Reisen ist nicht nur erholsam, sondern schafft auch einen inneren Ausgleich. Der Extremreisende Bruno Baumann weiß das aus Erfahrung: Regelmäßig verschlägt es ihn in die entlegensten Gegenden der Welt. Dort trifft er auf unbekannte Kulturen und Menschen mit komplett anderen Ansichten, und er lernt immer wieder Neues über sich selbst. Seine Erkenntnis, die er in Vorträgen an Manager weitergibt: Reisen hilft dabei, die innere Balance zu finden – schließlich gehört es zu einem ausgeglichenen Leben dazu, immer wieder seine Komfortzone zu verlassen. Von Franziska Andrä
Bruno Baumann ist mit Kamelen auf den Spuren alter Karawanenwege entlang der Seidenstraße gereist, hat als erster den Sutley-Canyon in Tibet mit Wildwasserschlauchbooten befahren und die erste Alleindurchquerung des Herzstücks der Wüste Gobi geschafft. Kaum ein Mensch war schon an so vielen Orten dieser Erde. Und wohl kaum einer hat sich schon so oft und so weit aus seiner Komfortzone hinaus bewegt. Dabei hat Baumann elementare Erfahrungen gesammelt, die er in Managerseminaren und bei Vorträgen weitergibt. „Besonders in der Wüste lernt man, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen“, sagt er. „Das ist eine wichtige Voraussetzung für eine gesunde Karriere und ein Leben, in dem man auch mit schwierigen Situationen und Krisen gut fertig wird.“
Aber fangen wir von vorne an: Schon bei der Wahl seiner Studienfächer Ethnologie und Geschichte hatte Bruno Baumann das Ziel, später beruflich in die Ferne zu reisen. Um diesen Traum verwirklichen zu können, jobbte er während des Studiums und finanzierte damit immer wieder Reisen in fremde Länder, zum Beispiel nach Ostafrika. „Zu erkennen, dass ich über meine eigenen Grenzen gehen kann, war bei den ersten Reisen für mich besonders prägend“, meint der Weltenbummler. „Ich habe mein eigenes Potenzial gesehen, und ich wusste auch: Was ich dort, außerhalb meiner Komfortzone, erlebe, muss ich anderen Menschen mitteilen.“ Also hielt Baumann Vorträge, anfangs vor allem vor Schülern. „Das war eine Herausforderung“, erinnert sich der gebürtige Österreicher. „Schüler sind ein anspruchsvolles Publikum, denn sie hören einem nur zu, wenn man es schafft, sie zu begeistern.“
Um sich neben den Vorträgen noch weitere Einnahmequellen zu sichern, begann Baumann auch, zu fotografieren und Reiseberichte für Zeitungen zu schreiben. Heute profitiert er davon: Einerseits habe er es dadurch nach dem Studium geschafft, seine Berufung zum Beruf zu machen. Andererseits habe diese Vielseitigkeit seinen Blickwinkel vergrößert, erklärt der Abenteurer. Und bis heute macht es ihm Spaß, in verschiedenen Berufen zu arbeiten: als Dokumentarfilmer, Seminarleiter, Managercoach, Key Note Speaker, Fotojournalist und Buchautor. Die Wüste betrachtet Baumann als seinen größten Lehrmeister. „Für Wüstennomaden bedeutet Stillstand Tod“, erklärt er. „Wenn es nicht regnet, müssen sie sich bewegen, um Wasser zu finden. Das lässt sich gut auf das Berufsleben übertragen: Man muss immer bereit sein, sich zu verändern und Neues zu lernen.“ Nur wer nach Veränderung suche und sie nicht als Kontrollverlust empfinde, könne Innovationen hervorbringen. Und noch etwas sei wichtig: Zur Innovation gehöre auch das Scheitern. Baumann selbst ist fast verdurstet, als er das erste Mal versuchte, die Wüste Gobi alleine zu durchqueren. „Und nur weil ich damals Fehler gemacht habe und aus diesen lernen konnte, ist mir der zweite Versuch gelungen. Das war der Schlüssel zum Erfolg.“ Keiner muss – wie Baumann – sein Leben aufs Spiel setzen, um diese Erkenntnis zu gewinnen. Es sei nur wichtig, sich klarzumachen, dass es keine hundertprozentige Erfolgsgarantie gebe, und dass ohne Fehler meist keine Innovationen zustande kämen.
Es überrascht nicht, dass Baumann auch mit den Führungskräften, die an seinen Managerseminaren teilnehmen, am liebsten in die Wüste fährt. „Wenn man im Team durch die Wüste Gobi wandert, muss man seine Komfortzone verlassen und in der Herausforderungszone agieren. Dabei lernt man unglaublich viel über Teamwork und über sich selbst. Dort gibt es nämlich keine Scheinkompetenzen. Man kann sich nicht hinter Hierarchien verstecken und von den anderen erwarten, dass sie schon alles regeln.“ Ganz abgesehen davon helfe die Stille in der Wüste dabei, wieder hellhörig zu werden und Prioritäten zu hinterfragen. „Wer sich weiterentwickeln will“, so der erfahrene Wüstengänger, „braucht manchmal eine distanzierte Sicht auf sich und die Dinge. Dann kann man wichtig und unwichtig wieder neu ordnen und sich selbst ausbalancieren. Dazu muss man natürlich nicht in die Wüste fahren, aber sie ist ein großartiger Lehrmeister.“
Literaturtipp:
Von seinen Reisen in die Wüste berichtet Bruno Baumann auch in seinem neuestem Buch:
Der Wüstengänger. Meine Reisen durch die Sandmeere der Welt.
Malik 2011.ISBN 978-3890294018. 22,99 Euro