Meditieren in Bhutan, Pilgern auf dem Jakobsweg oder Freiwilligenarbeit in Brasilien: Die Suche nach Glück, Sinn und innerer Balance führt oftmals in die Ferne. Von Stefan Trees
Der Mensch ist ein Reisender. Das haben ihm seine nomadisierenden Vorfahren vermutlich in die Gene gelegt. Der Mensch ist aber auch ein Sinnsuchender. Der dreiwöchige Karibikurlaub ist vielleicht für die einen eine Belohnung für einen stressigen Alltag, doch vielen ist er nicht sinnstiftend genug. „Nicht der Ort als solcher ist das Ziel, sondern die Erfahrungen, die dort gemacht werden“, lautet daher einer der Trends, den das Zukunftsinstitut in seinem Tourismus-Report 2014 ausmacht. Gegen die Suche nach Erfahrungs- und Erkenntnisgewinn kommt das All-inclusive-Angebot an der Hotelbar demnach nicht mehr an. Der Caipirinha bekommt Konkurrenz durch Ayurveda und Co.
Goethes Work-Life-Balance
Schon lange vor der Tourismusindustrie wusste Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe, dass sich Erholung und innere Einkehr wunderbar vereinbaren lassen: Wenn eine Reise „zu gewissen Zeiten zerstreut, so führt sie uns zu anderen desto schneller auf uns selbst zurück“, schrieb der Vielreisende 1797 an seinen Dichterkollegen Schiller, eine Reise „belebt, berichtigt, belehrt und bildet“.
Blog: Die kommenden Tage
Auf https://www.karrierefuehrer.de/blog schreibt Stefan Trees über Work-Life-Balance, Nachhaltigkeit, Führungskultur, gesellschaftliche Verantwortung und all das, was in den kommenden Tagen wichtig sein wird.
Goethes Erfahrung von Work-Life- Balance durch Reisen hat die Arbeits- und Organisationspsychologin Dr. Jessica de Bloom, Wissenschaftlerin an der Universität Tampere in Finnland, nun in einer Studie belegt. Ob sich ein Urlaub positiv auf Leib und Seele auswirkt, liegt demnach weniger an seiner Dauer als an der Häufigkeit. Ob Kurzurlaub oder dreiwöchiger Wanderurlaub: In jedem der untersuchten Urlaubssegmente stellte die Wissenschaftlerin vergleichbare Steigerungen von Gesundheit und Wohlbefinden fest. Jessica de Bloom sieht eine Parallele zum Schlaf: „Genauso wie Schlaf kann man Erholung nicht aufsparen. Ein langer Sommerurlaub reicht nicht aus, um ein ganzes Jahr an harter Arbeit und Überstunden zu kompensieren.“ Vielmehr sei regelmäßige Erholung wichtig, um auf Dauer gesund zu bleiben. Und: Urlaub ist gut für die Gesundheit und kann glücklich machen. Die Glücksforschung belegt: Menschen mit Sinn für Erfahrung und Erlebnis sind glücklicher als Menschen mit ausgeprägter materieller Weltsicht. Im Gegensatz zu materiellen Dingen „verschleißen Erlebnisse nicht“, sagt Jessica de Bloom.
Vom Kuhstall in die Sauna
Die Tourismusindustrie richtet sich allmählich auf die veränderten Bedürfnisse ihrer Kunden ein. „Was einmal als Nischenprodukt für eine Handvoll Spezialisten galt, gehört heute zu den rasch wachsenden Segmenten der Reiseindustrie“, unterstreicht Dr. Martin Buck, Direktor des Kompetenz-Centers Travel & Logistics der Messe Berlin, den Trend des nachhaltigen Reisens. Ökologische und soziale Aspekte werden hierbei immer wichtiger. Weil Reiseziele, die sich ohne Flugzeug erreichen lassen, den persönlichen CO2-Fußabdruck verkleinern, boomt beispielsweise der Agrotourismus in Europa: Urlaub auf dem Bauernhof, lange Zeit der Inbegriff der spießigen Jodelferien, ist heutzutage eine Kombination aus aktiver Erholung, Naturerlebnis, ländlicher Kultur und Wellness.
Bewusst reisen bedeutet aber auch Selbsterfahrung statt Konsum. Quer durch Europa führen mehrere Jakobswege bis in das nordwestspanische Santiago de Compostela. Pilger schätzen das Eintauchen in die Natur, die Begegnung mit der Bevölkerung, anderen Pilgern und sich selbst. Es gilt als ehrenwert, einem Pilger kostenlos Essen und eine Schlafstatt anzubieten. Wer nach den Strapazen des Wandertages wenigstens für die Nacht komfortabel gebettet sein möchte, kann auf die oft weniger ehrenwert eingepreisten Angebote des florierenden Gastgewerbes entlang der Jakobswege zurückgreifen.
Buchtipp
Für alle, die zu Hause bleiben, aber gedanklich unterwegs sein möchten:
Christiane Schlüter: Der Jakobsweg für zu Hause. In 52 Schritten auf dem Weg zu mir selbst.
Gräfe und Unzer 2012. ISBN 978-3833823527. 14,99 Euro
Wer sich traut, den geistigen Boden der Heimat zu verlassen, findet bei spezialisierten Anbietern Reisen zu Schamanen nach Peru oder spirituelle Wellness- Behandlungen in traditionellen Zentren Asiens. Der spirituelle Reisende, der im Sommerurlaub im indischen Ashram meditiert, ist dabei längst im Mainstream angekommen. Als Julia Roberts im Film „Eat Pray Love“, der Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Elizabeth Gilbert, nach einjähriger Weltreise in Bali zu sich selbst fand, löste das eine Tourismuswelle Sinnsuchender nach Indonesien aus.
Übernachten bei Freunden
Reisen geht auch mit kleinem Budget, das zeigt der Trend zu günstigen Unterkünften, der im Kielwasser von Billigflügen und der Allwissenheit des Internets entsteht. Couchsurfer beispielsweise tauschen nur allzu gerne das Schokolädchen auf dem Kopfkissen gegen authentische Gastfreundschaft. Auf der Couchsurfing-Plattform sind sieben Millionen Mitglieder mit einem Durchschnittsalter von 28 Jahren registriert, die sich gegenseitig einen Schlafplatz in der eigenen Wohnung anbieten und sich über den Familienanschluss freuen.
Auch beim „WWOOFen“ ist man mittendrin statt nur dabei. Das weltweite Netzwerk bringt Menschen zusammen, die einen naturverbundenen Lebensstil auf dem Land führen – oder kennenlernen wollen. Die Abkürzung steht für „World Wide Opportunities on Organic Farms“, und dahinter steht ein einfaches Prinzip – egal ob in Bangladesch, Brandenburg oder Brasilien, die Bedingungen sind überall gleich: Freiwillige helfen auf ökologischen Bauernhöfen und bekommen dafür Kost und Logis gratis.
Unterwegs Erfahrungen sammeln
Nachhaltiges und spirituelles Reisen
www.neuewege.com
www.renatour.de
www.forumandersreisen.deFreiwillig mitarbeiten
www.praktikawelten.de/freiwilligenarbeit-ausland
www.freiwilligenarbeit.de
www.travelworks.de
www.wwoof.deReisen mit Familienanschluss
www.couchsurfing.org
www.deutsch.hospitalityclub.org/indexdeu.htm