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Interview mit Pierre-Pascal Urbon

Die Solarbranche klagt über billige Konkurrenz in Asien und Subventionskürzungen in Deutschland. Doch Pierre-Pascal Urbon von SMA stimmt nicht mit ein. Der 41 Jahre alte Vorstandssprecher des Wechselrichter-Herstellers für Photovoltaikanlagen zeichnet ein positives Bild der Branche und erläutert im Interview mit André Boße, warum sich ein Karrierestart in der Photovoltaikindustrie besonders für Einsteiger lohnt, die Lust auf Innovationen und persönliche Freiräume haben.

Zur Person Pierre-Pascal Urbon

Pierre-Pascal Urbon, geboren 1970 in Bielefeld, studierte Betriebswirtschaft und war von 1997 bis 2005 bei der Investmentberatungsgesellschaft Drueker & Co. im Bereich M&A sowie Corporate Finance tätig. Zuletzt bekleidete er dort die Funktion eines Vice President. 2005 wechselte Urbon zu SMA und wurde 2006 zum Vorstand bestellt. Seit 2009 verantwortet er den Bereich Finanzen. In dieser Funktion hat er den Börsengang von SMA konzipiert und die Internationalisierung des Unternehmens maßgeblich vorangetrieben. Im Anschluss an die Hauptversammlung 2011 trat er zusätzlich zu seiner Aufgabe als Vorstand Finanzen das Amt des Vorstandssprechers an. Pierre-Pascal Urbon ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Herr Urbon, die Solarbranche hat derzeit mit großen Problemen zu kämpfen. Was raten Sie einer Nachwuchskraft, die sich für einen Einstieg in diesem Bereich interessiert: Jetzt erst recht in die Branche – oder lieber erst einmal abwarten?
Wer Lust hat, die Zukunft mitzugestalten und an neuen Geschäftsmodellen und Innovationen zu arbeiten, der ist in der Green-Tech- und insbesondere in der Photovoltaikbranche gut aufgehoben. Zudem gibt es langfristige Trends, die eindeutig für die Photovoltaikbranche sprechen.

Zum Beispiel?
Die Stromerzeugung aus Photovoltaik wird immer attraktiver. Der Strom vom Dach ist in Deutschland bereits günstiger als der Strom aus der Steckdose. Und auch international werden dezentrale erneuerbare Energiequellen einen immer größeren Beitrag zu einer zuverlässigen und sauberen Stromversorgung leisten. Die Entwicklung der Photovoltaik steht hier erst am Anfang. Das wird zu einer sehr soliden Nachfrage nach Solarstromanlagen führen – in Industrieländern ebenso wie in aufstrebenden Schwellenländern. Das ist ja gerade das Spannende an unserer Branche: Es handelt sich um ein internationales Geschäft. Wir planen in diesem Jahr einen Auslandsanteil in Höhe von 80 Prozent. Daraus ergibt sich eine ganze Reihe von hochinteressanten Aufgaben, sodass schon Einsteiger schnell Erfahrungen machen, die sich in anderen Branchen längst nicht so schnell sammeln lassen.

Dennoch: Einige Unternehmen der Solarbranche stecken in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Woran erkenne ich denn als Neuling, ob ein Unternehmen der Branche mittel- und langfristig Erfolg haben wird?
Man muss sich genau umschauen und prüfen, ob das Unternehmen über ein technologisches Alleinstellungsmerkmal verfügt. Das ist der Schlüssel für den Erfolg. Denn wer hier etwas zu bieten hat, wird auch im internationalen Wettbewerb bestehen können. Um die Zukunft der Branche ist mir nicht bange: Zwar sind wir noch in einigen Märkten von der Förderung der Solarenergie abhängig. Es gibt aber auch schon Märkte in Südamerika oder Asien, in denen das nicht mehr der Fall ist.

Was sind denn in Ihren Augen die positiven Folgen, die sich aus dem politischen Entschluss ergeben, die Solarförderung drastisch zu kürzen?
Natürlich sind diese Veränderungsprozesse zunächst einmal schmerzhaft. Es ist jedoch unser erklärtes Ziel bei SMA, uns an den freien Marktkräften zu messen und die Photovoltaik so schnell wie möglich in die Wettbewerbsfähigkeit zu führen. Daher arbeiten wir intensiv daran, die gesamten Systemkosten der Photovoltaik weiter zu senken.

Sie sprachen gerade von der Internationalität Ihres Unternehmens und der gesamten Branche. Wie beeinflusst dieser Aspekt den Arbeitsalltag?
Die Unternehmenssprache ist zum Beispiel zunehmend Englisch. Man kommt täglich in Kontakt mit Mitarbeitern und Geschäftspartnern aus anderen Kulturen. Die Nachfrage nach Solarstromanlagen wächst insbesondere in den USA und in den jungen Märkten Asiens.

Was müssen Nachwuchskräfte denn mitbringen, damit es ihnen bei diesem Wachstum und dem Wandel der Branche nicht schwindelig wird?
Wir suchen Menschen, die gerne in einem dynamischen Umfeld tätig sind, wobei die Dynamik eben auch einmal nachlassen kann – das muss man dann auch aushalten können. Flexibilität und Offenheit sind wichtige Eigenschaften. Mitbringen sollte man auch Begeisterung für das Thema Photovoltaik und die gesamte Energiewirtschaft. Man darf nicht vergessen: Hier findet mit der Energiewende gerade eine Revolution statt! Wer bei uns punkten möchte – sei es in der Entwicklung oder im Vertrieb –, sollte zudem internationale Erfahrungen gesammelt haben, gerne auch in einem Schwellen- oder Entwicklungsland. Eine gute Ausbildung ist eine wichtige Sache. Aber es ist genauso wichtig, in internationalen Teams flexibel zu arbeiten, sich durchzusetzen und Netzwerke aufzubauen. Gefragt ist hier sehr viel Empathie, um andere Geschäftskulturen und Einstellungen verstehen zu lernen. Manchmal braucht das seine Zeit.

Beobachten Sie, dass Einsteiger zu wenig Geduld mitbringen und stattdessen versuchen, in den ersten Monaten möglichst viele Gipfel zu erklimmen?
Dass es für Nachwuchskräfte zu Beginn gar nicht genug Gipfel geben kann, ist vollkommen in Ordnung. Wichtig ist, dass man aus den Erfahrungen lernt, die man beim Erklimmen sammelt. Diese Erfahrungen lernt man nicht an einer Business School – die lernt man nur in der Praxis.

Sie haben Ihre Karriere in der Finanzbranche begonnen. Was macht für Sie als Zahlenspezialist die Arbeit in der grünen Branche besonders spannend?
Es ist für mich als gelernter Kaufmann eine gute Erfahrung, die Energiewende aus betriebswirtschaftlicher Sicht voranzutreiben. Auf der anderen Seite ist es für die Techniker wichtig, die wirtschaftlichen Aspekte mitzudenken. Dazu trägt auch unsere offene Informationspolitik bei, in deren Rahmen wir alle Mitarbeiter über die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen im Unternehmen informieren.

Wie gestaltet sich das konkret?
Wir informieren regelmäßig über unsere Bilanzzahlen sowie die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen. Zudem gibt es spezielle Angebote, die vor allem den Führungskräften unter den Ingenieuren betriebswirtschaftliches Know-how mit auf den Weg geben.

Zum Abschluss: Welche Themen werden die Solarbranche in Zukunft beschäftigen?
Ein wichtiger Aspekt sind die Speicherund Netzintegrationstechnologien – also die Schlüsselfunktionen, damit die Energiewende auch wirklich gelingt. Ein weiteres zentrales Thema ist die Kostenreduktion, die durch technologische Innovationen getrieben wird: Hier hat die Solarindustrie bereits erhebliche Fortschritte gemacht. Nun gilt es, die Komponenten noch stärker zu integrieren, um die Solarenergie so schnell wie möglich wettbewerbsfähig zu machen. Es geht also nicht darum, Kosten zu drücken, indem man günstiger einkauft oder das Unternehmen neu strukturiert – hier sind innovativ denkende Entwickler gefragt.

Zum Unternehmen

Das Unternehmen SMA wurde 1981 gegründet, die drei Buchstaben stehen ursprünglich für das damalige Geschäftsfeld: System-, Mess- und Anlagentechnik. Seit 2008 nennt sich der börsennotierte Konzern SMA Solar Technology, um den Fokus auf die Photovoltaikbranche zu unterstreichen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Niestetal bei Kassel entwickelt, produziert und vertreibt Solar-Wechselrichter – also die Schlüsselkomponenten, um den durch die Photovoltaik gewonnenen Gleichstrom in netzkonformen Wechselstrom zu wandeln.

SMA ist mit seinen internationalen Tochtergesellschaften in 19 Ländern auf vier Kontinenten präsent und beschäftigt derzeit mehr als 5500 Mitarbeiter. Bei einem Vergleich der Finanzkraft und wirtschaftlichen Entwicklung der bekanntesten Unternehmen der Solar-Branche aus den USA, China und Deutschland – durchgeführt im April 2012 von der Strategieberatung Simon-Kucher – schnitt SMA am besten ab.
Weitere Infos: www.sma.de

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