Bei einer modernen Lagerverwaltung geht es längst nicht mehr nur um das Verwalten von Stellplätzen und Informationen, die Menschen in eine Maschine eintippen. Im digitalen und smarten Zeitalter steuert die Maschine selber das Lager und die Prozesse. Sie nimmt dem Menschen Entscheidungen ab. Von Christoph Berger
Auf dem letztjährigen Zukunftskongress Logistik wurde mehrfach herausgestellt, dass der Informationstechnologie in der Logistik eine immer größere Bedeutung zukommt. Sie ist nicht nur für das Lagermanagement, sondern beispielsweise auch für das Management von Distributionsnetzwerken enorm wichtig. Zudem hieß es auf dem Kongress, die Komplexität der Branche wachse „derzeit superexponentiell“. Das bedeutet, immer größere Datenmengen müssen beherrscht werden. Ohne IT ist das nicht möglich. Daten aus der gesamten Lieferkette müssen aufgenommen, kombiniert und ausgewertet werden. Schnelligkeit und Effizienz können entscheidende Wettbewerbsvorteile für die Unternehmen sein. Und natürlich spielen für die Wirtschaftlichkeit auch noch andere IT-Trends eine wichtige Rolle: zum Beispiel die Themen Mobilität und Cloud Computing. Auch die Zusammenarbeit über das Werksgelände hinaus wird für die Logistikbranche und die Unternehmen der Distribution und Beschaffung immer entscheidender, um auf dem Markt erfolgreich bestehen zu können.
Ein Beispiel für den Einsatz von IT in der Logistik: Schnelldreher sind Artikel, die eine hohe Umschlagshäufigkeit aufweisen. Sie werden geliefert und nur kurz gelagert. Dann werden sie schon wieder weitertransportiert. Sie in der hinteren Ecke des Lagers zu positionieren, wäre daher nicht effizient. Der schnelle Zugang und eine flotte Verlademöglichkeit müssen für Schnelldreher gewährleistet sein. Wird für das Lagermanagement eine moderne Software genutzt, ein Warehouse-Management- System (WMS), dann gibt die Software den geeigneten Lagerplatz für jedes eintreffende Produkt an – und zwar direkt bei Einlieferung. Bei der Auslagerung wiederum kommen dann zum Beispiel Barcode-Scanner, RFID-Technik (radio-frequency identification) sowie insbesondere bei Kleinteilen Pick-by-Voice oder Pick-by-Light zum Einsatz. In intelligenten Hochregallagern wird die Information sogar direkt an andere Maschinen weitergegeben, die für die Beförderung zuständig sind.
Literatur
Andreas Bauer, Holger Günzel:
Data-Warehouse-Systeme: Architektur, Entwicklung, Anwendung.
dpunkt. 2013.
ISBN 978-3898647854
49,90 Euro
Von überall kontrollierbare Prozesse
„Ein modernes Warehouse-Management- System muss hochskalierbar und konfigurierbar sein. Auf dieser Basis können Unternehmen schnell auf sich ändernde Anforderungen und Prozesse reagieren“, erklärt Daniel Braß, Account Manager bei Infor, einem weltweit tätigen Anbieter von Geschäftssoftware. „Zudem sollten sämtliche Informationen jederzeit und überall auch auf Mobilgeräten abrufbar sein, um die Prozesse wie Warenein- und -auslagerungen jederzeit überwachen und steuern zu können.“
Zu den Kernfunktionen einer WMS-Software gehört auch, dass sie notwendige Lagerbedingungen oder Haltbarkeitsdaten bei verderblicher Ware berücksichtigt. Das System kann sogar die Produktion entlasten, indem es beispielsweise Montageprozesse direkt im Lager steuert – etwa vor der Auslieferung die länderspezifische Ausstattung von Elektrogeräten mit der richtigen Stromversorgung. Ein weiteres wichtiges Thema: die Rückverfolgung von Produktbewegungen bis hin zu ihrem Ursprung gemäß EU-Verordnung 178/2002. Dank einer umfangreichen Dokumentation aller Prozesse ist so Revisionssicherheit gegeben.
Web- und Datenbanktechnologien
Die Informatiker bei Infor arbeiten mit der objektorientierten Programmiersprache Java. Für die Frontends kommt unter anderem HTML5 zum Einsatz. Das garantiert die komplette Webfähigkeit der Software sowie die Bedienbarkeit über sämtliche Endgeräte. „Selbstverständlich arbeiten wir mit zeitgemäßer Datenbanktechnik, zum Beispiel Microsoft SQL und Oracle“, erklärt Daniel Braß, der selbst Nachrichtentechnik studiert hat.
Doch die Kenntnis von Programmiersprachen und tiefgehendes Technikwissen reichen für einen erfolgreichen Start längst nicht aus, will man mit und für die Logistikbranche IT-Systeme entwickeln. Neben ausgeprägten Kommunikationsfähigkeiten ist dafür vor allem Prozessdenken Grundvoraussetzung. „Mitarbeiter müssen die Hintergründe und Prozesse verstehen, um schließlich komplexe Lösungen entwickeln zu können. Dafür braucht es die richtige Herangehensweise“, sagt Braß. Sein Unternehmen testet das Potenzial der Bewerber daher nicht nur in den Vorstellungsgesprächen. Hin und wieder müssen sie auch Testszenarien bearbeiten und präsentieren. „Da erkennt man sehr schnell, wer passt und wer nicht“, so Braß.
Aufbaustudiengänge
An der TU Dortmund kann im Masterstudiengang Maschinenbau das Profil „IT in Produktion und Logistik“ gewählt werden.
www.itpl.mb.tu-dortmund.de/cms/de/studium/Masterprofil_IT_in_Produktion_und_Logistik/index.htmlDie Leipzig Graduate School of Management bietet am „Heinz Nixdorf Chair of IT-based Logistics” zahlreiche Kurse an.
www.hhl.de/en/faculty/it-based-logistics/#2