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Interview mit Dr. Bruno Lindl

Der deutsche Ventilatorenhersteller ebm-papst ist nicht nur Weltmarktführer, sondern gehört zu den Unternehmen mit einer besonders erfolgreichen Green-Tech-Strategie. Gerade erst hat die Gruppe dafür den deutschen Nachhaltigkeitspreis erhalten. Dr. Bruno Lindl verantwortet den Bereich Forschung und Entwicklung. Im Interview erläutert er das Konzept und verdeutlicht, wie sich grünes Denken konkret auf die Arbeit in der F&E-Abteilung auswirkt. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Bruno Lindl, geboren 1953 in Aschaffenburg, studierte Ingenieurwissenschaften und Physik an der Universität Heidelberg, seine Promotion in Physik absolvierte er am Max-Planck-Institut. Dort startete er als wissenschaftlicher Assistent auch seine Berufslaufbahn. 1988 wechselte er zu AEG, wo er als Projektleiter tätig war. 1991 ging er als technischer Leiter zum Automobilzulieferer Beru, 2001 begann er als Entwicklungsleiter des Zulieferers Eberspächer. Seit 2007 ist er Geschäftsführer Forschung und Entwicklung der ebm-papst Gruppe. In dieser Position verantwortet der 60-Jährige die weltweite Forschung und Entwicklung, das Patentwesen sowie die Produktplanung.

Herr Dr. Lindl, Ihr Unternehmen hat 2013 den Deutschen Nachhaltigkeitspreis erhalten. Was machen Sie anders als die Mitbewerber?
Wir haben das Handlungsprinzip der Nachhaltigkeit tatsächlich in allen Geschäftsbereichen verankert. Vor allem in der Entwicklung, im Einkauf und in der Produktion. Nur dieser ganzheitliche Ansatz führt bereits nach zwei bis drei Jahren zu quantitativ nachweisbaren Effekten. Würde allein die europäische Industrie beim Lüften, Kühlen und Klimatisieren auf unsere Green-Tech-Ventilatoren umstellen, könnten die Unternehmen rund 30 Prozent ihrer Energiekosten einsparen.

Wie gelingt Ihnen diese Verankerung?
Wir vermitteln und leben das Thema Green-Tech zum Beispiel in Workshops und in Aktionen. Ein Beispiel sind die Energiescouts: Wir statten Lehrlinge mit Messtechnik aus und lassen sie im Unternehmen nach Stellen suchen, an denen unnötig Energie verloren geht. Zudem suchen wir auch über das betriebliche Vorschlagswesen nach nachhaltigen Ideen – selbstverständlich mit entsprechender Honorierung. Natürlich ist es Aufgabe der Geschäftsführung, diese Kultur einzuführen und zu pflegen. Wer zu uns kommt, muss jedoch auch einen positiven Grundgedanken zum Thema Umwelt mitbringen. Ohne den geht es nicht. Wobei wir merken, dass sich die junge Generation recht leicht für Green-Tech begeistern lässt.

Sie verantworten den Bereich Forschung und Entwicklung. Worauf kommt es hier an, um hier immer wieder neue Green-Tech-Lösungen voranzubringen?
Das Unternehmen hat zwei Leitgedanken. Der erste lautet: energieeffizient im Betrieb und ressourcenschonend in der Herstellung. Der zweite: Jedes neue Produkt muss ökologisch und ökonomisch besser sein als das vorherige. Da wir ein Industrieunternehmen sind, besitzt es für uns die oberste Priorität, Produkte zu entwickeln, die alle Anforderungen der Kunden erfüllen. Unsere Kunden aus der Industrie kaufen unsere Ventilatoren und Antriebe, die eine klar bestimmte Funktion erfüllen sollen. Unser Job ist es, diese Funktion zuverlässig zu gewährleisten. Der Nachhaltigkeitsgedanke kommt dann im nachgelagerten Schritt ins Spiel: Eine bestimmte Funktion kann von verschiedenen Technologien und Werkstoffen erfüllt werden. Habe ich als Entwicklungsingenieur das grüne Denken stets im Hinterkopf, kann ich zu jeder Zeit die Technik oder die Komponenten mit der besten Energieeffizienz wählen.

Können Sie ein konkretes Beispiel für diesen Prozess nennen?
Bis vor acht Jahren haben wir die Flügel unserer mittelgroßen Ventilatoren in der Regel aus Aluminium hergestellt. Die Eigenschaften dieses Elements sind hervorragend geeignet für die Funktion des Produkts. Jedoch ist der Energiebedarf beim Schmelzen von Aluminium äußerst hoch, wir rechnen hier mit rund 150 Megajoule pro Kilogramm. Bestimmte Verbundwerkstoffe erfüllen in Sachen Aerodynamik und Elastizität die gleiche Funktion, benötigen in der Herstellung jedoch lediglich 60 Megajoule pro Kilogramm. Es ist also unsere Aufgabe, eine Funktion zu definieren, um uns dann auf die Suche nach Werkstoffen zu machen, die diese Funktion erfüllen, aber möglichst wenig Energie in der Herstellung benötigen.

Was, wenn diese alternativen Werkstoffe zwar die Umwelt schonen, aber teurer sind?
Noch ist es schwierig, den Kunden davon zu überzeugen, dass ihn ein Green-Tech-Produkt mit gleicher Funktion mehr Geld kostet. Daher ist es für uns ebenfalls wichtig zu schauen, welche umweltschonenden Werkstoffe zusätzlich günstig zu haben sind. Hier hilft ein Blick in andere Industrien: Werkstoffe, die dort häufig zum Einsatz kommen, sind in der Regel weniger teuer. Wir schauen daher zum Beispiel auf die Autoindustrie, in der die Innenseiten der Wagentüren heute häufig komplett aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Weil hier die Nachfrage seitens der Autobranche hoch ist und dadurch der Preis sinkt, wird der Werkstoff auch für uns günstiger, sodass es uns immer häufiger gelingt, diese energieschonenden Alternativen zum gleichen oder sogar zum besseren Preis zu bekommen.

Sprich: Wer in Ihrer Abteilung grün denkt, muss auch nach links und rechts schauen.
Unbedingt. Auch Ingenieure aus anderen Branchen haben gute Gedanken. Es ist wichtig, ein Auge für die Innovationen anderer zu haben. Dabei haben wir den Vorteil, dass sich unsere Produkte in ziemlich allen Branchen wiederfinden: in der Autoindustrie, aber auch in der Gebäudetechnik, bei der Kühltechnik in Supermärkten, im Maschinenbau, wo die Maschinen heißlaufen, in PCs, Laptops oder Serverräumen, wo nichts ohne gewaltige Klimaanlagen geht. Unsere Projektingenieure haben die Aufgabe, sich mit den Kollegen aus den Unternehmen anderer Branchen zu vernetzen und bei der Zusammenarbeit genau hinzuschauen. Da ergeben sich im Austausch häufig neue Möglichkeiten, alternative Werkstoffe mit sehr guten Eigenschaften zu entdecken.

Viele Ihrer Produkte helfen dem Kunden beim Energiesparen. In welcher Branche ist die Nachfrage nach Ihren energieeffizienten Produkten besonders groß?
Die Nachfrage hat sich in den letzten Jahren allgemein deutlich verstärkt, nicht zuletzt getrieben durch die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise. Dieser Trend ist in allen Branchen zu beobachten, schließlich geht es hier um Senkung von Betriebskosten und zunehmendes Umweltbewusstsein. Die größte Energieverschwendung findet heute wohl durch den Betrieb von alten ineffizienten Heiz-, Kälte und Klimaanlagen statt. Ich finde es daher wichtig, dass die Politik durch neue Rahmenbedingungen Anreize schafft, damit Unternehmen und Immobilieneigentümer dazu motiviert werden, diese Anlagen zu erneuern.

Wie hoch sehen Sie denn das Potenzial, Ihre Produkte in Zukunft noch energieeffizienter zu machen?
Wir sind zwar schon gut, aber ich kann den Nachwuchs beruhigen: Da geht schon noch was. Ich schätze, dass sich durch entsprechende Erhöhung des Wirkungsgrads der elektrische Energieverbrauch noch um 20 bis 30 Prozent verringern lässt. Das ist mit viel Arbeit verbunden – aber ich denke, es lohnt sich, dieses Ziel zu verfolgen.

Zum Unternehmen

Die ebm-papst Gruppe mit Hauptsitz im baden-württembergischen Mulfingen stellt Ventilatoren und Motoren her. Das Unternehmen erzielt einen Umsatz von rund 1,4 Milliarden Euro und beschäftigt an 18 Produktionsstätten (unter anderem in Deutschland, China und den USA) und 57 Vertriebsstandorten weltweit rund 11.000 Mitarbeiter. Ventilatoren und Motoren des Weltmarktführers sind in vielen Branchen zu finden, unter anderem in der Lüftungs-, Klima- und Kältetechnik, bei Haushaltsgeräten, der Heiztechnik, in IT und Telekommunikation, bei Applikationen im PKW und in der Nutzfahrzeugtechnik. Für seine Green-Tech-Strategie ist das Unternehmen 2013 mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet worden.

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