Gianna Mewes hat an der TU Berlin Wirtschaftsingenieurwesen mit den Vertiefungen Maschinenbau und Virtual Reality studiert. Als Werkstudentin beschäftigte sie sich mit den Themen Kreislaufwirtschaft und Plastikrecycling. Nach dem Masterabschluss machte sie sich mit ihrer Firma Merijaan selbstständig. Die Firma setzt sich für eine Welt ohne neues Plastik ein: Zum einen betreibt Merijaan Umweltbildung, zum anderen wird bestehendes Plastik für neue Produkte recycelt. Die Fragen stellte Sabine Olschner
Wie kamen Sie auf die Idee zu Ihrem Unternehmen?
Ich habe ein Auslandssemester in Indien verbracht, wo ich sehr viel Plastikmüll und Armut gesehen habe. Schon damals habe ich mich gefragt, ob es nicht irgendeine Lösung gibt, mit der man beides bekämpfen kann. So kam die erste Idee für eine Kreislaufwirtschaft auf. In einem weiteren Auslandssemester in Kolumbien wollte ich mit Kommilitonen aus Plastikmüll Tabletts für die Uni-Mensa produzieren. Wir sind sehr tief in das Projekt eingestiegen, haben es dann aber zeitlich nicht ganz geschafft, es final umzusetzen.
Wie ging es weiter?
Nach dem Studium haben wir in Sri Lanka ein Pilotprojekt gestartet: An einem Kitesurf- Strand haben wir den Einheimischen Plastikmüll abgekauft, den sie an den Stränden und in den Dörfern gesammelt haben, und haben daraus Surfzubehör gemacht. Wegen der Pandemie mussten wir leider frühzeitig zurück nach Deutschland fliegen. Hier habe ich mich dann entschlossen, das Business umzustrukturieren und die Firma Merijaan in Berlin zu gründen.
Was genau macht Merijaan?
Wir geben Bildungsworkshops deutschlandweit, zum Beispiel in Schulen und in Unternehmen. Die jüngsten Teilnehmer, die wir hatten, waren Kinder einer Vorschulklasse. Die Dreijährigen konnten das Wort „Flasche“ noch gar nicht richtig aussprechen. (sie lacht) Es geht in den Veranstaltungen immer um Plastikrecycling und Plastikvermeidung. Wir wollen ein Bewusstsein schaffen, damit weniger Plastikmüll in der Umwelt landet. Für die Workshops produzieren wir in unserer Werkstatt im Spritzgussverfahren Produkte aus recyceltem Plastik. Das Material dafür erhalten wir aus einem Berliner Labor, in dem viel Verpackungsmaterial anfällt. Wir haben auch einen Online-Shop, in dem wir, wie damals in Sri Lanka, Surfzubehör verkaufen. Aber unser Fokus liegt derzeit klar auf den Workshops.
Welche Ziele haben Sie mit Ihrem Unternehmen?
Unsere Vision ist es, möglichst viele Menschen zu erreichen und einen kleinen Samen zu säen für einen bewussten Umgang mit Plastik. Ich bin gar nicht per se gegen Plastik, das ist ein wundervolles Material. Aber wir verwenden es einfach falsch und an vielen Stellen, an denen es nicht verwendet werden sollte. Und wir entsorgen es eben auch falsch. Deswegen finden wir es so wichtig, darüber aufzuklären, wie man es besser machen kann.
Sehen Sie, dass sich durch Ihre Workshops schon etwas verändert hat?
Das ist eine spannende Frage, denn es ist bei Workshops natürlich schwer, Erfolge zu messen. Deshalb entwickeln wir gerade ein Bewertungssystem, und es läuft ein Studienprojekt, um zu messen, ob sich das Verhalten der Menschen nach unseren Workshops geändert hat. Darüber hinaus erhalten wir sehr viel Rückmeldung, zum Beispiel: „Ich wusste gar nicht, dass es unterschiedliche Plastikarten gibt. Jedes Mal, wenn ich jetzt im Supermarkt stehe, schaue ich erst einmal, ob die Verpackung recycelt werden kann oder ob sie verbrannt wird.“
Was ist Ihr Tipp für Leute, die sich ebenfalls mit einem Social Start-up selbstständig machen möchten?
Einfach anfangen und nicht so viel planen. Wenn man in die Szene hineinkommt, merkt man schnell, dass es viel Unterstützung gibt, etwa in Form von Förderprogrammen. Und man sollte offen sein für Veränderungen: Die Idee, die man am Anfang im Kopf hat, ist meist gar nicht die Idee, die man am Ende umsetzt.