Gerade für IT-Berater ist ein Großteil des Geschäfts Projektarbeit. Sie werden zwar auch wegen ihres Fachwissens beauftragt, meistens jedoch wegen ihrer Erfahrung in der Projektleitung. Doch wie sind IT-Projekte eigentlich organisiert? Welche Methoden gibt es? Und welche Fähigkeiten sollte ein Projektleiter mitbringen, damit die gewünschten Ziele auch tatsächlich erreicht werden? Von Christoph Berger.
Laut einer Forrester-Studie aus dem vergangenen Jahr liegen nur 40 Prozent aller internen IT-Projekte terminlich und inhaltlich im Plan. Die Gründe dafür sind vielfältig: Überlastung der Beteiligten durch zu viele parallel laufende Projekte, zu unklare Vorgaben oder zu wenig Fachkräfte. Als Hauptproblem nennen über 55 Prozent der Befragten jedoch die sich ständig ändernden Anforderungen der Fachabteilungen an die IT. Vor dem Hintergrund dieser schlechten Quote wundert es nicht, dass sich die Unternehmen IT-Berater und -Dienstleister ins Haus holen, die auf Projektarbeit spezialisiert sind.
Was solch ein Projektexperte mitbringen muss, weiß Dr. Martin Rhein, Leiter des Bereichs Projektmanagement beim IT-Beratungsunternehmen CGI in Sulzbach im Taunus. Er und seine Kollegen erhalten eine Vielzahl von Beratermandaten für Projektleitungen. Als Anforderung an die Berater steht die Projektleitung zwar im Vordergrund, doch sie alleine reicht als Kompetenz nicht aus. Rhein sagt: „Projektleiter müssen mit den Prozessen und Systemen der Industrie vertraut sein: Für ein Projekt aus dem Bereich Information and Communication Technology (ICT) zum Beispiel sollten sie Wissen über die Netzwerktechnologie und die dabei verwendeten Komponenten haben.“ Denn erkennt der Projektleiter die bestehenden Abhängigkeiten der Prozesse und Systeme zueinander in den jeweiligen Branchen nicht, kann er keine Entscheidungen und Prioritäten setzen. Dann könne es passieren, dass Interessen und Einflüsse der beteiligten Abteilungen das Projekt in eine ungünstige Richtung lenken. „Das Team muss dem Projektleiter das notwendige Vertrauen entgegenbringen. Ohne ein Mindestmaß an Fachlichkeit ist das Vertrauen nur schwer zu erlangen“, weiß der Experte. Allerdings muss der Projektverantwortliche selbst auch seinen Teammitgliedern vertrauen. Laut Rhein kann ein guter Projektleiter Menschen motivieren, gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbeiten. Er führt durch Zielvereinbarungen und nicht durch die Vergabe von Aufgaben und Befehlen – ausreichend Freiraum für eigene Entscheidungen der Mitarbeiter sei wichtig, so Martin Rhein.
Trotz gewisser Freiheiten für seine Teammitglieder ist der Leiter dafür verantwortlich, das Projekt so zu steuern, dass die im Auftrag definierten Ziele erreicht werden. Er muss das Projekt entsprechend planen und aufsetzen, den Fortschritt überwachen und das Projekt geordnet beenden. „Hierzu muss er den Stand kennen, alle Beteiligten zeitnah über den Stand des Projektes informieren, Risiken identifizieren, Probleme nachverfolgen, für Lösungen sorgen und auf sich ändernde Anforderungen reagieren“, erklärt Rhein. Zudem hat der Projektleiter eine weitere, ganz wesentliche Aufgabe: „Er ist ein ‚Enabler of Change‘. Mit jedem Projekt wird etwas verändert: Prozesse, Systeme, Verantwortlichkeiten, Organisationsstrukturen. Die Einmaligkeit eines Projektes führt immer wieder zu viel Neuem.“ Und da Neues oft zu Unbehagen oder sogar Ablehnung bei einzelnen davon Betroffenen führe, sei es die Aufgabe des Leiters, unterschiedliche Interessen und Widerstände zu erkennen und Überzeugungsarbeit zu leisten.
Die Methoden beziehungsweise die Form der Durchführung reichen von dem klassischen als „Wasserfall“ bezeichnetem Vorgehen bis zu agilen Vorgehensmodellen. Bei Ersteren werden in aufeinanderfolgenden Phasen erst alle Anforderungen im Detail geklärt. Dann erfolgt das Design, das der späteren Umsetzung klare Regeln auferlegt. Nach der Umsetzung erfolgt die Qualitätssicherung, Abnahme und Produktivsetzung. „Bei einer agilen Vorgehensweise hingegen erfolgt die Umsetzung der geschäftlichen Anforderungen in kleinen Problemlösungsschritten, Iterationen genannt. So kann flexibel auf sich ändernde geschäftliche Anforderungen und Prioritäten reagiert werden“, erklärt Rhein. Zu jeder Iteration liegt dabei eine funktions- und einsatzfähige Software vor, die begutachtet und weiterentwickelt werden kann. Gerade in sich schnell ändernden Geschäftsfeldern, zum Beispiel im E-Commerce, hätten sich agile Vorgehensweisen, zum Beispiel Scrum, durchgesetzt. „Der grundsätzliche Unterschied liegt im Detailierungsgrad der Anforderungen zum Projektstart und dem Grad, zu dem der Auftraggeber während des Projektes eingebunden wird“, sagt Rhein.
Um im Plan zu bleiben, muss der Projektleiter regelmäßige Statusberichte über den Verlauf des von ihm verantworteten IT-Projekts einholen. Dazu gehören auch eine Überprüfung des Fertigstellungsgrads und der Qualität. Achtet er zudem noch auf die Stimmung in seinem Team, sollte einem erfolgreichen Abschluss nichts mehr im Wege stehen. Martin Rhein sagt: „Die Stimmung im Team ist ein sehr guter Indikator dafür, wo man gerade im Projekt steht.“
Buchtipps
Ernst Tiemeyer:
Handbuch IT-Projektmanagement: Vorgehensmodelle, Managementinstrumente, Good Practices.
Hanser 2014.
ISBN 978-3446440746.
49,99 EuroHenning Wolf:
Die Kraft von Scrum: Inspiration zur revolutionären Projektmanagementmethode.
dpunkt. 2014.
ISBN 978-3864901645.
19,90 Euro