StartKöpfeTop-InterviewInterview mit Beate Bruelheide

Interview mit Beate Bruelheide

Beate Bruelheide ist eine von drei Geschäftsführern von arvato Systems, einem IT-Systemintegrator, der zum Bertelsmann-Konzern gehört. Im Interview erklärt die 59-Jährige, warum für IT-Experten auch kaufmännisches und juristisches Know-how wichtig ist. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Beate Bruelheide, geboren am 26. Juli 1953 in Einbeck, absolvierte eine Ausbildung zur Industriekauffrau und studierte BWL in Münster und Bielefeld. Von 1979 bis 1987 verantwortete sie den Bereich Controlling, Reporting und Budgeting in einem deutschen Tochterunternehmen des Parker Hannifin Konzerns, einem weltweit führenden Hersteller von Antriebs- und Steuertechnologien. 1987 wechselte sie in den Bertelsmann-Konzern, wo sie bis 1998 in verschiedenen Unternehmensbereichen in kaufmännischer Funktion tätig war. Seit 1998 ist Beate Bruelheide kaufmännische Leiterin und Mitglied der Geschäftsführung von arvato Systems und für die Bereiche Finanzen, Controlling, Personal und Legal verantwortlich.

Frau Bruelheide, wie schätzen Sie die Branche, in der Ihr Unternehmen tätig ist, ein, und was macht sie für Einsteiger spannend?
Die Branche bietet ein extrem hohes Wachstum. Gerade was unseren Bereich betrifft, also die Systemintegration und das Outsourcing von IT-Prozessen. Unternehmen aus den Branchen Medien, Logistik, Manufacturing und Handel sowie verstärkt aus der Versorgungswirtschaft kommen zu uns, damit wir zum Beispiel passgenaue Lösungen im Bereich des E-Commerce entwickeln oder die gesamte IT übernehmen.

Um den Begriff Outsourcing näher zu beleuchten: Wo beginnt dieser Prozess?
Wir bieten die gesamte Wertschöpfungskette an. Es beginnt beim Consulting, geht über die Einführung der Lösungen direkt beim Kunden und betrifft auch den späteren Betrieb. Um es auf Englisch zu sagen: Plan, build, run. Für IT-Spezialisten in der Anwendungsentwicklung geht es hierbei zum Beispiel darum, aus Standardlösungen individuell angepasste zu entwickeln.

Sind denn die IT-Experten auch Teil der Beratung?
Ja, auf jeden Fall. Unsere Kunden wollen wissen, mit wem sie es zu tun haben. Wir beobachten, dass die Branche gar nicht so global und ortsungebunden funktioniert, wie man das manchmal glaubt. Darum haben wir auch Niederlassungen und Geschäftsstellen in diversen Ländern – es ist schlichtweg wichtig, immer nah am Kunden zu sein. Diese Kunden möchten für ihre IT-Projekte Partner finden, die erstens die Branche kennen und zweitens ihre Sprache sprechen. So bieten wir IT-Nachwuchskräften Arbeitsmöglichkeiten sowohl an verschiedenen Standorten in Deutschland als auch beispielsweise in Asien oder Nordamerika an.

Was muss denn ein Einsteiger zusätzlich zu seinem IT-Fachwissen mitbringen, um im Zusammenspiel mit Consultants im Beratungsbereich erfolgreich zu sein?
Dieses Zusammenspiel funktioniert nur, wenn alle Mitarbeiter Spaß daran haben, im Team zu arbeiten und in Prozessen zu denken. Zudem müssen die IT-Spezialisten Kenntnisse entwickeln, die über ihr Expertenwissen hinausgehen. Dass man als Informatikstudent eine gewisse Affinität zu Zahlen mitbringt, sollte selbstverständlich sein. Aber Fähigkeiten im Projektmanagement oder Wissen über den kaufmännischen oder juristischen Hintergrund unserer Arbeit sind genauso wichtige Qualifikationen. In jedem Team sind neben Informatikern auch Juristen und BWLer. Der IT-Experte entwickelt Anwendungen, der Jurist setzt die Verträge auf, der Kaufmann ist für die Zahlen verantwortlich. Schlagkräftig ist dieses Team nur dann, wenn man sich untereinander versteht und eine gemeinsame Sprache findet.

Der IT-Experte muss sich also für andere Bereiche öffnen?
Genau. Ich erinnere mich noch an die Zeit, als IT-Experten hauptsächlich ihre Zeit vor den Rechnern verbrachten und so sehr in ihre Arbeit vertieft waren, dass schon mal der Blick für Effizienz und Wirtschaftlichkeit verloren ging. So etwas wird man heute in der Branche kaum noch finden. Zielorientiertheit wird zur Kernkompetenz. Zeit ist Geld – das dürfen auch Anwendungsentwickler nicht vergessen.

Heißt das im Umkehrschluss auch, dass die Kunden vor allem kostengünstige Lösungen verlangen?
Nein, es gewinnt nicht immer derjenige den Kunden, der die billigste Lösung liefert. Es geht vielmehr um Qualität und Nachhaltigkeit sowie technische Neuerungen. Wichtig ist, dass man heute als IT-Experte Flexibilität mitbringt. Dass man einerseits Freude daran hat, sein Handwerkszeug zu benutzen, es andererseits aber auch versteht, gewinnbringend beim Kunden aufzutreten und unternehmerisch zu denken. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Zeit der „Hacker im Hinterzimmer“ in den IT-Abteilungen ist vorbei.

Viele IT-Unternehmen klagen, dass es ihnen zunehmend schwer fällt, genügend High Potentials für die komplexen Aufgaben zu finden. Was muss ein Unternehmen Ihrer Meinung nach bieten, um für den top-qualifizierten Nachwuchs der Arbeitgeber der Wahl zu werden?
Bei der jungen Generation steht Selbstbestimmtheit und Selbstverantwortung ganz oben auf der Agenda. Zudem legt der IT-Nachwuchs großen Wert darauf, dass er im Job Hard- und Software auf dem neuesten technischen Stand vorfindet. Es ist nicht verlockend, wenn seine eigenen, privat genutzten Devices den Geräten am Arbeitsplatz meilenweit überlegen sind. Wer als Unternehmen von seinen Leuten innovative Lösungen verlangt, muss also dafür sorgen, dass für diese Arbeit auch die technischen Rahmenbedingungen stimmen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Transparenz – und zwar auch bei Gehaltsfragen. Wir haben aktuell ein neues Vergütungsmodell eingeführt: Jeder weiß, auf welcher Stufe der Leiter er gerade steht – und was er tun muss, um die nächste Stufe zu erreichen.

Warum dieser Schritt?
Wir glauben, dass die gerade erläuterte Transparanz, das Vergütungsund das Laufbahnmodell wichtige Elemente sind, die die Attraktivität eines Unternehmens als Arbeitgeber erhöhen. Und da es uns wichtig ist, dass wir unseren Mitarbeitern langfristig attraktive Arbeitsplätze bieten können, entwickeln wir solche Konzepte. Natürlich gehören zu einem starken Arbeitgeber noch weitere Elemente – von der Arbeitsplatzausstattung über die Flexibilität der Arbeitszeiten bis hin zu großen Entscheidungsfreiräumen im Arbeitsalltag.

Zum Unternehmen

Das Unternehmen arvato Systems mit Hauptsitz in Gütersloh gehört zum Outsourcing-Dienstleister arvato und ist Teil des Bertelsmann- Konzerns. arvato Systems versteht sich als IT-Systemintegrator und bietet seinen Kunden – häufig Unternehmen aus dem Mittelstand und aus den Branchen Handel, Logistik, Medien, Versorgungswirtschaft oder Manufacturing – Dienstleistungen im IT-Bereich entlang der gesamten Wertschöpfungskette an. Neben der Implementierung von Standardsoftware – beispielsweise auf Basis von SAP und Microsoft – entwickelt die Firma auch individuelle Lösungen. Zudem betreibt das Unternehmen Rechenzentren und bietet IT-Outsourcing- Lösungen an. Aktuell hat arvato Systems rund 2000 Mitarbeiter an 25 Standorten eingestellt.

Das könnte dich auch interessieren

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Katharina Klemt-Albert im Interview

Digitalisierung als Motor für Effizienz und Nachhaltigkeit. Der Bau einer 450 km langen Hochgeschwindigkeitsstrecke...

Multitalent an der Seite

Die Gemengelage ist diffus: Mal ist die generative KI eine Heilsbringerin, mal verantwortlich für...

Kuratiert

Europaweit einzigartiges Forschungsprojekt zu virtuellen Abbildern Reale Schauspieler in virtuellen Umgebungen sind aus Filmproduktionen nicht...



Anzeige




Anzeige
BWI