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Schaffe ich das?

Der Studienabschluss ist geschafft, jetzt gilt es, zu zeigen, was man drauf hat. Hat man’s denn drauf? Der erste „richtige“ Job bringt so manchen Selbstzweifel und Ängste ans Tageslicht: Passt diese Stelle wirklich zu mir, und kann ich die entsprechenden Erwartungen erfüllen? Diplom-Psychologin Angelika Gulder und Selbstbewusstseinstrainerin Claudia Wissemann erklären, worauf es ankommt.

Über die Autorinnen

Angelika Gulder, Foto: Privat
Angelika Gulder, Foto: Privat

Diplom-Psychologin Angelika Gulder ist Berufungsfinderin, Coach und Bestsellerautorin.www.coaching-up.de

Claudia Wissemann, Foto: Monika Werneke
Claudia Wissemann, Foto: Monika Werneke

Claudia Wissemann arbeitet als Karrierecoach und Selbstbewusstseinstrainerin.

www.cwissemann.de

Für Jonas beginnt gleich das Meeting mit dem Vorgesetzten, bei dem er über den Stand seines ersten eigenen Projektes berichten soll. „Ich weiß, es ist nicht nachvollziehbar. Aber immer in solchen Situationen beginnt mein Herz zu rasen, ich fange an zu schwitzen und mein Hirn verweigert die Mitarbeit. Ich schnappe nach Luft und bin zu keiner klaren Antwort fähig.“

Versagensangst – normal oder nicht?
Zu versagen, Fehler zu machen oder zu scheitern, gehört zu den häufigsten Ängsten in unserer Gesellschaft. Schon an der Uni durchlebt mehr als ein Drittel der Studenten massive Prüfungsängste. Verspüren wir Angst, in einer bestimmten Situation nicht die erwartete Leistung erbringen zu können, handelt es sich um Versagensangst. Das ist seit frühester Kindheit erlernt. Wenn wir in einer sicheren und liebevollen Umgebung aufgewachsen sind, haben wir meistens ein starkes Selbstbild entwickelt, durch das wir uns den Herausforderungen unseres Lebens gewachsen fühlen. Wenn nicht, entwickeln wir eine „Überlebensstrategie“, um Liebe und Aufmerksamkeit zu erhalten: „Wenn ich gute Leistungen bringe, werde ich gelobt“ ist eine Annahme, die zu einer solchen Strategie gehört, oder auch „Wenn ich etwas Kluges sage, bekomme ich ein Lächeln zurück“.

Versagensängste erkennen
Im normalen Alltag und Berufsleben ist Versagen normalerweise nicht lebensbedrohlich. Trotzdem fühlen und verhalten sich Menschen oft so, als wäre es das. Sie bekommen Herzrasen und Schwächeanfälle, sie zittern, die Brust wird eng, es gibt Magenprobleme, Kopfschmerzen und vieles mehr. Dazu kommen im schlimmsten Fall Depressionen. Um das zu vermeiden, werden die Angst auslösenden Situationen oft gemieden. Was in einem neuen Job natürlich gar nicht möglich ist. Hier geht es ja vor allem am Anfang darum, sich zu beweisen und von der besten Seite zu zeigen. Was also tun?

Das Wichtigste ist, für sich selbst zu klären, wovor man eigentlich Angst hat. Ist es eine bestimmte Situation? Eine Person, die den Stress in uns auslöst? Oder ist es eine eher grundsätzliche Angst vorm Versagen? Angst ist im Prinzip erst einmal positiv und hilft uns, körperliche und psychische Kräfte zu mobilisieren. Schlecht ist Angst aber dann, wenn sie uns blockiert, statt zu Bestleistungen zu bringen. Darum checken Sie, ob Ihre Angst noch leistungssteigernd und fördernd ist oder eher hinderlich und hemmend. Sprechen Sie mit Ihren Freunden, wie es ihnen ergeht und wie sie mit ähnlichen Situationen umgehen. Oft hilft es schon zu wissen, dass andere auch nicht immer so cool sind, wie sie wirken.

Wenn die Angst vor dem Versagen allerdings zu groß wird, ist es sinnvoll, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Coach, der hilft, ein besseres Selbstbewusstsein aufzubauen, oder auch ein Psychologe, mit dem man herausfinden kann, woher die Ängste kommen, sind die richtigen Ansprechpartner. Mit Hilfe der klassischen Verhaltenstherapie können automatische Angstmuster unterbrochen werden. Bei tieferliegenden Ursachen gibt es neue therapeutische Ansätze wie EMDR (www.emdr.de) oder PEP (www.dr-michael-bohne.de).

Der richtige Job?
Manchmal ist der Grund für die Versagensangst aber auch ein ganz anderer: Viele Studenten sind nach dem Abschluss froh, einen Job gefunden zu haben – auch, wenn es nicht der Traumjob ist. Und das ist auch okay. Ist der neue Job aber zu weit von dem entfernt, was man sich eigentlich gewünscht und vorgestellt hat, und hat man das Gefühl, dort völlig falsch zu sein, kommt zur Versagensangst auch noch die Furcht davor, dass jemand merken könnte, dass man auf diesen Job eigentlich keine Lust hat. Dann ist es wichtig, herauszufinden, was man wirklich will, und die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen.

Was tun, wenn mir die beruflichen Anforderungen über den Kopf wachsen? Engagierte Mitarbeiter sind für jeden Arbeitgeber Gold wert. Für eine erfolgreiche Karriere ist aber ebenso eine gute Balance zwischen Engagement und Freizeit wichtig. Überstunden dürfen sein, allerdings erfordern neue Aufgaben auch Kraft und Energie. Ein Ausgleich durch regelmäßige Erholungspausen und soziale Kontakte auch außerhalb der Firma helfen, die inneren Batterien wieder aufzuladen.

Tipps zum Umgang mit Ängsten

  • Stoppen Sie Ihr Kopfkino! Schlimmer als die tatsächliche Katastrophe ist das, was wir uns vorher in unseren Gedanken dazu ausmalen.
  • Beobachten Sie Ihre inneren Dialoge: Wie sprechen Sie mit sich selbst? Was denken Sie über sich? Jeder macht mal Fehler. Üben Sie den respektvollen Umgang mit sich selbst und Ihrer eigenen Leistung.
  • Arbeiten Sie an Ihrem Selbstwertgefühl: Was macht Sie aus, was macht Sie besonders? Finden Sie zu einem positiveren Bild von sich selbst und Ihren besonderen Fähigkeiten.
  • Setzen Sie sich Ihre Ziele nicht zu groß. Das erhöht die Angst und gibt das sichere Gefühl, dort niemals ankommen zu können. Auch kleine Ziele sind sexy.
  • Geben Sie auch dem Körper, was er braucht. Menschen, die zu Ängsten neigen, leben unter ständig erhöhtem Stressniveau und haben oft Schwierigkeiten, Druck abzulassen. Regelmäßige Bewegung und Entspannungsübungen helfen abzuschalten.

Bücher von Angelika Gulder

Finde den Job, der dich glücklich macht: Von der Berufung zum Beruf.
Campus 2013. ISBN 978-3593398396. 19,99 Euro

Aufgewacht! Wie Sie das Leben Ihrer Träume finden.
Campus 2011. ISBN: 978-3593393520. 19,99 Euro

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