärzt*innen und Pflegenden bei der Behandlung unterstützen können“, fasst Studien-Co-Autor Tobias Silberzahn die Ergebnisse zusammen.

Telemedizin: Potenzial noch nicht ausgeschöpft

Im deutschen Bericht der europaweiten Studie „Closing the digital gap – Shaping the future of European healthcare“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte zeigt sich, dass beim Thema Telemedizin noch Luft nach oben ist. Für die Studie wurde medizinisches Personal befragt, inwiefern in den Praxen, Kliniken und Einrichtungen Technologien zur Betreuung von Patient*innen via Telefon und Videochat genutzt würden. Nur 30 Prozent der Befragten gaben an, Telemedizin zu nutzen. Einen Vorteil für die Patientenversorgung sehen hier jedoch mehr als doppelt so viele Teilnehmende, nämlich 64 Prozent. Zum Vergleich: In Ländern wie Dänemark und den Niederlanden nutzen bereits um die 60 Prozent der Befragten diese Technologien erfolgreich zum Dialog mit den Patient*innen.

Digitalisierung verspricht Milliarden-Entlastung

Einen weiteren Effekt der Digitalisierung des Gesundheitswesens stellten die Health-Expert*innen von McKinsey in einer Pressemitteilung im Mai 2022 in Aussicht: Der Einsatz digitaler Technologien gebe dem deutschen System eine „42-Milliarden- Euro-Chance“ – und zwar jährlich. „Durch den Einsatz digitaler Technologien können Versorgungsqualität und Kosteneffizienz erhöht und gleichzeitig Behandlung und Betreuung von Patienten sowie die Arbeitssituation des Personals im Gesundheitswesen verbessert werden“, heißt es in der Zusammenfassung der Analyse. Beziffert haben die Expert*innen das Effizienzpotenzial in sechs konkreten Bereichen:
  1. Online-Interaktionen, z. B. durch Tele-Konsultation oder Fernüberwachung chronisch Erkrankter: 12,0 Mrd. Euro.
  2. Umstellung auf papierlose Datenverarbeitung (elektronische Patientenakte und eRezept): 9,9 Mrd. Euro.
  3. Automatisierung von Arbeitsabläufen, z. B. durch mobile Vernetzung oder auf Barcodes basierte Medikamentierung: 6,7 Mrd. Euro.
  4. Datentransparenz, die Entscheidungen erleichtert, z. B. durch den Einsatz von Software, um Doppeluntersuchungen von Patienten zu vermeiden: 6,4 Mrd. Euro.
  5. Patientenselbstbehandlung, z. B. durch Gesundheits- Apps oder digitale Diagnosetools: 4,6 Mrd. Euro.
  6. Patienten-Self-Service, z. B. mit Onlineportalen zur Terminvereinbarung: 2,5 Mrd. Euro.
Beim Blick auf diese sechs Punkte und die Einsparungssummen, die dahinterstecken, wird klar, welchen Weg das transformierte deutsche Gesundheitswesen gehen muss: Im Zuge der Digitalisierung wird das System auf Services, Methoden und Techniken setzen, die in anderen Branchen längst zum digitalen Alltag gehören. Ärzt*innen stehen nun gemeinsam mit IT-Entwicklern und Gesundheitsmanagern vor der Aufgabe, diese Transformation im medizinischen Bereich so zu gestalten, dass die Effizienzversprechen eingelöst werden, dies aber nicht auf Kosten der Sicherheit und medizinischen Qualität geschieht. Natürlich herrschen im Gesundheitssystem gesonderte Bedingungen, zum Beispiel mit Blick auf den Datenschutz oder die Verantwortung der Mediziner*innen. Hier eine Balance zu finden, ist eine spannende Herausforderung, vor der heute und in naher Zukunft die junge Generation an Mediziner*innen steht – eine Generation, die ganz selbstverständlich ihr digitales Mindset in den Beruf einbringt. Sodass eher nicht zu befürchten ist, dass junge Ärzt*innen weiter wert

Künstliche Intelligenz und Virtual Reality

Der Umsetzungsgrad der Technologien KI und VR ist im Gesundheitsbereich bislang nur vereinzelt zu finden. Dies ist das Ergebnis einer Befragung von medizinischem Personal im Rahmen der Deloitte-Studie „Closing the digital gap – Shaping the future of European healthcare“. Im deutschen Gesundheitswesen gaben 7 Prozent der Teilnehmenden an, KI-Systeme zu nutzen. Bei Virtual-Reality-Anwendungen liegt die Zahl mit 4 Prozent noch niedriger. „Immerhin glaubt ein Drittel der Befragten, dass diese Technologien Vorteile für die Patientenversorgung bringen könnten“, heißt es in der Studienzusammenfassung von Deloitte.

Lebensretter Jens Kleinefeld im Interview

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Jens Kleinefeld ist Facharzt für Anästhesie-, Intensiv- und Notfallmedizin. Nach vielen Jahren in der Notfallmedizin fokussiert er sich seit 2010 auf Einsätze im Sportbereich: Für Verbände macht er die Dopingkontrollen – auch bei der WM in Katar wird er im Einsatz sein. Und bei Großveranstaltungen ist er als Medical Officer im Notfall für den Rettungseinsatz verantwortlich. Zu einem solchen kam es bei der Fußball- EM 2021: Der dänische Spieler Christian Eriksen kollabierte nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand, Jens Kleinefeld rettete ihm das Leben, vor den Augen von Millionen Zuschauern. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Jens Kleinefeld (geboren 1963 in Düsseldorf) ist Facharzt für Anästhesie-, Intensiv- und Notfallmedizin. Bis 2010 war er ärztlicher Leiter im Rettungsdienst der Stadt Solingen, Ausbilder und Prüfer an der staatlichen Rettungsassistentenschule sowie leitender Notarzt der Städte Remscheid, Solingen und Wuppertal. Seit Mitte der 1990er-Jahre ist er als Doping Control Officer (DCO) und Medical Officer für verschiedenste nationale und internationale Sportverbände aktiv. Als DCO verfügt er über den weltweit höchsten Erfahrungsschatz bei Dopingkontrollen im Fußballsport und wurde 2014 für diese Tätigkeit geehrt. Als Medical Officer war er an der Organisation der Medizinischen Versorgung diverser internationaler sportlicher Großveranstaltungen beteiligt. Als Mitglied der Anti Doping Expert Group eines großen internationalen Sportverbandes arbeitet er an der Weiterentwicklung und Verbesserung der Dopingkontrollsysteme.
Herr Kleinefeld, wie sind Sie als Mediziner in den Bereich des Sports gekommen? Ich war selbst im Schwimmsport aktiv und habe eines Tages die Anfrage bekommen, ob ich beim Deutschen Schwimmverband bei den Dopingkontrollen mitarbeiten wolle. Das habe ich gemacht, später auch für den Kanuverband. Anfang der 1990er-Jahre sprach mich dann der Deutsche Fußball-Bund an, ob ich mir diese Arbeit auch im deutschen Profifußball vorstellen könne. Es gab damals noch nicht viele Mediziner beim DFB, das Doping-Kontrollsystem stand noch am Anfang, sodass ich dank meiner Erfahrungen recht schnell zum Leading-DCO wurde, also zum führenden Doping-Kontrolleur beim DFB. Über ein Engagement bei der UEFA hat mich dann nach der WM in Deutschland 2006 die FIFA angeheuert, seitdem führe ich die Doping-Kontrollen auch bei internationalen Länderspielen im Auftrag des Weltverbands durch, mittlerweile als freier Dienstleister der Nationalen Anti-Doping- Agentur NADA. Als Sie diese Karriere starteten, kam das Thema Doping gerade frisch auf die Agenda. Das stimmt, in den Fokus rückte es insbesondere nach der Wiedervereinigung, als die früher getrennten deutschen Teams aus Ost und West erstmals gemeinsam auftraten und die Doping-Vergangenheit in der DDR in aller Munde war. Gerade im Schwimmsport war das eine interessante Zeit. Hat man Sie damals als Störenfried betrachtet? Man muss halt schauen, wie man auftritt. Wenn man den Athleten vermittelt, dass man die Sportart sauber halten will und die Dopingkontrollen zu deren medizinischem Schutz durchführt, reagieren die allermeisten mit Akzeptanz. Ich stelle mir vor, dass es in der ersten Zeit noch recht einfach war, Dopingsünder zu überführen. Ist es mittlerweile wie bei der Geschichte vom Hase und dem Igel: Immer, wenn sie einen Weg gefunden haben, Substanzen zu identifzieren, sind die Doper schon einen Schritt weiter? Solche Verschleierungstaktiken gab es immer schon. Unsere Aufgabe ist es, immer bessere Nachweismethoden zu entwickeln, wobei gerade das Labor an der Sporthochschule Köln führend war, zum Beispiel beim Nachweis von EPO, das das Wachstum von roten Blutkörperchen steigert, im Radsport. Generell glaube ich, dass wir in den Laboren den Dopingsündern mehr auf den Fersen sind, als es früher der Fall war. Wobei sich die Kontrollen an sich nicht geändert haben, es werden auch weiterhin Urinproben genommen, und natürlich muss man aufpassen, dass bei diesem Prozess nicht betrogen wird. Es ist also detektivischer Spürsinn gefragt. Genau, man muss genau hingucken, muss beobachten – und hat durchaus das Recht, bestimmte Athleten, bei denen es Auffälligkeiten gibt, auch dann zu kontrollieren, wenn sie nicht dafür ausgelost wurden. Welche Skills sind darüber hinaus für diesen Job wichtig? Man sollte schon an Sport interessiert sein, zudem sollte man sich in den Sportarten, bei denen man im Einsatz ist, auskennen, weil es immer Besonderheiten gibt. Es kommt darauf an, den besten Zeitpunkt für die Kontrollen zu erwischen, denn wir wollen sie ja mit unserer Arbeit nicht aus dem Rhythmus bringen. Manche meinen, Doping sei kein Betrug, wenn alle dopen. Stimmt das? Nein. Doping ist Betrug. Mehr noch: Doping hat weitreichende Folgen, die weit darüber hinaus gehen, dass ein Athlet dadurch leistungsstärker wird. Das ist ein Thema, das bis in den Kinderund Jugendschutz geht. Junge Menschen beginnen früh damit, sich für den Leistungssport bereit zu machen. Wann also gibt man diesen Mädchen und Jungen zum ersten Mal verbotene leistungssteigernde Substanzen? Mittel, die ja auch deshalb verboten sind, weil sie schädigende Auswirkungen auf den Organismus haben. Man kann Doping daher nicht legalisieren. Im Schwimmsport war es der Fall, dass 14, 15 Jahre alte Mädchen Mittel bekommen hatten, ohne selbst zu wissen, was sie da leichtgläubig nehmen. Die Athletinnen und auch ihre Eltern dachten, es handele sich um Vitamine, dabei waren es anabole Steroide, die gerade in der Pubertät fatale Nebenwirkungen haben können. Nun sind Sie neben Ihrer Tätigkeit als Dopingkontrolleur auch als Notfallmediziner beim Fußball tätig, und da kam es im Sommer 2021 zu einem dieser „Weißt du noch, wo du warst, als …?“-Momenten: Drittes Spiel der Europameisterschaft, Dänemark gegen Finnland, in Minute 43 bricht der dänische Spieler Christian Eriksen ohne Fremdeinwirkung zusammen: Herzstillstand. Sie waren der Arzt, der ihm mit Thoraxkompressionen sowie einer Defibrillation das Leben gerettet hat. Rein medizinisch kein besonderer Einsatz, oder? Genau, das war für einen erfahrenen Notfallmediziner wie mich Rettungsroutine.
Eine der Eigenschaften eines Rettungsarztes muss sein: Je kritischer eine Situation ist desto ruhiger muss man sein. Denn die eigene Nervosität würde sich übertragen, was nicht passieren darf.
Nur, dass in diesem Fall fast 40 000 Menschen im Stadion dabei waren und Millionen vor dem Fernseher. Das muss man unbedingt ausklammern. Eine der Eigenschaften eines Rettungsarztes muss sein: Je kritischer eine Situation ist desto ruhiger muss man sein. Denn die eigene Nervosität würde sich übertragen, was nicht passieren darf. In diesem Fall war ich der Leader einer Reanimation, und natürlich muss man wie in allen Führungspositionen kühlen Kopf bewahren, klare Anweisungen geben und sich nicht von den äußeren Umständen beeinflussen lassen. Mir ist dieses Ausblenden im Fall Eriksen gut gelungen, ich war auf den Notfall fokussiert, hatte die Zuschauer im Stadion oder vor den Bildschirmen nicht auf dem Schirm, sondern habe einfach das getan, was ich kann, was ich gelernt habe. Dafür gibt es kein Coaching, das ist einfach Berufserfahrung. Und die Rettung hat funktioniert. Ja, aber das hat mich nicht überrascht, weil ich schon auf dem Weg zum ihm wusste, dass die Geschichte gut ausgehen wird, dass er überlebt. Was wir hier hatten, war ein beobachteter Herz-Kreislauf-Stillstand als Folge eines Rhythmusereignisses. Beobachtet heißt, dass ich quasi direkt bei ihm war, nachdem es passierte. Die Überlebenschancen sind in diesem Fall recht hoch, und natürlich war es ein schönes Ereignis, als er aufwachte … … und sinngemäß sagte: „Ich bin doch erst 29 Jahre alt.“ Er wusste also, was ihm da passiert war. Ja, und diese reflektierte Aussage zeigte mir direkt, dass er keine Hirnschäden davongetragen hatte, was wunderbar war. Denn darum geht es bei der Reanimation ja auch: neurologische Schäden zu vermeiden.
Es ist wichtig, die Menschen weiter aufzuklären, dass bereits eine recht simple Herzdruckmassage die Überlebenschancen deutlich erhöht – und dass man dabei gar nicht viel verkehrt machen kann.
Nun passieren die meisten Herz-Kreislauf- Stillstände nicht in Gegenwart eines Arztes. Das stimmt, bei Notfällen, die ohne ärztliche Beobachtung passieren, vergehen mehre Minuten – wobei in dieser Zeit nur in seltenen Fällen jemand mit den ersten Maßnahmen zur Reanimation beginnt. Viele Leute haben Angst, etwas falsch zu machen. Wobei es der größte Fehler ist, überhaupt nichts zu machen. Daher ist es wichtig, die Menschen weiter aufzuklären, dass bereits eine recht simple Herzdruckmassage die Überlebenschancen deutlich erhöht – und dass man dabei gar nicht viel verkehrt machen kann. Genauso wichtig ist es, möglichst bei allen größeren Sportveranstaltungen Defibrillatoren sowie Leute, die diese Geräte auch bedienen können, zu haben. Plädieren Sie für eine Aufklärung darüber, was im Notfall zu tun ist? Absolut, wobei wir erkennen, dass gerade nach einem Ereignis wie dem Zusammenbruch von Eriksen das Interesse seitens der Sportvereine steigt: Immer mehr Clubs, auch aus dem Amateurbereich, kommen zu uns, um sich schulen zu lassen, mittlerweile sind diese Schulungen sogar verpflichtend. Oft muss halt was passieren, bevor es zum Umdenken kommt. Das war bei mir nicht anders, ich habe mich für die Tätigkeit als Medical Officer beim Fußball zu interessieren begonnen, nachdem Mitte der 2000er-Jahre die zwei jungen Spieler Marc-Vivien Foé und Miklós Fehér einen plötzlichen Herztod erlitten, weil man ihnen auf dem Platz nicht schnell und effektiv genug helfen konnte. Mir war klar: Diese Todesfälle sind vermeidbar, also tun wir alles dafür.

Zum Unternehmen

Jens Kleinefeld ist einer von zwei Geschäftsführern der Agentur Sports Medical Services (sms), einem Dienstleister im Dopingkontrollwesen für Sportverbände und Nationale Antidoping Agenturen. Auch engagiert sich das Unternehmen in der Dopingprävention, um bei Trainern und Athleten das Wissen zu vermitteln, dass Doping nicht nur Betrug ist, sondern dem eigenen Organismus schadet. Ein drittes Geschäftsfeld ist das Notfalltraining bei Sportereignissen. Geschult werden Ärzte, Physiotherapeuten und Trainer von Leistungssportlern, um vor Ort schnell und effektiv Notfälle zu erkennen und zu behandeln sowie den Beteiligten die Angst vor Notfallsituationen zu nehmen.
 

Eintauchen

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Schuppenflechte: Bessere Behandlungskontrolle

Eine klinische Studie bestätigt den Erfolg eines von Helmholtz Munich und der Technischen Universität München (TUM) entwickelten Scanners für die Behandlungskontrolle von Schuppenflechte. Mit der neuen Technologie blicken Ärzt*innen tiefer in die Haut der Betroffenen als dies mit bisherigen klinischen Methoden möglich war. Somit können sie besser einschätzen, wie stark die Krankheit ausgeprägt ist und wie gut eine Behandlung anschlägt. Die Scanner könnten in Kliniken weltweit zum Einsatz kommen, eine Zertifizierung ist bis Ende 2022 geplant. Rund 160 Millionen Menschen, das sind etwa zwei Prozent der Weltbevölkerung, leiden an Schuppenflechte. Während es bislang keine Heilung für Schuppenflechte gibt, können geeignete Therapien zumindest die Symptome lindern. Umso wichtiger ist eine genaue Kontrolle der Behandlung für das Wohlbefinden der Patient*innen. Diese gestaltet sich jedoch schwierig, da das Ausmaß der Erkrankung unter der Haut nicht sichtbar ist. Nun zeigt die klinische Studie mit dem neuen Scanner eine bessere Behandlungskontrolle. Dabei schauten die Forschenden insbesondere darauf, wie Medikamente unter der Haut wirkten und erhielten weitaus detailliertere Informationen im Vergleich zu herkömmlichen Untersuchungen. Dies liegt an der besonders präzisen und bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Bildgebungstechnologie, die dem Scanner zugrunde liegt: Raster Scan Optoacoustic Mesoscopy, kurz RSOM.

Fachkräftemangel begegnen

Engpässe gehören aufgrund des Fachkräftemangels im Gesundheitswesen heute zur Tagesordnung, und ohne ein Gegensteuern wird die Situation sich in den nächsten Jahren noch drastisch verschärfen. Bis 2030 sollen hierzulande rund eine Million medizinische Fachkräfte fehlen. Dr.-Ing. Volker Schanz, Geschäftsführer der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V.), sagt dazu: „Wir haben gemeinsam mit Stakeholdern aus allen relevanten Bereichen im Gesundheitswesen eine Anwendungsregel erarbeitet, wie sich die digitale Transformation gestalten und zertifizieren lässt. Das 2022 vorgestellte VDE-Positionspapier vereint die Anliegen von Politik, Jobcentern, Gesundheitsämtern, Krankenhausgesellschaft, Pflegerat, Krankenversicherungen, Ärzteverbänden, Apotheken und Industrie. Unstrittig ist nach Berechnungen der OECD, dass der digitale Wandel mit Instrumenten wie elektronischer Patientenakte, Telemedizin, elektronischem Rezept und automatisierten Erstattungen in hohem Maße Aufwand und Kosten reduziert. Um die digitalen Tools nutzen zu können, braucht es allerdings nicht nur technologischen Fortschritt, sondern auch das entsprechende Know-how bei den Anwender*innen.

Aromatherapie hilft Älteren

Viele ältere Menschen leiden unter psychischen Problemen. Dazu zählen Depressionen, Ängste und Stress. Wissenschaftler aus dem Iran und aus Australien untersuchten gemeinsam, ob eine inhalative Aromatherapie mit ätherischem Lavendelöl oder Kamillenöl hier helfen kann. 183 ältere Menschen, die in Wohngemeinschaften lebten, nahmen an der Studie teil. Sie wurden in drei gleich große Gruppen eingeteilt: Lavendel-Gruppe, Kamille-Gruppe und Kontrollgruppe. Die Lavendel- und Kamille-Gruppe inhalierten 30 Nächte lang 3 Tropfen eines 1,5 %igen-ätherischen Öls. Die Kontrollgruppe inhalierte stattdessen destilliertes Wasser. Zu Beginn der Studie, direkt nach der Intervention und einen Monat nach der Intervention wurden die Ängste, Depressionen und der Stress der Studienteilnehmer erfasst. Der Vergleich zur Kontrollgruppe machte deutlich, dass die Aromatherapie wirkt – sowohl direkt nach der Intervention als auch einen Monat später. Sowohl die Inhalation von Lavendelöl als auch die Inhalation von Kamillenöl reduzierten Depressionen, Ängste und Stress. www.deutschesgesundheitsportal.de Zusammengestellt von Christiane Martin

Der ideale Algorithmus für KI im Gesundheitswesen

Amerikanische Wissenschaftler haben in einem Review eine Checkliste für ideale Algorithmen im Gesundheitswesen vorgestellt. Sechs Eigenschaften sind laut Aussagen der Forscher dafür notwendig. Von Christoph Berger

„Der Umfang und die Komplexität menschlicher Krankheiten stellen besondere Herausforderungen an die klinische Entscheidungsfindung“, schreiben die Wissenschaftler in der Einleitung ihres Artikels „Ideal algorithms in healthcare: Explainable, dynamic, precise, autonomous, fair, and reproducible“, der im Januar dieses Jahres im Fachjournal „PLOS Digital Health“ erschien. Die 10. Revision des Klassifikationssystems der Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD) würde etwa 68.000 Diagnosecodes umfassen. Und da Patienten nahezu jede Kombination dieser Diagnosen haben könnten, würden sowohl die Betroffenen als auch die Ärzte unter dem Druck stehen, Entscheidungen zu treffen. Und dies meist unter Zeitdruck und hoher kognitiver Belastung aufgrund der großen Informationsmengen. Algorithmen könnten vor diesem Kontext für Entlastung sorgen. Doch da sie direkte Auswirkungen auf die Gesundheit der Patienten haben, müssen sie auch hohe Qualitätsstandards erfüllen. Daher braucht es laut den Autoren sechs Eigenschaften, die Algorithmen erfüllen müssen:
  1. Erklärbar: Die Algorithmen vermitteln, welche Bedeutung sie Merkmalen bei der Bestimmung der Ergebnisse zuordnen.
  2. Dynamisch: Die Algorithmen können zeitliche Veränderungen physiologischer Signale und klinischer Ereignisse erfassen, können also neue Daten in den Entscheidungsprozess einfließen lassen.
  3. Präzise: Der Algorithmus verwendet hochaufgelöste und multimodale Daten. Er kann also unterschiedlichste Daten miteinander verknüpfen und kommt so zu einer Entscheidung.
  4. Autonom: Die Algorithmen lernen möglichst selbstständig und brauchen kaum menschliche Überwachung.
  5. Fair: Die Algorithmen können Voreingenommenheit und soziale Ungerechtigkeit erkennen und in die Bewertung einfließen lassen.
  6. Reproduzierbar: Die Algorithmen sind validiert und werden mit der wissenschaftlichen Gemeinschaft geteilt.
Mird scheint eine weiterführende Diskussion über verbindliche Bewertungsmaßstäbe von KI-Systemen in der Medizin notwendig, etwa im Rahmen von Zertifizierungs- oder Zulassungsverfahren.
Damit sind sie überprüf- und reproduzierbar. „Die Autoren rücken einige der „Schmerzpunkte“ der KI-Forschung ins Licht, zum Beispiel Reproduzierbarkeit und Interpretierbarkeit, beides sehr aktive Forschungsfelder in der KI-Forschung. Einige Kategorien sind etwas schwammig definiert und auch nicht alle immer zwingend notwendig – in der Notfalldiagnostik liegt oft nur ein einziger Zeitpunkt vor und der Verlauf ist fürs Erste weniger wichtig. Im Großen und Ganzen ergeben die Kategorien aber Sinn und sind ein guter Leitfaden“, sagt Dr. Anton Becker, Director of Analytics, Body Imaging Service, Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York, Vereinigte Staaten, zu den erarbeiteten Charakteristika. Prof. Dr. Robert Ranisch, Juniorprofessor für Medizinische Ethik mit Schwerpunkt auf Digitalisierung an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Potsdam sagt, dass es in den vergangenen Jahren immer wieder Vorschläge gegeben hätte, einheitliche Leitlinien oder Qualitätsstandards für KI und Deep Learning Systeme in der Medizin zu formulieren. Die Checkliste für „ideale“ Algorithmen ordne sich hier ein und stelle damit einen Beitrag zu einer wichtigen Debatte dar. Zugleich müsse sich aber zeigen, wie derartige Vorschläge aufgegriffen würden und wie sich diese in die Praxis übersetzen lassen könnten. Er fordert: „Zudem scheint mir eine weiterführende Diskussion über verbindliche Bewertungsmaßstäbe von KI-Systemen in der Medizin notwendig, etwa im Rahmen von Zertifizierungs- oder Zulassungsverfahren.“

Medizin, die schmeckt! Kultur-, Buch- und Linktipps

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Die 3 großen Fitmacher

Cover Die 3 grossen FitmacherMedizin so erklärt, dass es jeder versteht – das ist das Motto des bekannten NDR-Fernsehmediziners Dr. Johannes Wimmer, dem er auch mit seinem neuen Ratgeber treu bleibt. Dieses Mal geht er drei großen Themen auf die Spur: dem wichtigen Thema „gesunder Schlaf“, dem „Darkroom“ Bauch sowie unserem nicht erst durch Corona in den Fokus geratenen Immunsystem. Woher kommen unsere Schlafprobleme? Wieso sind chronische Erkrankungen so ein großes Thema? Wie kann das Immunsystem auf gesunde Weise geboostert werden? Er erklärt und veranschaulicht auf unterhaltsame Art, wie Krankheiten entstehen, wie man sich dagegen schützt und was man tun kann, wenn man darunter leidet. Dr. med. Johannes Wimmer: Die 3 großen Fitmacher. Warum Darmgesundheit, gesunder Schlaf und ein starkes Immunsystem überlebenswichtig sind. ISBN 978-3-8338-7873-2. 14,99 Euro.

„Hallo Angst!“

Cover Hallo AngstAngststörungen und Panikattacken sind für viele Alltag – der Kampf dagegen ist ermüdend und oft nicht zielführend. Diese Erkenntnis hatte die systemische Beraterin Katharina Altemeier, nachdem sie selbst viele Jahre gegen ihre Angststörung angekämpft hat. Nun weiß sie: Nur wer sich seiner Angst annähert, sie kennenlernt und den mutigen Schritt auf sie zu wagt, wird frei sein. Nur wer stehen bleibt und seiner Angst ins Gesicht blickt, wird zu sich selbst finden. Die Autorin nimmt uns mit und erzählt anhand ihrer persönlichen Erfahrungen, holt Rat bei Experten und gibt uns aus systemischer Sicht Wege und Lösungen mit, wie Leichtigkeit und Leben mit Angst und Panik gelingen. Katharina Altemeier: Hallo Angst! Dtv 2022. ISBN 978-3-423-35166-9. 12 Euro.

Digitale Wissenschaftskommunikation

Ein Blog zu Wissenschaft, Wissenschaftskommunikation und weiteren zeitgenössischen Sachverhalten mit Texten über Naturwissenschaften, Medizin, Soziologie, Philosophie und anderes findet sich unter: www.wissenswerkstatt.net

Über 100 und noch fit?

Cover 109 ist doch kein AlterWer hat schon eine Großmutter von über 100 Jahren? Anja Fritzsche hat gleich zwei: Oma Maria ist 108 und liebt Facebook und das Internet, Oma Mia ist 101 und liebt schnelle Autos und Motorräder – beide sind phänomenal und halten die Familie ständig auf Trab. Außerdem zeigen sie, wie herzerfrischend und heiter das Leben auch im hohen Alter sein kann, zumindest wenn man eine Portion Lebensfreude mitbringt. Enkelin Anja Flieda Fritzsche erzählt mit viel Humor und umwerfendem Charme vom lustigen Alltag mit den beiden – und verrät nebenbei noch Oma Marias beste Kochrezepte. Anja Flieda Fritzsche: Spätzchen, 109 ist doch kein Alter. Ullstein 2022. ISBN 9783548066196. 12,99 Euro.

Gesunde Haut – gesunder Mensch

Cover Natuerlich waschenDuschen, Baden, Waschen – die Rituale der Körperpflege sind uns heilig und teuer. Doch die Produkte der milliardenschweren Kosmetikindustrie haben teils gravierende Nebenwirkungen. Anhand neuester Erkenntnisse zeigt James Hamblin, was wir bei der Hautpflege anders machen sollten. Um herauszufinden, wie wir unsere Haut am besten schützen und versorgen, widmet sich Journalist und Arzt James Hamblin der Kulturgeschichte unserer Körperpflege und der Wissenschaft von der Haut. Er spricht mit Mikrobiologen, Allergologen, Genetikern, Ökologen, Kosmetikfachleuten, Seifenfans, Venture-Capital-Unternehmen, Historikern, Entwicklungshelfern, sogar mit ein paar waschechten Betrügern und erfährt, dass sich unsere Vorstellung von sauber und rein gerade grundlegend verändert. Und: Um die Haut und ihr Mikrobiom gesund zu halten, ist weniger oft mehr. James Hamblin: Natürlich waschen! Kunstmann 2021. ISBN 978-3-95614-461-5. 24 Euro.

Medizinhistorisches Museum: Wiedererföffnung 2023

Das Berliner Medizinhistorische Museum ist eine Einrichtung der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Es gewährt das Berliner Medizinhistorische Museum seinen Besucher*innen faszinierende Einblicke in die Entwicklung der Medizin der letzten 300 Jahre. In seiner Dauerausstellung zeigt es vor allem eine etwa 750 Objekte umfassende Sammlung pathologisch-anatomischer Feucht- und Trockenpräparate sowie Modelle und Abbildungen aus zentralen medizinischen Aktionsräumen: dem Anatomischen Theater, dem Anatomischen Museum, dem Labor sowie dem Krankensaal. Das Museum wird derzeit komplett saniert und eröffnet Anfang 2023 neu. www.bmm-charite.de

Die Curevac-Story

Cover Die Curevac-StoryAlles begann mit einer Doktorarbeit und der Entdeckung des medizinischen Potenzials des Botenmoleküls „messenger RNA“. Am Ende stehen prominente Investoren wie Dietmar Hopp oder die Gates-Stiftung, Hunderte Millionen staatlicher Finanzierung, der Aufstieg zum Börsenstar und zum erfolgreichen Impfstoffentwickler. Dazwischen liegt ein steiniger Weg auf der Suche nach Unterstützung. Biotech-Unternehmer Wolfgang Klein hat die Anfangszeit als Finanzchef von CureVac selbst miterlebt. Er erzählt die einzigartige und anekdotenreiche Geschichte auf dem Weg zum Weltunternehmen. Dabei gibt er Einblicke in eine faszinierende Technologie und beschreibt die Hürden für Innovation am Standort Deutschland. CureVac hat es trotzdem geschafft: Die in Tübingen erfundene Technologie ist dabei, die Medizin zu revolutionieren. Wolfgang Klein: Die CureVac-Story. Campus 2021. ISBN 9783593514901. 24,95 Euro.

Digitales Informationsangebot zum Coronavirus

AdobeStock/creativeneko
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Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) beantwortet auf der Webseite infektionsschutz.de aktuell und fachlich gesichert Fragen zum Coronavirus. Auf der Seite finden sich mehrsprachig wichtige Hygiene- und Verhaltensregeln und -empfehlungen zur Vorbeugung von Infektionen. Alle Infos sind tagesaktuell.

Pionierin im Rettungsdienst

Cover Eine muss die Erste sein1979 stieg die junge Waltraud Mayer als eine der ersten Frauen in Deutschland in den Rettungsdienst ein. Für sie war das erste Mal am Steuer eines Rettungswagens zwar ein Sprung ins kalte Wasser, doch es fühlte sich an wie ein Sechser im Lotto. Über dreißig Jahre war sie mit dabei: bei Verkehrsunfällen, häuslichen Unglücken und sogar einem Tötungsdelikt, das später prominent verfilmt wurde. In ihrem Buch gibt sie Einblick in den Alltag im Rettungsdienst und erzählt von den Herausforderungen, die sie gemeistert hat. Waltraud Mayer, Doris Mayer-Frohn: Eine muss die Erste sein. Wie ich zur Pionierin im deutschen Rettungsdienst wurde. Eden 2022. 16,95 Euro

„Beide Berufe sind für mich eine Leidenschaft“

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Dr. Sarah Straub ist Musikerin und Psychologin – beide Berufe übt sie mit großer Leidenschaft aus. Seit ihrer Kindheit spielt sie mehrere Instrumente und komponiert eigene Lieder, mit denen sie heute auf Tournee geht. Neben Konstantin Wecker stand sie schon mit Joe Cocker, Anastacia und Lionel Richie auf der Bühne. Als promovierte Psychologin arbeitet sie mit Demenzkranken. In ihrem 2021 erschienenen Buch verarbeitet sie nicht nur die Krankheit ihrer Großmutter, sondern gibt auch hilfreiche Tipps für Angehörige von Demenzkranken. Die Fragen stellte Christiane Martin

Frau Dr. Straub, wie lassen sich zwei so unterschiedliche Berufungen – Musik und die Arbeit mit Demenzkranken – vereinbaren? Wo liegen die Schwierigkeiten und wo vielleicht auch die Chancen? Mein Psychologiestudium war anfänglich eher ein nicht ganz ernst genommener „Plan B“. Dann erkrankte meine geliebte Großmutter an Demenz und für mich änderte sich alles: als pflegende Angehörige war ich oft überfordert und wollte das so nicht stehenlassen. Ich beschloss, mich neben der Musik auch dem Thema Demenz intensiv zu widmen. Nun begleite ich seit 12 Jahren, neben meiner Musikkarriere, Betroffene und ihre Angehörigen. Es ist ein intensiver Alltag, ich habe eine „7-Tage-Woche“. Aber ich habe diesen Weg keinen Tag bereut. Beide Berufe sind für mich eine Leidenschaft. Unsere Gesellschaft altert – und damit steigen auch die Zahlen der an Demenz Erkrankten. Was bedeutet das für eine Gesellschaft und was kann jeder Einzelne vorbeugend tun? Wir müssen uns unserer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gegenüber älteren und kranken Menschen bewusst werden. Jeder hat ein Recht auf Lebensqualität, auch ein von Demenz Betroffener! Um das Demenzrisiko zu senken, müssen wir auf einen gesunden Lebensstil achten: Sport treiben, uns geistig fordern, soziale Kontakte pflegen, gesund essen, keine Zigaretten, kein Alkohol. Blutdruck- und Cholesterinwerte checken. Das sind ein paar der wichtigsten Faktoren. Dennoch können wir das Risiko, zu erkranken, nie ganz auf Null reduzieren.

Lesetipp

Cover Wie meine Grossmutter ihr ich verlorDr. Sarah Straub: Wie meine Großmutter ihr Ich verlor. Kösel 2021. ISBN 978-3-466-34772-8. 18 Euro.
Und was sind Ihre wichtigsten Empfehlungen für Angehörige von Demenzkranken? Fordern Sie bei Verdacht auf Demenz eine differenzierte Diagnostik durch einen Facharzt ein. Holen Sie sich frühzeitig Hilfe, lassen Sie sich gut beraten und gehen Sie in Ihrer Familie und Ihrem Freundeskreis offen mit der Erkrankung um, um das Thema zu enttabuisieren. Achten Sie auf Ihre Kräfte und erkennen Sie Ihre persönlichen Belastungsgrenzen. Ermöglichen Sie dem oder der Betroffenen stabilisierende, nicht-medikamentöse Therapien wie Ergo- oder Logopädie. Was bedeutet Ihnen die Musik? Die Musik ist meine große Liebe. Es gibt nichts Schöneres für mich, als auf der Bühne zu stehen und meinem Publikum einen schönen Abend zu bereiten. Lieder wie mein Song „Schwalben“, in welchem es um Demenz geht, ermöglichen es mir außerdem, mein Publikum mit einem solchen Thema zu konfrontieren und es zu sensibilisieren. Ich will eine „Fürsprecherin für Demenzkranke“ sein und Betroffenen eine Stimme geben.

Telegramm: Neues aus der Welt der Medizinforschung

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Neuer Ansatz gegen Covid

Foto: AdobeStock/Oleksandr
Foto: AdobeStock/Oleksandr
Wenn es nach Prof. Thomas Rudel und dem biopharmazeutischen Unternehmen Aeterna Zentaris geht, könnte es in Zukunft möglicherweise signifikante Verstärkung im Kampf gegen die weltweite Corona-Pandemie geben: eine Impfung, die nicht mit der Spritze verabreicht wird, sondern in Form einer Kapsel, die einfach geschluckt werden kann. Die präklinische Entwicklung, die den Weg zu ersten klinischen Studien an Menschen ebnen soll, hat bereits angefangen. Thomas Rudel, Inhaber des Lehrstuhls für Mikrobiologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, hatte vor einem Jahr die Idee für die orale Schutzimpfung. Er plädiert für einen Ansatz, der schon seit vielen Jahren, millionenfach als Schutz vor Typhus-Infektion im Einsatz ist. Der orale Typhus-Impfstoff basiert auf einem speziellen Bakterienstamm, Salmonella Typhi Ty21a. Mit dem gleichen Bakterienstamm arbeiten jetzt auch Rudel und die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in seinem Labor. Allerdings mit einer bedeutenden Modifikation: „Wir haben die Bakterien so programmiert, dass sie SARS-CoV-2-Antigene produzieren“, erklärt der Mikrobiologe.

Pandemien verhindern

Foto: AdobeStock/alekseyvanin
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Wie das Ärzteblatt berichtet hat in einem Report in „Science Advances“ eine internationale Forschergruppe eine Reihe von präventiven Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Pandemien gefordert: „Eine direkte Gefahr gehe vermutlich von der industrialisierten Viehwirtschaft aus, vor allem, wenn die Ställe sich in der Nähe natürlicher Forsten befänden. […] Eine Forderung der Experten ist deshalb, die Zahl der Veterinäre zu erhöhen, die regelmäßig die Viehbestände auf neue Viren überprüfen müssten. Eine weitere Maßnahme wären Einschränkungen des Wildtierhandels. […] Eine steigende Gefahr geht nach Ansicht der Forscher auch von der Abholzung der Regenwälder aus. In den gerodeten Regionen siedeln sich häufig Menschen an, die durch ihre Tätigkeit in Waldnähe gefährdet sind, sich mit zoonotischen Viren zu infizieren. […] Die Abholzung des Regenwaldes sollte deshalb auch zum Schutz vor neuen Pandemieerregern reduziert werden. Eine weitere Maßnahme wäre die Einrichtung einer globalen Datenbank für Virusgenome. Die Speicherung der Gendaten könnte es Forschern in Zukunft erleichtern, den Ursprung der Epidemie zu orten und dadurch die Ausbreitung zu stoppen.“

Isolation erträglicher machen

Foto: AdobeStock/blankstock
Foto: AdobeStock/blankstock
Eine neue Kapsel zum Schutz vor Covid-19 und anderen Krankheiten ermöglicht es Dialysepatienten, immunsupprimierten Kindern, schwerkranken Erwachsenen und anderen Risikogruppen soziale Kontakte zu pflegen. Entwickelt wurde MOBY von einem Gründerteam in Berlin. Ihre Motivation: An der Corona-Pandemie schockte sie besonders, dass Menschen allein litten und starben. Das Fehlen geeigneter technischer Lösungen überraschte sie. Und so wollten sie rasch Abhilfe schaffen. Die Idee für MOBY war geboren. Die rollbare und mit einem Elektromotor angetriebene Kapsel bietet bei geschlossener Haube eine geräumige und abgeschlossene Umgebung mit 360-Grad-Sicht und Luftfiltern. Eine digitale Gegensprechanlage überträgt den Ton auf natürliche Weise in beide Richtungen. Insgesamt bietet MOBY damit eine relativ natürliche Interaktion und verbessert die Situation von Menschen, die aus medizinischen Gründen isoliert sind, erheblich.

Das letzte Wort hat: Heinz Peter Dilly, Facharzt für Innere Medizin und Allgemeinmedizin

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Heinz Peter Dilly ist Arzt in Hargesheim, einer kleinen Ortsgemeinde in Rheinland-Pfalz. Als Landarzt hat er dem Ärztemangel den Kampf angesagt und ein Gesundheitszentrum mit vielfältigen Dienstleistungen in der 3000-Einwohner- Gemeinde gegründet. Ein gewagtes Unterfangen, das er vor sieben Jahren startete – und das heute erfolgreich ist. Die Fragen stellte Christiane Martin.

Was kennzeichnet die Arbeit als Landarzt? Die Arbeit als Landarzt ist sehr vielfältig und vor allem anspruchsvoll. Wenn man als Allgemeinarzt und Internist ein breites medizinisches Spektrum abdecken kann, ist man hier genau richtig. Die Patienten kennt man oftmals über Jahre, auch die familiären Zusammenhänge. Das macht es einfacher, Hintergründe zu verstehen. Was sind die Herausforderungen? Mittlerweile macht sich der zunehmende Ärztemangel bemerkbar, was steigende Patientenzahlen, längere Wartezeiten und auch Missmut auf beiden Seiten bedeuten kann. Die Ursachen sind bekannt. Junge Kollegen*innen möchten nicht unbedingt in den ländlichen Bereich, insbesondere auch nicht das finanzielle Risiko und Belastung mit einer eigenen Praxis tragen. Das ist eine Herausforderung für die Zukunft. Und wie begegnen Sie diesen Herausforderungen? Mit der Idee eines Gesundheitszentrums. Vor über zehn Jahren habe ich aus der ursprünglichen kleinen Einzelpraxis ein Medizinisches Versorgungszentrum – kurz MVZ – entwickelt. Hierzu gehörten neue großzügige Praxisräume in einem modernen Neubau. Andere Dienstleister wurden eingebunden. Auf der grünen Wiese entwickelte sich relativ schnell ein zentrales Versorgungszentrum. Der Einzugsbereich wuchs. Trotz weiterhin steigenden Patientenzahlen, ist es für die meisten Kollegen möglich, variable Arbeitszeiten bei festen Sprechstundenzeiten festzulegen. Auf welche Schwierigkeiten sind Sie auf Ihrem Weg gestoßen und wie habe Sie die ausgeräumt? Schwierigkeiten sind auf dem Weg zum MVZ von allen Seiten aufgetreten. In der Bauphase, beim Einholen von Genehmigungen, mit der Kassenärztlichen Vereinigung. Anträge mussten viele gestellt werden, Aufbau des Praxisteams, Fluktuation, hohe finanzielle Belastung mit entsprechendem Risiko … Was können Sie speziell jungen Ärztinnen und Ärzten mit auf den Weg geben, die am Anfang Ihrer beruflichen Laufbahn stehen? Junge Kollegen*innen, die eine klare Richtung und ein Konzept vor Augen haben, sollten Mut zum Risiko zeigen. Sie sollten sich eigene medizinische Schwerpunkte setzen, Tätigkeitsbereiche, die besonders Spaß machen und in diese dann intensivieren. Dadurch entwickelt sich das Klientel auch entsprechend und man behält die Freude an der Arbeit.